Full text: St. Ingberter Anzeiger

Pesth, 20. Aprit Hier finden fortdauerude Conferenzen 
unter dem Vorsitz des Kaisers in Betreff der Wehrfrage statt 
Ein einheitlichet Armeeorganismus ist gesichert, dagegen enthäh 
die Kndwehr einen nationalen Charakte. 
FIrankreich. 
Paris, 20. April. Det „Moniteur meldet, daß der 
Kaiser gestern Nachmittag die Preisgekrönten der gelehrten Gesell 
schaften der Departements, die hier ihren Congreß gehalten em 
pfangen und seine Zufriedenheit über die ersprießliche Thatigkeil 
der Wissenschaft in den Departements ausgesprochen habe. — 
Heute wurde der Gesetzgedende Körper wieder eroͤffnet. Unter 
Anderem wurde Herabsetzung der internen Telegraphengebühren 
beschlossen. 
. Paris, 20. April. Eiwas Reues zur Erklärung der fried⸗ 
lichen Stimmung des Kaisers. Man erzählt sich, dieser habe vor 
mehreren Wochen einen ihm sehr nahe stehenden General zu Stim 
mungsstudien nach Deutschland geschickt, und der Abgesandte habe 
nach seiner Rückkehr das Resultat in die Worte zusammengefaßt 
„Sire, bei dem ersten französischen Kanonenschuß gegen Deutjsch 
land würde die Einheit des Letzteren eine vollendete Thatsache 
sein!“ Das weiß man freilich schon längst; aber der unum; 
wimdene Ausspruch des Generals hat doch der Kriegspartei Schiwei 
gen auferlegt. 
— Heute Abend kehrt det kaiserliche Prinz von seinem Aus⸗ 
fluge nach Brest zurück. 
Paris, 21. April. Der , Constitutionnel“ dementirt die 
Zeitungsnachrichten, welchen zufolge eine franzbsischt Note nach 
Berlin abgegangen wäre und der danische Kriegsminister mit Hrn. 
v. Moustier Besprechungen gehabt hütie. — Der „Moniteur“ 
bringi die Liste, neuernanter Präfecten, auf der auhh der Nam 
von Paulin Limayrac (des bisherigen Chef⸗Redacteurs des Con 
stitntionel“) figuritt. 
ESEngland. 
London, 21. April. Vor sdem KCrimlnalgeticht begann 
gestern der Feuierproceß wegen der Erplosion in Clerkenwell; alle 
sechs Angeklagte plaidiren Nichtschuldig. — In Daublin hat der 
Aufenthalt des Prinzen von Wales fortwährend guten Erfolg 
die Rückreise ist auf Freitag angesetzt. 
Italie. 
Turin, 21. April. Der Kronprinz von Preußen, welcher 
gestern Nachmittags hier eintraf, besuchte sofott nach seiner Ankunft 
den König, welcher den Besuch unmittelbar erwiederte. Der Kron⸗ 
prinz bewohnt das Hotel Carignan 
— Prinz Rapoleon ist hier eingetroffen und ward don den 
Civil⸗ und Militärbehörden empfangen. 
Donaufürstenthüumer. 
Bukarest, 19. April. Auf Veranlassung des diierreichi⸗ 
schen Generalconsuls in Jassy sind die Consuln der fremden Mächte 
daselbst zusammengetreten, um auf Grund authentischen Nachrich 
len zu constatiren, daß in Bakeu Judenberfolgungen stattgefunden 
haben und daß die anderweitigen Meldungen der moldauischen 
Bebörden unrxichtig sind. 
Türkei. J 
Aus Konstantinopel vom 8. d. wird gemeldet, daß 
die dortige Polizei mehrere mit regelrechten freinden Passen ver— 
sehene Emissäre aufgegriffen habe, welche Bulgaren für die revolu— 
kionären Freicorps im Balkau anzuwerben und in ihre Heimath 
zu spediren suchten. — Der Sultan hat wiederum zwei Christen 
zu Mitaliedern des Staatsrathes ernannt. 
