Sl. Ingberler Anzeiger.
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Nro. 59. — Donnerstag, den 16. Mai J 1867.
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Deutschland. J
München, 14. Mai. Se. Maj. Köͤnig Ludwig J. ist von
Rom kommend gestern Nachmittag und J. M. die Königin-Mutter
zestern Nacht von Darmstadt zurückkehrend, wieder hier eingetrof⸗
sen; zu höchst deren Begrüßung war Seine Majestät der regierende
König von Schloß Berg hierher gekommen, kehrte jedoch Nachts
11 Uhr dahin zurück. — Die in jüngster Zeit hier stattgehabten
Schußprüfungen der in Hinterlader abgeänderten bisherigen Pode⸗
vils⸗Gewehre haben sehr günstige Resultate ergeben. So wurde,
wie mir mitgetheilt wird, von einer aus 20 Mann bestehenden
Section ein Schnellfeuer à 20 Schuß — 400 Schuß, im Zeit—
raum von 243 Minuten auf eine 400 Schritt entfernte Scheibe
abgefeuert; fünf Sechstel dieser Schüsse hatten die Scheibe getrof⸗
fen, ein sehr günstiges Resultat, sowohl hinsichtlich der Schnellig⸗
keit des Feuern's, als hinsichtlich der Treffähigket.
Dienstesnachrichten.
Durch Regierungsbeschluß vom 11. Mainl. Is. wurde der
Lehrer Jacob Ludwig Ehresmann in Höheinöd zum Lehrer an
der prot.⸗deutschen untern Schule zu Waldfischbach vom 27. 1. Mts.
in und der Lehrer an der prot.⸗deutschen Vorbereitungsschule in
Bermersheim, Ludwig August Ecarius zum Lehrer an der dorti⸗
zen prot.-deutschen obern Knabenschule vom 20. l. Mis. an, er⸗
tannt.
Durch Regierungsbeschluß vom 13. Mai wurde der Pfarr⸗
amtscandidat Conrad Reiffel in Speyer zum Lehrer an der neu
errichteten höheren Knabenschule in Speher ernannt.
Aus Karlsruhe, 10. Mai schreibt man dem „Schwäb.
Merk.“: „Die in Rastatt vorbereiteten sehr energischen Maßnah—
men für Instandsetzung der Festung sind, wie man vernimmt, jetzt
eingestellt.“
Karlsruhe, 13. Mai. Nicht weniger als 28 badische
Iffiziere sind zur Dienstleistung in preußischen Druphenabtheilun⸗
zen befehligt worden.
Darmstadt, 13. Mai. Die zweite Kammer hat heute in
geheimer Sitzung statt der für den Prinzen Wilhelm geforderten
Apanage von 18,000 fl. jährlich nur eine solche von 12,000 fl.
mit 24 gegen 19 Stimmen bewilligt.
Stusttgart, 10. Mai. Ein neues Kriegsdienstgesetz ist
ausgearbeitet. Dasselbe würde die Stärke der württembergischen
Armee auf mehr als 60,000 Mann bringen, was mehr als drei
Brocent der Bevölkerung ausmacht.
Leipzig, 10. Mai. Gestern Abend waren dritthalb Tau⸗
cend Personen im Saale Odeon versammelt, und beschlossen auf
Zzie Befürwortung des Reichstagsmitgliedes Drechsler Bebel von
hdier, Advokat Winter und anderer hiesiger Bürger, des Gerbers
Calm aus Bernburg und Andere, folgendes Telegramm an Gar—⸗
nier⸗-Pages, Volksvertreter in Paris, abzuschicen.
„Nachftehende Erklärung wollen Sie gütigst in geeigneter
Weise zur Kenntniß des französischen Volkes bringen; Tausende
aus allen Theilen Deutschlands in Leipzig versammelte Männer
zringen dem französischen Volke ihren herzlichen Gruß, und fühlen
ich zu der Erklärung gedrungen, daß sie mit tiefem Bedauern
die Wohlfahrt zweier großer Nationen durch diplomatische Verwi⸗
kelungen bedroht sehen. Neben dem Verlangen, ihre Ehre und ihr
nationales Recht geachtet zu sehen, kennen sie nur den einen Ehr—
zeiz, mit ihren Rachbarn in dem ruhmvollen Kampfe für die
Freiheit und Eintracht der Völker zu wetteifern. Möge Frankreich
zie deutsche Ehre achten, wie Deuischland die französische, so wer—
zen sich die Schreckniffe vergangener Zeiten nicht wiederholen.
Berlin, 11. Mai. Wäaͤhrend der Zeit bis zu der auf
den 29. Mai anberaumten nächsten Sitzung des Abgeordneten⸗
jauses werden den Abgeordneten die Diaͤten fortgezahlt auch bleibt
;zas Büreau des Hauses in Thätigkeit.
