Full text: St. Ingberter Anzeiger

St. Ingberler Znzeiger. 
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Nro. 28. Donnerstag, den 3. März 5 1868 
— EXNZE u — h * 
Deutschland. * 
Zweibrüccken. 2. März. Das Endergebniß der Nach- 
wahl in das Zollparlament vom 28. Febr. in nun belanut. 
Hr. Schwinn hat 7605, Lucas Jäger 6289 Stimmen erhalten. 
Herr Schwinn ist somit gewählt. 
Muünchen, 29. Febr. Die Abgeordnetenkammer hat den 
Antrag, eine allgemeine obligatorische Civilehe einzuführen. mit 
74 gegen 52 Stimmen abgelehnt. — In Folge dieser Ablehn 
ung durch das Abgeordnetenhaus schreibt man einem ijnseitigen 
Blatten In der bayerischen Pfalz besteht seit der-französischen 
Occupation des linken Rheinufers die obligatorische Civil⸗Ehe, 
während die im östlichen Bayern geltenden Gesetze über die Ehe⸗ 
schließung nur die kirchliche Trauung gelten lassen. Nun ergaben 
die Erfahrungen dreier Menschenalter, daß in der Pfalz die Zahl 
der unehelichen stinder nur 8,8 Prozent sämmtlicher: Geburten 
beträgt, während sie im östlichen Bayern auf 28,1 also das drei 
und einhalbfache steigt. Sind die unehelichen Geburten ein Maß 
stab der Sittlichkeit, jo würde also die Civilehe hier dreiundein⸗ 
Jalbmal sittlichender gewirkt haben, als die kirchlichen Eheschließ 
ungen. Mehr noch! Die Zahl der unehelich gebornen, aber 
durch die spätere Ehe legitimirten Kinder beträgt in der Pfatz 
4 Proj., in Ostbayern 2 Proz., also —die kirchliche Auffassung zu 
Grunde gelegt — es bessern sich unter der Herrschaft der Civil— 
ehe viermal so viel Menschen, als unter der Herrschaft der kirch⸗ 
lichen Ehe. Noch nicht genug! In der Pfalz kommt 1 Ehe 
scheidung auf 400 Trauuugen, in Ostbayern trotz der kirchlichen 
Dindernisse auf 87 Trauungen. Das von den Kanzeln-«soge 
nannte „gesetzliche Concubinat“ sichert also die Heiligkeit der Ehe 
fast fünfmal mehr als der kirchliche Segen, ja, läßt man die 
protestantische Kirche aus dem Spiele, so ergibt sich bei den Ka— 
tholiken die ausschließlich in der Kirche getrqut sind, eine sechs 
nal geringere Heiligkeit der ehelichen Binde, als bei den bürger 
lich getrauten Katholiken. Weiter! Die Kinderfsterblichteit, bei 
welcher die Liebe der Eltern ein entscheidender Faktor bildet, ist 
in Ostbayern verhältnißmäßig doppelt so stark wie in der Pfalz 
Und endlich; Die Zahl der Verbrechen beläuft sich trotz der kirch 
lichen Eheschließung auf fast das vierfache der Zahl. die unter 
dem Zwange der Civilehe erreicht wird. 
München, 29. Febr. Die Gesammtzahl der zur Loosung 
beigezogenen: Conscribirten der Altersklasse 1846 beträgt 41,104 
Mann (aus der Pfalz 63813. Die Zahl der zur Herstellung des 
Formationsstandes der Armee einzureihenden Wehrpflichtigen be⸗ 
beträgt 16,000 wovon auf die Pfalz 2484 treffen. Von den 
nach Ergänzung des Formationsstandes der activen Armee weiter 
borhandenen Pflichtigen werden 2540 Mann (aus der Pfalz 394) 
nach der Reihenfolge ihrer Loosnummern den Heeresabtheilungen 
als Ersatzmannschaft J. El. zugetheilt. Der diensttüchtige Ress 
wird als Ersatzmannschaft II. Cl. ausgehoben und den betreffen⸗ 
den Landwehrbezirkscommando's zur Listen- und Controlführung 
überwiesen. Die Wehrpflichtigen werden unmittelbar nach der 
Aushebung verpflichtet, die in die active Armee eingereihten auf 
den 31. März Abends zu ihren Abtheilungen einberufen, dit 
Ersatzmannschaften“ J. und II. El, bis auf Einruf beurlaubt 
Der Reerutenunterricht beginnt am J, April. Zu daen Infanterie⸗ 
Regimentern, Jägerbataillons, Sanitätscompagnien, Artillerie-Re⸗ 
zimentern und dem Genie⸗Regiment werden alle eingereihten Wehr— 
pflichtigen, zu den Cavalerie-Regimentern 125 Mann per Reagi- 
went einberufhen. 
Der Koönig hat unterm 26. Febr. genehmigt, daß bei jeder 
der vier Sanitätscompagnieen eine Krankenwärterabtheilung for⸗ 
mirt werde. Die Mannschaft erhält bei der betreffenden Sani⸗ 
ätscompagnie die erste militärische Ausbildung während einej 
sechswöchentlichen Uebungszeit. 
