Full text: St. Ingberter Anzeiger

St. Ingberker Anzeiger. 
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der St. Fngberter Dazeiger (und daz mit dem Hauptblatte verbundene Unterhaltungsblatt, mit der Diensiags- Donneriags- und Sonntags ⸗ 
duxnimet) erscheint wöchentlich pierem al: Dienstarg, Donmer stag, Samstag und Sonntag. Abonnementspreis vierteljährig 42 Krzr. edet 
128 Silbergr. Anzeigen werden mit 8 Krzr. die dreispaltige Zeile Blatischrift oder deren Raum berechnet. 9 det 
Ar. 168. Dienstag, den 26. Oetober 1869 
Deutschland. 
Munchen, 24. Oct. Gestern Abend nach 10 Uhr ist das 
vlrtembergische Königspaar in Begleitung der Tochter des russi⸗ 
chen Großfürsten Constantin, Vera, zum Vesuch unseres Königs, 
)er ihm bis Augsburg entgegen gefahren war, hier eingetroffen. 
stach einem Souper im Koͤnigssalon des hiesigen Bahnhofes setzte 
ie Königin mit der jungen Großfürstin die Reise nach Italien 
ort; die beiden Könige fuhren in den ,„Bayerischen Hof“, wo 
er König von Würtemberg Wohnung nahm. Heute fanden die 
iblichen gegenseitigen Besuche der beiden Majestäten statt; unser 
ronig blieh über eine Stunde im „Bayerischen? Hof. Der wür—⸗ 
embergische Besuch hatte die Wohnung in der Residenz ꝛtc.“ abge⸗ 
ehnt, weil er das strengste Incognito wahren wollte. Etwas ullzu 
iberschwenglich bemerkt die Hoffmann'sche Correfpondenz: „Die 
aupistadt München und das ganze Koönigreich () ist in Freude 
ber den Besuch des würtembergischen Königs; denn der wiederholte 
versönliche Verkehr der beiden Monarchen mit einander wird dazu 
‚eitragen, die bestehenden freundschaftlichezr Beziehungen gr⸗ischen 
enselben noch inniger zu gestalten, und wird denbeiden sfüddeut- 
chen Staaten, deren Interessen auf's engste verknüpft sind, nur 
um Heile gereichen.“ 
Dienstesnachrichten. 
Zum Hauptzollamis⸗Verwakter in Zweibrucken ift der Hanpte 
ollamis⸗ Controleur Karl Hauptmaun daselbst. und an Zessen Stelle 
der Revisionsbeamte K. Zimmermnann in Lindau befoͤrdert 
vorden. 7 I 
dDie an der Gewerbschult zu Landau erledigteRNealienlehrer⸗ 
telle ist dem vom Stadtrathe daselbst vorgeschlagenen geprüften 
dehramtscandidaten und derzeitigen Stadtvicar zu Landau, Michael 
strück, übertragen, ferner Schulverweser Karl Philipp Keller in 
ODdenbach zum Lehrer an der protestantischen Schule zu Sitters 
ernannt worden. — J 
Die democralische Partei in Mannheinm läßt durch das 
Ldand eine Pelition an die 2. Kammer circuliren, in welcher eine! 
zurchgreifende Revision der Verfassung, speciell: Einführung des 
cinlammersystems, Einführung des allgemeinen Wahlrechts mit 
jeheimer und directer Stimmgebung, Abkürzung der Dauer der Wahl- 
eriode auf 3 Jahre mit einjähriger Budgetperiode und mit Integral⸗ 
rneuerung der Kammer verlangt wird. I— 
Spanien. 
Der 16. Oetober 1869 wird mit blutigen Lettern in 
jen Annalen der Geschichte der spanischen Revolution eingetragen 
jehen. Valencia ist der Schauplatz von Greuelscenen gewesen, 
vie dieselben nur unter Barbaren vorlommen lkynnen; die Regier⸗ 
ing hat durch einen neuen Alt unerhörter Grausamkeit ihren 
hreuelthaten die Krone aufgesetzt. Valencia, „die schöne, Stadt 
er Blumen“, ist von Morgens 9 bis Nachmittags 3 Uhr von 
len Seiten bombardirt und theilweise in Brand geschossen worden; 
im 5 Uhr hat sie sich ergeben und wurde sogleich von den Truppen 
esetzt. Arme bedauernswerthe Opfer der Freiheit! Wie Lowen! 
