Full text: St. Ingberter Anzeiger

St. Ingberler ZAAnzeiger. 
Der St. Ingberter Anzeiger (und das mit dem Hauptblatte verbundene Unterhaltungsblatt, mit der Dienstags⸗, Donnerstags⸗ und Sonntags⸗ 
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Nr. 60. Samstag, den 17 April. 169. 
Deutschland. 
München, 12. April. Bei der Berathung des II. Aus⸗ 
chusses der Abgeordnetenkammer über den Völk'schen Antrug: 
„Die Einführung einer Hundetaxe betr.“, wurde von dem Ver— 
sreter der kgl. Staatsregierung die Erklärung abgegeben, daß sich 
die kgl. Staatsregierung vom Standpunkte der Medicinal-Polizei 
lüngst mit der Frage beschäftigt habe, auf welche zweckmäßigste 
Weise eine Minderung der Zahl der Hunde zu bewirken sei, und 
daß auch bereits ein die Einführung einer Hundeabgabe bezwecken⸗ 
der Gesetzentwurf ausgearbeitet sei, der dem nächsten Landtag 
werde in Vorlage gebracht werden, dann daß dieser Entwerj 
deabsichtige, je nach Größe der Gemeinden die Haltung eines 
hundes mit einer Abgabe von 4 bis 8 fl. zu belegen, und den 
zollen Ertrag dieser Abgabe den Gemeinden und Districten zu 
aäberlassen. Aus den NMiittheilungen des Vertreters der k. Staats⸗ 
regierung ist zu constatiren, daß sich nach amtlichen Erhebungen 
im vorigen Sommer die Gesammtzahl der Hunde in Bayern auf 
a. 275,000 belaufen habe (iber 230000 in Gemeinden unter 2000 
Seelen und über 40,000 Hunde in Gemeinden über 2000 See—⸗ 
len); ferner, daß in dem Zeitraum von 1868/67 im Königreiche 
Bahern die Zahl der wuthkranken und wuthverdächtigen Hunde 
nehr als 4000 betragen habe, daß in diesem Zeitraume 836 
Menschen von solchen Hunden gebissen worden und 69 Menschen 
n Folge dessen an der Wuth gestorben sind. α 
München, 14. April. Der! über 6000 Mitglieder zäh 
lenden bayerische Volksschullehrerverein erläßt eine Erllärung gegen 
die Ausführungen der beiden Referenten der Reichsrathskammer 
»ezüglich des Schulgesetz Entwurfes. Es wird darin hervorgehsben, 
zaß weder der protestantische, noch der katholische Theil der 
hayerischen Lehrerschaft sich mit dem 8tatus quo bescheiden könne 
ondern dringendst wünschen müsse, daß das Schulwesen in Bälde 
zesetzlich geregelt werde. Die Ansichten der Lehrer werden dann 
nn sechs Sätzen formulirt, aus denen wir als die wichtigsten fol⸗ 
zende hervorheben: In der Beschränkung der fast ausschließlichen 
Leitung der Volksschule durch die Geistlichen ersehen wir einen Act 
der Gerechtegkeit gegenüber den mitbetheiligten Factören und ein 
wirksames Mittel zur Förderung des Schulwesens. Aus diesem 
Hrunde müssen wir uns wiederholt gegen die Localschulinspection 
aussprechen. Die Volksschule unserer Zeit kann unmöglich ledig— 
ich als ein Annexum der Kirchen betraächtet werden, sondern ijsf 
ein wesentliches Glied im Organismus des modernen Staates 
Das heutige Staatswesen kann ohne gehobene Volksschulen nicht 
istiren; denn in der Intelligenz und Characterstärke seiner 
Bürger liegt seine Lesensfähigkeit und Kraft. Die Pädagogit 
st eine Wissenschaft und die Behauptung der neueren Pädagogen, 
daß in der harmonischen Ausbildung des Menschen der Gipfel— 
punkt alles Unterrichtes und aller Erziehung liege, vollkommen 
berechtigt. Die Schulleitung kann deshalb nur in die Hände 
—VVDD— 
Wissenschaft nach Theorie und Praxis vollständig vertraut sind 
Wir stehen in dieser Vorlage unbedingt zue Vorlage der hohen 
Staatsregierung und zu den Beschlüssen der hohen Kammer der 
Abgeordneten. 
München, 14. April. Die Abgeordnetenkammer hat den 
meisten reichsräthlichen Beschlüssen über die pfälzische Gemeinde— 
ordnung zugestimmt, so daß nur noch unwesentliche Differenzen 
bestehen; außerdem hat sie aber folgenden neuen Ärtikel in den 
Entwurf eingeschaltet: „Nachlässe an Gemeindeumlagen oder son⸗ 
tigen Leisungen darf der Gemeinderath nur aus —* 
Gründen bewilligen.“ Bezüglich des Armengesetzes wurde Gesammt⸗ 
»eschlus erzielt, indem die Kammer in der Frage der geißlichen 
Vorstandtschaft nachgab. Der Antrag auf Erlaffung eines Hun⸗ 
desteuergesetzes wurde angenommen. 
