Full text: St. Ingberter Anzeiger

4 In Berlin sarb leßten Samstag Alexis Meyer, Lhe 
A ohibelannten Bankierhaufe⸗ Mayer u. Comp. 5* 
Wenschenfreund und — Konigsberg, 26. Sept 
die K. H. 3. meldel: Herr Sprachlehrer Spieß,der frühen 
As amnestirter Todeskandidat bei der Fremdenlegion in Algier, 
Gefangner n Toulon als Taucher“! Dienste leisten mußte 
um am 18. v. M. Abende, ein paar Minuten nach der Unglücks- 
Rastrophe, durch die Weißgerberstraße nach der Schloßteichbrücke 
zaum vernahm er das graͤßliche Unglück als er sich durch die 
ichte Menschenmasse Bahn brach und auf die Brücke eilte, die 
Zuschauern bereits geleert war. Ein Aufsichtsbeamter wollte 
hn zurückweisen; als er aber erklaͤrte, „Taucher zu sein, Menschen 
Aten zu wollen“, ließ man ihn daselbst. Blitzschnell war er völ⸗ 
ig entkleidet, Officiere waren ihm dabei behilflich, nahmen seine 
Zeider in Empfang, die Uhr dem Polizei ⸗· Inspecior Kempf, die 
zdleider zweien Soldaten mit der Ordre einhändigend, selbige dew 
Taucher, wenn er sein Werk vollendet, abzuliefern. An der Un⸗ 
Judsstelle sprang S. sogar in einem duich das Menschengedränge her⸗ 
rigeführten transpirirenden Zustande in das eiskalte Wasser des 
Shloßteiches, sofort untertauchend. In einer Wasserliefe von eiwa 
lo'bis 12 Fuß stieß er auf Kleidungsstüde. Bei Tageslicht und 
larem Wasser hat der Taucher einen Gefichtskreis von etwa sechzig 
Zchritten, hier aber war unten in graussiger Tiefe Alles schwarz 
ud dunkel, der Taucher konnte sich nur auf seinen Tastsinn ver⸗ 
assen. Während er einen Menschen emporzog, hielt sich ein zweiter 
rampfhaft an seinem Beine fest, selbiges zerkratzend. Mit Riesen⸗ 
mstrengung arbeitete er sich empor. einen Menschen in der Linken, 
dil dem rechten Arm rudernd. Oben angekommen rief er: „Boote 
her!“ Eine Gondel nahm den Loͤrper des soeben emporgezogenen 
Menschen auf und brachte ihn zu den Uebrigen nach dem Garten 
der Woriener Halle. Es war eine Frau. die Dr. Burow jun 
zach riesigen Anstregungen ins Leben zurückbrachte. Je mehr Zeit 
rüberging, um so weniger war dazu Hoffnung vorhanden, dies 
zuch erfolgreich noch bei den übrigen Menschen zu thun, welche 
us dem Wasser hervorgeholt wurden. Wiederum tauchte der 
Taucher unter, wiederum holte er aus der Tiefe eine Frau herauf, 
e war eine — Leiche. Roch zum dritten, fünften, achlen Male 
auchte der Taucher unler, im Ganzen und zulegt zusammen mit den 
gettungshaken der herbeigeholten Feuerwehrmannschaft sechs Menschen 
iun dem Wasser ziehend. Ueber eine halbe Stunde hatte der Taucher 
im eiskalten Wasser zugebracht, todimüde, mit ermattetem Körper 
hachte er nun selbst an die eigene Rettung. Die oben wartenden 
Soidaten warfen ihm die trockenen Kleider zu; der Taucher klei⸗ 
dele sich auf einem später herbeigelommenen Prahm an und ver— 
schwand in der Menge, ohne Dankesworte entgegen zu nehmen 
die dem muthigen Manne allerseits gespendet werden sollten.“ 
Paris, 7. Oct. Aus Bordeaur wird telegraphirt, daß 
zaselbst in der Nacht vom Dienstag auf Mitwoch ein Schiffs⸗ 
werftenbrand stattgehabt hat. Der Schaden beläuft fich auf un⸗ 
gefähr 1 Million Franken. 
