Full text: St. Ingberter Anzeiger

St. Ingberler Anzeiger. 
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Nr. 4192. ——6869 
DDeutschlaud. 
Müuünchen, 4. Dec. Mit ziemlicher Bestimmtheit taucht 
das Gerücht auf, daß der Königes mit einem Coalitionsministerium 
unter dem Präsidium des Fürsten Hohenlohe versuchen wolle. Die 
dH. v. Hörmann und v. Gresser sollen zu dem Ende aus dem 
Fabinet scheiden und durch der neuen Kammermehrheit entfprechende 
Persönlichteiten ersetzt werden; man bezweifelt aber, daß Fürsi 
hohenlohe darauf eingehen werde. 
München, 5. Dec. Gestern Abend sind die Minister Fürst 
Hohenlohe und Frhr. v. Pranckh von Hohenschwangau hierher zu⸗ 
uckgekehrt. Der VLetztere ist vom König zum JInhaber des 8. 
Infanterieregiments (bisher vac. Seckendorff) ernannt worden. 
Dienstesnachrichten. 
Dem functionirenden Staatsprocurator⸗Substistuten Jakob 
zrieger in Frankenthal ist die erledigte Stelle eines Assessors am 
dandgerichte Neustadt verliehen, ferner ist die kath. Pfarrei Grün⸗ 
stadt dem Pfarrer Adam Christmann in Obermoschelnübertragen 
borden. — Zum Lehrer an der israel. Schule in Lambsheim 
purde der israel. Schullehrer Simon Wenk in Ruchheim, zum 
dehrer an der prot. Schule in, Oberweiler im Thal der Schul⸗ 
verweser Philipp Heil in Bosenbach und zum Schulverweser an 
zer prot. Schule in Obereifenbach der Schuldienstexspectant Karl 
Amann von Adenbach ernannt. 
Karlsruhe, 5. Dec. Die Eriste Kammer trat 
zestern dem Gesetz über Einführung der obligatorischen Civbil⸗ 
he bei. 
Berlin, 5. Dec. Graf Bismarist seit gestern Nachmittag 
zier. Er wollte nach Bonn reisen, wo sein Sohn Herbert im 
buell am Kopfe schwer verwundet wurde, ließ aber auf die Nach⸗ 
richt von Besserung seine Gemahlin allein reisen und empfing heut⸗ 
drn. v. Schweinitz, den neuen Gesandten in Wien. 
Italien. 
Florenz, 4. Dec. Zwischen dem Könige und dem Grafen 
Beust soll eine baldige Zusammenkunft des Ersteren mit dem Kaiser 
Franz Joseph verabredet worden sein. — Aus Rom wird ge— 
eldet, daß die anwesenden -Väter des Concils“ vorgestern 
n der Sixtinischen Capelle dem Papste Pius den Eid geleiste 
naben. 
Aus Rom, 28. Nov., wird der. Havas'schen Agentur in 
Haris geschrieben: Die Totalziffer der bis heute eingetroffenen 
remden Bischöfe beträgt 315; 300 weitere uungefähr werden bis 
zum 8. Dec. noch hier erwariet. Alles in Allem aiso, die hier 
Jewöhnlich residirenden Prälaten mit eingereichnet, werden die 
Jater des Concils: Cardinäle, Patriarchen, Primiten, Erzbischöfe, 
Bischöfe (letztere zwei mit Seelsorge oder in partibus), Procura⸗ 
oren abwesender Bischöfe, Asministratoren und Capitular⸗Vicarien 
zacanter Bisthümer, insulirte Aebte, Chefs religiöser Orden, nicht 
nehr als 650 betragen. Die katholische Hierarchie besteht den 
Angaben der Pont ficalstatistik zufolge aus 981 Prälaten, von denen 
747 ihre Sitze eiunehmen, 234 hingegen Spreugeln in partibus 
ingehören. Man sieht, daß die vor einiger Zeit mitgetheilte 
Nachticht, daß ungefähr 300 Bischöfe dem Concil nicht beiwohnen 
werden, begründet ist. 
Es ist sehr schwer, die Erlaubniß zur Besichtigung des Saa⸗ 
les zu erhalten, in welchem das Concil stattfinden wird. Man ist 
eben damit beschäftigt, die letzte Hand an die Vorbereilungsarbeiten 
zu legen; am 4. Dec. muß die ganze Zurüstung beendigt sein. An 
diesem Tage wird der Papft St. Peter besuchen und den Saal 
ürs Concu in allen Details in Augenschein nehmen. Man glaubt, 
»aß die Eröffnungsceremonie, die bereits mitgetheilt worden ist, 6 
Stunden dauern wird. 
Spanien. 
Madrid, 4, Dec. In den Cortes legte Prim einen Ge— 
etzentwurf über Aufhebung des Belageruugszustandes vor. — Es 
oll eine neue carlistijsche Verschwörung entdeckt worden sein. (Einem 
Telegramm der „N. Freien Presse“ zufolge sollen Serrano und 
Prim Angesichts der Unmöglichkeit, den Herzog von Genuag zum 
Zönige zu erhalten, die Candidatur des Sohnes Isabels, 
des Prinzen von Asturien, aufzustellen beabsichtigen.) 
