Full text: St. Ingberter Anzeiger

richtsrathes Giuliani das Protokoll, in welchem sie auf die Be— 
rufung ihrerseits verzichtet, unterfertigt. Von den gewaltigen 
Aufreguungen während der Schlußverhandlung scheint sie sich sehr 
rasch zu erholen. Ihr Benehmen ist ein ruhiges, fast heiteres.“ 
Daß ihr Vertheidiger Dr. Neuda, im Namen des Vaiers der 
Verurtheilten die Berufung ergriffen, wurde bereits gemeldet. Die 
Pr. erzählt: im Laufe einer Unterredung, welche Julie v. Eber⸗ 
genyi gestern mit ihrem Vertheidiger halte, und in der sie ihm zum 
wiederholten Male mit den überschwenglichsten Worten ihren Dank 
ausdrückte, überreichte sie demselben eine schon vorher geschriebene An⸗ 
weisung an ihre Familie auf Bezahlung von 1500 fl. aus ihrem 
Privatvermögen. Dr. Neuda wies diese Anweisung mit aller 
Entschiedenheit zurück und achtete nicht darauf, daß seiue Klientin 
durch diesen Refus ziemlich indignixt schien; characteristisch für 
die Verurtheilte mag es erscheinen, daß dieselbe durch den Verlust 
des Adels am Schwersten getroffen zu sein scheint, und daß sie 
ich angelegentlichst bei ihrem Vertheidiger erkundigte, ob auch dem 
Grafen Chorinsky der Adelsverlust drohe. Nicht minder charac⸗ 
teristisch ist es wohl, daß sie heute um die Erlaubniß bat, den 
Bericht über die am Samstage beendete Schlußverhandlung in 
einem hiesigen Journal lesen zu dürfen, und sollte dieser Vericht 
auch noch so scharf gegen sie zugespitzt sein.Johanna Zechmeister 
welche bekanntlich eine geheime Correspondenz mit der verhafteten 
Julie v. Ebergenyi zu vermitteln versucht hatte, ist wegen dieser 
Uebertretung letztinstanzlich zu einem Monat Gefängniß verurtheilt 
worden. Gegen Agathe v. Ebergenyi, die Schwester der Verur⸗ 
theilten, schwebt noch der Prozeß wegen ähnlicher Uebertretung. 
Der Zufall spielt oft seltsam mit. An demselben Tage, an 
welchem das Urtheil gegen die Mörderin der Gräfin Chorinsky 
gefällt ward, fand in München die Licitation der Effecten der 
Vergifteten statt. Münchener Journale bringen folgende Kund⸗ 
machung: „Am Samstag, den 25. ds, Mts.. Vormittags 9 Uhr 
werden im Conservatorium des k. Stadtgerichts München l. J. 
aus der Verlasseuschaft der Gräfin Mathilde Chorinstky-Ledske 
derschiedene DamenGarderobe-Gegenstände bestehend in Kleidern, 
Wäsche, Krägen, Jacken, Hüten, Nähzeugen, einer Reise-Uhr u. 
ogl. gegen sofortige Baarzahlung öffentlich versteigert.“ 
(Gulie Ebergenyi und ihre That schon in der Bibel ange— 
deutet.) Im Lobliede der Debora (Buch der Richter V, 24) ist 
Folgendes über die Mörderin des Sesira zu lesen: Gisegnet sei 
unter den Weibern Jael, die Frau v. Eber-Kéni ., Milch gab 
sie (um ihn einzuschtäfern), da er Wasser forderte und, Rahm 
brachte sie dar in einer herrlichenSchale. (Hier wurde das 
Mannöver durch Thee ꝛc. bewerkstelligt.) Sie griff mit ihrer Hand 
den Nagel, und mit ihrer Rechten den Schmiedehammer und schlug 
Sesira durch sein Haupt und zerquetschte und durchbohrte seine 
Schläfe. Zu ihren Füßen krümmt er sich, fällt, hingestreckt, und 
krümmt und fällt, und krümmt nochmals sich — und stürzt nun 
hin entseelt. (Ganz die Schilderung vom heftigen Röcheln der vergif⸗ 
teten Gräsin Chorinsky.) Hierauf folgt eine lebhafte Schilderung der 
ungeduldigenErwartung der Multer Sesira's, die um die glückliche 
RKückkunft ihres Sohnes wegen seines Zögerns sehr besorgt ist, 
welche ganz der Ungeduld entspricht, die den „guten Gustav“ vor 
der Rückkunft seines „Abgotts“ aus München gequält haben mag. 