Paris, 4. Det. Gesiern wurde auf dem Boulevard de 
renelle wieder ein Mann ermordet. Derselbe lag gegen 5/2 
Ahr auf einer Bank und schlief, als sich ein Individuum ihm 
naherte und ihm fieben Mefferstiche beibrachte. Ein Voltigeur 
der Garde verhaftete ihn. Der Grund uu dieser That soll Racht 
gewesen sein. 
Der Schaden, welchen der Brand auf der Rhede von Bor⸗ 
deaur angerichtet, ist nicht so bedeutend, als man zuerst behauptet. 
Derfelbe wird jetzt auf 2,300,000 Fr. geschätzt, wobon 1,3500,000 
Fr. auf die See-Assecuranz-⸗Gesellschaften kommen. Eine Million 
rerlieren die Schissseigenthümer, welche nicht versichert waren 
deider befinden sich darunter eine Masse Besitzer von Sschiffen, 
welche auf der Gitonde fahren oder Küstenschifffahrt trieben. Diese 
haben ihr ganzes Hab und Gut verloren. — 
4 Ein geheimnißvoller. mit schredlicher Grausamkeit verübter 
Mord hat ganz Toulon in die äußerste Aufregung versetzt. Ein 
ddaufmann, Namens Samson, ist von sechszehn Dolchstichen in seiuem 
Zimmer ermordet gefunden worden; einige dieser Wunden sind 
audervoll und zeugen von der Sicherheit und besonders der 
Kraft des Mordes. Diebstahl kann nicht das Motiv des Mordes 
sein, denn ein Bankbillet und die Uhr des Opfers lagen unberührt 
auf dem Tische: ein im Zimmer gefundenes Schreiben läßt au 
einen Alt der Rache schließen. Daß Haus, wo die That geschehen 
war zum großen Theil unbewohnt. 
FDem Avenir National“ wird vom 8. Olt, Vocmittagt 
11 Uhr 8 Min. aus Brüs sel telegraphirt: „Ein Individuum 
welches von Paris kam, ist verhaftet worden. Man hält dasselbe 
für einen Milschuldigen Troppmann's. Es hatte dem Polizei⸗ 
Commisser 3000 Franken geboten, wenn er es entfliehen lassen 
wolleDie Photographie dieses Individuums ist so eben nach 
paris geschickt worden. 
17 HNach der „K. Zig.“ glaubt man in Frankreich allgemein 
zaß der wegen Ermordung der Kink'schen Familie eingefangene 
noppmann der Chef oder Agent einer großen Räuberbande war; 
der Director der Sichetheitspolizei Claud will nämlich seit einigen 
Monaten einer Bande auf der Spur sein, die bei ihren Mord⸗ 
haten eben so vorgeht, wie Troppmann bei der Ermordung der 
Familie Kink; nach jedem von derselben begangenen Verbrechen 
Indet man ebenfalls einen Spaten und eine eiserne Handschippe. 
7 In voriger Woche wurden 76 Schiffbrüche an der Küste 
jon Großbritanien und Irland gemeldet; seit dem 1. Januar be⸗ 
frägt die Anzahl 1762. 
Bei? Cap Lizard (Kanal) stieß die Brigg „Sea Spray“ 
nit der italienischen Barke „Nicolo Secondo“ insammen; letztere 
zing sofort unter; der Capitän und 8 Seeleute ertranken; — bei 
Tap Lynss (gleichfalls im Kanal) fand ein Zusammenstoß des 
Dampfers Braganza“ mit dem Schraubendampfer , Jerome statt; 
)er Capitän, 5 Seeleute und L.Passagier der Braganza“ werden 
yermißt. * 
ie — — — 
1 Volkswirthschaft, Haudel und Verkehr. — 
Mänchen, 5. Oct. Die Commission zur Beurtheilung 
der Leistungen landwirthschaftlicher Fortbildungsschulen hat gestern 
hre Thaͤtigteit beendet und erhielten aus der Pfalz Ehrenpreise: 
CPreis zu 6 Ducaten die Schule Goͤllhheim, 2. Preis zu 
3 Ducaten die Schule Ensheim. 
Die Kreisversammlung des landwirthschaftlichen Vereins 
zer Pfalz sindet für das Jahr 1869 am 9. Novenber in Landau 
tatt. Die Haupwersammlung beginnt Morges 10 Uhr in dem 
fädtischen Theatersaale und ist die Tagesordnung vorläufig folgende: 
1) Rechenschaftsbericht des landwirthschaftlichen Vereins der Pfalz 
o 1869; 2) Ergebnisse der Jahresrechnung pro 1868. 3) Ueber 
zen Verkauf des Viehes nach dem lebenden Gewicht. Referent: 
Herr Bezitisthierarzt Göring. 4) Neber künstliche Düngung mit 
esonderer Rückficht auf die Weinkultur. Referent: Herr Dr. Wel⸗ 
er, Director der Düngerfabrik Kaiserslautern. 5) Ueber land⸗ 
airthschaftliches Fortbildungswesen. Referent: Herr Rektor Dr. 
