Full text: St. Ingberter Anzeiger

8* t. Ingberker Anzei ger. 
! ä „— — — 
———— — 
Der St. Jugberter Anzaiger (und das mit dem Hauptblatte verbundene Unterhaltungsblatt, mit der Dienstags⸗, Donnerstags⸗ und Sonntags⸗ 
Kunimer) erscheint wöchentlich vie r n a l: D i⸗ n stag, Donnerstag, Samstag und Sonntag. Abonnementspreis vierteljaͤhrig 42 Krzr. oder 
12 Silbergr. Anzeigen werden mit 3 Krzr. die dreispaltige Zeile Blattschrift oder deren Raum berechnet.“ 
Nr. 18.33. LSonutaa, den 21. Novemle 41869. 
J 2* Deutschland. . 5 . 
Munchen, 17. Nov.“ Bei der am 29. d8. Ms. stattfin⸗ 
denden Generalversammlung des allgemeinen Unterstützungsvereins 
ür die Hinterlassenen der kgl. bayerischen Staatsdienern wird der 
von mehreren Mitgliedern gestellte Antrag zut Berathung und; 
Zeschlußfassung gelangen: die im 8 12 der Sazzungen enthaltene 
Bestimmung bezüglich der Klasseneintheilung der Vereinsmitglieder 
»ahin abzuändern, daß die Staatsdiener mit einem jährlichen 
zändigen Gehalte von 2) 2400 fl. und darüber in die J. Klasse, 
v) 900- 2400 fl. in die II. Alasse, e) von weniger als 900 fl. 
in die III. Klasse gehöten, ebentuell: den 8 183 der Sazgungen 
zahin zu modificiren, daß jedem Mitgliede freigestellt bleibe, durch 
Zezahlung des treffend jährlichen Beitrages in die nächst höhere 
dlaffe übertreten zu können. Ein weiterer Antrag geht dahin: 
m8 33 Abs. 5 der Satzungen den Verwaltungsrath zu ermäch ˖ 
igen, aus dem Vereinsvermögen Darlehen auf Kassenanweisung und 
Sicherheit für den Todesfall abzugeben. 
Karlsruhe, 18. Nop. Die zweite Kammer nahm die 
bligatorische Civilehe mit Prävention des Civilactes an. de 
letikale Partei hatte als äußerstes Zugeständniß beantragt, man 
olle die Prävention freizeben, eventuell den Cioilact dem kirch- 
ichen Acte am gleichen Tage nachfolgen lassee. 
Darmstadt, 17. Nov. Die hessischen Volksblätter 
derden am 1. Dec. mit der Hessishen Landeszeitung zu einem 
zroßen politischen Parteiorgane verschmolzen werden, um den Kampf 
zegen „die Verpreußung“ nachhaltiger führen zu können. 
Man schreibt der „B. B. Z.“ aus Dresden: „Wie wir 
jören, besteht das von der Allgemermen Deuischen Kreditanstalt 
in Leipzig vertretene Consortium, welches die sächsischen Staats 
isenbahnen kaufen möchte, aus der Kreditanstalt, der Darmstädter 
Jank, dem Hause Rothschild und der Berliner Hasidelsgesellschaft.“ 
Krakau, 14. Nop. Der plötzliche Tod des Dr. Leor. 
Jakubowski, welcher berufen war. bei der bevorstehenden Schluß⸗ 
derhandlung gegen die Oberinnen des Klosters der Karmeliterinnen 
iber den Geifteszustand der Barbara AÄbryk und über die Ursachen 
hrer Geisteskrankheit Aufschlüsse zu geben, hat bei den hiesigen 
Berichtsbehörden große Bestürzung, hervorgerufen. Es werden 
roßt Anstrengungen gemacht, dahin zu wirken, bei der bevor 
tehenden Schlußverhandlung die Oeffentlichkeit auszuschließen. 
SFrankreich. 
Pariss, 19. Nov. Von angeblich unterrichteter Seite 
vetden die Zeitungsgerüchte über eine Ministeränderung in Abtede 
eestellt. Wiederhoit faucht das Gerücht auf, der Kaiser (der erst 
in Montag hiecherkommen soll) werde im Dec. eine Zusam.nen⸗ 
unft mit dem Cjaren Alexander in Nizza haben. 
.Unsere besondere Correspondenz, sagt der „Avenir National,“ 
heilt uns mit, daß die schleswig'sche Deputation nach Paris gehen 
ald die Intervention der franzöfischen Regierung anrusen wird, 
an die Ausführung des Art. 5 des Prager Friedens zu erlangen.“ 
— 
Schwurgerichte ung. J 
——— IV. Quartal 1868. 
