Full text: St. Ingberter Anzeiger

Sl. Ingberler Anzeiger. 
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Nr. 38.. 
Sonntag, den März 
11869. 
J— 
Deutschlanud. 
München, 4. März. Der Socialgesetzgebunghßausschuß der 
Reichsrathskammer beautragt, die von der Abgeordnetenkammer 
veschlossene Aufhebung der gegenwärtigen Befreiung der Standes 
jerren von Gemeindeumlagen abzulehnen. 
— Reichsrath Bischof v. Dinkel hat bereits einen großen 
Theil seines Referats über den Entwurf des Schulgesetzes vollen⸗ 
det, und es besteht die Absicht, denselben noch vor dem Osterfest 
in die Kammer der Reichsräthe zur Bexathung zu bringen. Daß 
derselbe wesentliche Modificationen beäntragen wird, dürfte freilich 
zu erwarten sein. Als Correftrenten hat der Ausschuß bekanntlich 
den Reichsrath Dr. v. Harleß, den Präsidenten des protestantischen 
Oberlonsistoriums gewählt 
Mäünchen, 6. März. Zum Commandanten der Ha Armee⸗ 
division (Augsburg) ist Generalmajor Graf Karl zu Pappenheim 
mit Beförderung zum Genexalliertznant ernannt. — 
Laͤndau, 5. März. —— wurden die · Stimm⸗ 
isten für die Umwandelung der Hiet bestehenden confessionell ge— 
rennten deutschen-⸗Schulen in confessionell gemischte Volksschulen“ 
zeschlossen. Nach Abstrich der Namen jener Unterzeichner, die 
vier nicht heimathsberechtigt sind, ergab sich sotndeg esutnt * 
Für die Einführung der Communalschulen stimmten 239 Katho— 
iilen, 343 Protestanten,“ 36. Israeliten, im Ganzen 6418 Bürger 
und Heimathsberechtigte; gegemn uur 4 Katholiken. Die Ve— 
chetligung an dieser ÄAbstimmung war also eine ungemein rege — 
iberraschend große; nur gering ist die Zahl derer, die sich nicht 
ʒetheiligten. Hiermit haben die Bürger Landau's ein rühmliches 
Zeugniß ihres brüderlichen Zusammenlebens zund ihres Gemein— 
sinnes abgelegt; sie haben ein Werk gutgeheißen, von dem' die 
ganze Zukunft unserer Jugend, das Glück und das Gedeihen 
unserer gesammten Bürgerschaft abhängt; ein Werk, auf welches 
—— 
derung und energischer Inangriffnahme wir unserm erprobten, 
packern Stadtvorstande aufrichtigen Dank schulden!“ 
Kassel, 3. März. Morgen findet die Uebergabe des 
Staatsrathsschatzes Seitens des Staats an den“ Communal 
derband staet. .. J 
Berlhin, 51 März.' Zur Feier der Uebernahme der Prä⸗ 
idemschaft der nordamerikanischen Union, durch den General Grant 
zab der Gesandte der Union, Herr Bancroft, gestern ein glänzen⸗ 
»es Diner. Bei demselben brachte Graf Bismarck den Toast auf 
den Präsidenten, der Gesandte den auf Preußen und den Nord⸗ 
zund aus; beide Tischredner hoben die Erhaltung und Bethätigung 
der Freundschaft zwischen den durch Blutsverwandschaft und histo— 
rische Sympathieen verbündeten Völkern der Union und Deutsch— 
ands hervor. c 
ESvanien 
Madrid, 8. März. Eine Versammlung der Cortesmehrheit 
wählte zum Behufe der Ausarbeitung einer neuen Verfassung und 
don Vorschlägen bezüglich der Person des eventuell zu wählenden 
Köniqs eine aus 15 Mitaliedern bestehende Commisfion?6 
— Müw22 
Vermischtes. J 
7 Stl IngbertDer hiesige Vorschußverein schloß un term 
4. da. seiner erste Jahresrechnung, aus derselben entnehmen wir, 
daß die Mitgliederzahl am 31. December 72 detragen, das Ca— 
ditat Conto fl. 3388. 4, der Reservefond Conto fl. 291. 18, 
die Sparcasse fl. 5490. 36. Der Gesammt- und Netto⸗Umschlag 
)ro 1868 beträgt fl. 196,297. 04; det Brutlogewinn fl. 618. 28 
nach Abzug von fl. 549. 10 für Bureaueinrichtung und Gehalte 
vleiben fi. 69. 18, welche statutengemäß dem Reservefond zufielen. 
