und zwar: 1)7gegen Jakob Mayer, Schneider von Diedesfeld,
angeliagt der vorsatzlichen Körperverletzung des Feldschützen Jacob
Zriegshäuser von Diedesfeld im Verbrechensgrade. Der Angeklagte
ind Kriegshäuser, welche die nächsten Nachbarn sind, stehen schon
eit laͤngerer Zeit wegen eines unbedeutenden Vorfalles auf ge—⸗
spanntem Fuße. Am Mittage des 9. Mai abhin begegnete Letz⸗
Ger beim Begange des Feldes dem Angeklagten; sie geriethen in
Wortwechsel, worauf sich derselbe rasch gegen Diedesfeld zu ent⸗
ernte. Auf,‚ den Rath des Feldschützen Hoppenhauer verweilte
riegshäuser längere Zeit bei ihm, da sie annahmen, der Ange—
lagte lauere dem Letzteren auf. Gegen 6 Uhr ging Kriegshäuser
nach Hause und wurde auf dem Wege zwischen Alsterweiler und
Diedesfeld plötzlich vom Angeklagten überfallen, welcher ihm mit
em Säbel mehrere Hiebe auf den linken Arm und die rechte
Schulter versetzte. Zwei der Verletzungen hatten bedeutende Wun
Fen und Knochenbrüche zur Folge und verursachten eine Arbeits-
mnsählgkeit von 8 Monaten und eine Arbeitsbeschränkiheit auf
längere Zeit hinaus. Der Angeklagte wie der Bulnerat genießen
inen sehr guten Ruf, nur soll Ersterer etwas reizbar sein. Der
Gerichtshof verurtheilte den Augeklagten zu einer Zuchthausstrafe
hon vier Jahren.
Zweite Verhandlung gegen Georg Müller, Küfer, in Speyer
wohnhaft, zuletzt in Schwegenheim sich aufhaltend, angeklagt des
Roihzuchtpersuchs. In der 9tacht vom 30. auf den 81. Mai l. J.
chlich sich der Angeklagte in die Wohnung des Nachtwächters
Schemel von Schwegenheim und suchte durch Bedrohung mit einem
Messer und mittelst Gewaltanwendung die Ehefrau Schemel zum
außerehelichen Beischlafe zu mißbrauchen, stand jedoch, durch die
energische Gegenwehr derselben veranlaßt, von dem Versuche ab.
Er hatte sich dadurch in das Haus Eintritt zu verschaffen gewußt,
zaß er sich für Schemel ausgab; sein Ruf ist ein ichlechter. Der
herichtshof verurtheilte den AÄngetkagten zu 4 Jahren Zuchthaus.
Den Schluß der Session des vierten Quarlals bildeten
nachfolgende zwei Contumacialsachen:
. Anklage gegen Valentin Sohl, 39 Jahre alt, Hufschmied
von Herxheim, dermalen flüchtig wegen Meineid. Der Beschuldigte
etrieb seit dem Jahre 1866 dis zum Sommer vorigen Jahres
nit seinem Stiefvater Michael Einhorn, dem zweiten Ehemanne
seiner Mutter Helena Koch, in Herrheim gemeinschaftlich das
Schmiedgeschäft. Bald kam es zu Streitigkeiten zwischen ihnen,
ind im Rovember 1868 erhob der Stiefvater des Angeklagten,
jowie seine Mutter eine Alage gegen ihn beim kgl. Bezirksgerichte
in Landau. In diesem Rechtsstreite wurde auf den von den
Adlägern zugeschobenen Eid erkannt, welchen denn auch der Beschul⸗
digte, damaliger Beklagter, annahm. Derselbe beschwor unter
Aderem. seinem Stiefvater drei Darlehen in den Beträgen von
312 fl., 475 und 400 fl. gemacht zu haben, indeß Letzterer die⸗
selben auf seinen Eid hin in Abrede stellt Auch die Vutter des
Angeklagten will von diesem Darlehen pvichts wissen, und seine
Beschwister glauben nicht, daß er dieselben gemacht habe. Nach
den über seine Einnahmen und Ausgaben in den betreffenden
Jahren 1861, Isé2 und 1865 gemachten Erhebungen war er
aͤberhaupt nicht in der Lage, Geld auszuleihen.
