Full text: St. Ingberter Anzeiger

machen, und ist noch am Freitag Morgen in einem Saarlouiser 
Wirihshaus und Abends an der Fähre zu Ensdorf gesehen worden, 
aber nicht nach Hause gelangt. Entweder ist demselben ein Unglück 
widerfahren oder an ihm ein Verbrechen verübt worden. Der Ver— 
mistte ift untersetzter Statur, hat einen schwarzen Schnurrbart und 
war mit brauner Hose, einem rothgestreiften und einec blauen 
seittel bekleidet. 
Mänchen, 27. August. Der Getreidelransport aus 
Desterreich hat in den letzten 8 Tagen einen rapiden Aufschwang 
genzmmen. Hauptsächlich sind bisner Süddeutschland und die 
Schweiz als die bedeutendsten Käufer aufgetreten. Die an dem 
Trport betheiligiken Bahnen haben alle Vorbereitungen zur Auf⸗ 
IIII Wagen⸗stontingentparkes getroffen, welch letz⸗ 
erer nur aus dem Grunde noch nicht in Verkehr gesetzt wurde, 
weil die baherische Staatsbahn und die dsterreichische Westbahn 
den Verkehr bisher mit ihren Wagen anstandslos bewältigen konnten. 
FWärzburg, 28. Aug. Der Kronprinz des deuitschen 
Reiches hielt heute Vormittags die Inspektion über die hiesige 
Sarnison cuf dem Kugelfange ab. Nachmittags besuchte er meh⸗ 
rere Kunstsammlungen und die Antiquitätensammlungen mehrerer 
sunsthändier und machte mehrere Einkäufe. Auch besuchte er den 
Friedhof, woselbst er auf der Gruft des am 23. Februar 1878 
derlebien Generais Freiherrn v. Hartmann einen Lorbeerkranz 
niederlegte. 
p'Vom Starnberger See wird geschrieben: Die 
Ansicht, daß der verstorbene Schriftsteller Haclamder ein be⸗ 
deutendes Vermögen hinterlafsen habe, ist eine vollständig irrige. 
Der Verstorbene hat über seine Vermögensverhältnisse und Be— 
siehungen zu seinen Verlegern seiner Familie gegenüber ein merk⸗ 
würdiges Stillschweigen berobachtet. Es siellt sich jetzt erst heraus, 
daß er von den Buchhändlern auffallend niedrige Honorare bezogen 
hat. Der Mann, der drei Veileger bereicherte, hat nichts hinter⸗ 
jassen als ein Haus in Stutigart; seine Villa bei Leoni (am 
Sliarnberger See) mußte bereits verkauft werden.“ 
317 Stuttgart, 27. August Heute Nacht um 1 Uhr 
verhaftete der Polizeiwachtmeister von Cannstatt auf hiesigem Bahn⸗ 
hofe einen eniwichenen Postbeamten aus Kempten (Bayern), als 
derselbe im Begriff war, mit dem Schnelljuge Wien — Paris abzu⸗ 
reisen. Derselbe hatte in Cannstatt logirt, Kleider, goldene Uhr 
und Handkoffer gekauft, in welchem sich baar 81. 000 M. vorfanden, 
die er in Kemplen unterschlagen hat. 
Sicherer Weckapparat. Uhrmacher Sauer aus 
Mmuühlheim am Rhein hat einen neuen Wedaphparat erfunden, dessen 
gaͤuiewerk nicht mehr wie bei den bisherigen Wecker⸗Apparaten durch 
ine Feder, sondern durch ein Gewicht ausgelöst wird. Das Ge— 
wicht und der mit demselben in Verbindung stehende Hebel sind 
derart angtordnet, daß das Läutewerk nicht eher zu läuten aufhört, 
als bis man sich zu dem Apparate hinbegeben und das Gewcht 
an einen an der Uhr angebtachten Hocken aufgehängt hat. 