deller. Das Kreiskomite spricht den Wunsch aus, da es wün⸗ 
chenswerth erscheint, noch mehr für den Fortschritt der heimischen 
andwirthschaft förderliche Gegenstände zur Berathung gebracht zu 
ehen, moͤchten auch noch andere Vereinsmitglieder dahin zielende 
hortrage halten und die betreffenden Themata entweder direct oder 
zurch die Bezirks⸗Komito's bis lüngstens 1. November demselben 
iund zu geben. 
(Falsches Geld.) In Mainz haben sich falsche Ba⸗ 
ische Einhalb Guldenstüde vom Jahre 1856 und mit der Unter⸗ 
qhrift: Friedrich, Prinz und Regent von Baden gezeigt, auf welche 
er Mainz. Anz.“ um so mehr aufmerksam machen zu müffen 
laubt, als die Falsificate sehr gut ausgeführt find und leicht für 
aht angenommen werden können. Sie lennzcichnen sich haupt 
sachlich durch schlechten Klang, leichtes Gewicht und die dunkle 
Bleifarbe. 
Mannheim, 4. Oct. Gandesprodukte. Die Flaue im 
Betreidegeschaft von vergangener Woche hat sich auch auf die lau⸗ 
cende übertragen, und es ist anzunehmen, daß diese Erscheinung 
noch längere Zeit anhält, weil sich immer mehr herausstellt, daß 
die Grnte in Körnerfrüchten allerwärts noch besser ausfällt, als 
man zur Zeit ihrer Einbringung angenommen hat. Beim Dre⸗ 
schen und Mahlen gibt sie mehr aus, als man glaubte, und 
Reses ist mitunter auch ein Grund schwächerer Bedarfsfrage. 
Begenulber anderen Getreidemärkten, wie Cöln. Mainz, Frankfurt, 
Wuͤrzburg u. s. w. werden die Preise hier immer noch zu hoch 
jehalten, indem verlangt wird, für 2 Centner Waizen loco effectiv 
Fiesiger 12 fl, 13—30 tr., ungarischer 12 fl. 30 kr., fräntischer 
i2 fi. 13-2830 kr. Roggen 9fl. 30 kr., Gerfte Ofl. 30 kr. 
jute Brauerwaare und 9 fl. 45 kx. Prima Qualität, Kernen 11 
i. 30 —48 kr., Hafer 8 fl. bis 8fl. 48. — Hülsenfrüchte, neue, 
ind bereits überall hier im Kleinhandel zu finden, auch wurden 
etztere Tage einige Quatitäten Bohnen ausgeführt, allein das 
Geschaft hat noch nicht den Umfang angenommen, daß darüber 
Fiwas berichtet werden koͤnnte. Bei Rübol ist, wie gewoͤhnlich in 
dieser Jahreszeit, die Bedarfsfrage etwas stärler. Die Preise haben 
angezogen und wurde fl. 28 bis 25294 per Centner ohne Faß 
zenauft. Leindl ruhig, und Kleesamen, rother sowohl wie Luzerne 
and Esparsette, noch ohne beachtenswerthen Umsatz. Preise 
inverändert. — Hopfen haben abermals einen Preisaufschlag, die 
Beschäfte werden coulaut abgeschlossen bei steigender Tendenz; 
J. 66—75 ist jetzt der Mittelpreis für gutes Gewächs. — 
hinstchtlich des Tabals ist hervorzuheben, daß der —1868r jett ca. 
38 Procent mehr werth ist, als zur Zeit des Einkaufs. Mitte 
Nodember soll im Badischen der Kinkauf beginnen, und es wird 
behauptet, daß der Neue besser sei als sein Ruf. Jedensalls fällt 
er sehr ungleich aus, namentlich in den Orten, die nicht genügenden 
stegen bekommen baben und Frost hatten.