Anzeiger.
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M 145. J J 9 J Svonntag, den 16. September 1877.
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Deutsches Reich.
München, 13. Sept. Dem Vernehmen nach wurde der
Oberappelrath Behringer zum Minifterialraih und die Appellations⸗
räthe Kastner und Brunhuber zu Oberappellräthen, sämmtlich im
Justizm'nisterium, befoͤrdert.
Ausland.
Wien, 13. Sept. „Tagblatt“ meldet aus Schumla vom
12.: Türkische Cavallerie recognoscirte bis 123 Stunden von Bjela,
ohne auf Russen zu stoßen. Nach Erstürmung des Foris Bostepe
wischen Travna und Gabrowa ist Suleiman Pascha ungehindert
rach Norden vormarschirt. — Offizieller Versigerung zufolge ist
bdie Gefahr für Plewna beseitigt.
Wien, 183. Sept. Die „Polit. Corr.“ meldet aus Cet⸗
inje vom 12. d. a Bei Jezero fand ein größeres Gefecht statt, in
velchem die Montenegriner glänzend siegten; eine Abtheilung des
ürkischen Corps wurde abgeschnitten. um 8. cc. fand ein Treffen
hdei Pharmaki Dinos statt; die mit Uebermacht angreifenden Türken
wurden nach sechsstündigem Kampfe mit großen Verlusten zu cückge⸗
worfen und darauf noch weiter verfolgt. — Dasselbe Organ meldet
uus Belgrad vom 13.: Der Abmarsch des regulären Militärs aus
dem Lager von Topschider nach Alexinatz hat heute begonnen; von
hier ist der ganze Fahrpark sammt den Munitionscolonnen nach
er Grenze abgegangen.
Pest, 13. Sept. Dem „Pester Lloyd“ wird heute aus
Bukarest gemeldet: Ueber die tumänischen Verluste bei Plewna zir⸗
duliren die beunruhigendsten Gerüchte. Man sagt, daß der vierte
Theil der Armee bereits kampfunfähig geworden sei. Indessen
uchen offizioͤse Blätter das Jammern und die Klagen durch Er⸗
aͤhlung von beispiellosen Heldenthaten der rumänischen Armee zu
etäuben. Augenzeugen behaupten, daß die ganze rumänische Armee
zufgerieben werden wird, wenn nicht in ein bis zwei Tagen die
Entscheidung fällt. Man schätzt die rumänischen Berluste in den
ersten drei Tagen schon auf 6000 bis 7000 Kampfunfähige. Die
Pethode mit welcher die Rumänien, deren Mangel an soldatischen
kigenschaften den Russen wohl bekannt ist, ins Treffen gebracht
wurden, ist folgender. Nachdem sie ins Vortreffen kommandirt
waren, wurden die Dispositionen so getroffen, daß die russischen
solozen und ihre Artillerie auf den das WideThal begrenzenden
döhenzügen hufeisensörmig im Rücken und, an den Flanken der
stumänen aufgestellt wurden, so daß jede retrogade Bewegung ab⸗
solut undenkbar war. Ein verwundeter rumänischer Offizier erzählt:
Wir hatten die Alternative zwischen der Möglichkeit und Gewißheit,
die türkischen Kugeln kömiten, die russischen Kugeln müßten uns
reffen; wir wählten das kleinere Uebel und gingen mechan sch ins
Feuer, um erst zur Besinnung zu klommen, als die türkischen Ge⸗
choffe unsere Reihen niederstrckten.
Marschall Mac Mahon wurde bei seiner Ankunft in Borde⸗
rzux in einer nicht mißruverstehenden Weise empfangen. Waährend
er aus dem Schiff stieg, ertönte aus der am Quai versammelten,
über 20,000 Röpfe zäͤhlenden Menge der einzige, immer wieder⸗
zolte Ruf: Es lebe die Republick! Die Polizei wollie den Leuten
das Maul siopfen, aber es ging nicht; es gab Speltalel, der eine
Berhaftung zur Folge hatte.
Die ‚„Petite Republique francaise“ gibt folgende Aufschlüsse:
Ddie provisorische Vollstreckbarleit des am Dienstag gegen Heren
Sambetta par défaut gefällten Erkenntnisses ist gestern, den 12.
September, eingetreten. Das Urtheil wurde gestern früh den HH.
Bambetta und Murat zugestellt; eine Stunde späler war die Geld⸗
trafe provisorisch und unter allem Vorbehalt erlegt. Nun hat
derr Gambetta 5 Tage Zeit um Oppofition gegen das Urtheil zu
erheben, was also im Laufe des Montags geschehen wird; binnen
)rei weileren Tagen wird er dann die Vorladung zu einer neuen
Berhandlung vor dem Pariser Zuchtpolizeigericht erhalten. Die
Opposition jowohl, als später die Appellalion und Richtigkeilsbe⸗
chwerde haben hinsichtlich der Feeiheitestrafe suspensive Wirkung
and die provisorische Vollstreckbarkeit gilt nur für die Geldstrafe.