Straßßbürg, 28. Aug. Die Erdffnung folgender drei 
elsaß⸗lothringischen Eisenbohnstrecken zum kommenden 1. Ottober 
giit nunmehr als vollständig gesichert: 1. Steinburg⸗ Buchsweiler, 
2. Mutzig: Rothau, 8. Redinge Remilly. 
pMez. In wenigen Tagen beginnen die mehrwoͤchentlichen 
HDerbstmanöber in unserer Umgebung, welche hauptsachlich auf der 
ofllichen Seite der Stadt vor sich gehen. Während deser Zeit 
vird aber auch die Festungsartillerie praltische Uebungen anstellen, 
und zwar liegt denselben die Idee zu Grunde, daß die westlichen 
Forts Alvensieben, Friedrich Karl und Kameke von eiwa 7 Regi⸗ 
Rentern mit 400 Kanonen belagert werden. Zu diesem Behufe 
werden Batterien und Erdaufwürfe errichtet und wird ein interes⸗ 
jantes Geschüßfeuer stattfinden. (3. f. L). 
f Ein großer Proceß ist in Frankfurt a. M. in Vor⸗ 
heceituug. Ver frühere österreichische, später französische Haupt⸗ 
mann z. D. Geyeng, welcher zeitweilig in Frankfurt als Privat— 
nann lebte, wurde voc eiwa zwei Monaten plötzlich verhaftet. 
Derselbe sollie als Correspondent sranzoͤsischer Blätter und im Auf- 
rage hochstehender Tiplomaten und Militärs des Auslandes Ge⸗ 
heimnisse der deutschen Armee zu verrathen versucht haben. Die 
ursprünglich auf Grund des 8 94 des Strafgeseßbuches eingeleitete 
Untersuchung ist jetzt beendet, und demnächst wird die wegen Landes⸗ 
verraihs und verfuchter Bestechung von Officieren der Armee erhobene 
Anklage vor der Strafkammer zu Frankfurt a. M. zur Verhandlung 
ommen. Von der Vertheidigung ist ein umfangreicher Entlastungs: 
eweis vorbereitet, in dem viele hochstehende Personen der deutschen 
und französischen Diplomatie eine Rolle spielen. 
FIn Unterhausen wurde der „Cobl. Zig.“ zufolge vor 
venigen Tagen ein Pferd von Bienen getödtet. Auf seinem Weid⸗ 
jange beim Hause gelangie dasselbe in die Nähe des Bienenstandes, 
voselbst es zur Adweht der anfänglich kleingen Belästigungen den 
Huf gebtauchte. Der Hufschlag traf aber endlich den ganzen Siod 
und infolge dessen stürzten sich die gereizten Jusassen auf das Pferd, 
das Tags darauf verendet am Platze aufgefunden wurde. 
f'In Berlin wurde der Kaufmann Wald und dessen Ehe⸗ 
rau, welche sich mit Weinfabrikation befaßlen und ihr Erzeugniß 
Gemisch von Wasser und Syrup mit Spiritus verseßt und mit 
lethet parfümirt, das als Malaga, Madeira, Porwein ꝛc. ver⸗ 
auft wurde) zu je * Monaten Gefängniß und' 600 Mark Geld⸗ 
buße verurtheilt. 
Madame Aristarchi. In einem —X 
ervorgehoken, daß Madame Aristarchi, welche eine Hauptetoppe des 
zurch russisches Geld geleiteten Verraths innegehabt zu aben scheint. 
ine Tochter des früheren preußischen Ministers v. Bonin ist. Dazu 
emertit der „Pest. Li.“: „Das ist gar nicht auffallend, denn die 
ingebliche Madame Aristarchi, die Verbannie, ist eben nicht eine 
Tochter des Generals v. Bonin, auch nicht die Gattin des ehe⸗ 
naligen Gesandten in Berlin, Aristarchi Bey, sondern die Gemahlin 
ibe Bruders Miltiades. Von Aristarchi Bey, dem früheren Ge⸗ 
andten in Berlin, erzählt die „N. Z.“ eine pikante Geschichte. 
Zein Schwiegervater, General v. Bonin, war an schunddem Gold 
chr wenig reich, desto reicher dagegen au heirathsfähigen Töchtern. 
xines Tages fragte ihn der türkische Gefandte, ob er die Hoffnung 
egen dürse, Schwiegersohn Sr. Excellenz zu werden. „Mit Ver⸗ 
znügen,“ erwiderte rasch und freudig der General; „wie Viele 
dünschen Sie?“ General v. Bonin hielt nämlich den fesgeschmückten 
ürtischen Diplomaten für einen Muselmann. „Excellenz, ich bin 
chrift,“ bemerkte Aristarchi Bey. „Das ist dumm,“ soll der wadere 
Heneral enttäuscht und ärgerlich replicirt haben. Aber besser eine, 
As keine, der General v. Bonin gab Aristarchi Bey eine Tochter. 
