Full text: St. Ingberter Anzeiger

st. Jugherter Amzeiger. 
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
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21. Jahrg. 
7. 
Montag, 19. April 1886. 
Deuisches Reich 
Müuͤnchen, 17. April. Die Abgeordneten⸗ 
mmer hat soeben das Flurbereinigungsgesetz voll⸗ 
ndig durchberathen und mit Anträgen der Abge⸗ 
neien Kuby und Neumayer, welche pfalzische 
gehaltnisse berühren, angenommen. Gegen das 
jeseßz stimmten die 18 Ultramontanen, für dasselbe 
den 120 Stimmen abgegeben. Nächste Sißung 
sinwoch nach Ostern. 
Berlin, 17. April. Der Kronprinz befindet 
ich nach Abnahme des Fiebers und bei bisher 
nstigem Verlaufe der Masern recht befriedigend. 
Ser Reichskanzler von Bismard 
dentt in den nächsten Tagen Berlin zu verlassen. 
m sich nach Friedrichsruh zu begeben, um daselbit 
ißz zum Wiederbeginn der parlamentarischen Kam⸗ 
agne zu verbleiben. 
In dem Diätenprozeßz des Fislus gegen 
nen früheren freisinnigen Reichstagsabgeordneteu 
danghoff verurtheilte das Kammergericht den 
zellagten zur Zahlung von 1500 Mtk. empfangener 
ralnonsditen, weil Artilel 33 der Verfafsung 
ach seiner Entstehung und nach der übereinstim⸗ 
enden Ansicht einer überwiegenden Anzahl von 
Faatsrechtslehrern ein absolutes Verboisgesetz ent⸗ 
alte und die bezügliche Bestimmung des allge- 
zeinen Landrechts sich auch auf Handlungen gegen 
eichbrechtsliche Verbotsgesetze beziehe. 
die Berliner Neueste Nachrichten“ schreiben: 
ju den afrikanischen Kolonien mehren sich, wie 
zscheint, die Fälle, daß dorthin gehende Europäer 
ch als — Fürsten etabliren. War dies schon 
or einiger Zeit bei einem dorthin geschickten Be⸗ 
mten der belgischen Kongo⸗-Assoziation der Fall, 
»scheint ein gleiches von dem deutschen Afrika⸗ 
isenden Paul Reichard geplant. Derselbe 
l fich nach einer Erklärung des Vorsitzenden der 
Nstafrikanischen Gesellschaft mit einer einheimischen 
regerfürstin durch sogenannte Blursverbrüderung 
erbunden haben, und werden wohl mit deren Hilfe 
uch jene Gebietseroberungen gemacht worden sein, 
jegen welcher Reichard jüngst Ansprüche beim aus⸗ 
zärtigen Amt erhob. Hiermit stimmt auch die 
deldung zusammen, daß Reichard keineswegs ein 
rotektorat des deutschen Reiches erstrebt, sondern 
diglich für den Fall, daß etwa früher oder später 
on anderer Seite die betreffenden Gebiete zum 
weiten Male erworben werden sollten, seine Prio— 
itatsrechte gewahrt wissen wollte. Das heißt wohl, 
aß Reichard sich salviren will, nicht etwa auch 
egen Landsleute sein Gebiet vertheidigen zu müssen. 
sach dem Allem muß man annehmen, daß wir 
ines schönen Tages in Afrika eine Anzahl deutscher 
der europäischer, Häuptlinge“ haben werden, deren 
ollzwirthschaftlichet Nutzen für das Mutterland 
reilich etwas problematisch ist. 
hat vorläufig keine Quarantänemäßregeln angeord- 
net. — Aus Brindisi wird gemeldet, daß daselbsi 
in der sporadischen Cholera bis jetzt 76 erkrankt 
und 16 gestorben seien. 3 Fälle sind in Monopoli 
einer in Misagna vorgekommen. 
Peters⸗burg, 17. April. Der Unterrichts⸗ 
ninister erließ ein Rundschreiben, worin die strengsten 
Maßregeln zur Unterdrückung von Agitationen unter 
en Studierenden verfügt werden, da nach amt⸗ 
ichen Mittheilungen übelgesinnte Personen unter 
»em Vorwande der Wohlthätigkeit Studierende zu 
erführen suchen. 
