Full text: St. Ingberter Anzeiger

Hl. Ingberler Anzeiger. 
Der „St. Ingberter Anzeig er“ mit seinem Unterhaltungsblatte erscheint —XX 
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Nro. —40d 
Donnerstag, den 
186s 
Deutschlaud. 
München, 28. März. Die Eröffnung des Testaments 
veiland Sr. Maj. des Königs Ludwig J. wurde gestern durch 
zen Hrn. Justizminister als Großnotar der Krone vorgenommen 
Nach dem was man über den Inhalt des Testaments erfährt, 
wird aus dem Nachlasse ein Fideicommiß (unveräußerliches 
Stammgut) errichtet, dessen Nutznießer Se. k. Hoheit Prinz Luit⸗ 
zold als Haupterbe sein wird. In dieses Fideicommiß sind auch 
die neue Pinakothek und die Glypthothek inbegriffen. Zum Nach— 
'olger des Prinzen Luitpold in diesem Fideicommisse ist dessen 
iltester Sohn, Se. k. Hoh. Prinz Ludwig, bestimmt, welchem 
nußerdem zwei kostbare Vasen vermacht sind. Aus den Erträg⸗ 
nissen des Fideicommisses ist dem Prinzen Adalbert k. Hoh. eine 
ährliche Reute von 40,000 fl. hinauszuzahlen und die dem Prin— 
en Luitpold noch bleibende Jahresrente auf 60,000 fl. ange⸗ 
chlagen. Prinz Leopold erhält das Schloß Leopoldskron und 
die Marmorbrüche am Untersberg. Prinz Arnulf, dritter Sohn 
Sr. k. Hoh. des Prinzen Luitpold, die Villa Malta in Rom, 
nit der aͤusdrücklichen Befugniß sie zu veräußern oder zu vermie— 
hen. Von den beiden Söhnen des Prinzen Adalbert erhält der 
iltere, Prizz Ludwig Ferdinand, die Villa Ludwigshöhe bei 
Edenkoben in der Pfalz, der jüngere, Prinz Alpsons, die Summe 
von 30,000 fl. Die Walhalla bei Regensburg, erklärt der 
Erblasser als ein Vermächtniß an ganz Deutschland. GMach 
der „Allg. Z.“ sollen die Befreiungshalle bei Kehlheim und 
die übrigen noch vorhandenen Gebäude, welche Eigenthum des 
Letzteren waren, dem König Ludwig II. vermacht sein, welchem 
nuch die Armen, die vom König Ludwig J. Unterstützung erhiel⸗ 
en, empfohlen sind.) 
München, 29. März. Durch gemeinschaftliche Ent schließung 
des Justizministeriums und des Kriegminsteriums wurden die 
Landwehr⸗Bezirkskommandanten ermächtigt, zur Beeidigung der 
andwehrpflichtigen Mannschaft bei den Controlversammlungen in 
FFrmanglung von hiezu beorderten Auditoren und an deren Stelle 
inen Beamten des nächstgelegenen Stadt- oder Landgerichts im 
Rtequisitionswege beizuziehen, und die letzteren angewiesen, solch en 
Requisitionen Folge zu geben und die Beeidigung der landwehr⸗ 
oflichtigen Mannschaft unter Beachtung der hiefür bestimmten 
Förmlichkeiten vorzunehmen. 
München, 80. März. Sitzung der Kammer der Reichs- 
äthe. Der Präsident Frhr. v. Stauffenberg zeigt an, daß neuer⸗ 
»iugs 483 Adressen gegen und 372 für das Schulgesetz einge— 
aufen sind, daß ferner eine Eingabe an die Kammer gelangte 
jegen das neue Armengesetz und — gegen die Einführung von 
Toleranzhäusern. Der Präsident theilt ferner mit daß aus der Pfalz 
38 Telegramme eintrafen gegen Einführung des Malz auf— 
schlagsgesetzes. 
München. 31. März. Der König hat gestern Herrn 
Windfried Hörmann von Hörbach, Director der Kammer des 
Innern bei der Kreisregierung von Unterfranken und Aschaffen- 
zurg in Würzburg, zun Staatsminister des Innern 
rnannt. 
München, 31. März. Im neuesten Einlauf der Abgeord— 
tetenkammer befindet sich die Bitte von Hofbesitzern aus der Ge⸗ 
jend von Zweibrücken, „Beiziehung zu den Gemeindeumlagen betr.“, 
ingeeignet von dem Abg. Tafel; Bitte von Bauagssistenten in der 
Pfalz, „Erhöhung der Functionsbezüge betr.“, angeeignet vom 
ilö6g. Golsen; Vorstellung des Stadtraths von Landau, „die 
Bründuug eines dritten Gymnasiums in der Pfalz betr.,“ ange— 
eignet vom Abg. Louis. 
München, 1. April. In Traunstein und Umgegend sind 
veitere Unruhen nicht mehr vorgefallen. Leichte Unruhen in 
Altötting sind ebenfalls beschwichtigt. Die Untersuchung ist im 
vhang. Zur Vorsorge sind von Seite des Kriegsminisseriums 
am utliche Landwehr⸗ Bezirkscommandos ermächtigt, nöthigenfalls 
cus den zunächstliegenden Garnisonen militärische Hilfe zur Abhal 
ung der Controlversammlungen zu requiriren. 