Großes Aufsehen erregte in Wien die dieser Tage erfolgte 
Verhaftung des dem Bezirksgerichte in dem benachbarten Baden 
zugetheilten Polizei-Commissürs Lichtenecker in Folge einer Aus— 
sage der gefangenen Mörderin Nagel, die ihn als Mitschuldigen 
beim Morde der Doktorsgattin Treu bezeichnete. Die Nagel gab 
an, Lichtenecker habe ihr geholfen, die Leiche im Keller zu ver⸗ 
scharren, und als bei einer Confrontation Lichtenecker jede Mit— 
ichuld in Abrede stellte, rief die Mörderin wuihentbrannt: Luge 
nicht, Du hast auch den Ober⸗Lieutenant Kaiser vor zwei Jahren 
in Baden umgebracht, Du hast es mir einst selbst gestanden. 
Der genannte Ober⸗-Lieutenant wurde vor zwei Jahren in Baden 
wo er militärischer Inspector des Badehauses wor, mit durchschnit⸗ 
tenem Halse ermordet aufgefunden. Tiefes Geheimniß lagerte 
damals über den Thäter und es wäre ein frappirendes Spiel des 
Zufalls, wenn jetzt zwei gleich verabscheuungswürdige Mordthaten 
in derselben Stadt zu gleicher Zeit ihre Enthüllung finden wür— 
den. Als damals der Oderlieutenant ermordet gefunden wurde, 
wurden zwei Soldaten als verdächtig eingezgen, sie starben Beide 
während der Untersuchung und noch auf dem Todtenbette wieder⸗ 
holten sie die Betheuerungen ihrer Unschuld. Wir bemerken 
noch, daß der Polizei-Com nissar Lichtenecker derselbe war, welchrr 
vor wenijen Tagen die Verzaftung der Moͤrderin Nagel vorzu⸗ 
uehmen hatte. 
7 Züuürich, 1. Mai. Das große Glarner Dorf Bilten ist 
jeit gestern von einem bedeutenden Bergsturz bedroht. Viele Fa 
milien flüchteten sich. Hilfe unmöglich. 
F Aus Pori Louis, den 18. März, wird der Köln. Zig 
zeschrieben: Unsere schöne Insel Mauritius, die alte Isle de 
France, jedem unvergeßlich, der Bernardin de Saint Pierre's 
Paul und Virginie gelesen hat, wurde am 11 und 12.März 
d. Ju von einem Orkane heimgesucht, der unglaubliche Verwüst⸗ 
angen angerichtet und die blüyende Kolonie fast ruinirt hat. Der 
überaus schöne und sonst so sichere Hafen von Port Louis konnte 
)ie Schiffe nicht gegen den gewaltigen Orkan schützen und der 
dier entstandene Schaden beträgt Millionen. Der Postdampfer 
Rauritius ist ans Land getrieben und gestrandet; ein gleiches 
—chicksal hatten 20 Segelschiffe. Aber nicht nur den Hafen, mit 
zleicher Wuth und Zerstörung hat der Orkan auch die Insel 
jeimgesucht. Der Verlust von Eigenthum und Leben kann noch 
nicht, auch nur annähernd, geschätzt werden. Am 12. März, Mor⸗ 
Jjens 8 Uhr, erreichte der Sturm, dessen Richtung südöstlich war, 
seine höchste Kraft. Das Barometer fiel auf 28,80, und wäh⸗ 
cend alle Schiffe im Hafen, es waren etwa 785, von ihren Ankern 
zerissen und wie Nußschalen ans Land oder gegen einander ge⸗ 
chleudert wurden, riß der Sturm die auf der Plaine Verte neu 
eibaute Marienkirche aus ihren Grundfesten und verwandelte in 
venigen Minuten das schone Gebäude in eine Ruine. Die aus 
tarlen Steinquardern erbaute Paulskirche liegl in Trümmern, das 
Dach ist fortgerissen und die der Gewalt des Windes ausgesetzten 
Wände sind eingestürzt, drei Menschen unter sich begrabend. Die 
Heterslirche ist des Daches beraubt, alle Fenster der Ostseite, die 
danzel, Kirchstühle und Bänke sind zertrümmert.“ Die Kirche 
St. Sauveur ist ganz eingestürzt, Thüren und Fenster der Black⸗ 
Kiver⸗Kapelle in Trümmern, das Dach ist fotgeschleudert und die 
Wände zeigen große Risse! Welche schreckliche Kraft des Windes 
die solche Verwünstuugen anrichtet! Denn es ist micht ein Erd- 
deben, das diese stolzen Gebäude so verwünstet hat, es ist einer 
ener Wirbelwinde, wie sie nur in den Tropen vorkommen und 
deren zerstörender Kraft man sich in gemäßigten Zonen keine Vor⸗ 
tellung machen kann. Vermochten nun schon die Kirchen dem 
Winde nicht zu wiederstehen, so konnten dies noch weniger die 
»em Klima entsprechend leicht gebauten Häuser. Die meisten, 
heils fürstlichen Landhäuser der Europäer und reicher Creolen, 
ind zerstört und die aus Palmen, Vacoablättern und Bambus 
erbauten leichten Hüttten der Farbigen sind wie Strohhalme fort⸗ 
Jeweht. Wie viele Menschenleben sind da verloren gegangen! 
