Full text: St. Ingberter Anzeiger

St. Ingberler Anzeiger. 
der St. Ingberter Anzeiger (und das mit dem Haupiblatte verbundene Unterhaltungsblatt, mit der Dienstags⸗, Donnerstags⸗ und Sonntags⸗ 
gummer) erscheint wöchentlich vi e r m al: Dienstag, Donnernstag, Samstag und Sonntag. Abonnemenispreis vierteljährig 42 Krzr. oder 
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Rr. 25. ESamstag, den 18. Februr ———— 1869. 
Deutschland. 
München, 9. Febr. Die Stelle des Vorstandes der k. 
Atademie der Wissenschaflen hat der König dem ordentlichen Pro⸗ 
essor und ordentlichen Mitgliede dieser Akademie, geheimen Rathe 
de. Justus Freiherrn von Liebig nach Ablauf der letzten Amts- 
eriode auf weitere 8 Jahre verliehen, und demselben die Funktion 
es Generalkonservators der wissenschaftlichen Sammlungen des 
Ztaates auf die gleiche: Zeitdauer übertragen. 
Die Laͤssalle⸗Schweitzer'schen Sendlinge, welche nach und 
nach verschiedene Orte Suͤddeutschlands mit ihren Agitationen zu 
zeglücken gedenken, geben gegenwärtig ihre Gastrollen in Baden 
ind suchen, wie der „St. B.“ aus einem Privatbriefe erfährt, 
sberall mit der. bekannten Taktik durch tumultuarisches Auftreten 
inzuschüchtern, unter allen Umständen einem der Ihrigen den 
boisitz zu erobern und dann das Präsidium zur Niederhaltung 
eder andern Ansicht zu gebrauchen. In Karlsruhe: erlitten fie 
jbrigens vom Arbeiterbildungsverein und seinen Genossen am 
. deine große Niederlage. In Württemberg werden sie voraus— 
ichtlich ihren ersten Angriffspunkt auf Ulm richten. 
Berlin, 10. Febr. Die „Provb.«Corresp.“ sagt: Gleich- 
pie jeder Beunruhigungsgrund wegen des türkischegriechischen Con⸗ 
licts beseitigt ist, so darf man auch alle fonstigen Gerüchte über 
peiter drohende europäische Verwicklungen als vollständig grundlos 
etrachten. 
Die Gerüchte über eine französisch-italienische Allianz auf 
dosten Preußens begegnen denn doch in gewöhnlich gut orientirten 
dreisen erheblichem Zweifel. Selbst in der Voraussetzung, daß 
as erwähnte, längere Zeit hinaufreichende Einverständniß zwischen 
em Kaiser Napoleon und dem Könige Victor Emanuel, das 
cher beglaubigten Nachrichten zufolge die Neutralität Italiens im 
zriegsfalle zum Gegenstande haben sollte; selbst vorausgesetzt, daß 
ieses Einverständniß den Ausgangspunkt für weitere Besprechungen 
iilden sollte, entscheiden doch die Fürsten heutzutage nicht mehr« 
illein. Eine französische antipreußische Allianz aber ist in Italien 
ründlich unpopulär.“ Und was den italienischen Hof angeht, so 
oll dieser gerade jetzt von der geringen Unterstützung, welche die 
talienische Candidatur in Spanien bei dem Kaiser Napoleon 
efun den hat, wenig erbaut sein. 
In Al ton a soll sich ein Comite gebildet haben, welches 
zie „Hannover'sche Legion“ von Frankreich nach — Südamerika 
ibersiedeln will. 
Aus Wien, 6. Febr., wird dem „Schw. Mrkr.“ geschrieben: 
die österreichische Regierung ist es müde, Vorwürfe darüber zu 
jören, daß sie dem Exkönig von Hannover ein Asyl gewährte; 
je wird, wie ich aus sicherer Quelle weiß, denselben zu bewegen 
uchen, freiwillig seinen Aufenthalt in Italien oder der Schweiz 
uͤ nehmen. Die Unterhandlungen sind bereits eingeleitet und 
verden mit großer Rücksicht geführt, so daß man nicht sagen 
önne, Oesterreich hätte die Gastfreundschaft verletzt. Beim 
dönig selbst soll man nicht auf Wicderstand stoßen; nur seine 
Imgebung verharrt in der Meinung, daß es vortheilhaft sei, 
em Sitze der österreichischen Regierung so nahe als mögalich zu 
leiben. 
Wien, 10. Febr. Hiesige Blätter veröffentlichen ein 
Telegramm aus München vom 10. Febr., worin allen anders— 
autenden Behauptungen gegenüber entschieden versichert wird, 
Fürst Hohenlohe sei mit aller Energie bestrebt, ein Bündniß der 
üddeutschen Siaaten auf Grundlage selbstständiger Verträge zu 
Ztande zu bringen. 