fFrankenthal, 3. März. An' das hiefige Bezirksgerich: 
stemne FIrcze Jur demnächstigen Entschesdung gebracht worden, 
die von eminenter Bedeutung für die Existent Jener Art Bon GEl⸗ 
'nossenschaften, die sich unter der Bezeichnung Vorschußvereine in 
neuerer Zeit allenthalben gebildet haben, sein und nicht verfehlen 
wird die allgemeine Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen und zu— 
gleich zur dringenden, Mahuung au die Legislativen aller Staaten 
und Anch des unseren zu werden, die Verhältnisfe— dieser neuen 
und Ledeutenden Erscheinungen des wirthschäftllchen Lebens gesetze 
geberisch zu ordnen und zu regeln; Vecanlassung zu dem bereiis 
mhängig gemachten Rechtsstreite gaben folgende factische Verhält⸗ 
nisse: Der Vorschußverein von Speyer glaubte sich genöthigt, auf 
den Grund seiner Statuten gegen ein Hitglied, das durch Pam— 
phlete, mündliche und sonstige schristliche Auslassungen und' In— 
dectiven dew: Verein zin jeder Weise anfeindete, bekämpfte und zu 
preugen suchte; mit der Ausschließung desselben aus dem Vereine 
horgehen zu müssen.“ Geigen diesen durch die Generalversammlung 
'n vorgeschriebener und statutenmaßiger Form gefaßten Beschluß 
—DDD 
Zetlangt nicht allein die Anullirung des fraglichen Beschlusses, son⸗ 
dern zugleich die Auflösung der Gesellschaft. Die Vestimmungen 
des codeo eiyil über den Gesellschaftsvertrag (Art. 1834 bis 
— — 
Schultze⸗Delitzsch würde, wenigstens in den Ländern des cçode civil, 
zanz erfolglos?? gewirit jaben, denn nach“ den-Art. 16680 und 
1669, die sich über die Auflösung' xiner Gesellschaft aussprechen, 
suͤs deren Fortdauer guf die erbärmlichsten Füße gestellt, da eben 
der Art. 1669 bestimmf, daß Gesellschaften, deren Dauer unein⸗ 
zeschränkt ist, (d. h, nicht auf eine bestimmte Reihe, von Monaten 
oder Jahren firxirt aist), durch den Willen' eines Koutrahenten 
——— werden können Man sieht, wenn nicht der Richter von 
den Satzungen des code ivil in dieser Sache absieht, und fich 
an die übrigens von der staatlichen Aufsichtsbehörde genehmigten 
Besellschafts-Statuten in seinen Erwägungen und Schlußfolgerungen 
jält, dann ist bei duns für das Genossenschaftswesen das Ende 
aller Tage gekommen, da wohl überall ein räudiges Schaaf fich 
inden wird, das die Ehre der Sprengung eines bedeutenden Ver⸗ 
ins in Anspruch nimmt. Der Prozeß, da er von so bedeutender 
Tragweite ist, wird wohl auf alle Fälle him den ganzen“ In⸗ 
ttanzenzug bis zum Kassationshofe durchmachen Ich werde Ihnen 
päter über den Ausgang desselben am Tribunale zu Frankent hal 
Nachricht geben und bemerke schon jetzt, daß die Verhandlung in 
der ersten Instanz jedenfalls eine fehr interessante werden wird, 
da die Streitsache in den Händen tüchtiger Anwälte und nament⸗ 
lich die beklagte Gesellschaft durch den sehr strebsamen und genialen 
Anwalt David vertreten ist.. .454 
7Friedrichshaafen, 8. März.Heute Nachmittag 
393 Uhr ist unmittelbar bei dem Hafen Lindau ein auf der Fahrt 
von Lindau nach Romanshorn begriffenes bayerisches Schleppboot 
mit 3000 Centner Getreide in Folge Auffahrens auf einen Felsen 
versunken. Das Geländer einer Seite des Schiffs ist noch außer 
Wasser. 
t Paris. Richard Wagner, von dem trotz einem Fiasco 
Rer ein neuer Versuch mit einer seiner Opern“gemacht wird, will 
der Aufführung nicht beiwohnen. In einem Briefe, der in der. 
CEhronique Illustrée“, veröffentlicht wurde, erklärt er, daß die 
Franzosen nur ein Verdienst als Schneider hätten, und daß er 
nun Donn ·nach Paris kommen werde, wenn er sich das Maß zu 
einem Ueber- oder Schlafrocke nehmen lassen wolle. 74 
In Petteranec (Kroatien) sind am ˖18. Febr. 47 
Wohn- und; 182 Nebenhäuser abgebrannt; 2Weiber und 
lMädchen fanden den Tod in den Flammen. 
—7 In Petersburg ist aus den östlichen Sibirien ein Kauf— 
mann Baragin angekommen, der die Reise von Kolymsk (nördlich 
von Ochotzk) d, h. 18,000 Werst oder circa 2000 Meilen' mit 
selnem Sohne einzig und allein deßwegen gemacht,“ um das Glück 
u haben, den Kuiser zu sehen. Er erreichte diesen Zweck; auch, 
ndem der Kaiser sich die beident Reisenden äm 21, Februdt auf 
em Treppenabsate des Winlerpalais in dem Augeublicke borste en 
sieß als Se Maiestät zu Mittage ausfubr