Full text: St. Ingberter Anzeiger

In keinem Falle soll jedoch deren gesammte Dienstverpflichtung 
im stehenden Heere sich länger als auf zwöͤlf Jahre erstrecken. 
Art. 6. Intierhalb der sechsjährigen Dienstzeit im stehenden 
Heere sind die Pflichtigen im Frieden nur während der ersten drei 
Jahre der jederzeitigen Einberufung und Präsentpflichtigkeit unter⸗ 
worfen. Mit Beginn des vierten Dienstjahres treten sie in den 
Stand der Kriegs⸗Reservisten des stehenden Heeres und haben 
als solche im Frieden das Recht, auf ständigen Urlaub, so daß 
sie, mit Ausnahme einer im Ganzen dreimonatlichen Uebungszeit, 
sowie mit Ausnahme von Fällen, in welchen eine vorrübergehen⸗ 
de Dienstzeit zur Erhaltung der gesetzlichen Ordnung nothwendig 
wird, nur auf besonderen königlichen Befehl einberufen oder, im 
Dienste behalten werden können, Während der Beurlaubung un— 
erstehen die Kriegsreservisten, mit Ausnahme militärischer Verge⸗ 
jen oder Verbrechen, nur der Civilstrafgerichtsbarkeit. Sie koön— 
en eine definitive Anstellung in einem oöͤffentlichen KAinte erlangen, 
auch unter Beachtung der allgemeinen geseßlichen Bestimmungen 
zich ansössigmachen uünd iren Aufenthaltsort ober Wohnsitz nach 
Belieben verändern, haben aber von jeder Veränderung des Auf— 
enthaltsortes oder Wohnsitzes dem betreffenden Bezirks⸗Feldwebel 
des Reserve Bataillons Anzeige zu machen. Die Verehelichung 
und Auswanderung derselben dann nach Maßgabe der allgemeinen 
Gesetze und Normen, jedoch nur nach vorheriger Zustimmung des 
Reserve⸗Bataislons⸗ Conmandos erfolgen. Diese Zustimmung ist 
zur in dem Falle zu versagen, wenn ein koniglicher Vefehl zur 
Finberufung der Kriegsrefervisten unmittelbat bevorsteht, oder 
venn die Gesuche um Verehelichung oder Auswanderung sich so 
vermehren sollten, daß dadurch der Formationsstand des betreffen⸗ 
den Truppenthels beeinträchtigt werden würde. Im Falle der 
Verehelichung werden die Kriegsreservisten durch das Referve-Ba— 
sgissonss Commando auf Ansuchen gegen Erlag eines Beitrags 
zum Uebungsfonds des Bezirks von zwei Gulden für jeden vom 
Zeitpunkte der stattgehabten Verehelichu g bis zum Äblauf der 
Dienstpflicht im stehenden Heere noch fehlenden vollen Monat der 
etzteren entlassen und treten in die Landwehr über. Erfolgt das 
Ansuchen und die Erlegung des Beitrages nicht innerhalb eines 
Monats vom Tage der Vereheligung, so dauert die Heerespflicht 
fort, ein Versorgungsanspruch für die Familie aus Militär⸗Fonds 
iündet jedoch nicht statt. Soferne es zur Aufrechthaltung des 
Formationsstandes der Reserve-Bataillons nothwendig werden soll 
se, können die wegen Verehelichung aus dem stehenden Heere aus⸗ 
cheidenden Kriegsreservisten zunächst in die Reservebataillons ein⸗ 
zetheilt werden, aus welchen sie dann, sobald deren Stand sich 
vieder ergänzt hat, und zwar nach der Reihenfolge der Jahrgän— 
ge, zur Landwehr übertrelten. Die blose Ansässigmachung oͤhre 
Verehelichung oder irgend welche erlangte Anstellung begründet die 
Entlassung aus der Heerespflicht nicht. Die näheren Anordnun 
gen wegen An- und Abmeldung bei den Bezirksfeidwebeln im Falle 
der Veränderung des Wohnsitzes vder Aufenthaltsortes werden 
vorbehalten. Die unterlassene An⸗ uͤnd Abmeldung wird auf Re— 
zuisition des Reservebataillonscommando'g durch das betreffende 
Civilstrafgericht mit einer Disciplinarstrafe von 1fl. 30 tr.bis 
3ufl. zu Gunsten des Uebungsfonds belegt. Ueber den Vollzug 
st dem gedachten Commando Nachricht zu geben.. 
