Full text: St. Ingberter Anzeiger

Slt. Ingberter AAnzeiger. 
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Diens tag, den 8. März 
nro . 
18868. 
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Deutschland. 
Zweibrücken, 2. März. Nach den bis jetzt bekannten 
Wahlresultaten — nur 4 Gemeinden mit ungefähr 400 Wählern 
stehen noch aus — erhielt Herr Schwinn 7584, Hr. Jäger 
5987 Stimmen; demnach ist Herr Schwinn zum Zollpar— 
amentsabgeordneten als gewählt zu betrachten. 
München, 26. Febr. Das der Abgeordnetenkammer vor⸗ 
zelegte Berggesetz „erstreckt sich?“ wie der Finanzminister 
b. Pfretzschner bei Uebergabe desselben sich äußerte, „auf das ge⸗ 
jammte Gebiet des Königsreiches und beabsichtigt demnach. nicht 
blos jämmtliche Partikularberggesetze dieseits des Rheines, sondern 
zuch das in der Pfalz geltende französische Gesetz vom 21. Apri' 
1810 über die Bergwerke, Gräbereien und Steinbrüche zu beseiti— 
tigen. Es handelt sich hiebei darum, die anerkannten Vorzüg 
des französischen Vergrechtes mit den bewährten Grundsätzen des 
deutschen Bergrechtes zu verschmelzen und auf Grundlage der ei— 
nen wie der anderen Berggesekgebung ein den Bedürfnissen ent⸗ 
sprechendes, neues Gebäude aufzurichten. Der seit dem ersten Er⸗ 
blühen des deutschen Bergbaues herrschende Grundsatz, nach wel⸗ 
hem das Eigenthum an Grund und Boden kein Recht über die 
durch Bergbau zu gewinnenden Mineralien gibt und Jeder auf diest 
Mineralien von erfolgter Verleihung einschlagen und schürfen kann 
indet in der deutschrechtliche Bergbaufreiheit seine Begründung und ist 
in dem Gesetzentwurfe ebenso, wie das Findderrecht beibehalten. Von 
dem vielfach angefochtenen manche Unklarheit erzeugenden und dem 
ranzösijchen Bergrechte durchaus fremden Begriffe des Bergregales 
st in dem Gesetzentwurf vollständig abgesehen, da die daraus für 
die Staatsgewalt abgeleiteten Befugnisse, soweit deren Aufrechthal . 
ung dermalen noch nothwendig erscheint, eine ausreichende Grund— 
lage in den allgemeinen Hobeitsrechten finden. Im Zusammen 
hange mit der allgemeinen Bergbaufreiheit ist der bisher schon 
vestandene gesetzliche Betriedszwang in dem Gesetzeutwurfe nur in 
oweit beibehalten worden, daß der Bergwerkseigenthümer sedig 
lich dunn zum Betriebe verpflichtet sein soll wenn dem Nichtbe 
triebe nach der Entscheidung der Berghehörden überwiegende Gründe 
Des öffentlichen Wohles entgegenstehen und wenn deßhalb von den 
Bergbehörden eine entsprechende Aufforderung erlassen ist, Ir 
ilebrigen soll der Bergbauindustrie volle Selbststündigleit im Be— 
triebe und in der Wahrnehmung ihrer Privatinteressen gewährt 
und die Thätigkeit der Bergbehörden auf die Ueberwachung der 
mitbecührten öffentlichen Interessen beschrünkt werden. Für den 
Erwerb des Bergwerkseigenthums schlägt der Entwurf vor, den 
Weg der deutschrechtlichen Mathung und Verleihung beizubehalten 
und das Verfahren dadurch zu vexeinfachen, daß von dem Nach 
weise der Bauwürdigkeit und Verbreilung des gemutheten Mine 
ralvorkommens, desgleichen jvon dem Ermessen der Bergbehörden 
bei Feststellung der Feldesgröße und Feldesgrenzen abgesehen, auch 
unter Aufhebung der bisherigen verschiedenartigen Feldesverleihung 
nach Längen- und Geviertfesd nur eine einzige Art der Feldesbe⸗ 
gränzung durch gerade Linien auf der Oberfläche und durch senk— 
rechte Ebenen in die ewige Teufe zugelassen werden soll. Das 
verliehene Bergwerkseigenthum soll durch ein einfaches Publika— 
tions und Präclusionsvexfahren unmittelbar nach Ausfextigung 
der Verleihungsurkunde vor künftigen Ansprüchen angeblich besser 
Berechtigter gesichert und daduxch in seinem Werthe gehoben wer⸗ 
den. Der Entwurf schlägt ferner vor das Bergwerkseigenthum 
durch besseren Schutz der Hypothekgläubiger bei Vereiniguüg meh 
rerer Gruben, durch Entlastung von Mitbaurecht und Freikuxen, 
durch Ausschließung der Verleihung von Erbstolleurechten und 
durch Beschränkung der Entziehung des Bergwerkseigenthums auf 
den Fall des gesetzwidrigen Nichtbetriebes dem civilrechtlichen Ei 
zenthume bezüglich der Sicherheit und Creditfähig'eit gieich zu 
tellen. Für das Rechtsverhältniß der Mitbetheiligten eines Berg 
verles ist die Form der Gewerkschaft in erster Reihe aufrecht zu 
erhalten empfohlen, jedoch der Selbstbestimmung der Betheiligten 
luch die Annahme jeder anderen Gesellschaftsform freigelassen und 
zurch die Mobilisirung der Kure Erleichterung des Verkehrs und 
Verbesserung des Realcredites der Bergwerke angestrebt. In dem 
Verhältnisse des Bergbaues zum Grundeigenthum hat sich der Ge⸗ 
etzentwurf die Aufgabe gestellt, beiden Theilen mehr gerecht zu 
werden, als dies die frühere Gesetzgebung gethan, und die Interessen 
des Grundkhesitzers gegenüber dem Bergbaue auf der Grundlage 
der auch für sonstige Verhältnisse bestehende Grundsätze des bür— 
gerlichen Rechtes besser zu wahren. Von der Vorschrift des äl— 
teren Rehtes, nach welcher die Bergbehörde yon Amtswegen auch 
die Nachhaltigkeit des Bergbaues wahren und den sogenannten 
daubbau hindern soll, hat der Gesetzentwurf Umgang genommen. 
