Full text: St. Ingberter Anzeiger

Sl. Ingberler Anzeiger. 
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Der St. Ingberter Anzeägerr (und das mit dem Hauptblatte verbundene Unlerhaltungsblatt, mit der Dienstags- Donnerstags⸗ und Sonntags⸗ 
Nummer) erscheint wöchentlich viermal: Dienstag, Donnerstag, Samstag und Sonn tagl Abonnementspreis viertelijährig 42 Krzr. oder 
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Rro. ßZßZ. Dienstag, den v. Jauur 1869. 
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—WMR Deutschlaud. 
München.“1. Jau. Heute Mittag hat der König im 
Thronsaal der Residenz den üblichen NReujahrsempfang gehalten. 
sinter den zu Neujahr Decorirten befinden sich auch Pfälzer: 
Ministerialrath August Roos in München, G. Kräm er in St. 
—A Landwirthschaftlichen Vereins 
Hrüller, der Bezirksarzt Baumann in Kandel und Dr. Dick, der 
Vorstand der Irrenanstalt in Klingenmünster. α 
n Meünchen, 1. Jan. Die Subcommission des Schulgesetz 
ausschusses der Abgeordnetenkammer hat ihre Aufgabevollendet, 
so daß der Ausschuß sofort in die zweite Lesung, des Entwurfs 
eintreien kan. ——— 
Dienstesnachrichten. 4 anet 
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Der erste Untergerichtsschreiber am Appellationsgerichte der 
Pfalz, Heinrich v. Besnard in Zweibrücken ist auf die Dauer 
eines Jahres in den Ruhestand versetzt worden. — 
I Berin. Es wird daran gedacht, sämmtliche kleineren 
Berg⸗ und Hüttenwerke des Staates in nächster Zeit zu veräußern. 
Die Erträge sind fast durchgehends hinter den mäßigsten Erwar⸗ 
tungen zurůckgeblieben. — 
Frankreich. * 
Die. „Presse“ erzählt aus Madrid: „Vor einigen Tager 
empfing die Gräfin Reus als Weihnachtsgeschenk für ihren Ge— 
mahl ein prächtiges, reichgeschmücktes, mit einem filbernen Schlüssel 
vbersehenes Käsichen. Es war an diesem Tage gerade großes 
Dinen bei dem Marschall Prim und seine Frau ließ zum Dessert 
das schöne Kästchen herbeibringen; man öoͤffnet es und findet einen 
Galgen in Miniatur, an welchem Prim in Uniform und woh 
geiroffen aufgehaͤngt war, daneben eine —A 
er hingestreckt war, und auf dem Boden des Kästchens in silber 
nen Buchstaben die Worte: „Eines oder das Andere !“ Em ähn— 
liches Geschenk war der Frau des Marschalls Serrano zugegangen. 
Der General Prim soll ausgerufen haben: „Jetzt begreife ich 
Don Pedro den Grausamen!“ 
Paris, 27. Dee. Die vier Staaten Frankreich, JItalien, 
Belgien und Schweiz, welche das framzoͤsische Münzenmaß adop⸗ 
lirt haden, beabsichtigen nun auch indernationale Briefmarken ein 
zuführen, die in den vier Staaten mit gleichem Werthe circuliren 
würden. — 
Die Pariser Arbeiterbank „OCrédit au tevail (Firma Bé 
luze u. Comp.), das Finanzinstitut, welches den Pariser Arbeiter⸗ 
bereinen und Genossenschaften als Vorschuß⸗ und Discontobank 
diente, und deren Kapital selbst zum größten Theil aus Erspar—⸗ 
nissen der Arbeiter bestand, hat mit einem Verlust von gegen 4 
Mill. Fr. fallirt. Leichtsinn und Unlkenntniß der Geschäftsführung 
haben die Katastrophe herbeigeführt. 
Spanien. 
Mabdriäd, L.Jan. Die „Gaceta“ schreibt: Die Truppen 
haben in Malaga 600 Insurgenten zu Gefangenen gemacht.Aus 
den von Letzteren noch beseßzten Punkten werden sie sicher heute 
— Havas? meldet aus Madrid 
vom 2. Jan.: Gestern hat de Rodas, von Kriegsschiffen unter⸗ 
ftützt, die Infurgenten in Malaga angegriffen und vollständig ge— 
schiagen. Unter den Truppen herrscht großer Enthusiasmus; die⸗ 
selben haben durch den Kampf wenig gelitten, während die Ver 
luste der Insurgenten betrüchtlich sind. Auch die neuesten Parise⸗ 
Depeschen vo.n 3. Jau— bestätigen, daß die Insurrection dort voll 
ständig niedergedrückt ist, und fügen hinzu, die Insurgenten“hätten 
zinen Verlust von 400 Todten und Verwundeten.) 
Türkei. 