München, 15. April. Die Reichsrathskammer hat den 
Besetzentwurf über Abänderung einiger Bestimmungen des pfälzi⸗ 
chen Strafproceßgesetzes ohne Debatte nach den Beschlüssen der 
Abgeordnetenkammer einstimmig angenommen, der Creditgewährung 
im Betrag von 1,100,000 fl. zur Anschaffung von Wedergewehren 
hre, Zustimmung ertheilt und das Genossenschaftsgesetz mit nur 
redactionellen Abweichungen von den Beschlüssen der auderen Kam⸗— 
mer einstimmig angenommen. . 
Münscheen, 15. April. Die Nachricht des „Wiener 
Fremdenbl.“, wornach Preußen verlangt hätte, daß die süddeut— 
cchen Staaten ihm auch im Frieden den Oberbefehl über ihre 
Truppen übertragen, wird aus bester Quelle für unbegründet 
atlärn n 
, Dienstesnachrichten. J 
Die an der Gewerbschule zu Speyer erledigte Lehrstelle für 
Mathematik und Physik ist dem derzeitigen Hilfslehrer an der 
Kealschule zu Frankfurt a. M., Dtr. Harald Schütß aus Biele 
feld, dorerst in der Eigenschaft eines Lehramtssverwesers über⸗ 
ragen worden. 
Die am Begirksgerichte Zweibrücken, erledigte Stelle des 
Gerichtsschreibers ist dem ersten Untergerichtsschreiber am Appella⸗ 
tionsgerichte der Pfalz / Ludwig Krieger in Zweibrücken verliehen 
worden. 
Der Schulverweser Christian Triem in Weisenheim a. S. ist 
zum Lehrer an der prot. Schule zu Dürkheim und der Schulver⸗ 
weser Thomas Kästel in Hagenbach zam Lehrer an der Knaben— 
schule daselbst ernannt worden. 2 9 n 
.Wien, 15. April.“ Die heutige „Presse“ erwähnk eines 
Gerüchtes, Frankreich habe Oesterreich und Italien vorgeschlagen, 
während der Dauer des Koncils in Rom der pöpstlichen Regie⸗ 
ruug eine gemischte Besatzung anzubieten. Die Presse will wissen, 
daß hierüber eine Einigung zwischen den Mächten bereits erzielt 
sei. —— 
In Wien ist wieder der Teufel los. Dr. Ernst Müller, 
Kanoniker an der Stephanskirche und Vorsteher des erzbischöflichen 
Seminars, bestätigt in seinem soeben erschienesen „Lehrbuch der 
Moraltheologie“ die Existenz von Beelzebub und Genoffen. Nach 
dem Zengniß des gelehrten Theologen haben die Teufel auch 
i. J. 1869 noch die Fähigkeit, Gewitter und Stürme hervorzu 
rufen, Häuser unsicher und Vieh und Menschen krank zu machen 
Den Eifrnhahnen und Dampfschiffen machen die Teufel erfolgreiche 
Concurenz, indem sie „menschliche Körper auf das schnellste von 
einem: Orte zum andern versetzen.“ Der Tarif ist freilich hoch, 
der höllische Transport kostet nicht blos einige Kreuzer pro Meile, 
sondern die Seele. 000— 
Frankreich... 
Degouve⸗Denuncques, Republikaner, Präfect unker Cabaignac 
und vor 1848 mit dem jetzigen Kaiser befreundet, hat eine Peti⸗ 
tion, worin er wiederum um die Zurückgabe dee Güler der Fa⸗ 
milie Orleans mit einkommt, an den Senat herichtet. Die Peti— 
tion ist 300 Seiten lang. — Die „Akadeine der, Wissen⸗ 
schaften hat an Stelle des verstorbenen Ritter den Prof. Zeller 
in Heidelberg (Verf. der Geschichte der griech. Philosophie 2c.) 
um corresp. Mitgliede in der phisophischen Abtheilung gewählt. 
— „Monde“ meinte, das nächste Conzil könnte bis Sommer 
1870 dauern; sollte es dann noch zu neuen Fragen kommen, so 
würde der Sommer zu den Vorarbeiten verwendet werden und 
im Winter 1870 auf 71 die Schlußsesion erfolgen. 
ESpanien. —— 
Zu Zumarrage (in den baskifchen Probinzen) sind mehre 
angeblich für die Carlisten bestimmten Kisten mit Gewehren weg— 
nommen worden. Eine von Bargos ausgerückte Carlistische Bande 
von 40 Mann zu Pferde und 30 Mann zu Fuß brandschatzte 
die Dörfer der Umgegend; von Valladolid! sind Truphen zu ihrer 
Verfolgung: entsendet, worden. Auch von Aranjuez ist eine 
Schwadron Cavalerie aufgebrochen, um „in Ciudad Real gegen