Full text: St. Ingberter Anzeiger

Die Verwandten des rathselhaft Verschwunden en findin der pein⸗ 
sichsten Lage und haben eine Belohnung von 1000 fli auf die 
Auffindung resp. der Leiche gesetzt. 
7 Bingen. Am Samstag wurde dahier die Leiche eines 
Bichhändlers aus Kaiserslautern gelandet und am Sonntag eine 
indere, in welcher man schon den in Mainz verschwundenen 
Banquier Mayher, auf dessen Auffindung eine Belohnung von 1000 
J. gesett ist, zu haben glaubte. Die Matrofen des Hollander 
Bootes, welche die Leiche ans Land gebracht und die 1000 fl. 
chon in der Tasche wähnten, waren höchlichst überrascht, als sie e— 
ahren mußten, daß sie eine ganz andere, schon lange Zeit im 
Wasser gelegene Leiche geländet hatten. — 
F Der Hauptgewinn der Franktfurter Lotterie von 100,000 
/L. ist nach Berlin gekommen, Das Loos ist in vier Viertel 
aingetheilt, von denen Va von drei unbemittelten Dienstmädchen, 
ein anderes Viertel von einem momentan außer Stellung sich be⸗ 
findlichen Schlosser in Gemeinschaft mit einem Schneider ge⸗ 
pielt wird. 
. Die Schullehrer⸗Conduiten⸗Listen in Nafssau en thalten sub 
rubro II L.: Korperbeschaffenheit, Gesundheit. Die Re gierung hat 
jur Erläuterung hinzugefügt: Ad II. 1ist auf Größe und Kor— 
berbau, gesunde Respirationsorgane, kräftige Siimme und außeren 
Anstand besonders Rücksicht zu nehmen. In Folge dessen hat, wie 
die „Mittelrh. Ztg.“ erzählt, der Pfarrer von Florsheim sämmt⸗ 
iche Kirchspiels-Lehrer zu sich beschieden und Einem nach dem 
Anderen mittelst Stellung an die Wand und oberhalb der der— 
chiedenfarbigen Schädel angebrachter Kreidestriche das Maß ge⸗ 
nommen. Die Ausmessung des wichtigsten Körpertheils — des 
Magens — sei für für die Conduitenlifie nicht vorgeschrieben, be⸗ 
nertt das genannte Blatt. Der Kladderadaisch enthalt bereits 
de Illustration zu dieser körperlichen Schullehrer⸗Qualification. 
t Die kurhesfischen Kassenscheine werden vom 1. Jan. 1869 
nicht mehr an öffeutlichen Kassen an Zahlung angenommen. 
7 Wien, 23. April. (Zum Proceß Ebergenyi. — Zwei— 
ser Verhandlungstag.) Julie v. Ebergenyi ist heute ruhiger und 
Jefaßter, sieht aber verweint aus. Im Laufe des Vormittags 
verden fünf Zeugen vernommen. Frau Thurneisen, eine Freun⸗ 
zin der Angeklagten, will durch Julie v. Ebergenyi deren bevor⸗ 
tehende Verlobung erfahren haben. Sehr wichtig ist die Aus— 
age der Elise Malanotti, einer Freundin der ermordeten Gräfin. 
