Full text: St. Ingberter Anzeiger

Taues wurde an der Thüre des Magazins aufgefunden. Dem 
Thäter ist man noch nicht auf der Spur. 
Schweizʒz. 
Bern, 9. März. Wegen des Beschlufses des großen Raths 
heir. den Unterricht der Lehrschwestern ist eine starke Agitation im 
Jura ausgebrochen, Plakate fordern zur Trennung von Bern und 
Jum Auschluß an Frankreich auf. 
Italien. 
Rom. 4. März. In dem Consistorium vom 13. d. M 
wird der Papst 9 Cardinäle ernennen, darunter Msgr. Bonaparte 
Veiter des Kaisers Napoleon, welcher auch die Kosten für dessen 
Install ttion übernommen hat. 
Florenz. ö6. März. Der preußische striegsminister, Gene— 
cal v. Roon, wird sich nach Mailand begeben, um dort einern 
großen Revue beizuwohnen. 
Floren z, 7. März. Der Kriegsminister hat beschlossen, 
die Cavallerie⸗ und Artillerie-Soldaten der Altersklasse von 1842 
mit unbestimmiem Urlaub zu entlassen. — Graf Paumgarten, der 
neue bayerische Gesaudte, ist in Floxenz angekommen. — Die 
Italienische Correspondenz' meldet, daß die italienischen und 
päpstlichen Militärbehörden in einem Grenzdorfe Umbrien's gestern 
ubereingekommen sind, die früheren Bestimmungen betreffs der 
Berfolgung des Brigantaggios nunverzüglich wieder in Kraft zu 
sezen. — Don Carlos von Bourbon ist nach Corfu gereist, um 
sich von da nach Triest zu begeben. 
Florenz, 8. März. Die großen Festlichkeiten in Turin 
zur Vermählungsfeier des Kronprinzen Humbert und der Prin— 
jessin Margaretha werden vom 19. bis 20. April dauern. Dit 
lirchliche Vermählung findet am 22. April siatt. 
Florenz, 9. März. General Pahlavicini wird die be— 
vorftehenden militärischen Qperationen zur Unterdrückung des 
Räuberwesens an der neabolitanischen Grenze leiten. 
Rußland. 
Petersburg, 9. März. Das Petersburger Blat— 
„Waja“ versichert, von glaubwürdiger Seite erfahren zu haben 
der Kaiser Napoleon werde im Juni nach Petersbirrg kommen. 
Es würden zu seinen Ehren glänzende Feste geieiert und Ma— 
növers von über 100,000 Mann Truppen ftattfinden. 
Amerika. 
New-York, 28. Febr. (Ber Dampfer.) Der Präsident 
des Senates, Hr. Wade, ernannte fünf republikanische und ein 
demokratisches Mitglied zur Untersuchung der Anklage⸗Artikel gegen 
den Präsidenten Johnson. Sechs Republikaner und ein De— 
mokrat des Repräsentantenhauses entwarfen diese Artikel. Das 
Repräsentantenhaus beschränkte die Debatte über letztere auf einen 
e nzigen Tag. 
Merico, 19. Febr. (Ueber Nem⸗York.) In Folge der 
Entdeckung enes Mordanschlags gegen den Präsidenten Don Be⸗ 
nito Juare z wurden mehrere Ausländer und Offiziere ver— 
haftet. Juarez wird angeblich Washington besuchen. Die Regie— 
rung erkaunte die Staatsschulden englischen und spanischen Gläu⸗ 
higern gegenüber an und läßt confiscirte Güter zur Tilgung der 
Staatsschuld verwenden. 
Vermischbtes. 
4In den Waldern der Grenzkantone Hornbach und 
Blies kast el treiben schon geraume Zeit franzoösische Wilddiebe 
ihr Wesen. Kürzlich hatten dieselben sogar ein förmliches Treib— 
jagen, dem auch ein franzoösischer Bürgermeister beigewohnt haben soll, 
dajelbst organisirt und am hellen Tag in Scene we wobe 
auf einen Jagdpächter aus Reinheim geschossen wurde. Der grobt 
Unfug wurde den beiderseitigen Behörden angezeigt. 
