Full text: St. Ingberter Anzeiger

Fugland. 
25 4 4 * *232 34 * * 
Londonz BI. Dec. In derkleinen ahche des wenige 
Meilca stromauswärtss don London gelegenen Oertcheus Weybridge 
lehen nun neun Sättze der verbapnten französischen Königsfamilie. 
Ludwig Philipp mit seiner Gemahlin, die Herzoginnen von Orleans 
und Nemours nebst vier Kinder des Herzogs von Aumale find dort 
nestattet, und gestern kam der neunte Sarg mit den sterblichen Ueber⸗ 
cesten der Herzogin von Aumale dazu. Zwanzig volle Jahre warten 
die Orleans nun schon auf einen Umschwung der Ereignisse: der 
sie uach Frankreich zurückrufen soll, und unter Warten begr aben sie 
don den Ihrigen einen nach dem andern in der kleinen katholischen 
Napello von Weybridg⸗. Wer wagt es wohl, voraus zu sagen, 
vb dies der letzte Sarg sei, den die Orleans auf fremden Boden 
beisetzen! — Ein anderer Leichnam, der Peabody's wurde heute 
von seiner zeitweiligen Ruhestätte in“ der Westminster⸗Abtei ab⸗ 
geholt und nach Mortsmouth befordert, um von dort mit fürstlichen 
Eyhren über das Meet gesuhrt zu werden. — 
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α nα uid Italien. cer Ve edt est urdeee ro 
3 F renz. Is Dec Einen Londoner Telegramm zufolge 
ist der Herzog p. Genug nach Italien zu seiner Mutter abgereist. 
—Aus Rom wird unlerm Heutigen telegraphirt, daß die Ge— 
sundheit des Popstes Pius vortrefflich und daß die Bulle über 
zine eventuelle Vacanz det, —— Stuhles eine noch jedem 
Toncil vorausgegangene sei.“ Rach amtsichen Angaben sind von 
1044 Personen, welche Siß und Stimme im Concil, haben, 762 
anwesend, nämlich: 81 Cardinäle, 9 Patriarchen, 603 Primaten, 
Erzbischofe, Bischöfe, und Nullius Aebte, 28 Ordensgenerale. Heute 
hat eine Truppenschau flatigefunden, der die Kaiserin Elisabeth 
und die Königin Olga beiwohnten. Lettere reist morgen über 
— — 
Aus Rom, 10. Deei. wird der Koͤln. Ztg.“ geschrieben; 
Das andauernde Regewpetter hat die beabsichtigten, militärischen 
Schaustellungen verejtelt. Das auf gestern Abend angesagte große 
Concert auf der Piazza Colonna ist nicht zu Staͤnde gekommen 
und die große Parade, welche heute in der Villa Borghese der 
dersammelten Hieraxchie einen Vegriff von den militaäͤtischen Streit 
dräften Roms geben sollte, ist bißs auf weiteres abbestelli worden. 