Griechenland. Malanotti sagt nämlich aus, daß sich die Gräfin durch ihren Gat⸗ 
Athen, 18. April. Die letzte Ladung des Schnell- en oft gekränkt, mißhandelt und bedroht fühlte; der Graf habe 
ampfers „Creta“, welcher den aufständishen Candioten Waffen, ie sogar geradezu aufgefordert, sich das Leben zu nehmen. Die 
Munition u. s. w. zuführte, wurde größte itheils von den Türken Vorfälle der letzten Zeit sind der Zeugin nicht bekannt. Ague 
veggenommen. — ee eben n one des Graten —, Valer, erllärte 
eñ ü sie habe einer gewissen Marie Berger, recto Ebergenhi. einen 
—— eee its hat eine Reis xkimpfehlungsbrief an die Graäfin Chorinskh nach München XE 
Butkarest. 25. April. Der Ministet Restits hat eine Reise zeben. Die Modistin Marie Ernft sagt, daß fie der Angeklagien 
iat Berlin, Paris. Londoni, St. Petersburg und Florenz ange- September ein Brautkleid geliefert, und das besiellte Rattengift 
reten. um die Modification der alten Capitulationen in einer et der Adresse Ebergenyi übernommen habe. Sehr bestimmi 
er fortgeschtittenen Entwicelung Serbiens entsprechenden Weise aulen die Aussagen des Zeugen Rampacher, ein chemaligen 
an den dortigen Hoͤfen zu betreiben. De. Officiers und Vertrauten des Grafen Gustav Chorinsth. Er 
—W Amerika. epre vermittelte die Absendung der Schachtel mit candirten Früchten an 
New-York, 185. April. (Per Dampfer.) Es heißt, der die Ermordete, und der Vriefe Juiie v. Ebergenhi's aus Munchen 
driegsminister Stanton beabsichtige seinen Rücktritt. inn den jungen Grafen Chorinsky in Wien. Zeuͤge kennt die An⸗ 
In Panama hat sich am 3. März der äußerst seltene Fall zeklagte als eine Cousine Ehorinsky's, wurde von Beiden um Er⸗ 
reignet, daß nämlich der Präsident der Republik, Genetal Olarte, undigung, nach München gesandt, ob die Gräfin todt sei, erfuhr 
ines naiürlichen Todes gestorben ist. In Südamerika pflegen daselbst den Tod der Gräfin, und erstattete nach seiner Rückkehr 
rämlich die Präsidentenschaften nur durch Mor d oder Abssse tze! nach Wien über die ganze Sache dem Polizeidirector Strohbach 
un g zu enden. 5 Anzeige. Photograph Angerer sagt aus, er habe der Angeklagten 
— im vorrigen Jahre Chemikalien (Cyankali, Silber, Chlorgold) ge- 
iefert, und anerkennt das vorgefundene Fläschchen als das seinige. 
Das Dienstmädchen der Julie v. Ebergenyi fagt. aus, es habe 
on dieser nach deren Nückkehr aus München eine Theemaschine 
um Reinigen und Verbergen erhalten, welche es nach dem Be⸗ 
'anntwerden des Mordes dem Gerichte auslieferte. Der Studirende 
lbert Mikulich, durch welchen die ermordete Gräfin Chorinsky 
Nutter wurde, sagt aus: Das Verhältniß zwischen dem Grafen 
Fhorinsky und seiner Gemahlin war ein sehr getrübtes, die Grä⸗ 
in sprach oft von Bedrohungen durch ihren Galten und befürchtete 
Sewal tthätigkeiten. Der Graf insinuirte ihr wiederholt, daß sie 
ich das Leben nehmen solle. Der Zwist zwischen den Gaiten ent- 
tand darüber, daß der Graf verlangte, die Gräfin solle ihre Reize 
erwerthen. (Große Sensation.) Die Gräsin war sehr vorsichtig 
»ei Annahme von Geschenken aus fremder Hand, weil sie Befürch⸗ 
ungen hegte. Ihr letzter Vrief an ihn, den Zeugen aus Reichen⸗ 
zall vom 19. November enthielt keine Besorgnisse, keine Verzagt⸗ 
jeit und keinen Lebensüberdruß. Der Zeuge anerkennt den dor⸗ 
zewiesenen Theekessel. den Schmud und die Ringe als Eigenthum 
»er Gräfin.“ Alle diese Gegenstände sind im Besitze der Ebergenyi 
zefunden worden. Die Angeklagte bleibt den vorgehaltenen Be⸗ 
oeisstücken gegenüber kalt und regungslos, sie sagt. sie bahbe 
Diner im Schloß wobei der deutsche Gast zur Seite der Königin 
von Portiugal saß. — 5 
— Gestern soll sich beim Präfecten von Caserta der b rüch⸗ 
igte Räuberhauptmann Calamati mit zwei Leuten, den letzten 
Rest seiner Bande, freiwillig gestellt haben. 