Petersburg, 16. April. Die Gendarmerie 
bon Reni und Ismail erhielt den Befehl, die Rück⸗ 
kehr von bulgarischen Freiwilligen nach Rußland 
nicht zu gestatten. Sechszehn Belgrader Freiwillige 
vurden in Reni zurückgewiesen und ihre bulgarischen 
Basse von den russischen Offizieren zerrissen. 
Konftautinopel, 17. April. Ein Irade 
vetr. den Firman über die Einsetzung des Fürsten 
Alexander zum Gouverneur von Ostrumelien 
stt heute erlassen worden; die Pforte wird den 
Firman in nächster Zeit nach Sofia senden und 
die beiden Kommissäre für die Abänderung des 
aganischen Statuts von Osftrumelien ernennen. 
FHerr Professor Dr. Gneist wird dem „K. 
Tgbl.“ zufolge am Montag Abend in Kreuz— 
nach eintreffen. Am Dienstag findet in Münster 
am Stein eine Sitzung des geschäftsführenden 
Ausschufses für das Hutten⸗Sickingen ˖ Denkmal statt. 
F(egen Bienenräuber) Die besten 
Vorsichtsmaßregeln, um die Rauber von dem Bienen— 
tande fern zu halten, sind folgende: 1) Man 
chließe im Frühjahr, eiwa bis Anfangs Mai, wo 
es noch keine nennenswerthe Tracht gibt, oder im 
Nachsommer, ewa Mitte August (in Gegenden, 
wo es Haide gibt, allerdings später),, die Flug— 
löcher so, daß nur 2 bis 8 Bienen auf einmal 
passiren köͤnnen. 2) Man cassire zu dieser Zeit 
alie weisellosen oder zu schwachen Völker, denn 
nur diese werden angefallen. 3) Man füttere 
honigarme Völker nur Abends und nehme früh 
alles Futter hinweg. Werden diese Vorschriften 
punktlich befolgt, so wird man nie über Räubereien 
zu klagen haben. Ist Räuberei bereits ausgebrochen 
und noch im ersten Stadium, verenge man das 
Flugloch so, daß nur eine Biene ein⸗ oder aus⸗ 
dassiren kann und die Raubbienen werden bald 
ausbleiben, jedoch muß man an den anderen Stöcken, 
besonders an den danebenstehenden, die Fluglöcher 
zuch etwas verengen, weil fich die Raubbienen ge⸗ 
wöhnlich auf diese werfen. 
F In Ul m wurden einem Leosehaändler sämmt⸗ 
liche Dombauloose konfiszirt, weil er dieselben statt 
zum Nominalwerthe von 3 Mk. zum Preise von 
83 Mk. 80 Pfg. verkauft hette. Der Versuch, sich 
nuf diesem Wege einen Extraverdienst zu verschaf⸗ 
en, verstieß gegen die Regierungsentschließung vom 
24. Marz 1883, wodurch das Verkaufen und An— 
bieten von Loosen zu einem höheren als dem in 
der Bewilligung festgesetzten Preise verboten ist. 
f Leipzig. Darf ein Gastwirth den Gästen 
ohne weiteres Speisen und Getränke verweigern? 
Hierüber fällte das Reichsgericht III. Strafsenat 
eine interessante Entscheidung. Nach derselben ist 
der Gastwirth zwar nicht gesetzlich, aber doch durch 
seine gewerbliche Stellung verpflichtet, allen Gästen, 
die bei ihm einlehren, und die sich anständig be— 
hragen, Speisen und Getränke zu verabreichen. Es 
tteht nicht in seinem Belieben, irgend welchem 
anstandigen Gaste die Verabreichung zu ver— 
veigern. Denn dadurch, daß der Gastwirth sein 
dokal dem öffentlichen Verkehr zur Disposition stellt, 
erwirbt jeder anfändige Mensch das Recht. ais 
Bast in dasselbe einzutreten, und daselbst behuft 
Zinnahme der Erfrischungen so lange zu verweilen, 
als es erforderlich ist, das Verlangte zu verzehren. 
