Full text: St. Ingberter Anzeiger

Jegenwärtig die diversen Militär- Abtheilungen auf den Eisenbahnen 
im Auf⸗ und Absteigen, im Auf- und Abladen einexerzirt. 
Amerika. 
Washington, 6. April. Präsident Grant hat die Ab⸗ 
anderung des Amtsdauergesetzes unterzeichnet. Dexr⸗Congreß ver⸗ 
agt sich am 10. d. M. 
Vermisches. 
7 Der in. Mainz erscheinende ¶. Israelit· hat futdie 
nothlesdenden Israeliten in Westrußland binnen Jahresfrist ca. 
25,000 fl. gesammest. D 
Worms, 5. April. Die heutige Vorsammlung für den 
Südwesideutschen Protestantentag war von Lirca 40 Personen 
besucht. Beschlossen wurde,“ denn bereits in Ausficht genommenen 
31. Mai festzuhalten. Morgens 10 Uhr soll die — 
wo möͤglich in der Kirche abgehalten werden. Referenten Über die 
zwei bereits genannten Punkte sind Dr. Schenkel und Hofgerichts 
Advokat Ohlh. Das Comitè wird sich aus den verschiedenen Län⸗ 
dern noch erweitern. 
F Der Graf Esterhazd, der wegen Scandalmachens auf 
Veranlassung des Stadthauptmannes Theiß aus dem deutschen 
Theater in Pest polizeilich entfernt wurde, hat von dem Stadt⸗ 
hauptmann persönliche Genugthuung gefordert; ob der Beamte 
e8 nothwendig fand, sich auf die Mensur zu stellen, bleibi 
abzuwarten· — 
fPesth. Aus Marisel, im Coloser Comi tate, wird ge⸗ 
schrieben, daß in der dortigen Gemeinde ein Landmann Namens 
Athanasius Popp, im Alter von 126, sage einhundertsechsundzwan⸗ 
zig Jahren, gestorben ist, der in seinem ganzen Leben nie krank, 
mittlerer Statur und sehr stämmig gebaut warr.. 
7Schweidnitz. Am 27. bd. Mtis. ereigneie sich in der 
Privaischmiede, die zur Styriusmühle des Hru. Peisler gehört, 
tin Unglücksfall seltener Art. Ein Ktnecht, der mit seinem Gespann 
den Truppen im österreichischen Feldzuge 1866 gefolgt war, hatte 
hei seiner Rückkehr eine Granate mitgebracht. Diese Granate ift 
nun auf Veranlassung des Hrn. Peisler ausgebot rt worden. jedoch 
st dies mangelhaft geschehen; dann hat dieselbe seit jener Zeit 
inter dem alten Eisen gelegen, bis die Kinder des Peisker die 
selbe am genannten Tage als willkommenes Spielzeug hervorge⸗ 
ucht. Auf einem leerstehenden Ambos klopften die Knaben kleine 
Quantitäten Pulverkörner aus dem Hohlgeschoß. Ein in der 
Schmiede beschaͤftigter Arbeiter eützundete mit glühendem Eisen 
die Korner; dies wurde zum Ergötzen der Knaben eine Weile so 
ortgeset, als der Arbeiter das Hohlgeschoß auf den Ambos stellte 
uind meinte, „na wart', nu wer' ich Euch einen Spaß manen.“ 
Der älteste der drei Knaben, 11 Jahre alt, blieb beherzt bei 
dem Ambos stehen, der zweite stellie sich einen Schritt weiter hin⸗ 
ser ihn, der jüngste flüchtete hinter die Thür. Nun ergriff der 
Arbeiter das glühende Eisen und fuhr in die Oeffnung der Gra⸗ 
nate — die, mangelhaft ausgebohrt, noch eine ziemliche Quanti⸗ 
fät Füllung enthaltend, im Augenblick mit einem furchtbaren 
stnali explodirte. Dem Arbeiter ist wunderbarerweise nichts pas⸗ 
sirt; zurückgedrückt ist er freilich worden, und die Zange, mit der 
er das Eisen erfaßt hatte, ist geboggen und über ihn hinwegge⸗ 
worfen worden; wie verlautet, soll er momentan taub gewesen 
ein. Der 11jährige Knabe erhielt ein Stück Granate von der 
GBroße eines Hühnereies miiten in den Unterleib, daß das Netz und 
die Därme zerrissen sind; außerdem sind ihm die Finger der einen 
Hand weggerissen, und ein Splitter zerschmetterte ihm die Schulier. 