Florenz 283. April. Der Kronprinz von Preußen ist in 
Turin fortwährend Gegenstand herzlicher Kundgebungen des Vol⸗ 
les. Der König hat ihn zum Großkreuz des Militär- 
ordens von Savoyen ernannt. Am Montag geht er nach 
Florenz. 
Florenz, 25. April. Aus Anlaß der Turiner Hoch ⸗ 
eit ist eine Amme st ise für Preßvergehen und Desertionen er⸗ 
assen worden. 
Die „Italie“ erzählt in ihrer Florentiner Chronik eine wun⸗ 
derliche Geschichte von der Verhaftung einer Dame dänischen Ur⸗ 
prungs, welche. vor etwa einem Jahre von den Jesuiten in 
Muünster bekehrt, beauftragt worden sei, sich mit Mazzim in Lou- 
von in nähere Verbindung zu setzen und mit diesem ein Bundniß 
wischen der Jesuitenpartei und den Radicalen zu vereinbaren. 
Infolge dessen sei sie nun mit Briefen Mazzini's nach Italien ge⸗ 
lommen welche, den Namen Roma terza führe und das Ziel habe, 
zie Monarchie zu zerstören, die Brüderschafi der Völker und die 
allgemeine Republik einzuführen. Sie habe auh in Florenz etwa 
10 junge Leute augeworben. Zugleich mit dieser Dame jei ein 
gewisser, schon früher als Verschwsrer bekannter Allessandro M. 
aus Turin verhaftet worden, und man habe bei Beiden wich⸗ 
ige Papiere gefunden. Was an der Geschichte Wahres ist, lassen 
wir dahingestellt. 
Floren;z, 25. April. Der König von Preußen hat dem 
Zönig Vietor Emanuel telegraphisch für die Aufnahme gedankt, 
velche der strouprinz von Preußen bei seiner Reise in Italien 
gefunden hat. 
Eypanien. 
Madrxid 24. April. Das in Folge des Todes von Nar⸗ 
ocez umgebildete Cabinet ist nunmehr folgendermaßen zusammen 
Jesetzt: Gonzalej Bravo-Morillo, der bisherige Minister des In—⸗ 
nern, Präsidium und Inneres; Roncali Jufiiz, interimistisch Aeu— 
zwres; Mohlde Krieg; Belda Marine; Probio Finanzen; Ca⸗ 
alina öffentliche Arbeiten; Mafori Colonieen. Es herrscht all⸗ 
geuneine Ruhe. 
Fermischtebo. 
München. Dem Wunsche der Verwandten Gustav Gra⸗ 
en v. Chorinsli's Rechnung tragend, hat das Münchener Unter⸗ 
uchungs⸗Gericht dessen Geisteszustand untersuchen lassen und von 
drof. Dr. Martin den Bescheid erhalten, daß der Oberlieutenant 
nustav Graf Chrinsti vollkommen zurechnungsfähig ist. 
Der Banquier Maier in Mainz, ein Mann von 48 Jah⸗ 
en, Schwager des Pränidenten der Handelskammer der Pfalz, 
HReren Vevi in Landan, wird seit Ostersonntag vermißt, ohne daß 
»bis jetzt gelungen ist die geringste Spur von ihm aufzufinden. 
Derselhe war gewohnt, jeden Abend in ein Kaffeehaus in Mainz 
— V 
Am erwähnten Abend hatte er sich ebenfalls dahin begeben, und 
erließ dasselbe mit einem Freunde, der ihm unterwegs jagte, 
r werde am Dienstag wegen Abschließung eines Geschäftes zu 
umn auf sein Comptoir kommen. Der Freund verlicß ihn unter— 
vegs an einem Platze, von dem aus Maier noch vier Häuser 
utlaug zu gehen gehabt hätte. Um dreiviertel auf zehn Uhr ließ 
ie Frau des Vermißten im erwähnten Kaffeehaufe nach ihrem 
NRanne fragen, und dort wurde ihr bedeutet, daß er vor dreidier 
el Stunden das Haus vertassen habe. — Seitdem keine Spur.