Zweibrücken, 16. November. Unklage gegen Barbara 
üfalzgraf, 29 Jahre alt, ledige Tagnerin u Minderslachen, Toch⸗ 
er des allda verlebten Tagners Peter Pfalztzgraf, wegen Kinds- 
nordes; Vertheidiger; Herr Rechtsc. Erbelding. Die Angeklagte, 
ꝛesch? bisher cinen unkadelhaften Ruf namentlich auch in sittlicher 
Leziehung genoß, hatte vor etwa 8 Jahren mit dem Dienstknechte 
hristopy Weiler von Herxheim ein intimes Liebesverhaͤltniß 
ageknüpft, in Folge dessen sie Anfangs dieses Jahres fühlte, daß 
e Murter werde. Ihrer Schwester, weliche mit ihr zusammenge⸗ 
nohnt und das Bett mit ihr theilt, fiel schon vor längecer Zeit 
ir Zustand auf; von ihr deshalb wiederholt zur Rede gestellt, 
uugnete die Angeklagte hartnäkig ihre Schwangerschaft und suchte 
— r —— 
ihre Schwester wie auch die Nachbarsfrauen, welchen ihr Zustand 
auffiel, durch die Erkläͤrung zu beruhigen, sie leide an der Wafser⸗ 
ucht, welche Erklärung bei denselben um so mehr Glauben fand, 
als auch ihr Vater dieser Kraukheit erlegen war. Am 7. August 
ibhin klagte die Angeklagte früh Morgens über Leibschmerzen, war 
den ganzen Vormittag über unruhig und nahm an dem hemein⸗ 
chaftlichen Mittagsmahl nicht theil, so daß ihre Schwester, ängst⸗ 
iich geworden wegen des Zustandes derselben, sie wiederholt be— 
ragte, ob sie nicht den Arzt oder die Hebamme holen sollte, ohne 
»aß die Angeklagte sich dazu eatschließen konnte. Gleich nach 12 
Ahr legte sich die Angeklagte zu Bette und kam gegen 1 Uhr mit 
inem Kinde weiblichen Geschlechtes nieder, welches jedoch bald 
zach der Geburt seinen Geist aufgab unter Umständen, welche den 
Schluß zu rechtfertigen schienen, daß dasselbe gewaltsam getödtet 
vorden sei. Als die Schwester der Angeklagten um 1 Uhr, um 
iach derselben zu sehen, in das Zimaer kam, fand sie die Ange⸗ 
klagte im Bette liegend und auf dem Boden neben dem Beite 
ausgestredt ihr Kind, welches zwar noch lebte, aber so hinfällig 
var, daß ihr sein Aufkommen höchst zweifelhaft erschieg, besonders 
pa sie sosort entdeckte, daß das Kind verschiedene äußere Verletz- 
ingen an sich trug. Nach kaum einer Stunde sollte ihre Ver— 
nuthung bestätigt werden. Nach der am 8. Aug. durch den kgl. 
Bezirksarzt Dr. Baumann von Kandel vorgenommenen Obduction, 
entsprechend den äußeren Verletzungen war die Kopfschwarte stark 
ait Blut infiltrirt, die Stirnnaht in einer Länge von 3 Centi— 
neter von einnander gesprengt, an beiden Stirnhöckern und fast 
iber das gauze Schädelgewölbe sich erstreckend Blutextravasate; 
erner waren Brüche und Sprünge in den beiden Seitenwandbeinen 
ind Schläfebeinen, dann am rechlen Schläfebeine und am linken 
Seitenwandbeine zwei durch Zertrümmerung entstandene Knochen⸗ 
ücken. Nach dem Gutachten des k. Bez'rksarztes sind diese schweren 
zerletzungen nothwendigerweise durch Anwendung bedeutender 
vewalt entstanden und zwar entweder durch Aufstoßen oder An⸗ 
chlagen des Kopfes an einen rauhen, festen ebenen Gegenstand, 
der durch Schläge mittelst eines festen und harten Werkzeuges 
jervorgerufen worden und mußten den Tod des vollständig reifen 
ind lebensfähigen Kindes zur Folge haben.“ Die Angeklagte 
ehauptet, dem Kinde die fraglichen Verletzungen nicht beigebracht 
u huben; sie sei von ihren! Wehen gedräugk aus dem Beite ge⸗ 
tiegen und sei beim?Zurückgehen von der Geburt ihres Kindes 
iberrascht worden; sie habe/ da der Kopf längere Zeit in der 
S„cheide stecken blieb, das Kind mit der Hand gepackt und dasselbe 
erausgezogen; hierbei sei Ddas Kind zu Boden gefallen und müsfe 
ich bei dieser Gelegenheit so schwer verlezt haben. — Die Ver—⸗ 
heidigung führte aus, es stehe nach dem Ergebnisse der Verhand⸗ 
unz nicht fest, daß die Angeklagte ihr am 7. August geborenes 
dind absichtlich getödtet habe, deun wenn auch das Kind in Folge 
jou bedeutenden Kopfverletzungen gestocben fei, so sei doch die 
Möͤglichkeit nicht ausgeschlossen, daß diese Verletzungen nicht durch 
ie Hand der Aageklagten, sondern während und bei der Geburt 
elbst ohne Verschulden derselben entstanden seien, entweder beim 
Ddurchgange des sehr großen Kindes durch das Becken, oder dadurch, 
aß die Angeklagte an dem Kopfe des Kindes gezogen habe, um 
die Geburt desselben zu befördern; hiefür spreche namentlich die 
rdage der Kopfverletzungen, die auf beiden Seiten des Kopfes ganz 
jenau von derselben Richtung und Ausdehnung seien, sowie die 
m Gesichte und an der Stirne der Kindesleiche aufgefuadenen 
hautfhärfungen, die auf keine andere Entstehungsursache zurückge— 
ührt werden könnten; auch sei die Möglichkeit nicht ausgeschlossen, 
aß das Kind unmitkelbar nach der Geburt mit dem Kopfe auf 
ven harten Lehmboden der Kammer gefallen und hierbei die frag⸗ 
ichen Verletzungen entstanden seien. Die Aunnahme, daß die 
Augeklagte ihr Kind vorsätzlihh und absichtlich ums Leden gebräacht 
jabe, sei aber namenthch um deswillen unwaährscheinlich, weil 
ieselbe keinerlei Motiw zu der That gehabt habe; sie habe von 
en am 30. Juli erfolgten Tode ihres Geliebten Weiler, der ihr 
is zu seinem Ende treu gehlieben sei uad das von ihr unter dem