Der hinter ihm stehende 6jährige Knabe erhielt einen Gransat 
splitter in den Oberarm, welcher jedoch schon ausgeschnitten ist, 
der jüngste ist unverletzt. Der gewaltige Luftdruck hob das Dach 
des Anbaues, in welchem sich dies zutrug; ein Stück Granate 
drang in den untern Raum der sich daneben befindlichen Säge⸗ 
mühle, in welchem sich menige Augenblicke vorher viele Menschen 
aufgehalten hatten. 
Poln. Crone, 28. März. Ein aus Amerika hier ein 
zegangener Brief bringt u. A. auch folgende Mittheilung, deren 
Waährheit von dem Schreiber verbürgt wird. Dieselbe ereignete 
äch erst vor einigen Wochen. Die Neger in Amerika schmücken 
ich gern mit den Namen berühmter Männer: „Cäsar, Scipio, 
dannibal, Aurelius, Washington, HKing James (König Jalob), 
AÄbraham Lincoln u. s. w. Kurzlich lag solch schwarzer Herr 
hetrunken im Rinnstein und schrie wie wahnsinnig; er wurde ge— 
packt und ins Loch gesteckt, nächsten Morgen entrauscht vor den 
Bürgermeister geführt. Wie ist Ihr Name? Der Neger aniwor⸗ 
tete mit großer Würde: Graf Bismarck — homerisches Gelächter. 
Der Bürgermeister aber spricht: Sie find entlassen, einem so gro⸗ 
zßen Manne muß man etwas durch die Fiuger sehen, künftighin 
machen Sie aber Ihrem großen Namensvetter in Berlin 
mehr Ehre. 
Französische Blätter erzühlen aus Schloß Antopol (Podo⸗ 
lien): „In unserm Schloß, Besitzthum der Prinzeß. Casimira 
Freiwerihnsta, lebl ein Greis Namens Semen, einstiger Kosacken⸗ 
Anführer der Leibwache des Fürsten Janus, Schloßhauptmanns 
von Vroclaw, Urgroßvater der Fürstin. Semen trat im verflos 
senen Dezember in sein 189. Lebensjaht. Seine Brauen hangen 
imn den Baceen herab und verschlingen sich in seinem Varte; sein 
opfhaar war von seinem 80. bis 110. Lebensjahr schneeweiß, 
ward dann hellblond und bräunte sich immer dunkler, so daß das- 
jelbe jeht ganz kastanienfarben erscheint. Semen erfreut sich einer 
ollständigen Geistesrüstigkeit und lächelnd versicherte er, daß er 
das Alter, wo man sterbe, hinter sich habe und jetzt in ein zweites 
deben eingetreten sei.“ 
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Volkswirthschaft, Handel und Verke hr. 
Gift in der Nahseide.Bekanntlich nehmen Nahe⸗ 
rinnen, wie überhaupt Jeder der sich init Nähen viel beschäftigt, 
ehr häufig den Faden in den Mund und lafsen ihn oft längere 
Zeit mit der Mundflüssigkeit in Berührung. Wie höchst nach— 
Hheilig diese Angewohnheit für die Gesundheit sein kann, wird der 
Vetreffende ermeffen, wenn er erfaͤhrt, daß durch Untersuchungen nach⸗ 
Jewiesen worden ist, daß inschwarzer Nähseide beinahe 18 Procent 
ßleioxyd sich befindet. Man imprägnirt nämlich in vielen Fa— 
zriken Deutschlands, Belgiens, Frankreichs und der Schweiz die 
Rähseide mit Bleifalzen, um fie schwerer zu machen. Es ist ge 
piß wichtig genug, alle die mit Nähseide umgehenden Personen 
hiermit aufmerksam zu machen. Wer weiß, wie zerstörend, die 
durch Bleivergiftungen hervorgerufenen Bleikoliken u. s. w. 
auf den menschlichen Koͤrber einwirken, wird die Warnung 
heherzigen. 