Der Schurgerichtshof derurtheilie denselben in contumaciam
in eine Zuchthausstrafe von 4 Jahren.
2. Anklage gegen Johannes Becker II., 40 Jahre alt, Bäcker
and Mehlbändier aus Unlerschönmattenweg im Großyerzogthum
dessen, zuletzt in Speher wohuhaft, derzeit flüchtig, wegen betrüge⸗
schen Bankerotts. Der Angeklagte betrieb seit August 1868 in
Speyer eine Bäckerei und Mehlthandel. Indessen führte er erst
seil Februar laufenden Jahres Bücher, und diese unvollständig
nd wahrheitswidrig, so daß aus denselben keineswegs der Activ⸗
und Passivstand seines Vermögens zu ersehen war. Im Monate
März dieses Jahres kaufte er noch, nachdem die Schulden bereits
in vas VDoppelte sein Activ-Vermögen überschritten hatten, von den
Agenten Hessel und Bissinger in Mannheim, sowie von dem Kauf⸗—
une Goaͤbriel Kaufmann allda 195 Centner Mehl in 102 Säcken
im den Preis von 1340 fl. 22 kr. auf Credit. Dieses Mehl
verkaäufte er wieder und befriedigte mit einem Theile des Erlöses
eine Gläubiger. 128 Centner in 68 Säcken ließ er aber unterm
27. März per Bahn nach Karlsruhe verbringen, verkaufte fie
daselbst am 2. April an den Handelsmann Eichtersheimer von
Mannheim um den baaren Preis von 844 fl. 66 kr. und ver—⸗
schwand mit diesem Geldbetrage, den er seinen Gläubigern entzog,
schon am 8. April darauf, unter Rückkassung einer Ueber—
chuldung von nahezu 2900 Gulden, nachdem er schon vorhet
— hatte. Der Schwurgerichtshof ver⸗
urtheilte denselben in eontumaciam in eine Zuchthausstrafe von
4 Jahren.
Die Schwurgerichtsverhandlungen für das
I. Quartal 1870 beginnen am 14. Febr. unter dem Präsidium
es Hrn. Appellrathes Zinkgraf.
Vermischtes.
St. Ingbert. Bei der am Mittwoch hier stattge—
abten Gemeindevorstandswahl wurde der bisherige Bürgermeister
dr. W. Chandon beinahe e instimmig (mit 35 Stimmen vei
js Slimmenden) wiedergewählt, zum ersten Adjuncten Hr. Heinrich
Zchmitt, Seifenfieder und Wirth und zum zweiten Adjuncten
Ir. Joh. Hellenthal, Bäcker und Wirth.
FReiüchenhall, b. Dec. Von hier ist eine Metzgers-
rau zum Concil nach Rom abgereist. Sie hegt die Absicht, vor
dem Papste einen Fußfall zu thun und ihn zu bitten, dafür sorgen
u wollen, daß Bahern nicht preußisch werde! Komisch, aber
ezeichnend für die Agitationen der Ultramontanen.
. Zu der Nachricht, ein Lehrer bei Dachau habe das große
2oos der Ulmer Münsterlotterie gewonnen, macht die Dorfzeitung
zie launige Bemerkung: „So sollten Kirche und Schule einander
mmer in die Hand arbeiten ·.
FHeidelberg, 4. Dec. Heute wurde auf dem Fruh ˖
uge von Carlsruhe nach Mannheim eine Cassette mit 57000
zulden Inhalt vermißt, welche wahrscheinlich hier abhanden ge⸗
ommen ist.
Darmstadt, 8. Dec. Dem Inhaber eines Erziehungs⸗
astikutez, Engländer von Geburt und im kräftiasten Mannesalter
tehend, begegnete gestern der Unfall, daß sich ein Revolver im
lugenblick, in welchem ihn der Eigenthümer auf die gewohnte
Ztelle über einen Bücher⸗Repositorium bringen wollte, entlud, und
ie in dem betreffenden Lauf befindliche Kugel dem Genannten in
zie Brust drang. Heute Nachmittag ist der Verwundete seinen
eftigen Leiden erlegen. Dieser Unfall, welcher eine allgemein
jeachtete Familie getroffen, erregl bei der hiesigen Einwohnerschaft
as tieffte Bedauern.