jaben sie fich vertheidigt, denn bereits 7 Tage waren die Auf—- 
tändischen von 10,000 Mann Truppen eingeschlossen. Jeden 
Angriff wiesen sie tapfer ab; troz der Kanonen, mit denen die 
harrikaden seit sechs Tagen beschossen wurden, wichen die nur 
äürftig bewaffneten Republikaner nicht zurück. Von einer gauzen 
ompagnie mit dem Bajonett stürmender Soldaten kehrte nicht ein 
inziger zurück alle Officiere sowohl wie Gemeine blieben auf dem 
blate. Trotz seiner Truppenmasse wagte es der Generalcepitän 
ucht eher die Stadt anzugreifen, als bis ihm schwerstes Belager⸗ 
ingsgeschütz zu Land und zu Meer zugeführt worden war, und 
ꝛevor er dosselbe „kriegsgemäß“ aufgestellt hatte. Seit drei Tagen 
arlamentirie der Erzbischof und mehrere andere angesehene Personen 
nit dem Generalcommandanien um freien Abzug für die Auf— 
handischen; alles war umsonst, der General verlaͤngte unbedingte 
Unterwerfung. Eine Depuiation notabler Bürger eilte nach 
MNadrid, versuchte ihr Glück bei Prim; dergebens. Cadix, Malaga, 
Valencia bombardirt; Barcelona, Zaragoza, Reus, Bejar und wie 
alle die kleineren Städte heißen mögen, in denen die Artilleriß 
gespielt“ beschossen; Tausende in den Gefängnissen oder deportirt, 
alle verheißenen, von den Cortes feierlich proklamirten Freiheiten 
zurch einen Federstrich, oder was demselben gleichkommt, durch eine 
Lbstimmung der nur zum Stimmen brauchbaren. Majorität 
zufgehoben; das sind in wenigen Monaten die Heldenthaten des 
Venerals, den man vor einem Jahre in Madrid vergötterte! Und 
ver hat Prim und der Regierung überhaupt das Recht dazu 
jegeben, die Republikaner mit Feuer und Schwert zu verfolgen, 
uim das monarchische Princip zu retten? Wenn man als 
unparteüscher Zuschauer den Cortessitzungen beigewohnt hat, wirt 
nan eingestehen müssen, daß der Aufftand der- Republikaner auf 
isle erdenkliche Weise von der Regierung provocirt worden ist 
Ztellle die Minorität irgend einen Antrag, derselbe mochte sein, 
pas er nur immer wollte, so konntẽ man sicher ssine daß er 
wrückgewiesen wurde. Die Regierung nahm sich gar nith einmal die 
Mühe, denselben einer Discussion zu würdigen sondern wandle sich nun 
nit geringschätzigem Genahren gegen“ die Linke an die“ Majoritat 
nit der Anfrage, ob der Antrag viscutirt werden sollte oder nicht, 
Die Rechte, aus gehorsamen Dienern der Regierung bestehend, die 
zur stimm⸗ aber nicht discussionsfähig waren, verwarfen jedesmal 
»en Vorschlag der Linken. Berücksichtigt man, daß auf der Linken 
die talentvollsten Männert saßen, an deren Vergangenheit kein 
Makel haftet, Mämner wie Castelar, Figueras: Orenfse und alle 
anderen, die eben die Minorität bildeten, daß hingegen die Rechte 
ast keinen Deputirten zühlte, der sich nicht. politischer⸗ , Schwen— 
ungen“, ja sogar solcher Handlungen-schuldig gemacht, die man 
n andern Ländern Vrrbrecher nennen würde. so begreift man, 
zaß der rebublikanilche Aufftand endlich erfolgen mußte. — 
Fermisfchtes. 
fLaudau, 22. Oct. Herr Appellrath Umscheiden hat 
der Redaction des „L. Anz.“ nachstehende Erklärung mit dem 
Ersuchen um Veröffentlichung zugesandt: A 
An meine Wähler!“ 7 
Die Ausschreibung der Neuwahlen zum kommenden Landiage 
st erfolgt. Nach genauer und gewissenhafter Prüfung aller be— 
üüglichen Verhältnifse und um jedem Vißverstündnisse meines 
Berhaltens vorzubengen, sehe ich mich sofort bei Beginn der Wahl— 
zewegung zu der Erklärung gedrungen, daß ich mich außer Stand 
ühle, das bisher erhaltene Mandat fernerhin in solcher Weise 
u erfüllen, wie es die mögliche Wahrung der pfälzischen Inte- 
essen erheischt. Aus dieser Auffafsung der, Dinge solgt von 
elbst, daß ich jeneß Mandat nicht suchen und auch nicht anneh— 
nen darf. —2 
Indem ich somit von meinen bisherigen Wählern mich ver- 
ibschiede, danke ich zugleich für das mir bewiesene Vertrauen auf 
as herzlichste. 7 A 
Zweibrücken, 21. October 1869. 
Umbsqeiden, Appellationsgerichtsrath. 
.4 Die“, Correfpondencia“ vom 18. d. M. theilt das Auriosum 
nit, daß ein Engländer eine Petition an die Cortes mit dem 
ßorschlage eingereicht hat, et wolle die spanische Krone auf 10 
Jahre mit einer jährlichen Civilliste von 1 Mill. Pfd. St. an⸗ 
iehmen, von welcher Summe er einen Theil für öffentliche Arbeiten 
erwenden würde. 
Herr Joseph M. Reichard, früher Notär in Speier und 
m Jahre 1849 Mitglied der provisorichen Regierung der Pfalz⸗ 
t don den Demokraten Philadelphia's zum Coroner (Tsdtenbe⸗ 
hauer — ein sehr einträgliches Amt in Philadelphia) nommirt 
vorden. Der dortige,Demokrat“ sagt über diese Pomination: 
Die juristische Bildung des Hrn. Reichard und seine Kenntniß der 
juristischen Medizin befähigen ihn speziell für das Coroner⸗Anit, zu 
dem er nominitt ist.“