Herr Gambetta ist auf freiem Fuße und wird auf freiem Fuße
bleiben.
London, 13. Sept. „Morning Post“ meldet: Die Ad⸗
miralität hat den Bau von 30 Torpedoschiffen angeordnet.
Endlich treffen bestimmiere Nachrichten über die Haltung
Nehemed Ali Pascha's ein, die begreiflicher Weise für den
zegenwärtigen Verlauf der Kriegsereignisse von entscheidendster Be⸗
»eutung sein mußte, da der türkische Oberbefehlshaber bei einiger
Daßen kräftigem und raschem Vordringen nicht nur im Stande
var, alle etwaigen Erfolge der Russen über Osman Pascha zu
aralysiren, sondern sogar die ganze russische Rückzugslinie auf das
rnftlichste zu bedrohen. Die jeßt einlaufenden Rachrichten lauten
ahin, dak in der That Mehemed Ali Pascha nicht ruhiger Zu⸗
hauer geblieben, sondern den günstigen Augenblick richtig erkannt
sjat. So meldet die „Patrie“, daß der rechte Flügel der Türken
im 12. d. schon in Pyrgos stand; die Russen hätten die dortige
tzrücke abgebrochen und eine neue zu Petrocheni über die Donau
eschlagen. Die Türken hielten folgende Linie, von der Donau an,
nesezt: Damogila, Batiuca, Koprinca, Kraranka, Draganovo; ihnen
egenüber halten sich die Russen in der Richtung von Mecka,
Obirtenik, Bjela und Tirnowa, seit drei Tagen weiche der Groß⸗
ürst Thronsfolger vor Mehemed Ali zurück; er soll schon 4000
Soldaten und eine große Menge Ausrüstungsgegenstände verloren
aben; die Lage der Russen wäre darnach eine sehr kritische und
ine für sie verhängnißvolle Entscheidung zu Sefürchten, weun Os⸗
nan Pascha sich in Plewna noch einige Tage hält. Eine weitere
Depesche aus Bjela vom 11. ds. meldet: Eine ununterbrochene
deihe von Gefechten hat seit dem 5. d. M. an der Lomlinie flatt-
zjefunden. Das Heer des Großfürsten Thronfolgers hat schließlich
ille seine Stellungen aufgeben und sich hinter die Jantra zurück⸗
jsiehen müssen. Das Heer Mehemed Ali's ist weit stärker, als man
es im russtschen Hauptquartier angenommra hat, und außerdem
ind die türlischen Truppen vollständig frisch; irreguläre Cavalerie
derbindet die verschiedenen türkischen Heeresabtheilungen. Seitdem
zer linke Flügel der Russen in der Richtung auf Parapan zurück—
Jeworfen, ist Pyrgos für letztere verloren; sie haben bereils alle
Anhöhen des linken Ufers des schwarzen Lom aufgeben müssen.
EG. 3.)
Petersburg, 13. Sept. Amtlich wird aus Pradim vom
2. September, 10 Uhr 40 Minuten Abends, geneldet: Gestern
zeschoß die russische Artillerie von Tagesanbruch bis 3 Uhr Rach⸗
nittags Plewna. Darauf wurde der Sturm unternommen. Am
Abend wurden drei Redouten auf der Südfronte durch General
Zkobelew genommen; ferner die große Grivica⸗Redoute durch Gene⸗
zal Rodionow, welcher hierbei leicht verwundet wurde. Der Kom—
mandeur des 17. Infanterie⸗-⸗Regiments, Flügeladjutant Schlitter,
ind der General Dabrowolsky, Chef der dritten Schützenbrigade,
ielen. An den Sturm auf die letzte Redoute nahmen 6 Bataillone
Kussen und 1 Bataillon Rumanen Theil. Zwei türkische Fahnen und
unf Geschütze wurden erbeutet. — Heute, am 12. September, mit
Tagesanbruch ertönte wiederum auf der ganzen Linie eine starke
danonade. Die russischen Truppen stehen angesichts der türkischen
Befestigungen auf den gestern eroberien Positionen. Die russischen
Berluste des gestrigen Tages betragen allein an Verwuadeten Über
3000: die Anzahl der Todien ist noch nicht sestgestellt.
Bermischtes.
Am Donnerslag Nachmittag halb 12 Uhr ist in der wohl⸗
gefüllten Scheune des Ackersnmannes Pfaff in der Oselbach ober⸗
jalb der Bahnbrüche (hart an Zweibrücken) Feuer ausgebrochen,
aß die Scheune sammt Wohnhaus verzehrte, weil kein Wasser zum
röschen der rasch herbeigeeilten Feuerwehr zur Hand war. — Wie
zas Feuer entstanden, ist noch nicht bekan.
F Aus Landau sind, zufolge einer Zusammenstellung des
,L. A.“, in den letzten 40 Jahren 1356 Personen nach Amerika
usgewandert. Landau zählte als Festung kaum üher 6000 Seelen.