Berlhin, 18. Mai. Nach menschlicher Berechnung ist die
Erhaltung des Friedens als dauernd gesichert anzusehen, seitdem
Napoleon III. seine letzten Erklärungen hierher hat gelangen laf⸗
sen, und zwar auf freundschaftlichem, vertraulichen Wege. Er
Hat die Rüstungen gewissermaßen entschuldigt und ist dabei geblie—
hen, daß dieselben nicht gegen Preußen gerichtet waren, sondern
einzig den Zweck verfolgten, die bedeutenden Lücken, welche die
Erpeditionen nach fernen Gegenden in das Heer gerissen hatten,
vieder auszufüllen. Ob man dem aufs Wort glauben darf, mag
meroͤrtert bleiben; in schwieriger Lage bleibt der Kaiser; denn
denn er jetzt die Rüstungen einstellt oder rückgängig macht, so
hjat es sich eben um mehr als um das Ausfüllen der Lücken ge—
andelt. Die Vorbereitungen für die Marine wollen auch nicht
o recht zu den kaiserlichen Betheuerungen passen, doch muß man
etzt eben ein Auge zudrücken. Die Situation consolidirt sich, die
uropäischen Mächte haben in London ein gutes Stück Arbeit ge—
nacht. Ich kenne natürlich den Wortlaut des Vertrages nicht,
iber er soll, wie ich höre, unter anderen Bestimmungen auch eine
enthalten, welche eine Veräußerung Luxemburgs an Fraukreich
russchließt; die Bürgschaft hierfür soll selbst sehr präcis gefaßt
ein. Eines hat Napoleon auch erreicht: so eine Art von Für—⸗
denfahrt nach' Paris, denn es steht fest, daß der König im
zächsten Monat sich dorthin begiebt. Den empfindlichen Punkt
erühre ich zuletzt, die Räumung und Schleifung der Festung.
der Termin dafür ist wohl noch nicht festgestellt; es bedarf dazu
nancherlei zeitraubender Vorbereitungen, deren Vollendung sich
nicht genau bestimmen läßt. Die Kosten für die Schleifung
rägt, wie ich höre, der Großherzog von Luremburg, und es soll
auch der Fall vorgesehen sein, daß Mitglieder des früheren deut—
chen Bundes Ansprüche wegen eines Antheils an den Kosten,
velche auf die Armirung der Festung verwendet worden sind, er—
jeben könnten. Es würde in diesem Falle dasselbe Verfahren
ringeschlagen werden, wie bei der Auseinandersetzung wegen des
inderen gemeinschaftlichen Bundeseigenthums, d. h. es wird auch
ür Luxemburg eine Bundes-Liquidations-Commission zusammen—
treten.
Coblenz, 11. Mai. Gestern rückte von hier ein Deta—
hement von 80 Mann Pionire der achten Pionir-Abtheilung
aach Luxemburg; auch ist ein starker Transport Pulver per Schiff
dorthin abgesandt worden, wahrscheinlich um bei der Demolirung
der Luxemburger Festungswerke verwandt zu werden. Das Fü—
ilierbataillon des 68. Infanterie-Regiments, welches vor sechs
Wochen nach der preußisch-holländischen Grenze zur Verhütung
der Einschleppung der Rinderbest ausgerückt war, trifft morgen
wieder hier ein.
Wien, 11. Mai. Für das Herrenhaus des Reichstages
wird jedenfalls der Fürst Carlos Auersperg wieder zum Präsiden⸗
len ernannt werden. Im Abgeordnetenhaus soll der durch die
Ernennung des Dr. v. Hasner vacant gewordene Präsidenten⸗
posten durch den Dr. Giskra ersetzt werden, und zwar auf den
yersönlichen Wunsch des Kaisers. In dieser Ernennung will man
einen Act des Entgegenkommens gegenüber der liberalen Rich—
ung des Hauses finden. — Ueber das Schicksal des Kaisers von
Mexico herrscht hier die vollständigste Ungewißheit; selbst die kai⸗—
serliche Familie soll seit längerer Zeit ohne alle Nachricht sein.
— In Paris rechnet man natürlich auch auf einen Besuch des
daisers Franz Joseph zur Weltausstellung: es ist aber noch gar
richts darüber bestimmt.
Wien, 12. Mai. Die Krönung des Kaisers zum König
don Ungarn ist auf den 2. Juni festgesetzt. Die Krönungs-Cere—
nonien werden schon vier Tage vorher in Pesth, wohin der Kai—
er und die Kaiserin sich am 9. d. M. begeben haben, ihren An—
iang nehmen.
Wien, 14. Mai. Wie die heutigen Morgenblätter berich—
en, hat der preußische Gesandte dem Hrn. v. Beust officiell den
janz besonderen Dank der preußischen Regierung für seine ange⸗—
trengten Bemühungen zur Herbeiführung des Susgleiches in der
duremburger Angelegenheit ausgedrückt.
—Agram, 10. Mai. Der Entwurf der Majorität der ver—
einigten Nationalen der Adreßcommission stellt sich in Beantwor—
ung des köniql. Eröffnungsrescriptes durchaus auf den Standpunkt