München, 29, Febr. Der 2. Ausschuß der Reichsraths« 
tammer hat Hrn. v. Niethammer zum Referenten über das Bud⸗ 
get und der j. Ausschuß Hrn. v. Bombard zum Referenten über 
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nannt.. 3 5 —— 
Müm'chen, J. März.“ König Ludwig J. hat gestern Mor⸗ 
jens ein Viertel nach 7 Uhr in Gegenwart seiner beiden Söhne. 
der Prinzen Luitpold uͤnð Adalbert, mit eigener Zustimmung und 
vollem Bewußtsein die letzte Oelung empfangen, und ist hierauf 
hne zu schweren Todeskampf, unter dem Gebete seines Beichtva⸗ 
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nischkafen. Die Abholung der Leiche aus Nizza übernimmt der 
igl. Oberhofmeister Graf zu Castell. Derselbe reist heute Abends 
nit einem Extrazug ab, begleitet von dem Generaladjutanten Graf 
stechberg, dem Flügeladjutanten Baron Künsberg, den k. Käme⸗ 
merern L. Graf v. Arco und Oberst Frhrn. v. d. Tann, dem 
vammerjunker Graf La Roseé, drel Hofgeistlichen, zwölf Hat ⸗ 
hieren miit dem Exempten Frhrn. v. Gumppenberg und einem 
„ousbrigadier, dem Oberpostmeister Graf v. Reigersperg, einem 
offourier, einem Hoẽ⸗Officianten und vier Hoflakaien. Diese 
ommission wird am Dienstag Abends in Nizzä, und wahrschein⸗ 
ich am Samstag Nachmittags mit der Leiche hier eintreffen. An 
demselben Nachmittage noch wird die Beisetzung der sterblichen 
neberteste des Königs in der Bonifaziuskirche an der Seite der 
Zönigin Therese erfolgen. Die Beftattung erfolgt nach testamen⸗ 
arischer Verfügung des Verstorbenen mit allen koöͤniglichen Ehren. 
Es ist eine dreimonailiche Hof- und Landestrauer angeordnet. 
Das Trauergeläute von 12 bis 1 Uhr Mittags dauert sechs Wo⸗ 
hen. Musit und Schauspiele werden bis nach vollendeten Exe— 
zjuien im Königrei he eingestellt. Das bayerische Heer trägt die 
hof· und Landestrauer Die höheren und im Kollegiallmitglieds 
cange stehenden Beamten tragen im 1. Monat der Landestrauer 
zuur Uniform schwarze Beinkleider, Epauletten und Porte-Epée mit 
chwarzem Flar üüberzogen, und den Trauerflor am Arm. — Der 
ehte Wille des verstorbenen Königs ist. im königl. Hausarchiy 
piuterlegt, und wird eröffnet, so bald der Befehl des regierenden 
Zäuigs hiezu erfolgt istc. 
München,. 2. Märß. König Ludwing II. ist erkrankf 
ein Zustand hat jedoch keinen bedenklichen Character, Die Südd. 
Presse meldete heute Nachmittag; Der König hat die verflossene 
Nacht in ununtervrochenem Schlafe zugebracht. Das Fieber hat 
sich gemindert; die Bronchial⸗Affection ist aber noch dieselbbe. 
München, 2. März. Der bayerische Gesandte in Ber— 
än, Frhr, v. Perglas, ist zum Bevollmächtigten Bayerns im 
Bundesrath des Zollvereins ernannt. — —— 
Dienstesnachrichten. 
Durch k. Eulschließung wüurde die protestantische Pfarrftelle 
zu Oberluftadt, Decanats Germersheim, dem bisherigen Pfarrer 
su Lamsborn, Decanats Homburg, J. Höpffner, verliehen. 
—Darmstadt, A März. Wegen des Ablebens des Kö— 
nigs Ludwigs J. von Bayern, des Schwiegervaters des Großher- 
pogs, iff das Hoftheater vorläufig gefchlossen worden. — 
Stuttgart, 29, Febr.“ Dem, Beobachter“ zufolge ist 
der von Langensalza her bekannte General Flies, spüter Com⸗ 
nandant von Frankfurt, zum Commandant des württembergischen 
Armeekorps bestimmt. Indem wir diese Nachricht mit allem Vor 
zehalt wiedergeben erinnern wir daran, daß General Flieg zuletzt 
Fommandant von Altona war. diejes Postens aber wegen Com⸗ 
getenzstreitigkeiten mit dem Hamburger Senafenthoben wurde, 
— Der Tag der Wahlen zum Zollparlament ist immer noch 
aicht bestimmt.“ Ein hiesiger Correspondent der Karlsr. Ztg.“ 
nill wissen daß dafür der 21, März in Aussicht genammen. 
Der Herzog von Dessau hat auf die Eingabe des Landtages 
vegen Verminderung ˖ des Wildstandes ablehnend geantwortet. 
Frankfurfi, 1. März, Alle bisherigen Mittheilungen 
jber den Unfall, welcher jungst den Herzog von Nassau betroffen, 
timmten darin überein, daß derselbe mit seinem Pferde gestürzt 
eiz Dies soll nun aber nach der Angabe eines hiesigen Local⸗ 
lattes nicht der Fall gewesen sein. Der Herzog wurde yvielmehr