Die grundlose Zurülweisung eines Gastes würde 
eine Beleidigung involbiren. Hat aber der Gast 
das Bestellte erhalten und verzehrt, oder hatte er 
nach vernünftigem Ermessen Zeit genug gehabt, 
dasselbe zu verzehren, so braucht ihn der Wirth 
nicht langer zu dulden. — Dagegen kann einem 
Gastwirthe nicht deßhalb die Konzession entzogen 
werden, weil er den Gästen wiederholt ohne Gruͤnd 
die Verabreichung von Speisen und Getränken ver⸗ 
weigert hat. Dies kann nur geschehen, wenn der 
Inhaber der Konzession sein Gewerbe zur Förder 
ung der Völlerei, der Hehlerei, des verbotenen 
Spieles oder der Unsittlichkeit mißbraucht. 
Apolda, 12. April. Ein Ereigniß, in 
welchem dem Fürsten Bismarck eine schöne Ver⸗ 
mittlerrolle zugetheilt wird, macht jetzt die Runde 
durch die Stadt. Im Jahre 1884 verstarb hier 
der Schuhmachermeister R. und hinterließ eine 
Wittwe und sechs Kinder. Der Mann hatl⸗ hein— 
Lokale und pfälzische Nachrichten. 
*St. Ingbert, 19. April. Gestern wurde 
n der protestantischen Kirche, wie alljährlich an 
Zalmsonntag, die Confirmation vollzogen. 
Un dem feierlichen Akte nahmen von hier und 
S„chnappach 57 Kinder theil, 29 Knaben und 28 
Rädchen. Die Prüfung der Confirmanden hatte 
hon am Sonntage zuvor stattgefunden. 
— Kaiserslautern, 18. April. Am 
Freitag fand der Schluß der abendlichen Fortbild⸗ 
ingsschulen statt, wobei den austretenden Schülern 
ie Entlassungszeugnisse ausgehändigt wurden. Als 
seute Morgen ein Herr Lehrer in den betreffenden 
7„chulsaal trat, fand er folgende launige Inschrift 
nuf der Wandtafel: 
Hier in diesem großen Saal 
Sitzen wir zum letztenmal, 
Danken für den Unterricht, 
Aber für die Schläge nicht. 
— Kleinkarlbach, 16. April. Der seit 
icht Tagen vermißte Makler Georg Tisch dahier 
st vorgestern wieder glücklich und wohlbehalten 
zu Hause angekommen. 
— Der Ausschuß des Pfälzischen Feuerwehr⸗ 
VBerbandes und die Bezirksvorstände der Feuerwehr⸗ 
ꝛezirke hielten verflossenen Mittwoch in Reustadt 
ine gemeinschaftliche Sitzung ab. Als Hauptbe- 
rathungsgegenstände lagen vor Krankenunterstütz⸗ 
ingsgesuche und Gesuche zur Beihilfe für Anschaff⸗ 
ing von Armaturstücken. Der Ausschuß genehmigte 
ür den ersten Zweck 833 M. und für den zweiten 
einen Gesammtbetrag von 3550 Mark an 42 Ge⸗ 
meinden. 
Vermischtes. 
Ausland. 
WVaris, 17. April. In der Sizung der 
ammer kritifirt Lanjuinais den Vertrag mit 
Rutschland über den Gebietsaustausch an der 
veltuste Afrikas als unvortheilhaft; die Kammer 
diiftzirt jedoch den Vertrag nahezu einstimmig. 
Rom, 16. April. Die Buͤrgermeister und 
n Unterprafekt von Brindisi sind ihres Amtes 
nthohen worden, weil sie zu spät Mittheilungen 
ber das Auftreien der Cholerae gemacht haben. 
Im dat in Vrindis ein Hofpita. für Cholera- 
tanke eingerichtet Das Ministerium des Innern 
Mörs, 13. April. Zur Warnung theilt 
ie „Barmer Ztg.“ mit, daß am Samstag im 
kloster ein Mann begraben wurde, welcher sich auf 
iner Fußtour die Füße wund gegangen und durch 
as Tragen rother Strümpfe eine Blutvergiftung 
ugezogen. die in kaum zwei Tagen den Tod zur 
Folge hatte.