Full text: St. Ingberter Anzeiger

St. Ingberter AAnzeiger. 
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M 85. E Sonntag, den 8. Juni 1877. 
Deutsches Reich. 
Berlin, 29. Mai. Die Maiore vom Generalstab v. 
dignitz, v. Villaume und Graf Wedell erhielten vom Kaiser die 
Erlaubniß, sich dem russischen Hauptquartier anzuschließen. 
Berlhin, 30. Mai. Die sogenannte militaäͤrische Aus⸗ 
zleichungsinaßregel ist nunmehr vom Kaiser genehmigt. Die vom 
26. Mai datirende Cabinetsordre ist von dem Kriegsminister unter 
dem 28. Mai publ zirt. Die Maßregel hal nicht entfernt die Aus- 
dehnung, welche die Gerüchte der letzten Monale ihr zu geben bes 
lissen waren. Sie besteht lediglich darin, daß 5 Balaillone und 
2 Cavallerieregimenter nach dem Reichsland disloeirt werden. Es 
werden nämlich nach Metz versetzt: 1. Die bisher in Coblenz und 
Diez stehenden 3 Bataillone des rheinischen Infanterie-Regiments 
Nr. 29, 2. das bereits in Pfalzburg und Zabern stehende braun⸗ 
schweigische Infanterie:Regiment Nr. 92, wofür nach Zabern das 
in Wetzlor stehende rheinische Jügerbataillon Nr. 8, nach Pfalzburg 
ein jetzt in Straßburg stethendes Bataillon des 1. rheinischen Inf.⸗ 
Keg. Nr. 25 rückt, 8. das erste Bataillon des rheinischen Fuß— 
Artillerie-Regiments Nr. 8, zur Jeit in Coblerz. Dins ergibt, 
wenn wir die Dislocation innerhalb der bereits im Reichsland 
ehenden Truppen außer Betracht ziehen, eine Gesammtverstärkung 
von 5 Bataillonen (3 Jafanterie-, 1 Jäger- und 1 Fußartillerie— 
Bataillon.) — Dazu kommt dann das Schleswig Holsieinische Dra⸗ 
Joner⸗-⸗Regiment Nr. 3, gegenwärtig in Flensburg und Hadersleben, 
rend das rheinische Ulanen⸗Regiment Nr. 7, gegenwärtig in Saar⸗ 
otlcken. Diese beiden Regimenter beziehen Cantonnements zwischen 
Metz und Straßburg. — Die Veistärkung ist also in dem Umfang 
erfolgt, wie sie in parlamentarischen Kreisen bereits im vorigen 
Winter besprochen wurde. Man wußte dort, daß es fich lediguch 
um zwei Infanterie-Regimenter zur Vermehrung der auch für den 
Friedensdienst ungenügenden Garnison von Metz und um einige 
Savallerie⸗Regimenter handle. Höchsten Otts fcheint die Entschei— 
pung lediglich deshalb verzözert zu sein, weil man ungern dazu 
chreitet, den alten Garnisonorten ihre Truppen zu nehmen und 
den Corpsverband zu stören. Alles, was sich an diese Maßregel 
an Gerüchten über einen Kampf zwischen der Militarpartei und 
zer Friedenspartei knüpft, gehört in das Gebiet der Erfindung. 
Berlhin, 831. Mai. Dem Vernehmen nach tritt Prinz 
Friedrich Karl am 2. Juni eine vier bis sechswöchentliche Reise an, 
als deren Ziel Schweden bejeichnet wird. 
Die „Nordd. Allg. Ztz.“ schreibt offiziös: „Zu den Dislo⸗ 
ationsbertältnissen der nuch Elsaß Lothringen bestimmten Garnisons- 
verstärtungen demerkt das gestern zitirse Tableau in Bezug auf 
nie künftige Garnison der beiden Kavalerie Regimenter nur: Can— 
onnements zwischen Metz und Straßburg. Wie wir vernehmen sollen 
eide Regimenter auf St. Avold, Falkenberg, Pfalzburg und Saar⸗ 
emünd vertheitt werden. Ver theilweise Aufschub dis zum nächsten 
iruͤhjahr beruht darauf, daß in den betreffenden Ortschaften nicht 
berall genügende und gesurde Stallungen vorhanden sind. Weitere 
Dislokationen sind vorbehalten.“ 
Ausland. 
Paraise, 31. Mai. Die „Agence Habvas“ meldet aus 
Dadrid: Die Verhandlungen zwischen Deutschland und Spanien 
»czü lich der Heranziehung der auf Cuba domicilirenden Deutschen 
ur Kriegsfteuer sind zu einem besderseits befriedigenden Abschluß 
Jebracht. 
Paris, 31. Mai Wie die „Liberte“ berichtet, fand am 
Dienstag eine Besprechung zwischen Thiers und Gambetia statt, 
vobei dieselben übereinkamen, ihre Anstrengungen zunächst darauf 
u richten, daß der Senat nicht seine Zustimmung zur Auflösung 
ʒer Deputirienkammer gebe. — Es wird sehr bemerkt, daß Fürst 
dohenlohe und General Cialdini, die Botschafter Deuischlands und 
Jtaliens, dieler Tag bei Thiers speisten. 
