Full text: St. Ingberter Anzeiger

t. Ingber ler Anzeiger. 
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Ler St. Jugberter Anzeiger und das (2 mal wöchentlich) mit dem Hauptblatte verbundene Unterhaltungsblatt, GSonntags mit illustrirter Bei⸗ 
kage), erscheint wochentlich viermal: Dienstag, Donnerstag, Samstag und Sonntag. Der Abounnementspreis betragi vierteljahrlich 
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ö I17. Sonntaa, den 20. Juli 1877. 
Deutsches Reich. 
Manchen, 26. Juli. Bom deutschen Kaiser wurden nach⸗ 
stehendes bayerischen Offizieren Orden verliehen und zwar: der 
Kronen⸗Orden 2. Kl. dem Generalmajor A. v. Heinleih, Komman⸗ 
deur der Besatzungsbrigade in Metz, den Obersten H. Heilmann 
und J. Graf d. Joner Tettenweiß, Kommandeure des 4., bezw. 8. 
Infanterie-Regiments; den Obersilieutenant K. Frhrn. v. Groß⸗ 
schedel und A. Frhrn. v. Poellnitz derselben Regimenter und dem 
Major F. Blume des 2. Fuß-Art.⸗Regimenis der Kronen-Orden 
8. KRlasse. 
Ausland. 
Wien, 25. Juli. Das Auswärtige Amt verständigte die 
beiderseitigen Ministerien, daß auf der Grundlage der zwischen 
Oesterreich und Ungarn getroffenen Vereinbarung der Äbschluß 
eines Handelsvertrags mit Deutsdland keine Ausfichien habe. 
London, 26. Juli. John Bright (radicales Parlaments⸗ 
mitglied) mißbilligte in einer destern in Bradford gehaltenen Rede 
jeden Versuch, Rußland an dem Vordringen auf Konstantinopel zu 
verhindern: es würde dies ein unrechtes Versahren sein und nuͤr 
bazu beitragen, den Ktrieg zu verlängern; Eugland sei überdies 
ohne Bundesgenossen; ein derartiges Auftreten würde eine europäische 
Coalition prodociren, welche das Land demüthigen werde. — Lord 
Hartington (Wigh) welcher gestern auf dem Baukett der Fischhändler 
die orientalische Frage besprach, protestirte ebenfalls gegen eine 
ubereille Einmischung Englands in den Krieg: Englaud muͤsse nicht 
gltin eine strenge, sondern auch eine leidenschastslose Neutralitat 
aufrechterhalten . — 
London, 26. Juli. Eine Depesche des „Dailh Newe“ 
meldet, daß die Russen zwischen Rustschuk und Osmenbazar geschlagen 
worden seien·· V 
London, 26. Juli. Nach dem „Daily Telegraph“ fand 
nahe bei Rasgrad ein hestiges Treffen flatt, in welchem die Russen 
zurückgedrüngt wurden. Fuad Pascha leitet die Verfolgung. — 
Nahe bei Jambota steht eine beträchtliche tütlische Macht zum An— 
griff bereii. Mehemed Ali Pascha hiell eine begeisterꝛe Anrede an 
die Soldaten. — Aus Kleinasien erfährt das Blaft, daß Diemil 
Pasaa von Batum aus im Begriff stedt, die russische Grenze zu 
überschreiten. 
Sichumla, 84. Juli. Hier sind am Sonnabend Mehemed« 
Ali Pascha, Namyl Pascha und Strecker Pascha angekommen, ersterer 
mit der weitestgehenden Vollmacht ausgestattet. In Siatasica bei 
Tirnowa wurde die gesammte türt sche Vevdlkerung in die Moschee 
zesherrt und lebendigen Leibes durch die Bulgaren verbrannt. 
Bemerkruswerih ist, daß das rusfische Hauptquartier von 
Tirnowa nach Bjela zurückverlegt wurde wohl in Folge des 
von Osman Vascha bei Vlewna errungenen Siegs. 
RVermiscqhtes. 
f Neustadt, 26. Juli. In einer unserer Nachbargemeinden 
irregt dos räthselhafte Verschwinden eines der angesehensten Bürger 
tineg schon in ziemlich hohen Jahren stehenden Mannes und Familien 
hauptes, die tieffte Theilnahme. Derfelbe fehlt nunmehr etwa drei 
Bochen, ohne daß trotß der sorgsamsten Forschungen sich eine 
Spur seines Verbleibs gefunden haͤue. Derselbe ein Fabrikant, 
nar dehufs Abschluß einer größeren Lieserung mit mehreren Ge— 
haftssreunden nach Nürnberg gereist. Nach Beendigung der 
Angelegenheit nahmen die drei Freunde den directen Weg nach der 
deimath, der Vermißle aber reiste allein üer Stuttgart, woselbss 
Rein einem guten renommirten Gasthof logirte und die meisten — 
gicht alle — seiner Kunden besuchle. Plötzlich blieb er aus — 
nd seitdem wangelt jedes Zeigen seines Lebens. Der Gedanke 
m Selbstmord sowie an eine heimliche Entfernung bleibt völlig 
usgeschlossen. An Geld hatte der Mann ca. 2300 M. bei sich. 
die große Familie und die Gattin des Verschwundenen sind in die 
öchste Betrübniß versetzt. (N. Bürgerztg.) 
F Das Zuchtpolizeigericht Kaiserslautern hat am 24. 
d. den Kauf⸗ und Handelsssmann Elias Simon von Eisenberg, 48 
Jahre alt, wegen am 9. Mai d. J. vor dem Landgerichte Gollhe im 
geschworenen Meineides zu 2 Jahren Zuchthaus und 5 Jahren Ver⸗ 
lust der bürgerl. Ehrenrechte verurthein. 
