Full text: St. Ingberter Anzeiger

Regierungsdirector v. Hormann, der belanntlich als einer der Can⸗ 
didaten für den erledigten Posten eines Ministers des Innern 
genannt wird, ist dem Vernehmen nach hier eingetroffen. 
München, 9. März. Soeben hat in eben so feierlicher 
als großartiger Weise das Leichenbegängniß Sr. Maj. Königs 
Ludwig J. stattgefunden und zwar unter der innigsten Theilnahme 
man darf sagen, der gesammten Bevölkerung der Residenzstadt. 
Alle Läden der Stadt waren geschlossen und wem es nur immer 
möglich war, der eilte nach den Straßen, durch welche sich der 
lönigliche Leichenzug bewegte. Durch die zahlreichen Truppenab⸗ 
theilungen und die fast vollständig ausgerückte Landwehr der Re⸗ 
ädenzstadt und der Vorstädte hatte der Leichenzug eine sehr große 
Ausdehnung erhalten und es dauerte über eine Stunde, bis der⸗ 
elbe an den Kirchen vorübergezogen war. Unsere sämmtilichen 
Prinzen folgten dem Leichenwagen und mit ihnen zugleich die 
fremden Prinzen und außerordentlichen Gesandten. Der Feierlich⸗ 
leit innerhalb der Kirche haben auch die kgl. Prinzessinnen mit 
ihren Damen beigewohnt und war in derselben auch das diplo⸗ 
natische Corps anwesend. Der Leichenzug hatte um 2 Uhr be⸗ 
gonnen und es war bereits 4 Uhr, als die k. Leihe in den Sar⸗ 
kophag der Kirche zur ewigen Ruhe eingesenkt wurde. 
Se. K. H. Prinz Adalbert dankte im Namen des Königs- 
hauses von Nijza ans selegraphisch dem Kaiser Napoleon für die 
erwiesene Aufmerlsamkeit, welche der Königsleiche durch Frankreich 
erwiesen wurde. Auf dem ganzen Wege von Kehl an wurde die 
Leiche überall mit loöniglichen Ehrenbezeugungen empfangen. 
Dienstesnachrichten. 
Seine Maj. der König haben Sich allergnädigst bewogen 
zefunden, unterm 7. d. Mts. den Nebenzollamts-Controleur in 
Schaidt, Georg Helffer vom 16. 1. Mts. an zum Jollver⸗ 
walter am Nebenzollamte 1 Habkirchen. Hauptzollamtsbezirks 
Zweibrücken, unter Fortdauer seines Dieustesprovisoriums zu 
befördern. 
Frankfurt, 9. März. In einer Abendsitzung der Stadt⸗ 
berordneten erstattete heute die betreffende Kommission Bericht über 
den Theilungsrezeß. Sie beantragt Ablehnung der von der me— 
zierung angebotenen Abmachung und stellt dagegen folgende For—⸗ 
derungen: Uebernahme der im Recesse angeführten Anlehen durch 
den Staat gegen Anerkennung des Eigenthums an sämmtlichen 
an der vormaligen freien Stadt Frankfurt erbauten Eisenbahnen 
Zahlung von drei Millionen Gulden an die Stadt für die eigen 
thümliche Ueberlassung dieser Eisenbahnen und sonstiger Immo— 
bilien an den Staat; Rückzahlung von 1,650,000 Gulden, welche 
Frankfurt an die badische Regierung zum Ausbau der Main⸗Ne— 
xarsBahn geliehen, welche aber Baden an Preußen zurückgezahli 
hat; Ausdehnung des Fortbestandes der Frankfurter Lotterie für die 
Dauer des Bestandes der Lotterie in Preußen überhaupt; Ver⸗ 
nminderung der städtischen Pensionslast auf circa 40,000 Gulden; 
endlich theilweise Uebernahme der Kosten für die neu erbaute 
Irrenanstalt durch den Staat. 