Pest, 8. Febr. Aus Temesvar (Ungarn) wird der Pester 
Correspoudenz“ telegraphirt: Die Rumänen-Conferenz wurde 
wn etwa 150 Rum neu und Serben besucht. Auf Antrag 
Alexander Macsony's wurden folgende Punkte als Programm 
lͤr die Nationalitäten angenommen: Solidarität der nicht magy— 
zrischen Nationalitäten; ein Nationalitätengesetz auf Grundlage 
des Minoritäts-Elaborats; Union mit Siebenbürgen; Regelung 
er croatischen Frage im Sinne der Nichtunionisten, Municipien 
auf democratischer Basis.“ Nationalitäten-Abgeordnete bilden 
m Reichstage eine besondere Partei und einen besonderen Club. 
Schließlich wurde eine Resolution gegen magyarenfeindliche 
Insinuationen gefaßt::. I 
Pest, 10. Febr. Der „Pester Lloyd“ berichtet, in Bukarest 
ei die ungarische Fahne insultirt worden. Eine Schaar habe die 
Angarische Fahne aufgepflanzt, Pereats darauf, ausgebracht und 
gieselbe schließlich zefetßß.. 
Agram, 8. Febs. G. d. C.Freiherr v. Gablenz, 
Minister⸗Präsident Graf Andrassy, Franz Deak wurden zu Ehren⸗ 
hürgern von Agram ernannt. n 
Frankreich. —U 
Paris, 10. Febr. Das neuliche Manifest Isabella's ist 
nsoferne freilich mit Recht dementirt worden, als es nicht zur 
Heröffentlichung gelangen sollte. Allein die Vorbereitungen hierzu 
varen bereits getroffen, und nur die Dazwischentunft des Pater 
Slaret hat es, wie die „Liberte“ meldet, wieder zu Fall gebracht, 
ind zwar, weil es zweimal das Wort „Toleranz“ enthielt. Nun hätte 
ein Herr Bertrand de Lys den Auftrag erhalten, ein orthodoxeres 
Manifest zu entwerfen, welches micht die mindesten modernen 
TFoncessionen enthält. Der „Moniteur“ von heute Abend ver— 
iffentlicht ‚das wahre Manifest der Königin Isabella“, welches 
vahrscheinlich das erwühnte sein wird und von schroffster Haltung 
jeugt. 
Paris, 11. Febr. Die Regierung hat Nachricht von der 
Bildung des Ministeriums Zaimis, sowie von der Abreise Wa—⸗ 
ewski's erhalten. Letzterer hat Athen am Montag verlassen und 
überbringt die Annahme der Conferenz- Declaration von Seiten 
Zriechenlands. — Die „Patrie“ sagt: „Wir glauben, die Con— 
erenz werde Donnerstag oder Freitag wieder zusammenkommen, 
da die von Athen empfangenen Depeschen ausfährlich genug sind, 
um daraufhin die Beschlüsse zu fassen, welche die Zustimmung 
Briechenlands erforderlich macht; auf die Annahie Griechenlands 
nuß die Türkei ihr Ultimatum zurücknehmen und die Substitu ion 
»er Erklärung der Großmächte gutheißen. Die Zustimmung der 
Türkei ist im voraus gesichert.“ 
(Die Wunder der Chassepots.) Der „Public“ erzählt, daß 
»ei dem Gefecht in Algier die Chassepot-Gewehre wieder, wie bei 
Mentana, Wunder verrichtet haben: „Die Gewalt des Chassepot⸗ 
Bewehres soll schrecklich gewesen sein; alle unsere Officiere waren 
pon ihr betroffen und da das Gefühl der Menschlichkeit den fran— 
zösischen Soldaten auch in der Gefahr niemals verläßt, so hat 
nan sich förmlich entsetzt über die Wirkungen drei auf einander 
olgender Dechargen der neuen Waffe. Die Araber wollten nach 
hrer Gewohnheit erst, nachdem sie eine oder zwei Dechargen aus— 
zehalten, den Sturm auf unsere Kolonne geben; aber die Gewalt 
des Schusses war der Art, daß sich sofort Verwirrung ihrer 
Reihen bemächtigte, und daß sie die Flucht ergriffen. Auch da aber 
var die Wirkung des Chassepot eine schreckliche: auf sieben bis 
icht Hundert Metres trafen die Kugeln und trugen den Tod in 
die Reihen der Flüchtlinge. Der Eindruck auf die Araber, welche 
nit uns marschirten, war nicht minder groß; er erinnerte unsere 
ilten afrikanischen Soldaten an den Schreck, welchen ehedem ihre 
Bajonnetangriffe den Truppen Abdel Kaders verursachten. „C'est 
pouvantable!“ sosl der Oberst von Soris selbst am Schlusse 
iner Depesche gesagt haben.“ 7 
Italien. 
Es gehen der Agence Havas aus Rom, unterm 6. d. M 
rähere Nachrichten über die fürs ökumenische Concil gemachten 
Vorbereitungen zu. Der Halbkreis, welcher die Sitze der am 
Foncil theilnehmenden Bischöfe einnimmt, ist bereits bezeichnet. 
Es werden 900 Sitztze eingerichtet, eine Estrade für die Redner 
ind eine vergitterte Tribune für die Geistlichen, die stenographiren 
ollen. Diese Stenegraphen — aus allen Nationen entnom— 
nen werden, was ihnen eher gestatten wird, die freilich sämmt— 
ich in lateinischer Sprache zu haltenden Reden, die jedenfalls