WManñsnhe im, 7. April. Folgende Loosnummern wurden 
jestern Abend im⸗, Grumen⸗Haus“ bei der Pferdemartt-VLotterie 
ezotgen ·ꝛ vw. e 
ven 38357 Ein Pferd. Nr. D20: Ein Pferd. —Ni. 
15,144 Ein Pferd. — Rr. 14347: Ein elegantes Reitpferd 
zebst voslständigein Süittel- und Zaumzeug. — Rr. 12,646. 
kin Pfrn e.“ T53 226; Ein Pferd N. 2ö 7838Ein 
pserdKr. I6 oobr Cin Pferbe Nr. 22144 Ein cbe 
Jantes Coupe mit einem Wagenpferd und vollständigem Geschirr. 
— Nr 4915: Eihn Pferd. — Nr. 3133: Ein Pferd. — Ne. 
19, 150: Ein Pferd. — Nr. 12,939: Ein Pferd. — UPr. 
15,707: Eine elegante Glaskalesche und ein Paar Wagenpferde 
mit vollständigen Geschirr. — Nr, 20,888: Ein Pferd. — Nac. 
4549: Ein Pferd. — Nri 3142: Ein Pferd. — Nr. 7342: 
Fin Pferd. — Nr. 12,034: Ein elegantes Reitpferd nebst vol⸗ 
ttändigem englischem Sattel-und Zaumzeug. — Nr. 20,795: 
Ein Pferd. — Nr. 15,705: Ein Pferd. — Nr. 6636: Ein 
Pferd. — Nr. 23,296: Ein Pferd. — Nr. 15931: Ein ele⸗ 
ganter Victorjawagen und ein paar Wagenpferde mit vollständigem 
Geschitr. — Nr. 12625: Ein Pferd. — Nr. 14625; Ein 
Pferd. — Nr. 15,459: Ein Pferd. — Nr. 13,848: Ein Pferd. 
— VNr. 11,051: Ein Pferd. — Nr. 19795: Ein Pferd. 
Landwirthschaftliches. 
Stand'der Frücht'e. So sehr auch aus allen Gegen⸗ 
den her berichtet wird, daß die Winterfrüchte, roz des im Monat 
Januar stattgehabten siarken schneefreien Frostes keinen 
erheblichen Schaden gelitten haben und sich in dichter Bestochung 
zeigen, so ist doch die Vegetation ungeachtet der milden Witterung 
im Februar und in der ersten Hälfte des Monats März, noch 
weit zurück. Die Kleestände, so gut erhalten sie auch erscheinen, 
seigen kaum Spuren des ersten Triebes, wie denn überhaupt jetzt, 
Ende Marz, die Natur noch ganz den winterlichen Chardracier 
eigt. Zwar ist in manchen Gegenden die Gerstensaut stark im 
Bange oder gar, wie in der baherischen Pfalz, der badischen Rheia⸗ 
ebene, der Provinz Rheinhessen, bereits beendigt; doch erweist sich 
der Boden noch zu kalt, als daß an eine rasche Entwicklung ge⸗ 
dacht werden dürfte. Wenn überhaupt der vielfach noch zu früh 
erfolgenden Aussaat der Gerste ein Vortheil zugeschrieben werden 
dürfte, so ist es der, daß die Keimung und die Entwicklung gleich⸗ 
mäßiger eintritt. — Das Legen der Kartoffeln hat in den wät⸗ 
meren Gegenden seinen Anfang genommen; ist im Allgemeinen 
der Boden noch etwas kalt, so ist doch die Zeit da, in welchet 
man auf eine rasche Entwicklung der Vegetation rechnen darf. — 
Der Raps war im Januar seiner statlen Stengel und Bläitet 
enttleidet worden, allein da das Herz vom Frostdrucke verschont 
neblleben war, fo hat er bereits wieder Ausfchläge gebildet und 
ewaͤhrt, wenn der oft eintretende Kaäferschaden ferne bleibt, die 
Doffnung auf guten Erttagqg.