Full text: St. Ingberter Anzeiger

Sl. Ingberker Anzeiger. 
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Rro 8ß 
Dieustag, den 24. März — J 1868. 
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Deu tschland. 
Wie das „Zweibrücker Wocherblatt“ berichtet, soll von 
dorten am 25. d, M. (morgen in Bezug auf die Nothwendigleit 
der Erlassung eines „Schulgesetzes“ folgende Adreffe an die Kam⸗ 
mer der Reichsräthe nach München abgehen; 
Hohe Kammer der Reichsräthe! 
Ehrerbietigste Vorstellung des gehorsamst unterzeichneten 
Stadtraͤthes, sowie der Bürgerschaff der Stadt Zweibrücken, die 
Nolhwendigkeit der Erlassung eines Schulgesehes betr. 
Die Erlafsung eines „Schulgesetzes“ für unser engeres Va⸗ 
texland wurde schon langst als dringendes Bedürfniß erkannt, und 
wurde d ßha!b auch von beiven Kammern an die Krone schon 
früher die Bitte um Vorlage eines solchen Gesetzes auf freisinniger 
Brundlage gerichtet, welcher Bitte auch die kgl. Staatsregierung 
durch den der jetzt dersammelten Kammer der Abgeordneten vor⸗ 
gelegten Entwurf entsprochen und dadurch das Land zu hohem 
Danke verpflichtet hat. 
Die Art und Weise, wie dieser Gesetzesentwurf zu Stande kam, 
zibt schon im Voraus die volle Bürgschaft dafür, daß dieser, un⸗ 
ser Zuziehung der hervorragendften Männer des Schulfaches und 
von Theologen beider Hauptkonfessionen berathene und von dem 
gl. Staatsministerium ausgearbeitete, von dem kgl. Staatsrathe 
ind von unserm erhabenen Monarchen selbst gutgeheißene Entwurf 
nur auf den Grundlagen der bestehenden Landesgesetzgebung, in 
Uebereinstimmung mit dem Religionsedicte und dem Concordate 
beruht, und in keiner Weise in das wirkliche Gebiet der Kirche 
ind ihre verfassungsmäßigen Rechte eingreift, sondern blos dem 
Staate den Einfluß auf die Volksschule sichert, welcher ihm ge⸗ 
bührt, welchen er im Interesse des Gesammtwohles besitzen muß 
und dessen er sich nicht zum einseitigen Vortheile der Diener einer 
irchengesellschaft entäußern darf, wenn nicht der Staat selbst zum 
yöchsten Schaden der Gesammtheit, unter Aufgebung seiner unver— 
ußerlichen Souveränetätsrechte, einer KHirchengesellschaft oder viel⸗ 
mehr ihren Dienern unterthänig gemacht und die Kirche über 
den Staat gestellt werden soll. 
Obgleich der von der kgl. Staatsregierung vorgelegte Gesetzes⸗ 
entwurf nur diesen durch das Stgatswohl gebotenen Grundfätzen 
des Rechtes entspricht, und den Dienern der anerkannten Kirchen— 
—X— fernerhin die ver⸗ 
assungsmäßigen Rechte volllommen beläßt, so wird derselbe den— 
abch von einer Partei, deren Streben von jeher auf die Unter— 
werfung des Staates unter die Herrschaft der Kirche gerichtet war 
und noch ist — und die deßhalb den Volksunterricht in ihren 
Händen hehalten möchte. auf das Grimmigste angefeindet und wird 
versucht, durch eine künstlich erzeugte Agitation der untern von 
ihr irregeleiteten Schichten der Bevölkerung auf die Hohe Kam⸗ 
mer der Reichzräthe mittelst eines Adreffensturmes einzuwirken, da⸗ 
durch in das Werk der Gesetzgebung einzugreifen und das Zu—⸗ 
tandekommen des Gesetzes zu vereiteln, oder doch zu ver⸗ 
zoͤgern. 