Paris, 1. Juni. Gegenüber den Gerüchten über den 
kücktritt des Marschalls Mac Ätahon schreibt der ,Moniteur“: 
Es sei nicht einzusehen, welche Gründe den Marschall bestimmen 
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lönnten, seine wiederholt ausgedrückte Absicht, vor Ablauf seiner 
Amtsperiode (im Jahr 1880) nicht zurückzutreien, zu ändern. Nur 
venn beide Kammern gegen ihn wären, würde er Anlaß zur Prüf⸗— 
ing der Frage haben, ob er seinen Posten aufgeben souͤe. Ueb⸗ 
ꝛigenz hofft der „Moniteur“ auf ein (für die sog. Conservativen) 
zünstiges Ergebniß der künftigen Wahlen. 
Ein Brief des französischen Generals Gallifet bielet den Ne⸗ 
»ublikantrn einen Beistand von unerwarteter Seite an. Derselbe 
st an Duclerc, den Vicepräsident des Senats gerichtet. Der 
Beneral, der in Dijon commandirt, spricht sich in diesem Schreiben 
nit großer Energie gegen die „Staatsstreichgelüste gewisser Ehr⸗ 
jeizigen“ aus und erklärte, er werde die Verfassung bis aufs 
iußerite vertheidigen. Ein⸗ ähnliche Erklärung gab bekanntlich nach 
em 24. Mai 1873 der General Wimpffen ab; er wurde sofori 
zußer Dienst gestellt und ist heute noch nicht wieder verwendet 
norden. In den Kasernen gährt es bedenklich, das gestehen selbst 
ie confervativen Blätter ein, indem sie noch strengere Isolirung 
er Truppen vom Volke verlangen. Die Militärgeistlichen, die in 
zredigten gegen die Kammer sprachen, wurden tümultarisch unter⸗ 
rochen; Soldaten und Offiziere wiesen bonapartistische Zeitungen, 
ie man ihaen austheilte und in welchen zum Staatsstreich aufge⸗ 
ordert wird, mit Entrüstung zurtic. Das 114. Regimentist 
pegen „schlechter Haltung“ von Paris nach dem Departemeni 
deurx⸗Sevres versetzt worden und muß zu Fuß nach seinen neuen 
Zarnisonen marschiren, während die dortigen Truppen per Bahn 
nach Paris befördert werden. Jedenfalls, meint die Ft. 3.* 
jaben die letzteren besser gebeichtet als die ersteren. aꝛ 
London, 81. Mai. Der Berichterstatter des Dailh⸗ 
kelegraph im kleinasialischen Heerlager der Türken berichtet tele⸗ 
raphisch, daß am Dienstag ein zehnstündiges Gefecht vor Batum 
jattgefunden habe, in welchem die Russen geschlagen worden seien. 
luch in der Naäͤhe von Karikilisso sei es zu einem Kampf gekommen, 
ꝛer für die Rufsen ungünstig ausfiel. Die Rufsen zogen sich in 
er Richtung auf Taschlilar zurück. 
VLondon, 31. Mai. Nach einer Spezialdepesche der Daily 
sdews aus Konftantinopel wurden in den Dardanellen ein rufsisches 
ind drei Schiffe unter falscher griechischer Flagge von den Türken 
zelapert. 
Konstantinopel, 31. Mai. Die Wiedereinahme Ar⸗ 
»abans durch türkishe Truppen wird offiziell bestätigt. 
Vermischtes. 
fZweibrücken, 23. Mai. (Zuchtpolg. Verh.) Ver⸗ 
jandlung gegen Elisabeth Scherer, 42 Fahre alt, ledige 
Dienstmagd aus Höhmühlbach, Kaniona Pirmasens wegen mehr⸗ 
acher Betrugshandlungen. (Fortsetzung.) 
Inzwischen hatte sich in St. Ingbert das Gerücht verbreitet, 
paß die Haushälterin des Schmidt in Balde eine sehr grose Eeb⸗ 
chaft machtn und ihren Dienstheren heirathen werde. Es wurde 
n Folge Dessen von einem Rentner in St. Ingbert dem Portier 
in Haus zum Ankaufe angeboten, das zu erwerben der Portier 
ich auch geneigt zeigte, wobei er jedoch dem die Verbandlungen 
inleitenden Geschaͤft⸗manne erklaͤrte, daß er einen endgiltigen Ent⸗ 
hluß hierüber erst nach Erledigung der Erbschafts⸗Angelegenheiten 
assen koönne. Demnächst traf ein Brief von der „Schweister“, 
ind zwar diesmal datirt aus Ingolstadt, ein, worin diese die ver⸗ 
jeblichen Reisen des Portier und seiner Haushälterin bedauerte, 
cdoch die baldige Erledigung der Erbschafts⸗Angelegenheit in Aus⸗ 
icht stellte. Die Beschuldigte vertröstete den Portier wegen der 
on ihm gemachten Ausgaben damit, daß sie sagte, sie habe dem 
tZurgermeister von Mittelbrunn „Ordre“ geschickt, er solle ihr dort 
zusgeliehenes Kapital auftündigen; davon werde sie ihn schadlos 
alten. Ginige Tage darnach üdergab die Beschuldigte dem Portier 
wei neu angelommene Briese zum Lesen. Der eine war anscheinend 
von der „Frau Bürgermeisterin“ in Mittelbrunn, welche mitlheilte, 
aß der Schuldner in Mittelbeunn das Darlehen zurüäͤbezahlt habe