Aus Thüringen, im Febr. Wie das Licht der Neu—⸗ 
zeit überall sich Bahn bricht, ersieht man unter Anderem⸗ 
auch aus der stets zunehmenden Zahl Mischehen. Seitdem der be 
kannte weimarische Landrabdiner Dr. Heß in Eisenach Ehen zwi⸗ 
schen Juden und Christen, ohne engherzige und kleinliche Schwie⸗ 
rigkeiten zu erheben, eingesegnet, strömen alljährlich eine immer 
zrößere Anzahl von Brautpaaren verschiedener Confession 
nicht nur aus allen Gegenden Deutschlands, sondern auch aus 
dem fernen Ungarn hierher, um sich von demselben * trauen 
zu lassen. 
Stuttgart, 6. März. Die JZollparlumentswahlen sind 
auf den 24. Märj festgesetzt. — „Der „Staatsanzeiger“ demen⸗ 
tirt die von verschiedenen Zeitungen gebrachte Nachricht, der preu 
zische General Fließ sei zum Commandanten der württembergischen 
Armee bestimmt worden. 
Berlin, 7. März. Der Herzog dvon Braunschweig soll 
den Kronprinzen von Hannover testamentarisch zu seinem kuünfti⸗ 
zen Nachfolger und den Kaiser von Oesterreich zum Erben seines 
Privatbermögens eingesetzt haben. 
Der Erbprinz von Augustenburg hat — wie die „Nat. 3.“* 
nittheilt — dem Stuaatsrath Francke, weil er in das preußische 
Ubgeordnetenhaus eintrat (er war von zwei holsteinischen Wahl⸗ 
kreisen gewählt worden) und dorl dem Koönige von Preußen den 
Fid leistete, die ihm früher bewilligte Pension entzogen. Da je⸗ 
doch diese Pension bedingungslos auf Lebebenszeit bewilligt war 
(Francke hatte bekanntlich auf seine Stelle als Präsident der Re⸗ 
zierung in Coburg verzichtet, als er in die Dienste des Augusten 
zurgers trat), so hätte sie Francke zweifelsohne im Wege Rechtens 
einklagen und erzwingen können, zog es aber — um Scandal 
zu dermeiden — vor, in den von einigen Freunden des Erb— 
brinzen vorgeschlagenen Vergleich einzugehen und eine geringfü— 
gige Summe — wir hoͤren 2—28000 Thlr. — als einmalige 
Abfindungssumme anzunehmen. 
Berlin, 9. März. Der Bundesrath des deutschen Zoll⸗ 
vereins hat das Präsidium ermächtigt, den Handelsvertrag mit 
Oesterreich sofort nach dessen Unterzeichnung dem ersten und zwei— 
sen Ausschusse zu überweisen. Weitere dem Zollbundesrathe vor⸗ 
zelegte Präsidialvorlagen sind ein die Besteuerung des Tabats 
zetreffender Gesetzentwurf, sowie ein Entwurf, betreffend die Ein— 
seitung eines Handelspertrages mit dem Kirchenstaate. Verschie⸗ 
zene der Competenz des Zollvereins angehörige Angelegenheiten 
sind von dem Bundesrathe des norddeutichen Bundes an den 
Bundesrath des deutschen Zollvereins abgegeben und wurden in 
der heutigen Sitzung desselben den betreffenden Ausschüssen über⸗ 
wiesen, darunter die Einleitung zum Zollanschlusse Mecklenburgs 
und Lübecks. J 
Berlin, 9. März. Der Handels⸗ und Zollvertrag mit 
Desterreich ist heute Nachmitiags um 4 Uhr im Bundeskanzleramte 
aunterzeichnet worden. — Wie die „Kreuzzeitung“ hört, reist Prinz 
Rapoleon am Freitag von hier ab. 
Berlin, 9. März. Der „Staatsanzeiger“ veröffentlicht 
das Gesetz über die Linderung des Nothstandes in Ostpreußen. — 
die telegraphische Verbindung mit England ist gestört. 