4Am Vormitiage des verflossenen Samstag ereigneie sich 
in der Nahe von Ramstein beim Baue der Eisendahn ein schreck⸗ 
liches Unglück. Es waren nämlich die Arbeiter mit Sprengung 
eines Felsens beschäftigt. Nachdem das Pulver denselben ausei 
nander gerissen hatte, begaben sich 3 Arbeiter, 1 Aufseher und 
2 Bahnarbeiter, nach Umlauf von eirca 5 Minuten an die Stelle, 
um die erzielte Wirkung zu beobachten. In demselben Momente 
explodirte eine noch übrige Quantitöt Pulver, zerriß das Ge—⸗ 
stein und schleuderle es mit mächligem Drucke gegen die Nahenden. 
Dieselben sind schwer verletzt, namentlich sind die Augen jämmerlich 
zugerichtet. Die Verunglückten sollen übrigens aus eigenem An—⸗ 
iriebe und ohne beauftragt gewesen zu sein, der gefährlichen Stelle 
sich genaht und so den Grundstein zu ihrem schweren Mißgeschicke 
selbst gelegt haben. 
FAm 6. Marz hat sich in Rußdorf ein Mädchen von 19 
Jahren, Elisabetha Pfaffmann, die Tochter achtbarer Eltern in 
shrem Hause mit einer Flinte erschossen. Der Ladstock, mit dem 
sie abdrückte. lag neben ihr. Der Schuß traf Brusft und Hexz 
so, daß sie wohl augenbkicklich todt war. Ein specieller Grund 
zu diefer entsetlichen That ist, da ihre Moralität durchaus flecken⸗ 
los und ihr Ruf der beste in der Gemeinde mar, bis jetzt 
nicht bekannt. 
7 München, 2. März. Man ist hier sehr gespannt auf 
die Eröffuung des Testaments Ludwig J. und besonders darauf, 
welche Verwendung sein großes Privatvermögen; (nan weiß, daß 
allein in bayerischen Staatspapieren 20 Millionen angelegt sind) 
findet. Jedenfalls enthält das Testament auch Beffimmungen über 
die Glypthotek, Pinakothek und die anderen vom Könige meistens 
aus Privatmitteln erbauten, mit Kunstschätzen ausgestatteten Pracht⸗ 
zebäude. Es wird sich nun entscheiden, ob diese Kroneigenthum 
werden oder an den Staat übergehen. Es ist wohl nur im enge⸗ 
zen Kreise bekannt, daß König Ludwig Ludwig, originell in vielen 
Dingen, seit seiner Thronbesteigung seine sämmtliche Garderobe 
hat aufbewahren lassen. Seine Röcke, Hosen, Hine in allen mög⸗ 
lichen Formaten von Filz, Stroh x. und in allen Farben sind 
in ein paar Schränken in den vereinigten Sammlungen aufgeho⸗ 
ben; sogar Hausjacken, geflickte Röcke und ausgebesserte Hosen 
sind dabei. Der König trennte sich nicht gern von einem Klei⸗ 
dungsstücke, das er längere Zeit getragen. Die ganze Sammlung 
st schon jetzt merkwürdig, da sie den langen Zeitraum von 1825 
umfaßt, und dürfte nicht leicht die Garderobe irgend eines Herrn 
vollstandig für ein Menschenalter gesammelt worden sein. Schon 
die Hüte allein, mehrere Dutzend, erregen die Aufmerksamkeit 
der Veschauenden. Bis jetzt wurde die Garderobe nicht öffent⸗ 
lich gezeigt. 
F Köln, 9. März. Aus Anlaß des Todes König Ludwig, 
der einer der eifrigsten Forderer des Dombaus war und bekannt⸗ 
lich die schönen Glasfenster an der Südseite des Langschiffs schenkte, 
hat der Central⸗Dombauverein in dankbarer Anerkennung dieser 
Verdienste an den regierenden König Ludwig JI. ein Beileids⸗ 
jchreiben gesandt. Morgen wird im Dom ein Hochamt für den 
Verstorbenen abgehalten werden. 
