Full text: St. Ingberter Anzeiger

schweiz gibt und so lange man von unserem 
-giller spricht. Schwieriger stellt sich die Frage 
velreffs des tapferen Winkelried, und da ist denn 
ach und aq eine umfangreiche Literatur ange⸗ 
chsen. Ein kostspieliges Werk ist noch im Wer— 
den: die Wiedergabe aller Wappen derjenigen Eid⸗ 
senossen. welche an der Schlacht bei Sempach 
heilnahmen und wappenfähig waren. 
aEiner der es besser wußte als 
X effe l. Im Jahre 1854 wohnte Scheffel, mit Ab— 
sassung seines „Edeh ar de beschäftigt, läͤngere Zeit auf 
denn Hohentwiel und trug schließlich in das Fremdenbuch 
vortigen Schult heißen Pfizer folgendes, „von einem 
agzenannt en? herrührende Gedicht ein: 
* 
Was tonet in nächtiger Stunde 
Gespenstisch vom Hohen Twiel? 
— Es sizen Zwei auf dem Thurme 
Im Mondschein und lesen Virgil. 
„Den unsäglichen Schmerz zu erneuen 
Gebeutst Du, o Königin mir“, — 
So fluüstert's in klagenden Lauten, 
Der Wind verweht's im Revier. 
Herr Eckehard ist's von Sankt Gallen 
Hell glänzt sein mönchisch Gewand, 
Gegenüber Frau Hadwig, die Stolze, 
Die Herrin in Schwabenland. 
Sie nahm einst vor tausend Jahren 
dateinischen Unterricht; 
Da däucht ihr des Lehrers roth Mundlein 
Viel schöner als alles Gedicht. 
Sie lasen nicht weit in dem Buche. 
Es hat sich so wonnig geträumt, 
Jetzt müssen die Geister vollenden, 
Was die Lebenden fröhlich versäumt. 
D'rum wen der Herr im Grimme 
Zum Möonch und Professor gemacht, 
Der führe fich das zu Gemüthe 
Und nehme sich besser in Acht! 
Wie der alte Schultheiß aber vorstehende Eintragung 
gelesen, schüttelte er sein runzelgefurchtes Haupt, schlug 
auf die Buxbaumdose, trank seinen Schluck Bergwein und 
weiß gar net, was der jez do will mit seim Ge⸗ 
ichreibs. Sitz ich doch schon dreißig Jahr auf dem Twieler 
Berg und hab' zeitlebens noch keinen lateinischen Jammer 
non der Festong herunter tönen g'hört. Und von St. 
zallen ist noch nie Einer droben gesessen, als der Herr 
Apotheler Wagemann und von einer Frau Hadwig ist gar 
nichtz auf dem Schultheißenamt bekannt. — S' muß alse 
mit dem Herrn doch net ganz richtig sei, — mei Tochter⸗ 
mann hat's schon lang g'sagt! 
F Marfeille, 16. Mai. Die Departements 
de Gard und L'Herault sind von furchtbarem 
Sturm⸗ und Hagelschlag heimgesucht worden. Von 
Aiguesvides wird berichtet, daß Hegelkörner von der 
Größe bis zu Flintenkugeln die Obstbäume und 
Weinstöcke zerschlagen haben; in Gallargues find 
es auch die Weinberge, welche theilweise entsetzlich 
gelitten haben. Am größten aber ist der Schaden 
im L'Herault; die Umgegend von Monppellier, 
die Kantone Lunel, Maugnio und Castries sind 
bollstaͤndig verheert. Die amerikanischen Weinstöcke 
die so gute Aussicht boten, find vernichtet, die Man⸗ 
delbaume wurden buchsläblich entwurzelt. Die Be⸗ 
fürzung ist allgemein, namentlich da die meisten 
der lleinen WeinbergBefitzer nicht verfichert sind. 
fParis, 14. Mai. Die Wittwe Boucicaut 
Inhaberin des großen Geschäftes bon marcheôé) 
jat für die Pasteur'sche Klinik 150,000 Franken 
gezeichnet. 
f Waährend Herrn Pasteur in Paris die 
vdegeistertsten Huldigungen und beinahe göttliche 
khren dargebracht wurden, ist abermals einer der 
„Geheilten? in seiner russischen Heimath der Toll⸗ 
vuth erlegen, und zwar 30 Tage nach geschehener 
berwundung und 17 Tage nach der ersten Im— 
fung. Der Bericht des Hospitalarztes von Woc⸗ 
aweck erinnert daran, daß auch von den 18 aus 
dem Gonvernement Smolensk ebenfalls don Pasteur 
hehandelten Personen drei davon gestorben find (in 
dem vorliegenden Falle zwei von achh), und zieht 
unter Bezugnahme auf die Thatsache, daß der Biß 
ollwüthiger Hunde durchaus nicht immer die 
erantheii beim Menschen herbeiführe, den Schluß, 
daß dieser hohe Prozentsatz von Todesfällen den 
Blauben an die Zuveriüsfigleit der Pasteur'schen 
Imbfmethode erschůttern musse. 