— Wiener Blaätter erzählen solgerde Aeußeruns, die Kaiser Wil⸗ 
elm in Ischl gethan haben soll. „Mit jedem male“, so ungefähr 
ollen des Kaisers Worte gelautet haden, „wo ich Oesterreich von 
euen gesehen ist mir's lieber geworden, und der Gedanke, daß 
as Deutsche Reich mit diesem Nachbarlande dauernd nicht blos 
Frieden halten, sondern in herzlicher Freundschaft leben wird, macht 
nir meines Lebens letzte Jahre zu recht glücklichen.“ 
4 In Genf hat dieser Tage ein 21 Jahre alter italienischer 
dellner Ramens Joseph Nezi den Herrn des Hotel de la Metro⸗ 
»ole, Bauer, wo er 4 Tage vorher engagirt, dann aber entlassen 
vorden war, nach einem wegen Lohnforderung des Ecrsleren ent⸗ 
landenen, mit Thaͤtlichkeiten verbundenen Wortwechsel erstochen. 
Jcezi ist verhaftet. 
PNRew⸗Yorlk. Humor im Gerichtshofe. Vor den deuischen 
ßolizeirichter Oulerburg in New-York wurde dieser Tage ein im 
dotei, Mutter Grün“ aufgegriffener deutscher Landstreicher ge⸗ 
racht, der dem Richter auf seine Fragen in folgender Weife ant⸗ 
vortete: „Was für ein Landsmann siud Sie?“ — „Auch ich war 
n Arlkadien geboren.“ — „Wovon leben Sie?“ — „Bei einem 
Wirthe wundermild, da war ich jüngst zu Gaste.“ — „Wo wohnen 
Sie?“ — ‚Die Erde ist meiner Füße Schemel, spricht der Herr.“ 
— ‚Clerk,“ sagte der Richter, „se icken Sie diesen Bummler auf 
30 Tage nach der Insel.“ — „Erlauben Sie!“ rief der Land⸗ 
ireicher: „Willst Du mir geben drei Tage Zeit, bis ich die Schwester 
dem Gatten gefreit, ich lasse den Frrund Dir als Bürgen.“ — 
Der Polizeirichter fragte laͤchelnd: „Also Sie haben Bürgschaft ? 
— „Ja,“ versetzte der Tramp. — ‚Wer ist es?“ — „Ich gebe 
Ihnen die Bürgschaft von Schiller.“ — Der Zorn des Richters 
Relt vor diesem Galgenhun.or nicht Stich, er gab den Strolch 
rei, und da er einen Gebildeten in ihm erkannte, fragte er noch⸗ 
nals nach seinem rechten Namen, um vielleicht Etwas für ihn thun 
u können. „Namen nennen mich nicht!“ rief Jener, verbeugte 
ich und war verschwunden. 
Neues Mittel gegen Brandwunden. In einer Ver⸗ 
ammlung der „Massachusetis Dental Societie“ in Salem, Mass., 
istatte te kürzlich Dr. G. F. Waters einen Bericht über ein von 
hm entdecktes Heilmittel für Brandwunden und Veibrühungen. Er 
hauptet, daß die Anwendung von doppelt kohlensaurem Natron, 
elches man in jeder Haushaltung autrifft, den Schmerz sofort 
um Aufhören bringe und genugend sei, oberflächliche Brandwunden 
nnerhalb weniger Stunden zu heilen. Um die Wirkung des Heil⸗ 
nittels zu zeigen, tauchte der Dokltor einen Schwamm in lochendes 
Vasser und drückte lehieren über dem Haudgelenke aus; das Wasser 
loß übet das Handgeleuke und verursachte eine beinahe zwei Zoll 
orrite Brühwunde um dasselbe. Dann tauchte er den Schwamm 
ochmals in kochendes Wasser und hielt ihn eiwa eine halbe Menute 
est gegen das Handgelenkt. Dann streute er doppelt kohlensaures 
datron auf die Wunde, leg!e einen angefeuchteten Leinwandstreifen 
arüber und wie mit einem Zauberschlage verschwand das Geschwulst. 
Am nächsten Tage war die Verbrühung mit Ausnahme der Stelle, 
zuf welche der Arzt den Schwamm angedrüchtt hatte, so gut wie 
eheilt, nur eine geringe Rothe der Haut war noch wahrzunehmen. 
die Wunde am oberen Theile des Handgelents, weiche unter an⸗ 
)eten Umständen eine offene, sehr schmerzhafte gewesen sein würde, 
Jeilte, obgleich doppltlohlensaurez Natron nicht von Nenem appli— 
irt, sondern nur die feuchten Umschläge fortgesetzt wurden, schon 
nach ein paar Tagen. 
f Ueber den Coloradokafer schreibt man aus Dewitt 
Nebraska), Saline County, 17. Juli: Bei dem lebhaften Verkehr