stoch weiß man es nicht, denn die Verbindung zwischen unserer 
dafenstadt Pot Louis und dem Innern ist noch nicht genügend 
vieder hergestellt, um genaue Berichte aus den verschiedenen Di— 
tricten zu erhalten. Die meisten Cisenbahn⸗-Stationen sind zer⸗ 
tört. 5djährige kräftige Tamarindenbäumt sind entwurzelt und 
'ortgeschleudert. Die meisten Zuckerpflanzen sind zerstört und 
der bereits in Magazinen aufgehäufte fertige Zucker ist im 
segen geschmolzen. Die sonst so üppige, reiche Ernte ver— 
prechenden Zuckerrohrfelder liegen verwuüstet, und somit sieht 
diese seit einem Jahre schon so schwer vom Fieber heimge- 
uchte Colonie einer günzlichen Mißernte, vielleicht ihtemstuine nigegen. 
München, 1. Mai. Bei der J. Prämienziehung des 
zayerischen Prämienanlehens von 1866 gewann 70,000 fl. die 
Obligation Nr. 157,100, 28,000 fl. die Obligation Nr. 88,506 
10,500 fl. die Obtigation Nr. 124,539, 2800 fl. die Obligation 
Nr. 32,889, 1400 fl. die Obligationen 56.005, 49858, 
56,014, 69, 361. 
Bei der heute stattgefundenen II. Prämienziehung des k. b. 
Brämienanlehens vom Jahre 1866 fielen auf folgende Obliga⸗ 
ionen Gewinne von je 350 fl.: 2957, 131,557, 126,817 
35, 260, 56,334, 904,332, 126,819, 45,846, 19,343, 44, 339, 
3123538, 44,307,56,021, 44,347, 118761, 67,993, 126,848, 
31,635, 63, 386, 39,628, 75,574, 63, 124, 75,585, 150,968, 
2,787, 88,520, 56,303, 63,361, 56,326, 58,635, 124,527, 
33,359. Alle übrigen nicht genannten 2010 Obligationsnum— 
mern der am 1. Märzel, Is. gezogenen Serien weeden mit 175 fl. 
urücbbezahlt. 
—Frankfurt 209. Ayril. Bei der heute fortgesetzten Zieh— 
ing 6. Classe 153er Frankfurter Stadtlotterie fielen auͤf folgende 
ummern nachstehende Gewinne Nr. 5530 50,000 fl. Nr. 18,826 
2,000 fl. 19,788, 3526 und 3387 jede 1000 il. Nr. 2208, 
322,140, 7088, 14,616, 5410, 8176 und 16,076 jede 300 fl. 
Frankfurt 30. April. Bei der heute fortgesetzten Zieh— 
ing 6. Classe 153er Frankfurter Stadtlotterie sielen auf folgende 
Zummern nachstehende Gewinne Nr. 20,167 10,000 fl. und 
00,000 Pramie, Nr. 16,296, 2718, 11,149, 5248, 3692. 
821, 15,590 und 21,110 jede 1000 fl. Ne. 24396, 18514, 
648, 20,255, 18,400, 20.922, 18.955. 25,523, 1755 und 
1533 jede 300 fl. 
Frankfurt 1. Mai. Vei der heute beendigten Ziehung 
ielen auf folgende Nummern nachstehende Gewinne: Nr. 53693 
3000 fl. Nr. 16,470 2000 fl. Ne. 5008 1000 fl. Nr. 16,077 
300 fl. Nr. 17,3528 8350 fl. Nr. 4566 und 3611 jede 300 fl. 
F Wien 1. Mai. Bei heutiger Ziehung der 1860er Löos