Wien, 8. März. Die Beschlüsse der Bankdirection und 
»es Bankausschusses, bezüglich der Regelunz der Bankfrage, lauten: 
Die Nationalbank soll als Reichsinstitut bis zum Ablauf des 
Privilegiums fortdauern, das Zettelmonopol soll aufrecht erhalten 
uind der Bankfonds auf 90 Mitlionen reduzirt werden. In Be⸗— 
reff des Reservefonds ist eine Beschränkung der Dotation des— 
elben auf 10 pCt. in Aussicht genommen, ferner soll eine Aus⸗ 
dehnung des geschäftliche Wirkungskreises der Nationalbank in ge⸗ 
eigneter Weise angebahnt werden. Ueber den Zeitpunkt der Wie—⸗ 
deraufnahme der Baarzahlungen soll ein besonderes Gesetz be⸗ 
timmen. Außerdem sollen die Verhältnissen der Hypotheken⸗Kre⸗ 
hit-Abtheilung zum Bankinstitute eine Regelung erfahren und eine 
unbedingt vierproceutige Verzinsung des Darlehens von 80 Mill. 
tattfinden. 
Fraukreich. 
(Neueste Illusion des Hietzinger Hofes.) Die Franz. Corr. 
schreibt unter Paris, 4. d. „Aus einer sicheren Quelle erfahren 
wir (und würden sonst auch Anstand nehmen, der Nachricht Raum 
zu geben), daß sich in diesem Augenblicke eine Vertrauensperson 
des Königs Georg von Hannover hier befindet, welche ganz ernst⸗ 
lich zu politischen Unterhandlungen mit dem französischen Kabinete 
ꝛxmächtigt wurde. Man ist, wie uns versichert wird, am Hie— 
zinger Hofe auf die Idee gekommen, die legitimistische Agitation 
an den Nagel zu hängen und es anstatt ihrer mit gewissen Ele— 
nenten der ehemaligen großdeutschen Demokratie zu versuchen. 
Frankreich wird nun zugemuthet, in diesem sonderbaren Bunde 
jer Dritte zu sein, und man glaubt wirklich, den Kaiser Napo—⸗ 
leon für eine Kombination gewinnen zu können, in welcher er, 
vie man ihn zu überreden sucht, sich in einer neuen und nicht 
illzu unpopulären Form in die deutschen Angelegenheiten einmi—⸗ 
schen dönnte. Es ist dies die neueste Illusion des Hietzinger Ho⸗ 
fses; denn wir brauchen nicht zu sagen, daß wir dem Kaiser Ra⸗ 
poleon Vorsicht genug zutrauen, um diesen abenteuerlichen Pro⸗ 
ecten kein Gehör zu schenken. Auch hat man es wohl von Wien 
uus wo man von denselben genau unterrichtet ist, an warneude 
Winken nicht fehlen lassen. Thatsache ist es aber immerhin, daß 
der hannoversche Unterhändler mehrere Gespräche mit dem Marquis 
de Moustier gehabt hat.“ 
Paris, 7. März. Die Militärexcesse nehmen so sehr 
uüͤberhand, daß selbst die France“ darüber Beschwerde führt. In 
Melun rannten drei betrunkene Lanciers Nachts ohne allen Grund 
teinen Mann nieder und warfen ihn in die Seine,; die Leiche ist 
noch nicht aufgefunden worden. Die Lanciers wurden verhaftet; 
da indeß ganz neuerlich ein Grenadier, der einen Einwohner von 
St. Cloud tödtete mit zwei Jahren Gefängniß und ein Soldat, 
der einen Pariser Bürger todt schlug, mit einigen Monaten Ge⸗— 
fängniß davon kam, so wird auch an diesen Lauciers kein Exei⸗ 
del statuirt werden, das abschreckend wirken könne. 
Paris, 9. Maärz. (Gesetzgebender Körber.) Heute erfolgte 
die Vorlage des Budgets für 1869, der Supplementarkredite füur 
867 und 1868 und des neuen Anleiheprojectes von 440 Mil⸗ 
ionen. 
England. 
London, 5. März. In den Straßen Londons werden 
jeute riesenhafte Plakate mit der Inschrift: „Mangel. Mangel, 
Mangel!“ herumgetra gen. 
Dublin, 5. März. Aus Dundon läuft die telegraphische 
Nachricht ein, daß gestern Abend ein Versuch gemacht wurde, das 
ortige Pulvermagazin, in welchem sich 7 Tomen mit Schieß⸗ 
zulver befinden, in die Luft zu sprengen. Ein Stück brennenden