„TGs Jahre eine Kugel im Körper.!) 
in Arbeiter in Nästved (Dänemark) Hans Hansen, 
vatte am 25. Juli 1850 in der Schlacht von Id⸗ 
dedt eine Kugel in die Seile erhalten, die fich im 
Rüdhen festsetzte und nicht entfernt werden konnte 
Jetzt nach fasn 86 Jahren ist es dem Mililärarzi 
—X nom 4 baänischen DraqonereM⸗nimont a⸗— 
ungen, den genanntien Hansen von der Kugel zu 
jefreien. 35 de— 
F Aus London wird dem „Disch. Oekono⸗ 
nist“ geschrieben: „Die unbefriedigenden Resultate 
der deutschen Edison⸗ und Berliner Elektrischen 
Besellschaft ¶ während des vorigen Jahres legten 
eine Vergleichung nahe, wie sich das elektrische Lich! 
n London bewährt, wo es nicht nur mehrere Jahr 
änger als in Berlin angewandt; sondern auch die 
Versuche damit in weit umfangreicherer Weise ange⸗ 
tellt worden sind. Die Verwaltung der City er⸗ 
zriff die Gelegenheit, das schlechte, gelblich bren⸗ 
nende Londoner Gas durch eine andre Beleuchtung 
zu ersetzen, mit Eifer. Straßen in der Länge von 
mehreren englischen Meilen wurden versuchsweise 
mit elektrischem Licht versehen, wobei jedes nur 
existirende System in Anwendung kam; doch kein 
einziges gewährte, abgesehen von den hohen Kosten 
ein befriedigendes Resultat, sodaß die Lampen theil— 
weise bereits wieder entfernt sind, theilweise den 
betreffenden Gesellschaften aufgegeben ist, sie in einer 
bestimmten Zeit wegzuschaffen.Die unterirdische 
Eisenbahn, die Great Western und Great Eastern 
Eisenbahn, die Grosvenor Gemäldegalerie hatten elek⸗ 
trisches Licht eingeführt und wieder abgeschafft. Das- 
selbe ist der Fall in dem Hafen von Greenock, wo 
nan die Experimente drei Jahre fortgesetzt hat, um 
chließlich zu dem Entschluß zu gelangen, auf Gas 
zurückzukommen, und so könnte man noch hunderte 
von Fällen anführen, wo das elektische Licht schließ⸗ 
lich wieder abgeschafft wurde, weil es zu unruhig 
und grell sich erwies, Uebelstände, die selbst von 
vem hervorragenosten englischen Fachblatte der 
Elektrical Review“, zugegeben werden. So lange 
aher nicht eine durchgreifende Verbesserung des 
lektrischen Lichtes erzielt, kann an eine allgemeine 
kinführung desselben nicht gedacht werden, eine 
ẽrfahrung, die man in Deutschland mit der Zeit 
benso machen wird, wie man sie in England be—⸗ 
zeits gemacht hat. Ohne eine allgemeine Einführ⸗ 
ing kann sich jedoch der Betrieb einer Gesellschaft 
ür Elektrizität nicht lohnen. Welche uugeheuere 
Zummen aber gerade in London an solchen Ge⸗ 
ellschaften verlsren worden sind, dürfte bekann 
ein; die Kompagnien gingen zu Dutzenden zu 
Brunde, die wenigen noch existirenden Gesellschaften 
fristen ein kümmerliches Dasein.“ 
FMr. Damala als Ehestörer. Rouen, 
1i2. Mai. Der ehrsame Tuchhändler Francois 
demonnier vertritt heute seine Scheidungsklage gegen 
Melitta Lemonnier, seine poetische, kleine Gattin. 
