Full text: St. Ingberter Anzeiger

8* t. Ingberler Anzeige x. 
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43 4. — Dieustag, den O. Januar J 1877. 
Deutsches Reich. 
München, 5. Jan. Das kgl. Cultusministerium hat von 
der Eingabe des bay⸗ris hen Vollsschullehcervereins bezüglich der 
deutschen Orthographie Keuntniß ßenommen, eikeunt m''ttelst Eut⸗ 
schließfung vom 22. v. Mis. die Bestrebungen des bayerischen Volks⸗ 
chullhrervereins fur Befoͤrderung des bezonnenen Werkes aun und 
erklärt sich im Allgemeinen mit den gemachten Verbesserungs; Vor⸗ 
chlägen einverstanden. Es wird daher die kgl. bayerische Staats⸗ 
tegierung bemäht sein, für Verwirklichung derselben bei den weiteren 
Verhandlungen über die zu erz el⸗de Einigung in der deutschen 
Rechtschreibung nach Moöglichkeit einzutt!en. 
München, 7. Jan. MDas Cultusministerium hat verfügt, 
daß am 10. Januar der Unterricht in sammtlichen Schulen aus 
zusttzen i, damit das Lehreipersonal in der Aucübung des Wahl ⸗ 
rechtes nicht behindert wird. 
Berlin, 6. Jan. Der ,‚Reichsanzeiger“ erklärt die Nach⸗ 
richt französischer klerikaler und polnischer Blätter von einen an⸗ 
zeblichen Schreiben des Kaisers Wilhelm an kdea Kaiser Alexander, 
in dem von einem Kriege gegen die Türkei unter Darlegung der 
Schwierigkeiten desselben adgerathen werde, für vollständig erfunden; 
der Kaiser habe niemals ein Schreiben derartigen oder ähnlichen 
Inhalts an den Kaiser von Rußland gerichtet. Bei der Erfindung 
jener Nachricht scheine der Umstand benützt worden zu sein, daß 
der Kaiser von Rußland am Georgsfeste den Kasser Wilhelm tele⸗ 
arcapoijch begrüßt und dabei die Hoffteng ausgedrückt hade, ihm 
(Kaiser Alexander) werde der Krieg eispart werden, und daß Kaijser 
Wilhelm in feinem telegraphischen Danke sich dieset Hoffnung au⸗ 
geschlossen habe. 
Mannheim, 6. Jan. In militär schen Kreisen soll viel 
davon die Rese senn. den hiesigen Pratz, der wegen seiner Lage 
am Rhein und Neckar, in der Nähe der frauzösischen Grenze von 
strategischer Bedeutung ist, mit Festungswerken zu versehen. Wir 
wissen nicht, ob Mannheim sich zu einter rhein schen Festung eignen 
vünde, und ob es nothwendig ist, uns zur Erhaltung des Friedens 
and zu unserer Sicherh it noh mehr zu rüsten; aber daß der erste 
Sputenstich zu Vorwerlken und Wallen für unseren Handel und 
unsere Industrie von verhaͤngnißvollen Folgen sein wurde, liegt 
auf der Hand, und wir können deshalb nicht glauben, daß unsere 
Reg erung geneigt sein möht⸗, zur Ausführung dis gedachten milis 
ärischen Projeclies die Hand zu bieten. 
Ausland. 
Die franzosischen Blätser ziehen mehrfache Conseq enzen und 
deilsame Lehren aus den Reden, welche gelegentlich der Feier des 
iebzigjahrigen miulitärischen Jubilaums des deutschen Kaisers ge⸗ 
hotten worden sind. Mit directen Anspielungen auf die französischen 
Zustände sagt der „Moniteur univrsel“: „Gewiß, die Stärke 
Deuischlands b⸗ruht weit mehr in seiner Armee, als in seinen 
parlamentarischen Institutionen. Dort feilscht man nicht um einige 
Hunderttausend von Franes für die Equiperung der Oifijziere; die 
Parte en beauftragen diese richt, sich um Colbenräbnisse zu köm⸗ 
nern, und man dentt nicht daran, die Feldgeistlichen adzuschaffen. 
Dagegen steht de Armee in der That außerhalb des Bereiches der 
olitischen Discussiogen untec Führern, welche fuür den Ruhm ihrer 
Woffen bege steet sind. Die Armee entweceelt sich in steter Rührig⸗ 
deit und bildet in der Hand der Regierung de gewaltigste Macht, 
zie, seitdem die Welt besteht, organisitt worden ist. Auf ein solches 
Resultat muß der deutsche Kaifser stolz sein, und wir beneiden ihn 
auftichtig darum.“ 
Wie der „A. Z.“ berichtet wird, giht das Gerücht, daß die 
Bariser Weltausstellung bdis zum Jahre 1879 verschoben werden 
osl. Die Nichtbetheiligung der Schweiz sei unzweifelhaft, die Be⸗ 
eiligung Rußlands und Nordamerikas mindestens noch zwe felheft. 
Was Oesterteich Ungarn anbelangt, so kann die Theilnahme des⸗ 
elben erst dann als definitid betrachtet werden, wenn die Reichs—⸗ 
dertretung den zu diesem Zweche von der Regierung verlaungten 
Tredit von 700. 000 fl. bewilligt hat.. 