* Munchen, 26. Juli. Heute Vormittag fand im Schwur⸗ 
gerichtssaale dahier unter dem Vorsitz des Gantcommissärs, Bezirke- 
zerichtsrathes Reißenbach eine Bersammlung der Glaͤubiger (5. Classe) 
der Adele Spitzeder stait, welche naq Vorschlag des Gantcommissaͤrs 
beschloß, die der Gautmasse neuerdinds zugefallenen 60,000 M. nicht 
zleichheitlich zu vertheilen, sondern in 1200 Loosen zu 50 M. unter 
die Gläubiger zu verloofen. Im Falle einer gleichheitlichen Ver 
theilung träfen auf ein Guthaben von 108. fl. nur 60 Pig. 
FSaarbrücken, 27. Juli. Gestern Vormiit ag sollten 
zier zwei Gefangene aus dem Atresthause dem Untersuchungsrichter 
vorg. führt werden. Da ihre Vernehmen nicht sogleich stattfinden 
'onnte, wurden sie gefesselt in dem Zeugenzimmer des Zucht polizei⸗ 
erichts untergebracht. Nach Entfernung des Transporteurs sprang 
»er eine Gefangene, ein mehrfacher schwerer Diebstähle angeklagter 
Anstreicher aus der Pfalz, nachdem er sich auf bisher noch nicht 
azufgellärte Weise seiner Fesseln entledigt hatte, aus dem ca 20 Fuß 
Johen Fenster ia den zwischen denm Landgerichtsgebäude und der 
Schloßkirche befindlichen Hofraum, sprengte das Schloß der nach dem 
Schloßberg führenden Thuͤr und enlfloh. Der andeie Gefangene 
»etheiligte sich an diesem gelungenen Fluchtversuche jeines Genoffen 
aicht und wurde noch gefesselt im Zimmer vorgefunden. F 
. Die k. preußische Bergwerksdirektion in Saarbrücken häl 
gegen sozialistische Wüblereien folgende Ansprache an ihre Bergleute 
erlassen: WW 
Bergleute der Königlichen Saarbrücker Gruben! So zialdemokra⸗ 
ische Agitatoren versuchen es in neuester Zeit wiederum, ihre Lehren 
m hieligen Bezirke zu verbreiten. Unter dem Vorgeben, für Eure 
Rechte zu kampfen und Eure Wohlfahrt zu foͤrdern, suchen fie mit 
drahlerischen Worten und unerfüllbaren Versprechungen trücerische 
Ddoffnungen in Euch zu erweden, Euch in ihre Netze zu ziehen und 
die Herrschaft über Euch zu gewinnen. Um ihr Spiel, den ge⸗ 
waltsamen Umsturz der bestehenden Ordnung, zu erreichen, scheuen 
sie sich nicht, mit Wort und Schrift die bewährtesten Grundlagen 
unseres Staatslebens zu untergraben, die segenereichsten, zu Eurem 
Wohle in hiesiger Gegend geiroffenen Einrichtungen zu verhoͤhnen. 
Wit wissen wohl, daß die weitaus groͤßte Mehrzohl von Euch sich 
von soschen Täuschungen nicht verblenden läßt, die statt der ver⸗ 
meintlichen Besserung Eurer Verhältnisse nuͤr zu Eurem Unglück 
ühren können. Gleichwohl halten wir es füt unsere Pflicht, aufs 
Findringlichste vor der Betheiligung an den sozialistischen VBersamm⸗ 
lungen, vor dem Lesen der fozialistischen Blätler, dor den Besuche 
derjenigen Wirthshauser, wo solchen verwerflichen Bestrebungen Vor⸗ 
ichub geleistet wird, zu warnen. Mit unnachfichtlicher Strenge 
werden wir gegen Diejenigen einschreiten, die uasere Warnung nicht 
hören. Wer sich an den derderblüchen Bestrebungen betheiligt, ist 
nicht wütdig, ferner unserer Belegschaft atugehdren Konigt. Berg⸗ 
werka⸗Direkt on. 
F Metz, 26. Juli. Gestern standen nicht weniger als sechs 
Angeklagte zugleich vor den Afsisen und zwar: 1) Friedrich Din⸗ 
jof, 34 Jahre alt, früher Rangirer in Saargemünd, geb. zu 
dufflen, zuletzt Dienstknecht zu Ensheim; 2) Friedrich Wilheun 
Fischet, 27 Jahre alt, geb. zu Goch, früher Rangirer zuletzt 
Fabrikarbeiter in Saargemund; 3) Jacob Rausch, 30 Jahre ait, 
geb. zu Meitlach, früher Rangirer in Saargemünd, zuletzt in Mett⸗ 
ach; 4) Johaun Mack, 28 Jahre alt, geb. zu Bliesmengen, früher 
Rangirer in Saargemünd, zuletzt Fabrikarbeiler in Steinbach; 5) 
Peter Markowiz, 48 Jahre alt, Krämer und Wirth, geb. in Ormes⸗ 
ꝛeim, wohnhaft zu Ensheim; 6) Caspar Markowitz 46 Jahre alt, 
serämer und Wirlh, geb. zu Ormesheim wohnhaft zu Ensheim. 
— In den Jahren 1873 — 1877 wurde auf dem Bahnhofe zu 
Zuargemünd und von da auf der Strecke nach Suaralben eine ganze