don Thränen erstickt. die er immer mit einem 
zroßen karrirten Taschentuche abwischt, erzählt er 
eine traurigen Abenteuer: „Vor anderthalb Jahren 
jeirathete ich meine süße, kleine Melitta, Tochter 
eines Geschäftsfreundes; sechs Monate lebten wir wie 
zie Tauben, dann kam das Unglück. Eines Tages 
agte mein gebildetes Weibchen schmeichelnd: „Heute 
jastirt Damala, der Gatte Sarah Bernhardt's in 
inserer Stadt im „Hüttenbesitzer“, besorge doch 
tarten.“ Ach, ich habe um diese dreißig Francẽ 
mein Elend gekauft. Melitia kam ganz entzück 
und enthusiasmirt nach Hause; als ich sie küssen 
wollte, stieß sie mich weg und rief: „Das ist ein 
Mann, ein Künstler, ein Ideal; du bist ein cb 
icheulicher, häßlicher Mensch.“ Das wiederholt sich 
nun allabendlich und ich kann mit einer Frau, die 
mich so verabscheut, nicht länger leben.“ Nun 
aimmt Melitta das Wort und meint: „Monsieur 
ich habe Sie nie geliebt, aber in Ihrer ganzen 
)rosaischen Weise erschienen Sie mir erst an jenen 
Theaterabende, den ich niemals vergessen werde.“ 
Der Richter sagt begütigend zu der jungen Frau 
„Sie müssen einen Unterschied zwischen Dichtung 
und Wirklichkeit machen; Mr. Damala präsentir 
sich als Liebhaber auf der Bühne recht gut, Talen 
zum wirklichen Ehemann hat er, wie Sie woht 
erfahren haben dürften, nicht. Die Worte üben 
doch einige Wirkung auf die junge Frau; sie bitte! 
Mr. Lemonnier um Verzeihung und dieser ist sofort 
bereit die Scheidungsklage gegen sein geliebtes 
Weibchen zurückzuziehen. Beim Verlassen des Ge⸗ 
richtssaales wendet fich Melitta plötzlich um und 
agt mit liebenswürdigem Lächeln zum Präsidenten 
„Möchten Sie nicht nächsten Sonntag bei uns 
yeisen, und mir Näheres über die Damalag'sche 
The erzählen?“ Zum größien Bedauern des ver 
söhnten Ehepaares lehnte der Präsident dankend ab 
Fe, Richter Lynch“ herrscht in Amerika nich 
nehr wie früher. Aber zuweilen tritt er doch noch 
einmal in die Erscheinung, durchgehends in schred- 
ich⸗r Gosftaltf unn mahl auch miß nachhbaltiger 
Wirkung. Ueber solch' einen Fall von Lynchiustiz 
vird aus Springfield vom 27. April dberichtet: 
Heute Morgen um 2 Uhr umringte ein aus 400 
Vermummten bestehender Volkshaufe das Stadige⸗ 
ängniß, drang in die Wohnung des Sheriffs Don⸗ 
nell und verlangte die Schlüssel zu der Zelle, in 
welcher sich der Mörder Geo. E. Graham befand, 
ein entmenschter Geselle, der seine Frau in der 
Irausomsten Weise ermordet hatte und nächstens vor 
das Schwurgericht kommen sollte. Der Sheriff 
Donnell weigerte sich, diesem Ansuchen zu ent⸗ 
prechen. Die Anführer erbtachen darauf eine 
Schublade, in welcher sich die Schlüssel befanden, 
und begaben sich in die Zelle des Graham. Dieser 
letztere lag zur Zeit im Schlummer. Die Lyncher 
weckten ihn auf, hießen ihn fich ankleiden, banden ihm 
die Hände, legten ihm einen Strick um den Hals und 
führten ihn nach einem freien Platze innerhalb der 
Stadt, wo sie den Verbrecher an einem Baum auf- 
nüpften. An dem Rocke des Todten wurde ein Zettel 
folgenden Inhalts befestigt: „Todesanzeige. Wenn 
der Coroner dieses Papier erhalt, wird Geo. E. 
