Full text: St. Ingberter Anzeiger

Sl. Ingberler Anzeiger. 
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4 60Dovunerotag- den 10. eipcri 7187. 
Deutsches Reich. 
München, 17, April. Die kürzlich erfolgte Anordnung 
zur Pragung von Fünfmarkstücken in Gold soll nach neuerer Au⸗ 
Idnung vorerst nicht zur Ausführung gelangen. Ob eine so kleine 
Boldmünze ersorderlich iit und zweckmäßig sein werde, darüder sind 
zie Ansichten sehr getheilt und giaubt man, daß dies die Sistirungs- 
naßregel veranlaßt habe und nochmalige Erwägungen Plaz greifen 
verden. — Der in Folge der kriegerischen Zeitverhältnisse ein⸗ 
jetretene Rückgang der Kurse fast aller Papiere hat auf den Kurs 
er dayerischen Staatspapiere und unsere Pfandbriefe einen weit 
zrößeren Einfluß geübt, als in früheren ähnlichen Fällen und als 
nan erwarten konnte, denn es sind insere Papiere in den letzten 
Tagen um 228 Procent gefallen, obwohl nomentlich hinsichtlch 
er Pfandbriefe durch Ankauf großer Posien vieles geschehen ist., 
am das Fallen der Kurse derselben zu verhüten. 
Bei der Beschäftigung mit der Frage, in welcher Weise man 
en gesteigerten Ansprüchen, welche die Militärverwaltung an das 
Reich stellt, auf die Dauer gerecht werden will, ohne alle anderen 
Zweige der Verwaltung zu veecnachläjsigen, kommt man in den 
tegierungslreisen immer wieder auf den Tabak als das geeignetsle 
Objett einer höheren Besteuerung zurück. Man hat sich in der 
etzteren Zeit wiederum eenstlich mit dieser Frage beschaftigt, und 
»a man gefunden hat, daß eine irgendwie nennenswerthe Erhöhung 
her Besteuerung nach „Morgen“ mit Tabak bebauten Landes den 
mländischen Tabakbau vollständig ruiniren würde, man aber 
andererseits nicht gewillt ist, durch einen hohen Eingangszoll bei 
unveränderter inländischer Steuer einen Schutzzoll für den Tabalbau 
zinzuführen, so ist don gewisser Seite der Regierung die Einfüh— 
ung des Monopols nahe gelegt worden. Wie wir nun aber aus 
zuter Quelle erfahren, hat man in den Regierungskreisen nicht die 
jeringste Neigung zur Einführung des Monopols, dagegen soll 
man sich mit im Hinblick auf die erwähnten Schwierigkeiten, welche 
ich einer Erhöhung der Steuer, resp. des Zolles auf Rohtabat 
entgegenstellen, entschlosseu haben, dem Bundesrathe und dem Reichs⸗ 
age die Einführung einer Fabrikatsteuer auf Tabak vorzuschlagen. 
l ber d'e Modalitäten und über die Höhe dieser Steuer verlautet 
noch nichts; auf jeden Fall aber dilrfte die Einführ ng einer 
olchen Steuer mit zahlreichen Unbequemlichkeiten für diesen Indu⸗ 
driezweig verbunden sein. 
Ausfand. 
Wien, 17. April. Die „Polit. Correspon.“ meldet aus 
hetersburg vom heutigen Datum: „Der taiserliche Geschäftsträger 
n Konstantinopel, v. Relidow, ist angewiesen wordey, am 19. d. 
ibzurcisen. 
Pest, 16. April. Berichte aus St. Petersburg betonen 
instimmig, daß keine Hoffnung auf eine Vermittelung mehr zu 
rwarten ist, in welcher Form dieselbe auch erfolgt. Der Czar 
eist am 19. d. wahrscheinlich zur Armee ab. Das Kriegsmanifest 
oll erst von Kischeneff aus erscheinen. In maßgebenden Kressen 
laubt man, daß wenn der Krieg vicht mit ein oder zwei Schlägen 
rasch beend'gt wird, eine Lokalisirung desselben unmoͤglich bleibt. 