Zu allen Zeiten wurde anerkannt, wie wesentlich der Staat dabei 
zetheiligt sei, daß dem Bergmann bei seinem schweren und ge— 
ahrvollen Berufe die Aussicht auf Erleichterung seines Looses in 
krankheit und Alter für sich selbst sowohl als für die Seinigen 
zjewährt werde. Der Gesetzentwurf behält daher das deutschrecht 
iche Knappsfchaftswesen bei, überträgt es auf die Pfalz und sucht 
s dadurch weiter auszubilden, daß den Knappschaftsvereinen größere 
Selbstständigkeit eingeräumt und das Aufsichtsrecht der Bergbehörden 
auf das wirkliche Bedürfniß beschränkt wird. Im Gebiete der 
Bergpolizei hat der Entwurf die Befugniß zum Erlaß bergpolizei⸗ 
sicher Anordnungen, sowie deren Vollzug im Allgemeinen geregelt. 
Um die Rechtsverhältnisse des bereits bestehenden Bergbaues unbe⸗ 
chadet wohlerworbener Rechte allmählich mit den neuen Grund— 
ätzen des Entwurfes in Uebereinstimmung zu bringen und die 
Hrenzen der Anwendbarkeit der glten und neuen Vorschriften auf 
Jewisse Gegenstände festzustellen, sind die erforderlichen Uebergangs— 
estimmungen aufgenommen worden. 
München, 27. Febr. In der heutigen Sitzung der Ab⸗ 
geordnetenkammer widmete der Präsident Pözl dem Meinister Pech 
mann einen ehrenden Nachruf. — Die Kammer nahm den Ge— 
setzentwurf die Eheschliehzung von Angehörigen nicht anerkannter 
Religionsgesessschaften betr, mit allen gegen 28 Stimmen und 
den Autrag auf Erlaß eines Gesetzes, wodurch gemeinsame Reli— 
gionsüübung und Ordyung der Kirchenangelegenheiten den nicht 
anerkannten Religionsgenossenschaften gewährleistet werden soll, mit 
59 gegen 33 Stimmen an. 
München, 29. Febr. Trauergeläute vom Dom ver— 
ündet das heute früh 9 Uhr in Nizza erfoͤlgte Ableben des 
dönigs LudwigeJ. von Bahyer. 
Geboxen 25. Aug. 1783. succ. seigem Vater, dem König 
Maximilian Josehh J. (geh. 27. Mai 1756), 13. October 1825 
und verzichtet zu Gunsten seines ältesten Sohnes, des Kronprin— 
zen Marimilian Joseph. auf die Krone laut Patent vom 20. 
März 1848; verm. 12. Oct. 1810 mit Königin Therese Char— 
otte Louise Friederike Amalie (geb. 8. Juli. 1792,) des f Her⸗ 
zogs Friedrich von Sachsen-Altenburg Toͤchter; Wittwer 26. Oc⸗ 
tober 1834. 
München, 29. Febr. Gemäß den Bestimmungen der 
Trauexorduung vom 29. August 1827 (siehe Regierungsbs. Nr. 
29 von 1827) ist eine Hof- und Landestrauer auf 53 Monate 
angeordnet worden. Morgen begibt sich eine k. Kommission nach 
Nizza um die königl. Leiche abzuholen, und sobald sich feststellen 
läßt, bis wann die Leiche hier eintreffen kaun werden die Anord 
nungen bezüglich des Leichenhegäüngnisses erlassen werden. 
Maunchen, 29. Febr. Die Abgeordnetenkammer hat den 
Antrag Crämers und Genossen auf Einführung der obligatorischen 
LTivilehe mit 74 gegen 52 Stimmen abgelehnt Die Reichsraths- 
rammer beharrt auf ihrem früheren Beshlusse bezüglich der öffent⸗ 
ichen Häuser. 
Frankfurt, 27. Febr. Heute Mittag fand in oͤffent⸗ 
licher Sitzung der Stadiverordneten durch Hra. Regierungspräsi- 
)enten v. Diest die Vereidigung des ersten Bürgermeisters Dr. 
Mumm und durch diesen die des zweiten Bürgermeisters Dr. Berg 
ind der Magistratsräthe statt. Dem feierlichen Acte wohnte von 
denn eingeladenen Senate Niemand, jedoch im Zuhörerraum ein—