Full text: St. Ingberter Anzeiger

St. Ingberler Anzeiger. 
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Der St. Ingberter Anzeiger (und das mit dem Hauptblatte verbundene uUnterhaltungsblatt, mit der Dienskags⸗, Donnerstags⸗ und Sonntags⸗ 
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Nr. 63. Donnerstag, den 22. April. — 1869. 
Deutschland. 
München, 17. Aptil. Die Rechnungsnachweisungen über 
zie Einnahmen und Ausgaben der Militärverwaltung auf den 
nßerordentlichen Credit vom 24. Juni 1866 entziffern an Aus⸗ 
jaben für die erste Aufstellung und Ausrüstung der Armee 
3,722,473 fl. und für den laufenden Unterhalt und höheren 
Stand der Armee 11,776,110 fli, zusammen 21,498,583 fl., 
„ewilligt waren hiezu im Ganzen 28,858,818 fl. 
München, 20. April. In seiner gestrigen Rede im 
Reichsrathe über das Schulgesetz sprach sich der Ministerpräsident 
Fürst Hohenlohe energisch gegen die in der Kirche in neuerer Zeit 
jerrschende Parteirichtung aus und bezeichneie die im Syllabus, 
n der Encyklika und in ähnlichen Kundgebungen hervörgetretenen 
Zrundsätze als im Gegensatz zum modernen Staaisleben stehend 
ind als die Ursache, warum Staat und Kirche nicht mehr Hand 
n Hand gehen können. 
München, 20. April.“ In der heutigen Sitzung der 
Abgeordnetenkammer stand das Einführungsgeseß zur Civilproceß⸗ 
»dnung auf der Tagesordnung. Der Antrag der Ausschüsse 
»eider Kammern geht bekanntlich dahin, das Gefetz mit dem! 
. Juli 1870 im ganzen Königreich einzuführen. Dem gegen⸗ 
iber beantragt v. Stauffenberg, dem betreffenden Artikel des 
Entwurfes folgende Fassung zu geben: „Die Proceßordnung für 
as Königreich Bayern tritt an dem durch ein besonderes Gesetz 
festzustellenden · Termine in Kraft.“ Umbscheiden beantragt die 
Fassung „mit dem 1. Juli 1870 in den Landestheilen rechts 
»es Rheines“ und enventuell die Fassung des Ausschußantrages 
nit folgendem Zusatz: „Die Einführung in der Pfalz' bestimmt 
zin besonderes Gesetz.“Von den pfälzischen Abgeordneten spra⸗ 
hen außer Umbscheiden noch Croissant und Golsen. Es wurden 
edoch die Anträge Umbscheidens und Stauffenbergs abgelehnt und 
chließlich das ganze Gesetz mit allen gegen 26 Slimmen anzenom⸗ 
nen. Sämmtliche Pfälzer stimmten dagegen. Croissant erhob 
einen feierlichen Protest. 
München, 21. April. Die Reichsrathskammer hat die 
Berathung über das Schulgesetz abermals vertagt, da außer Herrn 
». Harleß auch dessen College Dinkel erkrankt isi. 
Zweibrücken, 21. April. Bürgermeister und Stadi⸗ 
rath senden heute eine telegräphische Adresse an die 
Reichsrathskammer mit Protest gegen den gestrigen 
Beschluß der Abgeordnetenkammer in Betreff des Einfuhrnngs 
zesetzes und mit Bitte um Erhaltung unseres —— — 
Livilprocesses. 
Dienstesnachrichten. 
Der Postofficial Lorenz Megele in Speyer ist wegen nach⸗ 
jewiesenen körperlichen Leidens und dadurch bewirkter Functions- 
infähigkeit auf die Dauer eines Jahres in den erbetenen Ruhe— 
tand versetzt worden. 
Der Bezirksrichter Philipp Wilhelm Föll in Landau ist auf 
eine Bitie von der Dienstleistung des Untersuchungsrichters ent⸗ 
soben und dieselbe auf die Dauer von drei Jahren dem Bezirks— 
ichter Franz Bauer daselbst übertragen worden. — Der Schul— 
zerweser Rudolp Schneller von Hatzenbühl ist zum Schulverweser 
in der kath. Schule zu Diedesfeld ernannt worden. 