Man schätzi die Zahl derer, welche am-8. December sich zur Be⸗— 
chtiguug des Concils in der Peterskirche zusammengefunden haben, 
auf· 50. bis 70,000. Ueber die Dauer des Concils; gehen die 
Meinungen auseinander, Wenige glauben, daß drei Monate 
genügen wezden, Alles ins Reine zu bringen. Andere rathen auf 
jechs Monaie, und es fehlt nicht an jolchen, welche behaupten 
daß mehrexe Jahre vergehen würden, ehe die Acten geschlossen 
werden könnten. 5 F 6 
Spanien. * 
Wadxrrb, 13. Dec, Die Cories traten heute in die Dis 
cussson deß Berichtes ber die nach Figuerola angeblich don den 
Ertöniginnen Christine und Isabella gestohlen en Krong e⸗ 
shmeide ein. — 
J Mußland * 
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Aun Perersburg, 13. Dec. In Moskau und anderen 
Städten soll eine Verschwörung entdeckt worden sein, welche be 
wedte, für den Jahrestag der Bauernemancipation die Bevoölierung 
ju gewaltsamen Demonstrationen aufzureizen. * 
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—A Amerika * —8* —* 
Von den deutschen“ Lanbsleuten: in Mexico ergeht die Bitte, 
folgende Warnung gegen die Auswandernug nach jenem Lande zu 
veroͤffentlichen: „Schon seit einem Jahre beschäftigen sich Speku⸗ 
lanten und durch diese üngeregt, die büffentlichen Blätter vielfach 
nit Eirwanderungsprojecten, indem die einheimischen Kräfte theils 
nicht hinreichend, theils nicht geeignet find, das Land in seinem 
zanzen Werthe auszubeuten. Es ist daher im Plane, eine Ein⸗ 
wanderung, und ganz besonders eine solche aus Deutschland, her⸗ 
deizuführen. Als Hauptlockung wird die allerdings ausgzeichnete 
Productivnsfähigkeit und der Mineralreichthum des Landes in den 
schönsten Farben geschildert. Hiesige Blätter, indem sie diesen 
Begenstand besprechen, sagen offen: Das ganze Unternehmen ist 
rein kaufmannischer Natur.“ Da nun jeder Kaufmann mii irgend 
einem Gegenstande als Waare, und in der Abficht Gewinn zu 
erzielen handelt, so liegt es auf der Hand, daß jene Untenehmer 
ficherlich dieselbe Abficht haben, und soll. das Menschenfleisch ven 
Handelsartikel abgeben, und da es seit einigen Jahren mit der 
schwarzen Haut nicht mehr geht, so greift man halt zur weißen 
Zu diesem Zwecke hat sich in Mexico eine anonyme Gesellschaft 
gebildet, welche in nachbenannten Staaten Einwanderer zu locken 
sucht: Guerrero, Daxaca, Vera⸗Cruz, Chiapas, Tabacco, Tehuan⸗ 
repet, und Yucatan. Gerade diese“ Staaten liegen am meisten 
ach Suades aund sinb die heißesten und ungesundesten. Fieber 
iller Arten hertschen dort mehr oder minder das ganze Jahr, und 
diefen erliegen die Europaer am ersten.n. Rechnet man zu dem 
elimawechsel den vollständigen Unterschied der Lebensmittel; Kar⸗ 
offeln, Rrod, Butter und Fleisch bilden die Hauptnahrungsmittel, 
an die uͤnsere heimischen Arbeiter beinahe ausschließlich gewöhnt 
sind, und gerade diese kann er sich hier nur mit bebeutenden Koften 
und offt selbst dann nicht in jenen Gegenden verschaffen, Kartoffeln 
zrten im heißen Klima aus und werden ungenießbar. Eben so 
agneun sich Boden und Klima nicht zur Pflanzung von Korn, 
Berste, Weizen und muß statt des Mehles dieser Getreide Maiß 
dienen, der jedoch das Brod keineswegs ersetzt. Butter und Mug 
änd Gegenstaände, die uur während der Regenzeit zu haben sind 
also drei bis vier Monate im Jahr, und dann selbst in schlechter 
Qualität. Fleisch hält sich bei det Hitze die in den angeführten 
Hegenden herrscht, höchsteus einen Tag frisch, und alle Versuche, 
dasselbe auf irgend eine Weise zu praͤpariren zum Aufheben haben 
ich bis jetzt unzulänglich erwiesen. Ferner beweisender kritische 
Stand des Landes in politischer und commercieller Beziehung, der 
teten Revolutionen, die frisch ausgebrochenen Indianerunruhen, die 
Mangel an⸗Schußz und die Schwäche der Behörden, daß ein— 
»eutsche Einwanderung ein schlimmes Ende nehmen würde, wie 
ja auch die schon früher gemachten Versuche auf's vollständigste 
»ewiesen haben indem die Eingewanderten sammt und sonders in 
Elend und Noth verlommen sind 
nmn; 
u 
. fx Zweibrücken, 12. Dec. Von hier theilt man dem 
Rüenb. Anz,“ mit, daß der Lehrer der Naturwissenschaften an 
der hiesigen Gewerbschule, Herr Paul Reinisch. auf Anordnung 
des Ordinariates in Speyer zur Verantwortung gezogen wurde, 
weil derselbe durch eine im letzten Schulprogramm enthaltene 
Abhandlung uber Metheorsteine die Schüler mit Irreligiosität an— 
zestectt haben sollte. Der Passus, welcher dem Lehrer den Verweis 
zutzezogen, lautet: In mehreren Schriften des alten Testamenis 
inden sich nehrere Bexichte von offenbax mit Meteorsieinfällen 
usaminenhaͤngenden. Ereignissen. Der älteste Bericht —ine 
gaielleicht etwas übertriebene Darftellung eines zufällig während 
des Etdbebens stattgehablen Meteorsteinfalles — über die Zer— 
liorung der pitr Stade Sodom, Gomorra. Adama und Zeboim 
purch Schwefel und Feuer, welche vom Himmel gefallen, ferner 
ein Hagel von Steinen von. Beth Horon bis Aseka u. s. w. 