Das ‚Petit⸗Journal“ ist in der Lage, das Gesammtergebniß 
der eben erst zu Stande gebrachten Pariser Volkszählung sammt 
den auf jedes der zwanzig Arrondissements entfallenden Ziffern 
nitzuthe len. Die Bevoölkerung von Paris ist nach dieser Zählung 
zwischen den Jahren 1872 und 1876 um 134,956 Seelen, näm⸗ 
lich von 1,851,792 auf 1,986,748 Einwohner gestiegen. 
Vera, 6. Jaa. Die Vertreter der sechs Prachte sind heute 
dei Jgnatieff zu einer VBerathung zusammengetreten, um Beschluß 
darüber zu fassen, welche Punkle des Programms mit russischer 
fFinwilligung aufzugeben seien. Die Türken sind ihreiseits geneigt, 
die Einführung eines gemilderten Reformprojecis auf eine sechs— 
oder zwölfmonalliche Versuchefrist zu übernehmen. Die Rolle Europas 
vürde fich in diesem Falle als tine cossultative Btobachtungs— 
dehörde gestalten, vielleicht auch als eine bloße Beobach tungsbehörde. 
Rusland trägt eine friedliche Stimmung zur Schau. 
Konstantinopel, 7. Jan. Gegenüber der Einwendungen 
Rumäniens gegen einige Artikel der neuen türkischen Verfassung 
wird von der Pforte als Princip feftgehalten, daß die Aenderung 
einzelner Verfassungsbestimmungen durch den Sultan und sein 
Ministerium nicht zulässig ist, sondern lediglich durch die Bescluß— 
nahme der zu berufenden Landesbertretung; in dieser Weise soll 
auch der rumänische Abgesandte beschieden werden. — Wie verlautet, 
hat der türkisch“» Boischaftet in Paris Sadyk Pascha die Auf— 
'ord rung erhalten, sich hierher zu begehen, um an deu Berathungen 
der Minister und der Großmächte theilzunehaien, 
Bermischtes. 
fFSit. Jugbert, 9. Jan. Bis heute Morgen 9210 
Uhr sollie uns ein Wahlaufruf an die hiesige und Schnappbacher 
Bürgerschaft zugehen, leider haben wir aber vereblich darauf 
zewariet. — 
Wir wollen nochmals wiederholen, daß jeder 25jährige 
unbescholtene deuische Reichsbürger, wennWe: auch keine 
Steuser zahlt, wahlfäbig ist; möge daher jeder gute, deuischgesinnte 
Bürzger von seinen Wahlrechte morgen Gebrauch machen. 
F Sicherem Verneymnen nach erhielten als allethöchste Aner⸗ 
erkennung ihrer Verdienste um das pfaälzische Volkaschulwesen die 
zoldene Meoaille des Verdienstordens der bay. Krone: vehrer Ham⸗ 
mel von Bergzadern; die silberne Medoille desselben Ocdens: die 
Lehrer Wolfetr von Waldste und Weibel von Sippersfeld; die Aller⸗ 
röchste Anerkennung ihrer Leistungen mit 180 Mtk.: die Lehrer 
Schäfer von Speyer, Märdian von Knittelsheim, Samitt in Krähen⸗ 
»erg, Diehl in Hettenleidelheim, Gauff in Mitteldach. Werst in 
sriegsfeld, Lichti in Edenkoben. 
Das Kreisamtsblatt Nr. 80 veröffemtlicht eine Uebersicht 
der im Jahre 1875 in der Pfalz gegründeten neuen Stiftungen 
und Fundationszuflüsse zum Gemeindes-, Unterrichts, Wohlthätigteits 
und Custus Stiftungsvermözgen. Es triffen davon 225 (und zwar 
auter Fuadationszuflässe) mit einem Gesammtbetrage von 18.527 fl. 
10 tr. oder 31,761 M. 71 Pf. auf die katholische Kirche, 6 lund 
zwar gleigfalls lauter Fundationszuflüsse) mit einem Gesammtbetrag 
von 9561 fl. 36 kr. oder 16,391 M. 831 Pf. auf die piotestan⸗— 
nische Kirche, 4 sind zu Guusten von Ho pitälern, 2 zu Gunsten 
von Gemeinden, 1 zu Gunsten der Neustadter Lateinschule, 7 zu 
GBunsten von Localarmenpflegen, 1 zu Gansten eines Waisendauses 
(Grünstadt), 5 zu Gunsten des Diakon'ssenhauses in Speyer. Die 
bedeutendsten St'ftungen sind: 4666 fll. 40 tr. von der Rentnerin 
Louise Pauli von Weißenburg zi Gunsten der Loc alarmenpflege in 
Annweiler, 2094 fl. 3 kr. von dem Rentner Ad. Sander in Rew⸗ 
Yozk zu Gunsten der Localarmenpflege Biaubach, 4500 fl. von dem 
Rentner J. P. Abresch in Neustadt zu Gunsten der dortigen Stadt⸗ 
gemeinde. Sehr bedeutende Beträge weisen auch die Stiftungen 
zur Faudisung von Jahr edächtnissen in kathol. Kirchen auf, im 
Ganzen 17,027 fl. 4„ß0 f. — 
7 Die Ssadi Wuüribucg hat in altheckömmlichet Wesse S. M. 
dem Könige ein aus einer Summe von 50 Goldgulden (mit dem