Konstantinopel, 2. Jan. Die „Turquie“ meldet, daß 
1200 Freiwillige, die sich mit Petropolali unterworfen hatten— 
auf türkischen Schiffen von Kreta nach Griecchenland transportir! 
wurden. —. (Dagegen meldet der „Levante Herald“ die Landung 
650 kretensischer Freischärler auf Syra, wo sie von Truppen und 
Volk begeistert empfangen worden seien. Wahrscheinlich handelt 
es sich um Flüchtlinge, da Syra bekanntlich eine griechische Insel 
ist. — Auch der amerikanische Gesandte in Konstantinopel hat 
sich auf Weisung seiner Regierung geweigert, die griechischen Un⸗ 
erthanen unter seinen Schutz zu nehmen. — Aus London wird 
zemeldet, daß die Pforte den griechischen Handelsfahrzeugen, 
welche vor Abbruch der dipioingtischen Bezjehungen in kuropäischen 
Häfen Ladung nach der Turket eingenommen hatten, die Aus— 
ladung in türkischen Häfen gestattete. — In Betreff der Conferenz 
wird aus Konstantinopel“ untern 15 Januar gemeldet, daß die 
Pforte Tags vorher die franzoösische Einladung erhalten habe und 
fich wahrscheinlich durch den eben in Rizza befindlichen Fuad Pascha 
vertreten lassen werde. Das amtliche Organ der französischen 
Regierung giebt mun den 8. Januar als Tag des Zusammentritts 
der Conferenz bestimmt an.) 
Amerika. 
Vom 1. Jankdar wird per Kabel aus New-⸗York telegraphirt: 
Bewaffnete Negerbanden plündern die Pflanzungen in der Umge—⸗ 
gend von Savannah. Sie haben gefangene Reger aus den Hän— 
den des Sherifs befreit, Feldwachen auf den Landstraßen aufge— 
stellt und bieten den Behörden offen Trotz. Die Bürger organi— 
—RD0 
narschiren 
Vermischtes. 
77Straubin««. 30. Dec. Miederbayerischer Witz.) In 
Schwimmbach wurde in der Nacht des zweiten Weihnachtsfeier— 
tags einem Bauern sein Hund sammt der Hütte gestohlen. Die 
Diebe schleppten denselben in das nahe Gehölz, brachten ihn dort 
ums Leben, und nachdem sie ihm die Haut abgezogen hatten, 
sttellten sie seinem Herrn die Hütte und den nackten Hund mittelst 
Halsband an die Kette angelegt, wieder vor die Thüur. 
In Stadtamhof wurde am 25. December Nachts 
der dortige Oberbrigadier wegen einer Mahnung zur Ruhe, welche 
derselbe einigen rohen Burschen ertheilte, von diesen erfaßt und 
auf kannibalische Art gemartert, in Folge dessen er nach einigen 
Stunden verschied. Der Gemordete hinterlaßt, eine Wittwe mit 
fünf ganz kleinen Kindern und war allgemein — und be⸗ 
liebt. Es geschieht in Stadtamhof seit längerer! Zeit schon, daß 
bei Nachtzeiten auf offenen Plätzen getobt und geschrieen wird, so 
daß man sich scheut, Abends aus dem Hause zu gehen, um gröb— 
licher Insultirung zu entgehen. 
Frankfurt, 1. Jan. (Ausnützung der Arbeitskraft.) 
Ein Bahnwürter der Homburger Bahn, dessen Nachlässigkeit (er 
hatte unlerlassen, die Barriere vor Ankunft des Zugs zu schlie— 
hen) Ursache war, daß in der Nacht des 23./24. October ein Ge⸗ 
faͤhrte vom Bahnzuge überfahren und die beiden Pferde desselben 
getödtet wurden, während der Knecht glücklicherweise 1ubeschädigt 
blieb, wurde zu 14 Tagen Gefänguiß verurtheilt und zugleich zur 
ferneren Beschäftigung im Eisenbahn- und Telegraphendienste für 
unfähig erklärt. Strafmindernd stand ihm dabei zur Seite, daß 
er (bei einem Gehalt von monatlich 24 fl.) täglich 21 Stunden 
im Dienst stand und nur alle 10 Tage abelöst wurde. Consta- 
lirt wurde zugleich, daß die Nacht nebelig und regnerisch, der 
Bahnübergang' aber nicht beleuchtet war, weil — die Bahnudirec⸗ 
tion das Oel sparen wollte. 
— 7 Ueber Frankfurt sind zwei witzige und geistvolle Köpfe 
an einander gerathen, die beide Funken sprühen. Carl Braun, 
der ehemalige Nassauer und jetzige Berliner Rechtsanwalt, schleu⸗ 
derte dem uͤber seine vergangene Herrlichkeit trauernden Frankfurt 
seine Streitschrift hin: „Frankfurts Schmerzensschrei“ und Fried⸗ 
rich Stoltze, die Herausgeber der Laͤtern' hat den Fehdehandschuh 
aufgehoben. Seine Gegenschrift: „Schwarz-Weiß und Braun“ 
ist mit Witz und Humor geschrieben, er versetzt Braun scharfe 
Hiebe und trifft manchen kitzlichen Puntt; er wirft Braun vor, 
daß er sich gleichsam im höhern Auftrag über Frankfurk ärgere.