Braham todt und sein Ende ebenso leicht gewesen 
sein, als wenn er auf gesetzliche Weise gehenkt 
vorden wäre. Es liegt im Interesse des Gemein⸗ 
vesens und Humanität, daß wir in diesem Falle 
die Gesetze nicht achten. Wir anerkennen die That- 
'ache, daß unsere Kriminalgesetze nicht alle Fälle 
Jenügend decken und haben uns deshalb entschlossen, 
uns des schlimmsten Verbrechers zu entledigen, der 
emals unser Land unsicher machte, damit wir in 
Zukunft von seiner Anwesenheit und seinem gefähr⸗ 
ichen Einflusse befreit seien. Wir heißen alle 
Fremden, die ehrliche Leute sind in unserer Mitte 
Jerzlich willlommen. Wir haben mit diesem Falle 
auch beabsichtigt, früheren Zuchthaussträflingen und 
Moördern, welche die Leichtgläubigkeit der Bewohner 
mißbrauchen, eine heilsame Warnung zu Theil 
werden zu lassen. Ferner erklären wir, daß jeder, 
velchen Rang er auch bekleiden mag, welcher Nach- 
'orschungen anstellen wird bezüglich der Theilnehmer 
uin dieser Tragödie, auf schleumigstem Wege in die 
Hoͤlle eypeditt werden wird, wo den Neugierigen 
Sinficht in alles Wissenswerthe gegeben wird. Zur 
Erinnerung an Sarah Graham, eine liebende Gattin 
uind Mutter, deren Leben auf dem Altare der 
dekate geopfert wurde, unterzeichnen wir uns als 
Bürger von Greene Counthy, Mo. P. S. An den 
Sheriff Donnell. Halten Sie gefälligst den Mund. 
Wenn Sie einen von uns erkannt haben, so wer⸗ 
den fie todtgeschlagen werden wie ein Hund.“ 
Heute Morgen hielt der Leichenbeschauer eine Unter⸗ 
suchung über den Fall ab. Der Wahrspruch der 
Beschworenen lautete dahin, daß Graham von un⸗ 
belannten Personen erdrosselt worden sei. 
Marktberichte. 
Zweibrücken, 20. Mai. (Fruchtmittelpreis und Vit⸗ 
ualienmartt.) Weizen O M. — pjf. orn M. 48 Pf., 
Berste zweireihige d M. — Pf., vierreihige d M. — pf. 
Spelz 60 M. — Pf. Spelzkern — M. — Pf., Dinkei 
M. — Pf., Mischfrucht 7 M. 85 Pf. Hafer 6 W. 
82 Pf. Erbsen d R. — Pf. Widen o R.. Pf, 
Heus M. 50 Pf., Stroh J.Quai. 2 M. 40 Pf., II. Qual. 
2 M. — Pf., Kartoffeln 1 M. 70 Pf., Weißbrod 1/ Kilo 
50 Pf., Kornbrod s Kilo 60 pf. Gemischtbrod 3 Kilo 
15 Pf., paar Weck 90 Gr. 6 Pf., Rindfleisch J. Qual. 
54 Pf. II Qual. 48 Pf., Kalbfleisch 50 Pf. Hammel⸗ 
fleisch 50 Pf., Schweinefleisch 80 Pf. Wein 1 Liter 80 Pf. 
Bier J Viter 24 Pf., Butier 1/. Kilogr. 1M. — pji. 
Homburg, 19. Mai. (Fruchtmittelpreis und Vik- 
ualienmarkt) Weizen O M. — pf. gKeorn 7 M. 836 Pf., 
Spelzlern — M. — Pf. Spelz o . — Pf., Gerste 
Z2reihige O M. — Pf., Gecste 4reihige 0 M. — Pf., 
Dafer 6 M. 98 Pf. Mischtrucht d R. — pff. Erosen 
— M. — Pf., Wicken 0 M. — pf. Bohnen 0 M. 
7 Ff. Kleesamen — M. — pf. kornbrode6 Pfund 
60 Pf. Gemischtbrod 6 Pfund 72 Pf.. Ochsenfleisch — Pf. 
Kindfleisch 50 hf. Kalbfleisch 50 Pf., Hammelfieisch 60 pf. 
Schweinefleisch 530 Pf,, VButter 1 VPfunbe Pf., 
Kartoffeln ver Fenner * 
Sterbefälle. 
Gestorben: in Dürkheim J. A. Haberer. 
68 3. a.; in Bergzabern Babette Elise Heh. 17. 
J. alt; in Kaiserslautern die Gattin non Gustabv 
Hilgard, k. Amtsanwalt, Sophie, geb. From— 
mer, 21 J. a; in Quirnbach die Gattin von J. 
Braund, Katharina geb. Brill, 48 J. a.; in 
dütsche nhausen Frau „Barbara Kesselring, 
geb. Kramp, 68 J. a.; in Hainfeid Heinrich 
Minges, Gastwirth, 33 Jahre ali. 
Fr die Redaktian veramworisiqh· HODO