Art. 7. Wer nach Ablauf seiner gesetzlichen Präsentpflichtig- 
teit noch freiwillig fortdienen will, darf — jedoch in der Regel 
iur zum Zwecke der Heranbildung und Verwendung als Unter⸗ 
officier — von dem Truppentheile als Capitulant aufgenommen 
verden. Die Cpitulation soll jedesmal nur auf ein Jahr abge⸗ 
chlossen, kann aber nach beiderseitigem Einverständnisse alljährlich 
erneuert werden. Einem Capitulanten, der ohne Unterbrechung 
12 Jahre gut gedient hat, kann — außer im Falle der Verut 
heilung wegen eines Verbrechens oder Vergehens — die Erneu⸗ 
erung der Cupitulation nicht mehr versagt werden. 
Art. 8. Unteroffiziere, welche in der stehenden Armee mit 
Finrechnung der etwaigen Dienstzeit in den Reserve⸗Bataillons 
vährend 12 Jahren. worunter mindestens 9 Jahre als Unteroffi— 
ziere, wirklich präsent und mit entsprechendem Betragen gedient 
haben, erlangen dadurch einen gesetzlichen Anspruch auf vorzugs⸗ 
veise Berücksichtigung bei Besetzung geeigneter subalterner Cidil— 
stellen, nach Maßgabe ihrer nachzuweisenden Befähigung und zwar 
vor anderen Bewerbern, welche nicht oder nicht so lange Militär⸗ 
Zienste geleistet haben. Gleichen gesetzlichen Anspruch genießen die 
Gendarmen, welche, mit Einrechnung ihrer Dienstzeit im stehenden 
Heere, 12 Jahre, worunter, 9 Jahre in der Gendarmerie, mit 
entsprechendem Betragen gedient haben. Das Verfahren bei Besezz⸗ 
ung der hiernach für gediente Unteroffiziere und Gendarmen bog 
»ehaltenen Stellen, soll durch ein besonderes Reglemenn im Verord. 
aungswege festgesetzt werden. 
Art. 9. Mit Ausnahme der Fälle, wo die Entlassung aus 
dem stehenden Heere wegen Dienstuntauglichkeit oder wegen Ver— 
ehelichung erfolgt, wird durch den nach's 64 des Heeresergän⸗ 
zungsgesetzetz nach Beendigung der Armeepflichtigkeit Krhaltenen 
Abschied unmittelbar der Eintritt in die Reservebataillons begrün⸗ 
det, und die für das stehende Heer stattgehabte Vereidigung dauer⸗ 
in Bezug auf die Dienstpflicht in den Reservebataillons mitsallen 
chren gesetzlichen Wirkungen fort. Diese Dienstpflicht in den Re— 
servebataillons wird jedoch künftig auf fünf Jahre vom Zeitpunkt 
der vollendeten Dienstpflicht im stehenden Heere beschränkt, endet 
in der Regel also mit dem zurückgelegten 31. Lebensjahre. Eine 
längere Dienstzeit im stehenden Heere wird auf die Dienstpflicht 
in den Reservebataillons gutgerechnet. Nach Vollendung dieser 
Dienstpflicht wird den Pflichtigen — Legionisten benannt — von 
hem treffenden Reservebataillonscommando ein Entlassungsschein 
mit Vorbehalt der Landwehrpflicht ertheilt. Während der Kriegs- 
eit gelten hinsichtlich der Entlassung der Legionisten dieselben 
Bestimmungen, welche durch 8 68 des HeeresErgänzungs-Gesetzes 
jür das stehende Heer gegeben sind, Zuͤr Verehelichung und Aus⸗ 
wanderung der Legionisten ist eine Zustimmung der Militärbe—⸗ 
hörde nur während eines Krieges und bei unmittelbar bevorste⸗ 
hender Einberufung der Legionisten im Falle der Kriegsgefahr 
erforderlich. Bei erfolgter Verehelichung wird dem Legionisten 
auf Ansuchen sofort die Entlassung aus den Reservebataillons und 
war ohne andere Bedingung ertheilt, als daß derselbe zur Land⸗ 
vehr übertritt. Nur in dem Falle, wenn die Zahl der Verehe⸗ 
ichungen den Formationsstand der Reservebataillons beeinträchti⸗ 
jen würde und der Abgangang nicht durch die in Arukel 6 vor— 
zehaltene Zuweisung verehelichter Kriegsreservisten ersetzt werden 