Berlin, 20. April. Der Zollbundesrath ist auf den 
8. April einberufen. 
Wien, 15. April. Die „Allg. Zig.“ schreibt: Die 
dachrichten aus Spanien stellen die Aufrichtung einer Republik in 
ast gewisse Aussicht. Nicht daß die gegenwärtigen Machthaber in 
dieser Richtung arbeiteten, nicht daß das spanische Volk für die 
epublikanische Regierungsform besonders empfänglich wäre. Aber 
»ie Monarchie wird fallen, zunächst wenigstens fallen, weil es 
uicht gelingen will, eine Persönlichtert zu sinden, welche diejenige 
Bürgschaften in stch vereinigte, die allein eine monarchische Ord⸗ 
aung der Dinge zu tragen vermögen, und weil andererseits keine 
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Persönlichkeit sich dazu herzugeben Lust hat, den Beginn einer 
nreuen Dynastie mit dem Staͤatsbankerott zu bezeichnen, den der 
rast unabwendbare Verlust Cubas zur unmittelbaren Folge haben 
vird. Diese Sachlage dürfte es übrigens sein, welche wesentlich 
ür den König Victor Emanuel bestimmend ist, nicht bloß den 
hrlichen Frieden mit Oesterreich, sondern den engsten Anschluß au 
Desterreich zu suchen; er sieht augenscheinlich die Zeit kommen, 
wo er seine Kraft nach Innen einzufjetzen haben wird. Die 
Republik, und namentlich die Förderativ-⸗Republik, wie sie in 
Spanien im Anzug itt, stellt sich als eine directe Vedrohung des 
mmer nur erst mechanisch aneinandergeschweißten Königreichs Ita⸗ 
iien dar. Fast genau dieselben Bedingungen für ein republikani— 
ches Regiment existiren auf der apenninischen wie auf der iberischen 
Halbinsel, und man wird nicht zweifeln dürfen, daß in demselben 
Augenblick, wo in Spanien die Republit ihr Haupt erhebt, 
Mazzini in. Italien ihr Bannner aufpflanzi und zur Action 
chreitet.* 8 —B —— 
Italien. 
Florenz, 20. April. Das Budget für 1870 weist eine 
Gesammteinnahme von 914 Millionen gegenübet 1024 Millionen 
Gesammtausgaben auf. Das Desicit beträgt demnach 110 Mil—⸗ 
lionen. Hierzu kommen die Einnahmen aus den Kirchengütern 
mit 8392 Millionen,! wovon, nach der Bestreitung der Ausgaben 
nit 4724 Millionen, 86 Millionen übrig bleiben. Um diesen 
Betrag vermindert sich obiges Deficit. 
Amerika. 
In dem Schriftstücke, welches der Leiter der provisorischen 
stegierung Cuba's, Cespedes, an den Präsidenten durch eine Ge— 
jandtschaft geschickt hat, und in welchem er die Gründe auseinan⸗ 
dersetzt, weshalb die Vereinigten Staaten die cubanischen Aufstän— 
dischen als kriegführende Macht anerkennen sollten, heißt es unter 
Anderm: „Neunzehn Zwanzigstel der Bewohner Cuba's beten 
ür den Erfolg der Heere der cubanischen Republit; nur der 
einzige Mangel an Waffen und Munition hält sie unter dem 
yrannischen Joche Spaniens. Die Republik hat thatsächlich 
70,0009 Mann im Felde stehen. Die Waffen und die Autorität 
der Republik Cuba erstrecken sich über zwei Drittheile des geo— 
zraphischen Flächeninhaltes der Insel und eine große Mehrheit 
der Bebölkerung. Gegenwärtig wird für die Repudlik Cuba eine 
Flotte gebaut, welche an Zahl und Tüchtigkeit die vor dein Kriege 
nm cubanischen Gewässern unkerhaltene spanische Flotte überragt. 
Der Aufstand ist nicht das Werk einiger Unzufriedenen, sondern 
ie großartige Erhebung eines nach Freiheit dürstenden Volkes. 
die Republik tritt blos in die Fußstapfen Spaniens in deñt 
Bemühen, tyrannische Herrscher zu vertreiben und Führer ihrer 
eigenen Wahl anzunehmen. Allein das Volk Cuba's hat zehnmal 
mehr Recht dazu, als Spanien es hatte, weil Cuba's Beherrscher 
ihym ohne seine Zustimmung aus fremdem Lande geschickt wurden 
und mit ihrem zahlreichen Gefolge durch den Schweiß der Bewoh⸗— 
ner unterhalten werden müssen.“ 
Vermischte s. 
— 27In Frankfurt will man Main-Dampfgondeln zur 
Bermittelung des Personenverkehrs zwischen der Stadt und den 
am Maine liegenden, näheren und ferneren Vergnügungsorten 
errichten. . 
F In Gießen wurden in der Nacht des 15./16. zwei 
Studenten von zwei ihrer Commilitonen (dem Corps „Teutonia“ 
und „Starkenburgia“ angehörig) durch Dolchstöße so verwundet, 
daß. man an deren Aufkommen zweifelt; die Thäter sind 
derhaftet. 
F Cin neues Zündnadelgewehr), welches alle bis jetzt her— 
gestellten, namentlich auch das bisherige preußische, das Chassepot 
1. s. w. sowohl an Sicherheit des Treffens und Raschheit der 
Zandhabung als anch durch die absolute Vermeidung des Versas