Main;, 3. Dec. Es kann nicht ernstlich genug zur
Horsicht im Gebrauch grüner Tapeten aufgefordert werden, deren
Farbein vorzugsmeise mit gesundheitsschädlichen Stoffen herge—
lellt werden. Hier ein neuer Warnungsfall. Als heute Morgen
u einer Frau dahier der Arzt gerufen wurde, erkannte dieser
nach näherer Diagnose Symptome der Vergiftung an seiner
Batientin und fand auch bald die Ursache davon in den Tapeten.
hlücklicherweise war die Hilfe noch nicht verspätet. Aber die
Familie fühlte sich gedrungen, sogleich das Haus zu verlassen,
velches sie seit Herbst bewohat hatte. J
Frankfurt, 6. Dec. Gestern Morgen war an dem
5tandbild Carl des Großen auf der Brücke eine Carricatur an⸗
eheftet, welche hochstehende Perjsönlichteiten des norddeutschen
zundes zum Gegenstande hatte. Dieselbe wurde polizeilich entfernt.
FNeusß, 2. Dec. Daß bei dem Gebrauche des Petroleums,
velches das Oel als Leuchtstoff fast gänzlich verdrängt hat, Vorsicht
inzuwenden und besonders die Berührung des Feuers mit demselben
u vermeiden sei, davon giebt folgender Vorfall wieder einen Be—
veis. Eine Hausfrau hatte ihre Petroleumlampe eben frisch gefüllt
ind sich wieder an ihre Handarbeit begeben, als die Lampe
alötzlich mit einem gewaltigen Knall zersprang. Die Scherben
vurden gegen die Decke geschleudert, das brennende Petroleum ergoß
ich auf den Boden und auf ein in der Nähe stehendes Bettchen,
n welchem ein Säugling schlief. Auf das Hütfgeschrei liefen die
ibrigen Hausbewohner zusammen und ihren vereinten Bemühungen
zelang es, glücklich des Feuers Herr zu werden. Der Kleine in
jem Bettchen war nur leicht an einem Aermchen verbrannt. Die
ꝛampe war bis obenhin mit Petroleum angefüllt worden und da
Jetroleum geringerer Qualität hei einiger Erhitzung explodirt, so
st wohl anzunehmen, daß durch die gänzliche Anfüllung des Be—
jälters das Petroleum in zu große Nähe der heißen Flamme ge⸗
zracht worden war und dadurch die Explosion erfolgte.
p Das neue Schaufert'sche Lustspiel „1683* ist der “Pr.“
ufolge bei der ersten Aufführung im Burgtheater glaͤnzend durch⸗
jejalken. Die beiden ersten Alte wurden sehr günstig aufgenomi⸗
nen, dagegen wurde beim dritten und vierten gezischt und beim
ünften gelacht und gehöhnt. Nach der Aufführung wurde das
Ztück ohne Sang und Klang begraben.
Paris, 5. Dec. Der Pariser Cassationshof erließ dieser
Tage einen Beschluß, kraft dessen jeder Unfall, welcher sich an
iner Maschine ereignet, wie z. B. das Zerplatzen derselben, als
»as Ergebniß eines vom Eigenthümer dieser Maschine begangenen
Fehlers angesehen wird. Der Eigenthümer ist in Folge dessen
Jerantwortlich für allen Schaden, welchen der Unfall Dritten ver⸗
ecsachen kann, diejenigen Fälle ausgenommen, in welchen nachge—
viesen wird, daß der Unfall das Ergebniß einer höheren Gewalt
der des Zufalles war. Dieser Beweis ist von ihm zu liefern;
die Beschädigten haben weder das Nichtvorhandensein des Zafalles,
xoch des der höheren Gewalt zu beweisen.
F Die wahrend der orientalischen Reise der Kaiserin von
Frankreich zwischen ihr und ihrem Gemahl gewechselten telegraphi⸗