München, 29. März. Ueber die Vorfälle in Traunstein 
ind hier folgende Nachrichten eingetroffen: Die heutige Control— 
»ersammlung der Landwehr wurde nicht nur in Folge Wieder— 
etzung der Betheiligten, sondern auch durch förmlichen Auf— 
tand und öffentliche Ruhestörung verhindert. Das Verlesen der 
lufruhracte wurde nicht beachtet, vielmehr ging eine ganze Men⸗ 
henmenge zur Verübung von Gevalt über. Sämmtliche Kanz⸗ 
eien des Rathhauses wurden demolirt, alle Fenster des ganzen 
Bebäudes eingeworfen, die Canzlei⸗Requisiten vernichtet, den er⸗ 
chienenen Gensdarmen die Gewehre abgenommen und letztere zum 
Fenster hinausgeworfen. Die hiedurch und durch sonstigen Tumult 
erjchreckten Einwohner schlossen die Verkaufsläden und die Haus— 
hüren.“ Von der schon in Folge ähnlicher Vorfüälle in Trostberg 
zurch Generalmarsch requirirten Bürgerwehr erschienen nur die 
Offiziere. Auf den Rath der Civilbehörde stellte der Landwehr⸗ 
Bezirkscommandant seine Thätigkeit ein. Menschenmassen durch— 
aehen schreiend die Straßen, alle rufen wie eingeschult: 
„Wir lassen uns nicht preußisch machen:“ Die Stimmung im 
Bebirge ist nicht bessr. In Folge dieser Nachrichten wurden von 
hier noch gestern (28.) zwei Compagnien vom Infanterie-Leibre⸗ 
ziment, in Stärke von 100 Mann, mittelst Extrazugs nach Traun⸗ 
tein abgesandt und eine gleiche Anzahl Beurlaubter der dortigen 
Zegend hierher einberufen. Es wurde ferner Regierungsrath 
Moser als Regierungs-Commissär nach Traunstein' gesendet, um 
ie nöthigen Anordnungen-zur Wiederstellung und Sicherung der 
Ordnung zur treffen und zugleich zur Ergründung der Ursachen 
dieser ‚Ruhestörungen die Untersuchung anzuordnen. Ich kann 
dem beifügen, daß von Seite des Staatsministeriums des Innern 
die energischsten Maßregeln angeordnet wurden. 
Augsburg, 28. März. Der hiesigen „Allg. Ztg.“ wird 
aus Wien geschrieben: Rom haäbe eine bestimmte und in allen 
Puncten ablehnende Antwort, auf die österreichischen Vorschläge, be—⸗ 
züglich einer Revision des Concordats, bereits nach Wien gelangen 
afsen. 
Dienstesnachrichten. 
Der geprüfte Rechtscandidat Herrmann Petri in Zweibrücken 
vurde zum functionirenden Staatsprocuratorsubstituten bei dem 
Zezirksgerichte Zweibrücken ernannt und der Bezirksgerichts-Assessor 
David Graf in Zweibrücken zum Landrichter in Rockenhausen 
efördert. 
Unier Bewilligung des Vorrückens des Studienlehrer August 
Nusch in Dürkheim in die II. Classe der dortigen Lateinschule 
ind des Studienlehrers Friedrich Beck in die B. Classe daselbst 
— wurde der Studienlehrer an der Lateinschule zu Germersheim 
August Suero, auf die Lehrstelle der J. Classe an der Lateinschule 
in Dürkheim versetzt. 
Berlin, 28. März. Der schon mehrerwähnte Vertrag, 
»en Kauf der hessischen Nordbahn durch die Actionäre der Ber⸗ 
gisch-Märkischen Nordbahn betreffend, welcher eine feste Rente von 
36/0 gewährt, unterliegt der allerhöchsten Genehmigung. 
Wien, 26. März. Der „demokratische Fortschrittsvercin, 
hat in Folge des Beschlusses, ein Denkmal für Robert Bl u'm 
Messenhauser, Becher und Jehlinek zu errichten, 
Nachforschungen über die Grabstätten der Genannten angeftellt. 
Die Todiengräber des Währinger Friedhofes sagten aus, im Oc— 
ober des Jahres 1848 seien gleich nach der Beendigung des 
Zampfes zwischen den Truppen des Fürsten Windischgrätz und den 
Wienern an jedem Tage 40—50 Leichen auf den Friedhof ge— 
zracht worden, welche daselbst in gemeinsamen Gräbern beerdigt 
vurden; eine Eintragung der Namen in das Friedhofsprototoll 
Jabe jedoch unterbleiden müssen. Die Leichen der kriegsgerichtlich 
heruriheilten und im November Erschossenen, seten von einem Stabs— 
rofoßen begleitet, aus dem Militärspital auf Flechtwägen des Fuhrwe⸗ 
encorps auf den Währinger Friedhof transportirt worden, Blum sei 
ieben Messenhauser begraben worden, aber ihre Namen und die Grab— 
rummer jeien auf höheren Befehl nicht in das Friedhofeprotololl