Rusiland. 1TF 
In Polen ist ein Ukas veröffentlicht worden, welcher befiehlt 
daß die Polizeibeamten von Jedermann gegreißt werden müssen 
und daß Jeder, welcher von vemselben angesprochen wird, bei 
Vermeidung von Gelde oder Gefangnißstrafen die Kopfbedeckung 
in der Hand zu halten verpflichtet sei. Zur Besiatigung dieser 
schier unglaublichen Nachricht wird der „Bresl. Zeitung“ don dei 
polnischen Grenze geschrieben: Ju Kuino wohnt der istaelitische 
höchst geachtete Kaufinann He: in dessen Laden kommt der dori. 
tige Bürgermeister, ein ehemaliger Viilitär. Zu derselben Zeit 
lommen die beiden 13 und 15 Jahre alten Söhne des H. aus 
der Schule, treten in den Laden, um durchzugehen, und grüßen 
iadem sie die Mütze lüpfen, den gestrengen Hetrn Bürgermeister 
Da dieselben aber nicht mit der Mütze in der Hand durch der 
Laden gingen, ließ der Bürgermeister die beiden Knaben verhaf⸗ 
ten. Der Vater derselben war verreis't und kam erst Rachmittag's 
nach Hause, that indeß vorläufig noch nichts zur Entlassung seiner 
Kinder, weil er nicht annehmen lonnte, daß man Kinder in dem 
oben angegebenen Alter ernstlich bestrafen würde. Als es aber 
Abends 8 Uhr wurde, ging er zu dem Bürgermeister und bat 
um die Entlassung seiner Kinder: derselbe schlug indeßk die Bine 
ab. In seiner Herzenzang wandte, sich H. schriftlich an den 
Hriegs⸗Kreischef mit dem Bemerken, daß er sich im Falle er nicht 
Recht erhalte, hoheren Orts beschweren müsse. Darauf erhielt 5. 
dom Kriegs⸗Kreischef folgendes Decret: „Daß Du Deine Kinder 
chlecht erziehst, ist nicht deren, sondern Deine Schuld; vie Kinder 
sollen demnach nur 3 Tage, Du H. aber 8 Tage Gefängniß er— 
jalten, nachher steht es Dir frei, Dich hoͤheren Orts zu beschwe⸗ 
ren.“ Dieses Decret wurde wörtlich ausgeführt. So geschehen 
zu stutno in Polen im 19. Jahrhundert. 
Amerkaaa. J 
New⸗York, 7. April. Die Scene, welche sich jetzt von 
Tag zu Tag in Wahhington entwickelt, ist folgende. Um 11 ver⸗ 
ammelt sich der Senat und beschäftigt sich mit irgend einem tet 
kenen Gegenstande, welcher die Anwesenheit eines Auditoriums von 
Damen in der glänzendsten Toilette keineswegs rechtfertigt. Aud 
herrscht unter den zarten Hoͤreriunen eine Bewegung, welche deut⸗ 
lich genug ihre Ungeduld und ihr Vestreben, auf die dem schönen 
Geschlechte eigenthümliche Art und Weise fich die Langweile zu 
vertreiben, verraͤth. Schlag 1 Ubhr erklärt der Senat sich bereit, 
den Proceß Andrew Johnsons vorzunehmen und jetzt ändert sich 
das Bild. Herr Chase erscheint in seiner oberrichlerlichen Kobe 
und ruft das Tribunal zur Ordnung. Die Leiter der Anklagt 
nehmen die ihnen bestimmten Sitze ein. Durch die weit gebffneten 
Thüren treten die Mitglieder des Repräsentantenhauses zu Zweien 
Arm in Arm, in den Saal, es füllt sich die Diplomatenloge, die 
noch ledigen Plähße im Zuschauerraume werden besetzt und die 
VBerhandlungen beginnen. — Geheimnißbolle Verschwindungen find 
in New-PYort gegenwärtig an der Tagetordnung. Seit den legt s 
