Full text: St. Ingberter Anzeiger

Hl. Ingberler Anzeiger. 
her St. Faaberter Anzaiger (und daß mit dem Hauptblatte verbundene Unterhaltungsblati, mit der Dienstagt⸗, Donnerbtags- und Sountags⸗ 
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er. 179. I 1869 
Deutschland. 
Aus Münschen schreibt man dem „Schw. M.“: Der 
zardinal Reisach, früher Erzbischof in München und jetzt einer 
er Hauptkampfer für die Jesuiten und das Concil, liegt in Geuf 
wffnuugslos darnieder. 
aAn der Spige der heutigen Rummer (11. Nop.) des Volks 
oten zeigt Ht. Dr. E. Zauder an, daß er von seiner Gmonat- 
ichen Festungshaft zurückgelehrt sei und deß er, nachdem sein 
üngster Unfall fast spurlos vorübergegangen, seine volle Thätigkeit 
ofort wieder dem Bolksboten zuwenden werde, dessen verantworte 
iche Redaction seinem Sohne verbleibe. 
gIn einer seiner letzten Nummern schildert der „Volkebote“ 
ie Zusammensetzung ber Fortschrittspartei in einer Weise, die an 
unveischämtheit Alles übertrifft, was bisher in diesem Genre ge⸗ 
eistet wurde. Er sagt: „Betrachtet man die Fortschritiler, wer 
jnd sie? 1. Einige Führer, die diese Partei zu ihren Gunsten 
usnützen, 2. Juden, 8. Bankrottiers, 4. abgehauste Kaufleute, 
Wirthe ꝛc. 5. eiliche, liberal sein wollende, au Gehirnschwindjucht 
eidende Menschentinder, 6. bezahlte Trabanten, 7. vergautete 
daus· und Grundbesitzer, 8. alle religionslosen Individuen, V. 
ethörte Arbeiter, 10. Arme, bie bis zu den Gemeindewahlen vom 
Foitschritt unterstützt werden, dann aber verhungern oder erfrieren 
dnnen, je nach Belichen, 11. alle denkfaulen „Neuesten RNach⸗ 
ichten“ Leser, 12. alle Lumpen und Vagabunden, 13. damit der 
zohl fett wird, alle hörmannisch drejsicten Bürokratenseelen oder 
ch neubayerischem Wind sich beugende Vureau Sclaven. Gewiß 
ane sehr hoͤneite und ehrenhafte Gesellichaft.“ Es ist geradezu 
mbegreiflich, wie die Gedbildeteren der patriotischen Partei sich 
ines Organes bedienen mögen, das durch serne wahrhaft infame 
Schreibweise allen schon im Stande ist, die ganzc Partei ia den 
lUugen eines jeden anständigen Menschen in Piißcredit zu bringen. 
Weiche Früchie eine solche aufreizende Sprache übrigens schon ge⸗ 
ragen hat, beweist folgender Vorfall, welcher der „A. A.“ vom 
10. November aus Muͤnchen geschrieben wird: 
Bei einer gestern in dem einige Stunden von hier entferut 
elegenen Dorfe Oberhaching stattgefundenen Wahlbesprechung ent⸗ 
sand zwischen dem Bauern Franz Schmied von Furth, genannt 
dichtelhanns, welcher zu den „Patrioten““ zählt, und dem Bauern 
Johann Bernhardt, genaunt Hopfenhanns, der sich zur Fortschritts 
sarlei bekennt, ein Wortwechsel, welcher schließlich dahin juhrte. 
daß der Dichtelhanns in seinem „patriotischen? Eifer sich soweit 
ergaß. dem Hopfenhanns den kleinen Finger der linklen Vaud 
bzubeißen! Strafrechtliche Untersuchung wegen des Vorfalls in 
PNherhaching ist bereits im Gange. 
Z weibrücke'n, 12. Rov. Nachdem der zum Wahl⸗ 
ommissar für den Urwahlbezirk Ensheim ernaunte Bürgermeister 
derr Franz Adt in seiner Eigenfchaft als Candidat zut Abgeoro— 
jetenkammer jene Function nicht annehmen tonnte, hat das 
Bezirksamt in der Person des funct. k. Staatsprocuratot Sub⸗ 
tituten, Herrn Hermann Peltri in Zweibrücken, einen andern 
VBahlcommissär für den Urwahlbezirk Ensheim ernannt. 
Frankfurta. M., 12. Noo. In Großgerau wurden, 
jeute Nacht wieder fünf Erdstöße verspürt: der letzte um 51923 Uhr 
Morgens war besonders stark. 
Denm „Fitf. Journol schreibt man aus Stutt gart vom 
*. Noo.: „Prinz Wildelnn von Württembeeg (der präsumtive 
dyronfolger), welcher zu seiner militärischen Ausbildung für einige 
zeit dem preußischen Gardekorps attachirt worden ist, soll, wie ein 
ner umgehendes Gerücht wissen will, sich mit einer preußischen 
zriuzessin verlobt haben; doch soll wegen der großen Jugend 
er Verlobten die Vermählung selbst erst in einigen Jahren 
latrinden. 