FNach den Pesther Lloyd wurde in den letzten Tagen die 
Correspondenz entdeckt, welche zwischen dem Grafen Chorinsky 
und der Ebergenyi geführt wurde, als diese in München weilte. 
In derselben soll die Stelle vorkommen: „Laß dich nicht durch 
Mitleid bethören, damit wir uns bald ehelichen können: verwechsbe 
die Pulver nicht.“ 
f Das englische Oberhaus hat wieder zwei Mitglieder ver⸗ 
loren: den Admiral Lord Byron (Veiter des berühmten Dichters 
und dessen Nachfolger in Titel, und Würden) 79 Jahre alt, und 
den Carl p. Rosebery, 84 Jahre alt. 
In London ist ein Meeting eigner Art angekündigt. Ver— 
nittelst großer Plakate werden nämlich alle Armen Londons nach 
St. James Hall geladen, um über die Mittel zur Verbesserung 
ihrer Lage zu berathen. 
Der Moniteur gibt in einem Schreiben aus San Fran— 
cisco einige nicht uninteressante Aufschlüsse über die dort ansässi— 
zen Chinesen: „Es wäre ungerecht,“ meint der Correspondent, 
„die sehr wesentlichen Dienste zu verkennen, welche die in Cali— 
fornien einwandernden Chinesen leisten. Sehr arbeitsam, mäßig 
und folgsam, haben sie die Eisenbahnarbeiten, zu denen sie ver⸗ 
wandt worden waren, mit einer ungehofften Schnelligkeit, welche 
europäische Arbeiter nicht entwickelt haben würden, vollendet. Die 
meisten dieser Chinesen werden von chinessischen Gesellschaften, die 
in San⸗Francisco ihre Vertreter haben, angeworben. Die Ver— 
träge sind gewöhnlich für 5 Jahre bindend. Nach Ablauf dieser 
Frist hat der Chinese in der Regel durch seine Thätigkeit und 
Sparsamkeit sich ein kkeines Capital, etwa 1000 Dollars, erwor— 
ben; er wird frei und wird vertragsmäßig in die Heimath, die 
er nie vergißt, wieder zurückgeschafft. Dort kauft er sich ein Schiff 
und eine Frau und betreibt dis an sein Vebensende 
irgend ein Gevecbe. Bei jeraen Laidzleitet teht er aber 
als weitgereister und welterfahrener Mann in besonderer Achtung. 
Diese bescheidenen chinessischen Emigranten tragen vielleicht mehr 
als die Regierung zur Verbreitung der Civilisatiemsideen in dem 
himmlischen Reiche bei. So lange die Chinesen in Californien 
weilen, leben sie unter sich und besuchen sowohl für Geschäfi 
wie für Vergnügen ihre eigenen Versammlungsplätze. Selten 
lommen sie, außer der Arbeitszeit, mit den Weißen in Berüh—⸗ 
rung und richten sich pünktlich nach den Vorschriften ihrer Neli⸗ 
gion und ihrer heimathlichen Geseze. Sie gehorchen einer von 
ihnen gewählten Gerichtsbehörde und wenden sich so selten wie 
möglich an die amerikauischen Tribunale. Die Bemühungen der 
Polizei können sie selbst nicht hindern, unter einander Gerechtig⸗ 
keit zu üben. So wurde kürzlich eine junge Chinesin, die einen 
ihrer Landslente bestohlen hatte, des Nachts aufgegriffen, geknebelt, 
insgeheim vor ein chinesisches Gericht gestellt und dann lebendig 
begraben. Jeder der Anwesenden trat auf dem Grabe herum, 
um jede Spur dieses gerichtlichen Mordes zu verwischen. Erst 
später erhielt die Polizei durch einige unvorsichtige Aeußerungen