dier Monaten sind nicht weniger als 239 Versch windungsfälle zur 
denntniß der Polizei gelangt, die in neuerer Zeit für viese Mel⸗ 
duugen ein besond res Burean errichtet hat. Umer den Verschwun⸗ 
derien befanden sich 80 erwachsene maͤnnliche, 35 weibliche Perfonen, 
833 Anaben und 32 Madchen. Die verschwundenen Männer und 
Frauen sind meistens noch sehr junge Leute, erstere in der Regel 
Veschäftsleute. Die abhanden gekommenen Knaben befanden sih 
iun Alter zwischen 14 und 19, die Mädchen im Alter zwischen 14 
und 18 Jahren. Viele der Letzteren sind zu ihren Angehörigen 
wieder zurückgekehrt. Man fand sie meistens als Insassen von 
öffeutlichen und anderen berüchtigten Häusern New NYorts und 
der Umgegend wieder, wohin sie in der Regel von lüderlichen 
Weibspersonen gelockt worden waren. — 
New-York, 8. April. General Grand hat den Ve— 
zirls-Commandeuren strengen Befehl gegeben, die unter dem Na— 
men Kuklur⸗Klan bekannte geheime Gesellschaft aufzulösen. Es 
ist dies ein Verein früherer Rebellensoldaten, die, man darf sagen, 
ju Räuberbanden organisirt, in den Südstaaten mordend und 
hlündernd ihr Unwesen treiben und belonders Georgien heimge⸗ 
sucht haben. 
New-York, 8. April. Im Senat wurde eine Bill ein⸗ 
gebracht, welche die Aufrechthaltung der Freed man s bu⸗ 
reaux bezweckt. Eine andere Bill verlangt, daß Niemand 
ein zweites Mal Präsident der Vereinigten Staaten 
werden dürffte. 
— Die in Panama ansaässigen Bürger der Vereinigten 
Staaten haben ihre Regierung in Washington um Schuß gegen 
die seit Jahren verübten Ungerechtigkeiten gegen Ausgländer gebe⸗ 
len. Wenn eiun Staatsangehoöriger in Panama sich“ ein Verbro⸗ 
hen gegen einen Fremden zu Schulden kommen lasse, se erfolge 
nie eine Bestrafung, es sei denn, daß der Thäter der untersten 
Nlafse der Bevöllerung angehöre. Die Bittsteller fügen hinzu 
daß sie genöthigt sein würden, Repressalien zu ergteifen, wenn 
ihnen nicht stärkerer Schutz gewährleistet werde. 
Wahhington, 20. April. Das Repräsentantenhaus hat 
fast einstimmig die Banks'sche Naturalisationsbill angenommen, wo⸗ 
nach die Naturalisirten im Auslande das Recht der eingeborenen 
Amerilauer haben sollen und der Präsident berechtigt sein soll, 
jalls eine fremde Regierung einen in Amerika Naturalifirten un— 
ser dem Vorgeben verhaften läßt, daß die Naturalisation den Un— 
terthaneneid nicht auflöse, einen im Unionsgebiet sich aufhalten⸗ 
en Unterthanen der betreffenden fremden Regierung ebenfalls ver⸗ 
aniten zu losien 
Vermischtes. 
F Mil der am 4.—7. Juni in Kassetl tagenden allgeineinen 
heutschen Lehrerversammlung wird eine Ausstellung don Lehrmit⸗ 
eln, Instrumenten, Geräthschaften . verbunden. Die Eiusen⸗ 
zung derselben wird unter Adresse der J. C. Ktrieger'schen Buch⸗ 
jandlung in Kassel erbeten. 
Mannheim, 17. April. In einer hiesigen Fabtik 
wurde heute durch die Maschine einem Auffeher beide Arme 
1bgerissen. * 
fFWorms, 16. Apꝛil. Das von dem Ausschuß des Lu⸗ 
tber⸗Denkmal⸗Vereins festgestellte und von dem qrößeren Comite