Wenn die gehorsamst unterzeichneten Bürgermeister, Stadt— 
räthe und Bürger der Stadtgemeinde Zweibrücken nicht im Min⸗ 
desten daran zweifeln, daß die Hohe Kammer der Reichsräthe in 
voller Kenntniß der Mittel und Wege, wie diese Adressen gegen 
den Gesetzeseniwurf hervorgerufen wurden (worüber die Interpella⸗ 
tion des Abg. Dr. Streit einigen Aufschluß gibt), sich befindet, 
daher denselben nur den gebührenden Werth beilegen und sich da⸗ 
durch nicht beeinflussen lassen wird, so darf doch gegenüber dem 
erwähnten Treiben der Gegner des Gesetzentwurfes die demselben 
zünstig gestimmte Mehrheit des Volkes, welche ihn mit hohem 
Dank begrüßt hat, nicht länger passiver Zuschauer bleiben und 
wird es eine Bürgerpflicht derselben, ihren Gesinnungen 
ebenfalls öffentlichen Ausdruck zu geben und die dem Gesetzesent⸗ 
wurfe offen und und im Geheimen gemachte Vorwürfe in ihrer 
Unwahrheit bloszulegen, damit es auch nicht den äußeren Schein 
gewinne, als ob sich in jenen künstlich geschmiedeten Adressen, der 
Volkswille wirklich kundgebe und dieser das Werk der kgl. Staats⸗ 
regierung verurtheile. 
Waren die gepreßten Bittsteller, welche die gegen den Ent⸗ 
wurf den Schulgesetzes gerichteten Adressen unterzeichnet haben, 
von deffen Inhalt wirklich unterrichtet, so würden auch sie er— 
iennen, daß man sie nur irregeleitet, getäuscht und zu einer dem 
wohlverstandenen Volksinteresse direct wiederstrei— 
tenden Agitation mißbraucht hit. Sie würden und müßten ein—⸗ 
sehen, daß der, wo nicht öffentlich, doch in Geheimen dem Ent⸗ 
wurfe gemachte Hauptvorwurf: „daß er die Volksschule ent⸗ 
hristhiche, — nur auf rein erdichteter Unwahrheit beruht und 
in directem Widerspruche mit dem Artikel 3 des Entwurfes steht, 
welcher: „Die Anordnung und Leitung des Religionsunterrichtes 
und des religiös⸗sittlichen Lebens an den Volksschulen nach Maß⸗ 
zabe des Religionsedictes und des Concordats den kirchlichen 
Oberbehörden beläßt; die Ertheilung des Religionsunterrichts zu⸗ 
nächst für Sache des einschlägigen Pfarrers oder seines Stell⸗ 
vertreters erklärt, dabei jedoch den Lehrer verpflichtet, den Pfarrer 
hiebei zu unterstützen oder auch diesen Unterricht ganz zu überneh— 
men, wenn der betreffende Geistliche durch Geschäftsüberbürdung 
oder andere Verhältnisse an der Ertheilung des Unterrichtes zeit- 
weilig verhindert ist,“ — wonach die „Entchristlichung der Schule“ 
in Zukunft von dem Geiftlichen seibst ausgehen müßte, wenn der 
Vorwurf begründet waͤre. Sie würden erkennen, daß der weitere 
Vorwurf, daß durch dieses Gesetz, — welches die dkonomische Lage 
der Lehrer zur Gewinnung eines tüchtigen Lehrerstandes nur in 
der absolnt nöthigen Weise aufbessert und ihnen eine, ihrem Wirk⸗ 
ungskreise entsprechende amtliche Stellung gibt,“ — „die Gemein— 
den überbüidet werden sollen,“ ebenfalls nur ein falscher Köder 
für ganz andere, das Licht scheuende Interessen abgeben soll und 
zleichfalls durch den Entwurf selbst widerlegt wird, indem nach 
Art. 43 auch der Kreisfonds, um die Ueberbürdung wenig be— 
nittelter Gemeinden zu verhüten, beigezogen werden soll. Sie 
vürden endlich erkennen, daß mit fortschreitender Vollsbildung sich 
auch in gleichem Maße die Erwerbsfähigkeit und damit der Wohl— 
stand des Volkes erhöhen wird, daher das auf den Schulunterricht 
und die Volksbildung verwendete Kapital unter allen Staatsaus— 
zaben auch wieder die reichlichsten und größten Zinfen dem Volke 
erträgt. 
Die gehorsamst Unterzeichneten, welche hiemit ihren Gesinn 
ungen Ausdruck geben, yerbinden damit die ehrerbietigste Bitte: 
„Die Hohe Kammer der Reichsräthe wolle die Nothweu— 
digkeit der Erlassung eines „Schulgesetzes) anerkennen und 
„dem vorgelegten Entwurfe, vorbehaltlich der aus der Berath— 
„ung der beiden Kammern sich etwa ergebenden Modificationen