Fraukreich. 
Paris, 12. Nov. Einige „Unversöhnliches, darunter 
dochefort, sind nach Loudon gereist, um Ledru⸗Rollin zur Rückkehr 
lach Paris einzuladen. 
Paris. 13. Nevb. In einer gessern Abend abgehaltenen 
yffentlichen Versammlung beftätigte Hr. Rochefort die Weigerung 
dedru Rollins: dieser werde nur kommen, wenn er gewählt sei. 
Kochefort gegenüber tritt Carnot als Candidat auf. 
Italien. 
Florenz, 12. Nov. Vorgestern sprang auf der Fre⸗ 
jzatte „Castelfidardo'”, mit welcher der Herzog und die Her⸗ 
zogin d. Aosta aus Aegypten zurückfuhren, der Dampfkessel, wobei 
10 Matrosen getödtet, 30 verwundet wurden. Das herzogliche 
Baar wurde heute zurückerwarteite. 
Türkei. 
Konstantinopel, 8. Rov. Der Kriegs⸗Minister unter⸗ 
hreitete dem Sultan ein neues Heeresgesetz zur Sanktionirung; 
tatt 130,000 wird die Türkei künftig 200,000 Mann in Frie⸗ 
»enszeiten und 490,000 Soldaten in Krriegszeiten haben. Die 
dandwehr beträgt 300,000 Mamn. 
Die „N. Fr. Pr.“ entnimmt einem Privatbriefe ans Kon⸗ 
tantinopel: Nicht allein Graf Beust, sondern selbst der 
Zdaiser von Oesterreich habe bei seinem dortigen Aufenthalte dem 
Hroßvezier Aali Pascha einen Besuch abgestattet. 
— raischere 
FBlieskastel, 7. Nop. Wie wir erfahren, wurde 
dieser Tage der kath. Pfarrer Pfeifer von Biesingen vor dem kgl. 
Zolizeigerichte zu Blieskastel wegen unerlaubtem Collectiren zu 8 fl., 
begen unbefugter Fremdenbeherbergung zu 1. fl. und wegen Be⸗ 
rufssehrenkränkung des Adjuncten von Biesingen, geschehen während 
)es Gottesdienstes von der Kanzel herab, zu 50 fl. Geldbuße 
verurtheilt. 
Dieser geistliche Herr, der auch schon verschiedene Bestrafungen 
vegen Verleumdung vor dem kgl. Zuchtpolizeigericht zu Zweibrücken 
exrfahren, und vielleicht auch sein ehrenwerther, aber leider am 
Erjcheinen verhinderter College Walle von Rubenheim, welche als 
jute Patrioten genugsam bekannt sind, würden sich zu Wahlco⸗ 
nissären wohl ganz vesonders eignen. 
FBergzabern 7. Nov. Mit großer Spannung sieht 
nan hier der auf nächsten Freitag, den 12. d. anberaumten 
gerhandlung am Zuchtpolizeigerichte in Landau entgegen, wohin 
17 unserer angesehensten Mitbürger vorgeladen sind, um sich ge⸗ 
gen die Anschuldigung der Zuwiederhandlung gegen das Gesetz 
iber Vereine und Bersammlungen durch Veranstaltung eines öffent⸗ 
ichen Aufzugs bei der Abstimmung über Einführung der Comu— 
nalschulen am 17. Julie l1. Is. zu verantworten. Wie man 
ernimmt, ist Her Bezirksamtman Dr. Medicus als Zeuge geladen. 
die Vertheidigung wird Hert Anmalt Louis führen. 
Aus Franfurt q. M. vom 9. Nov. berichtet das 
„Fraukf. Journ.:“ „Die Bewohner Frankfurts wurden heute 
Morgen durch eine vom Nikolaithutme herabwehende Fahne an den 
Todestag Robert Blum's gemahnt. Das Trauerzeichen wurde 
holizeilich entferut. 
7 Bingen, 8. Nov. Ein Landmann in Wald⸗Algesheim 
nachte beim Graben einer Grube einen sehr merkwürdigen Fund. 
Er stieß näulich auf das Grab eines jedenfalls sehr angesehenen 
deerführers. Das bezeugen ein etwa zwei Fuß langer Stab, ein 
Urmring und eine Armspange von ganz reinem Golde urd sehr 
unstvoller Arbeit. Diese drei Gegen iände haben einen Gesummt⸗ 
verth von 600 fl. Außerdem fanden sich noch Urnen, Sattel⸗ 
erzierungen ꝛc. von Bronce. Herr Nathau Lob dahier hat sämmt⸗ 
che Gegenstände angekauft. 
Volkswirthschaft, Haundel nud Verkehr. 
Am Schlusse des Jahres 1868 bestanden 45 Vorschuß⸗ und 
Freditvereine in Bayern, wovon 16 auf die Rheinpfalz, 12 auf 
Interfrarsen, je 5 auf Oberbayern und Mittelfranlen, 4* auf 
Oberfranken und je 1 auf Niederbayern (Degzendors), auf 
õchwaben, (Ausburg) und auf die Oderpfalz (Regensburg) treffen.