önnte, bleibt die Entlassung der fich verehelichenden: Legionisten 
ür so lange sistirt, als es zur Aufrechthaliung des Formations 
tandes nothwendig wird.Die blose Ansäsigmachung ohne 
Verehelichung oder irgend welche erlangte Anstellung befreit 
»on der Dienstpflicht in den Reservebatalllos nicht. Hinsichtlich 
der An- und Abmeldungen bei Veränderung des, Aufeniahltsortes 
der Wohnsitzes unterliegen die Legionisten denselben Bestimmungen 
vie die Kriegsreservisten. Die geseßlichen Bestimmungen über Unge— 
jorsam, Widerspenstigkeit und Deserlion, wie überhaupt die nach 
Art. 3 Satz 5des Gesetzes vom 10. Rovember —1861, die Ein⸗ 
ührung des Strafgesetzbuches und des Polizeistrafgesetzbuches be⸗ 
reffend, zu Recht bestehenden Gesetze und Verordnungen über Be— 
trafung mililärischer Verbrechen, Vergehen u. s. w. findet auch 
zuf die Legionisten Anwendung.“ Vomn Zeitpunkte der jedesmali“ 
zjen Einberufung bis zu jenem der Wiederentlafsung uterstehen 
dieselben der militärischen Gerichtsbarkeit nach den für das jte⸗ 
jende Heer geltenden Bestiumungen. 
Art. 10. Die Reserveabtheilungen sind schon im' Frieden 
ind zwar möglichft nach den Distirickspolizeibezirken einzutheilen 
ind zu formiren. In Awendungdes Titel IX 8 4 der Ver⸗ 
assungsurkunde werden die Legionisten innerhalb ihres Compag⸗ 
niebezirkes jährlich an zwei Tagen zu einer Controlversammlung 
ind außerdem an acht weiteren Lagen — in der Regel Sonn⸗ 
der Feiertagen — zu eintägigen Uebungen einberufen, sodann 
vährend der fünfjährigen Dienstpflichtigkeit im Gamzen auf einen 
Monat zu groͤßeren Truppenübungen beigezogen. Zur Erhaltung 
der inneren Sicherheit können die Legionisten in derselben Weise 
wie die Landwehr im Sinne des Tilel 1X 8 5 Absatz 3 der 
Verfassungsurkunde, außerdem aber nur durch besonderen könig⸗ 
lichen Befehl im Falle und auf die Dauer einer striegsgefahr 
zum Dienste berufen werden. Bei den Controlversammlungen der 
Legionisten — nicht aber auch bei den übrigen eintägigen Uebun— 
zen — haben auch die Kriegsreservisten des stehenden Heeres zu 
erscheinen. Soferne die zu den Controlversammlungen und ein⸗ 
ägigen Uebungen Cinberufenen von ihrem Wohnorte dahin und 
vieder zurück in einem Tage gelangen können, wird ihnen 
dafür keine Vergütung geleistet. Anderenfalls sowie für 
die größeren Uebungen, ferner im Falle eines Aufgebotes 
zur Erhaltung der inneren Sicherheit und während des Kriegs- 
hienstes erhalten sie Bezüge auf Rechnung des Militäretats, welche 
in Verordnungswege zu bestimmen sind. In wie weit aus Rück⸗ 
ichten auf den öffentlichen Dienst oder auf persönliche Verhält— 
iisse eine Erleichterung oder theilweise Befreiung einzelner Pfllch⸗ 
tiger hinsichtlich der Controlversammlungen und Uebuͤngen zuläs⸗ 
iig ist, wird im Verordnungswege bestimmt. Die zeitlich in einem 
inderen als ihrem Heimathsbegirke sich aufhaltenden Reservisten 
und Legionisten haben an den Controlbersammlungen und bezie⸗ 
hungsweise auch Uebungen ihres neuen Aufenthaltsortes Theil 
zu nehmen. F F 
Art. 11. Die Gemeinden, in welchem die Controlversamm⸗ 
ungen und eintägigen Uebungen im Co mpagniebezirke siatt⸗ 
inden, haben für die nöthigen Räume zur Aufbewahrung der 
nilitärischen Ausrüstung, ferner für die nöthigen Schießplätze aus 
igenen Mitteln zu sorgen. Für die sonstigen Kosten der Uebun— 
jen wird ein Uebungssond gebildet, welchem die im Art. 6. ge⸗ 
vachten Beiträge zuflieken