— 
1 Sit. Ingbert, 7. Dee. Gestern wurde durch Herrn 
Förster Hauk von Hassel in den Waldungen des Herrn Villeroy 
ein Wildschwein (Bache) im Gewichte von 90—100 Pfund erlegt. 
Verschiedene andere sollen angeschossen worden sein·* 
. Wie Fürst Hohenlohe zu dem tunesischen Orden kam, dessen 
VBerleihung kürzlich gemeldet wurde, ist interessant genug, um nach⸗ 
rräglich erzählt zu werden. Bekanntlich schickte der König vor 
einiger“ Zeit feinen Stallmeister, den Grafen Holnstein nach Tunis, 
um dort für densk. Marstall mehrere Pferde jur kaufen. Der 
Stallmeifter fand in Tunis die freundlichste Aufnahme, und der 
Bahn übergab ihm einen Schimmel, ein edles Racepferd aus seinen 
eigenen Ställen, als Geschenk für den König von Bayern. Das 
Pferd kam wohlsehalten in München an, starb jedoch bald darauf. 
Der Koöͤnig aber, eingedenk der erwiesenen Freundlichkeit, übersen⸗ 
dete dem Bey einen der vielen einheimischen hohen Orden, worüber 
denn der afrikanische Fürst hinwiderum so erfreut war, daß er ein 
zanzes Dutzend tunesische Orden nach München schickte, um sie 
dort vertheilen zu lassen. Den schönsten, mit Diamanten reich 
verziert, übersendete er natürlich dem König, den weniger reich 
zarnirten dem Fürsten Hohenlohe, die andern sollten den „Wür—⸗ 
digsten“ angehängt werden. Nur Einen Glücklichen der einen sol⸗ 
chen tunesischen Orden erhalten sollte, benannte der Bey noch 
ausdrücklich: „den ausgezeichneten Componisten Richard Wagner!“ 
In Wiesbaden wurde eine Gaunerbande eingezogen, 
die ihr Geschäft nur unter den höchsten Personen trieb; auf Grund 
gefälschter Urkunden resp. Empfehlungen des norddeutschen General⸗ 
lonsuls in London wendeten sich die Bauner an Könige, Königinnen, 
Fürsten, Prinzen u. s. w. und erbaten deren Unterstützung für 
einen durch Mühe und Anstrengung in Amerika reich gewordenen 
und durch Schiffbruch um sein ganzes Vermögen gekommenen, immer 
aiameuntlich angeführten ehemaligen Unterthan und haben auf diese 
Weise auf dortiger Post schon namhafte Beträge in Empfang ge⸗ 
nommen, die so erschwindelt waren. 
4 Die Duelle werden jetzt auch unter den Damen in Paris 
Mode. Zwei Damen der hohen Welt, wie wenigstens der, Gaulois“ 
dersichert, haben sich vergaagene Woche in dem Garten eines Hotels 
der Rue Montaigne auf Pistolen duellirt. Beiden Kämpferinnen 
zing die Kugel durch die Röcke. Veranlassung des Duells war 
Fifersucht, welche ein sehr schöner ungarischer Cavalier in den 
Herzen der beiden Schönen entzündet hatte. 
Aus Rom wird der „Magdb. Ztig.“ geschrieben: „Der 
Erzbischof von Lima in Peru, welcher bei einem Alter von 94 
Jahren die Reise nach Rom anzutreten nicht wagen darf, hat dem 
Papste einen kostbaren Hirtenstab, ganz von peruanischem Golde 
und im Werthe von 1000 Studi, geschenkt. Der Vertreter des 
Erzbischofs, Generalvicar Qual, hat dem Papste dieses Geschenk 
zugleich mit einem Korbe von Silberfiligran und einem Blumen⸗ 
trauße von derselben Arbeit nebst 7000 Fre. überreicht, welch letz⸗ 
teren Gaben von den Damen von Peru stammen. Auch der Erz⸗ 
bischof von Quito hat viele Geschenke mit hierher gebracht, unter 
anderem einen goldenen, reich mit Perlen und Edelsteinen besetzten 
Becher, und vom Präsidenten der Republik Equador eine große, 
mit werthvollen Edelsteinen geschmückte Medaille. Man ist hier 
mit Südamerika überhaupt sehr zufrieden. Auch eine Klingel für 
die Leitung der Sitzungen des Concils fehlt dem Papste nicht 
mehr. Ein Priester Marians Mattaini von Rimimi, welcher zu⸗ 
zleich Künstler ist, hat eine solche, kostbar durch den Symbolismus 
der christlichen Kunst“ gearbeitet und dem heiligen Vater überreicht. 
Sie ist ganz mit kleinen Reliefs übersäet, und sinnvolle Unter⸗ 
chriften fehlen nicht.