Paris, 17. April. Industrie und Handel stocken und 
ille Welt ist in Mitleidenschaft gezogen, auch in Frankreich, das 
isher noch Fam besten gestellt war. Das „Journal des Debats“ 
widmet diesem ,Marasmus“ heute eine eingehende Betrachtung, 
un die Ursachen desselben nachzuweisen. Eine dieser Ursachen sei 
ʒie immer brennender gewordene orientalische Frage, die dem civili⸗ 
irten Europa seil 1815 schon ungeheure Summen Geldes gelostet 
zat; die zweile Ursache das Gründerthum, das in jungen Industrie⸗ 
ändern wüthete und sich die Yankees zun Muster nahm, das in 
rinem Jahre 11,000 Kilometer Eisenbahnen baute und damit in 
Wahrheit eine der größten Ausschweifungen beging, zu der ein 
Lheil des Geldes in Europa aufgetrieben wurde. Auch die Staaten 
Züdamerikas liehen enorme Summen in Europa auf, um Eisen⸗ 
ahnen in wüsten Landstrichen zu bauen. Europa stürzte sich dann 
nach dem Kriege kopfüber in den Schwindel: die Ueberschätung 
des Werthes da fünf Milliarden in Deuischland, die Speculation⸗ 
raserei Oesterreichs, die tollen Speculationen Englands, das alles 
stuweltbekannt. „Frankreich“, fügt das „Journal des Debats“ 
jinzu,„war stets kiüger und zurückhaltender als seine Nachbarn; 
iber setzt einen Weisen mitten zwischen Ueberspannte und er wird 
anfehlbar von der Uebetfpanntheit angesteckt und in die Folgen der 
sartheit verwidelt werden. Es ist daher gar nicht zu verwundern, 
daß unsere Aussuhr stockt, der Eisenbahnbetrieb nachläßt und wir 
infangen zu ahnen, daß die neuen Steuern uns schwer aufliegen 
ind unsere Production schwer bedrücken.“ Die „Debats“ schildert 
»ann die Bedeutung der nicht privilegirten, aber hitzigen Gesell⸗ 
ichaften, welche der Bank von Frankreich Concurren; machen und 
s gut und nur zu gut verstehen, die Capitalien aus dem ganzen 
Lande auszupumpen und so der Bank von Frankreich den bessern 
Theil der Werthe vorweg zu nehmen und um die Bank eine Leere 
zsu bilden, in der dieselbe in ihrer Majestät ruhig ihront. Dat 
„Journal des Debats?“ schließt seine Beirachtung über die volls⸗ 
virthschaftliche Lage mit der Bemerkung: „Die Stockung der Ge⸗ 
chäfte ist eine Thatsache; niemals vielleicht haite die Welt den 
*rieden mehr nöthig als jetzt, um aus übertriebenen Operationen 
ich loszureißen, eine allgemeine Krisis zu beseitigrn und zu einer 
olideren industriellen Lage und zum Gleichgewichte zu gelangen. 
deider aber stand der Frieden kaum je auf schwächeren Fuüßen. Die 
LInsicherheit der internationalen Beziehungen kommt zu so vielen 
niederdrüchkehyden Ursachen hinzu, und die Folgen davon sind geradezu 
inberechenbar.“· 
London, 17. April. „Standard“ bespricht die möͤglichen 
Folgen eines russisch-türlischen Krieges und ist der Ansicht, daß ein 
kroberungskrieg nicht geduldet werden würde. England koönnte die 
Kussen auf beiden Ufern der Donau sehen, ohne einen Finger zu 
ühren. Wenn jedoch Oesterreich und Deutschland gegen die An⸗ 
veseaheit der Russen in Bulgarien protestiren und England' auf⸗ 
otdern würden, diesen Protest zu unterstützen, so wäre letzteres bei 
einem Interesse, an Rußland nicht die Herrschaft über den Bos⸗ 
porus einzuräumen, gezwungen, der Aufforderung Folge zu leisten. 
Konstantinopel, 16. April. Der Kriegsminister hat 
die deutschen und österreichischen Lieferanten zur schleunigen Zu⸗ 
sendung ihrer Waaren aufgefordert wegen demnächstiger Verlehrs . 
beschraäͤnkung auf der Rustschuk⸗Krakauer Strecke. 
Warschau, 17. April. Aus Petrsburg hier eingetroffene 
Berichte besagen, daß für heut eine Kundgebung des Czaren zu 
erwatten steht, entweder in Form eines Manifefiese, in welchem 
Rußland feierlich die Berantwortung für das vbevorstehende Blut- 
dergießen ablehnt oder in Form einer an die Türkei gerichteten 
rochmaligen Anfforderung, die gleichzeitig als Kriegs-Erklärung zu 
gelten hätte. 
rr 
Rermischtes. 
f In der letzten Polizeigerichtsitzung in Dürkheim wurden 
9 Dürkhemer Wirthe, die bein Ausschenten ihrer Getränke sich zu 
leiner Gläser bedienten, zu einer Geldstrafe von je 8 M. ver⸗ 
irtbeis; ein anderer Wirth wegen desselben Reates zu 2 M. 
Dieser kam deshalb itwas besser weg, weil er bei Begehung der 
fraglichen Uebertretung erst 2— Tage Wirih und in seinem Geschäft 
noh nicht so bewandert war. Ferner wurden zwei Dürkheimer 
Wirthe, der eine, weil die geseßlich vorgeschriebenen blechernen 
Maße, die er im Vesitz⸗ hatte, schon seit sieben Jahren nicht mehr 
derificirt waren, und der andere, weil er gar keine Bleche im Be⸗ 
sitze hatte, zu ebenfalls je 83 M. verurtheilt. Auch wurden die 
nicht deristcirten Bleche, sowie sämmtliche unrichtige Gläser, die 
zum Theil No weniger hiellen, als fie nach ihren Aichzeichen zu 
jalten hätten, confiscirt. 
7 Aus Landau, 14. April meldet der „Eilb.“: Gestern 
Nachmittag fiel das Zjährige Knäbchen des Herrn Kaufmann Kohl 
bvon der Waschbrücke in die Queich. Besinnungslos wurde es von 
einer elwa 30 Schritte unterhalb auf einer Brücke befindlichen