von Jerusalem.“ Man sieht, die Kühnheit des Herrn Reinisch 
zeht, kaum bis zum Paulus'schen Rationalismus und trotzdem 
vird, die Relion in Gefahr erklärt. 
Wie außerordentlich groß die Verkehrseniwicklung auf den 
Pfalzischen Bahnen, gehl daraus hervor, daß der Verwaltungs 
rath deschlossen, den Fuhrpark um 600 Güter⸗ und Kohlenwagen, 
88 Personeuwagen, 16. Gepädwagen und 10 Güterzugs⸗Locomo— 
tiven zu vermehren und gleichzeitig geltend gemacht, daß diese 
Reuanschaffuug unaufschiebar feien, wenn man den Anforderungen 
des Güter⸗ und speciell des Kohlenverkehrs genügen wolle. Die 
betreffenden Wagen und Locomotiven werden dei füddeuischen Fa— 
briten in Bau genommen. 
Gustav Graf. Chorinskh wird — wie wir in Wiener 
Blälter lesen — demnächst aus Bayern nach Wien gebracht und 
hier einer Privatirrenanstalt zur Pflege übergeben verden. Die 
vayr. Regierung hat, wie berichtet wird, im Hinblick auf den 
ringetretenen Zuftand der geistigen Verkommenheit des Sträflings 
die Einwilligung zur Transferirung gegeben. IJ 
„ Der Arbeiterverein Pforzheim fordert als Vorort der 
badischen Arbeiterbereinen zu Sammlungen im ganzen Lande für 
3000 strikenden Grubenarbeiter zu Waldenburg Schlesien) auf. 
r. Aus Pesth schreibt man: In den letzten Tagen des 
Rovember und dem verhängnißvollen L., 2. und 3. December, hat 
in schweres Unglück mehrere Comitate unseres Landes gelroffen. 
Die Theiß, durch ihre Nebengewässer, hauptsächlich die unbändige 
Szamos, zu einer unerhöhten Höhe angeschwellt, überfluthete ihr 
Bett, riß die Beregher, Szabolcser und namentlich im Zempliner 
TFomitat die Dämme an vielen Stellen durch und verwandelte 
Dunderttausende von Jochen des besten Kulturbodens in ein wo⸗ 
zendes Meer. Viele Tausende von Jochen mit den üppigsten 
Weizensaaten, schoͤne Repsfelder, viele Ackerungen — die Hoffnung 
der künftigen Frühlingssaat — die Wiesen, die Huthweiden, die 
Wälder, Alles steht unter Wasser. Der Schaden ist unermeßlich, 
der Jamer unbeschreiblich. Die Bewshner vieler Doͤrfer haben 
fich sammt ihren Thieren und ihrer sonstigen beweglichen Habe 
auf die höheren Pualte der Gegend geflüchtet. Einzelne Höfe 
und andere Gebäude sehen kaum aus dem Wasser hervor, Was 
»isher die große Ebene belebte, steht jetzt eng zusammengedrängt. 
die Thiere sind an vielen Orten dem Futtermangel preisgegeben