Full text: St. Ingberter Anzeiger

knthusiasmus, allein auszuführen ist, auch nicht Mit Aeden, Adrese 
und Resolutionen (Zustimmung); dasß wissen wir, die wi git 
i0 Jahren so viele Reden gehalten und Resoluͤtionen gefaßt! ha⸗ 
hben, aim besten. Der deutsche Staat, der ein Vedürfniß der· Ra⸗ 
fion ist, der Körper, den die Nation finden muß, dann nur ge⸗ 
chaffen werden durch anhaltende, gedutdige und foͤrtdauernde Ar⸗ 
Feit der deutschen Männer. Die Einleitung dazu wird getroffen 
zuch durch das Zollparlament. Wenn es sich hier auch vorläusig 
zur um materielle Interessen handelt, die maleriellen Interessen 
ind von den politischen und geistigen Interessen ebensowenig zu 
rennen, als das Einkommen einer Familie von der Erziehung 
der Kinder und der geistigen Bildung. Geifalh. Die Einheit 
c materieslen Interessen fordert Schritt für Schrilt auch⸗ die 
Finheit der politischen Interessen. IVoe allen Dingen ist erst eine 
ebereinstimmung in der Gesinnung und in den Interessen des 
Rordens und Südens nöthig; sonft helfen auch die politischen 
Hande nicht. — Wenn zwei Männer, brav, ruhig, geistig begabt 
und gut, einander feindlich gegenüberstehen, so ist das beste Mittel 
zur Versöhnung, daß man sie miteinander bekannt macht, daß man 
hnen Gelegenheit zu gegenseitiger Besprechung gibt. Ich bin der 
Ansicht, daß der größie Theil unserer Nation so gut und edel ist, 
zaß nichts weiter nöthig isi, um fie einander näher zu führen, als 
zaß sie sich gegenseitig kennen lernen; und jegliche Institution— 
die uns dazu führt. einen Schritt näher zu ireten, ist ein Schritt 
zur Einheit. Im Parlamente fitzt ein Mann (Abg. Moritz Mohl), 
zer habe sich verschworen gehabi, daß man ihn lebendig nicht ins 
Zollparlament bringen werde. — heute habe er für die Aufrecht- 
chaitung einer bayerischen Wahl gesprochen. Um den Einheits— 
taat zu bilden, halte er den Untergang der Einzelstaaten nicht 
ur nothwendig, nur müßten diese mit Verstand sich in die Ge⸗ 
ammtheit einzufügen verstehen. Dann werde ein Freiheitsstaat 
entstehen, der auf seine eigene Macht fußend, sich selbst bestimme 
— Herr Cramer beklagt den Zwiespalt, der zwischen dem Nor⸗ 
zen und Süden Deutschlands bestehe. So viel sei aber sicher, daß 
zuch im Süden ein großer Theil Deutscher wohne, der gleichen 
Siunes mit der lieberalen Partei hier wäre. Die Hauptschuld 
mn der Spaltung trage eine gewisse Klasse von Staatsdiener, die 
n vielen Bezirken noch eine sehr große Macht entfalte, und nicht 
zlos die Gewissen gefangen halte, sondern auch die Menschen zu 
nechten mache. Dies sei eine Folge der theilweise man gelhaf⸗ 
en vildung des Volkes. „Die Masse hat nicht die Gelegeuheit 
gehabt, sich umzuschauen im deutschen Volke, und sie wollen es 
auch nicht, weil es ihnen leidlich geht. Das ist die Schattenseite 
zes Stuͤdleins Freiheit. Aber es gibt auch Bezirke, wo ein ganz 
Inderes Wahlresultat erzielt worden wäre, wenn in Preufßen! 
anches anders wäre. Cebhafte Zustimmung.) Leider 
aren wir nicht im Stande zu sagen: Dort ist nicht blos Ein⸗ 
jeit, sondern auch die Grundlage eines freien Staatslebens, das 
er Ration würdig ist. Geifall.) Es hat uns manchmal das 
derz zusammengeschnürt, daß wir dies nicht sagen konnten. — 
So viel aber konnen wir wohl sagen, daß jetzt der Boden ge⸗ 
shaffen ist, auf dem wir in stiller und ruhtger Arbeit fortarbeiten 
Hanen. Wir werden uns nicht damit abspeisen lassen, daß man 
sagt, wir dürften nur über Tabak, Reis und Lumpen reden. 
Dafür haben wir nicht gekaämpft und geblutet, um ein so kläg⸗ 
siches Resultat zu erreichen. Allerdings müssen wir uns des Ge⸗ 
antens entjchlagen, den man früher gehegt: daß man blos zu— 
jammenzukommen / brauche und dann gleich der ganze Staat fertig 
ei. Austausch der Meinungen und gewissenhafte Arbeit wird 
imns zum Jiele führen. Lassen Sie die anderen Herren ihre Wege 
gehen, die nicht mithelfen wollen. Es thut allerdings weh, wenn 
Nan sieht, daß die Meinungen so verwirrt sind, daß freiheitlie⸗ 
hende und ehrenhafte Männer, die Jahre lang angekämpft haben 
gegen den kleinlichen Bureaukratismus, sich jetzt daran anklam⸗ 
mecn, weil nicht Alles nach ihrem Kopfe gegangen ist. GBeifall.) 
Ist unserc Arbeit auch beschwerlich, wird fie auch verschieden be⸗ 
Artheilt, das soll man uns nicht nachsagen können: „Weil wir 
Manches nicht so finden, wie wir es wünschen. so wollen wir gar 
nicht,“ und Sie sollen auch nicht sagen: „Wir sind mächtig ge— 
aug, wir brauchen Euch nicht.“ Neichen wir uns brüderlich die 
hände, um dem gemeinsamen Feinde entgegenzutreten; dann wird 
zuh das Volk zu seinem Rechle kommen; dann ist für Alle ge— 
jorgt.“. Eebhafter Beifall.) 
Berlun 12. Mai. Dem Stuttgarter „Beobachler“ wird 
von hier geschrieben: „Der Frühling entfaltet auch in der Ber⸗ 
iner Gegend den moͤglichsten Glanz und lockte am Sonntag die 
gevoölkerung vor die Thore; wir S hwaben wanderten hinaus in 
ven Friedrichshain, um die Gräber der Märzgefallenen zu besuchen. 
Der Friedrichshaim ist erne wohl über eine Stunde große, ziem⸗ 
lich neue Baumanlage, recht hübsch, im Schmucke des Frühlings, 
ber don dem Blüthenmeere, das sich jetzt über unsere heimath⸗ 
chen Thäler ergossen hat, glänzte kam da und dort ein Tropfen. 
en der Marzgefallenen befinden sich in dem Friedrichs 
haid innerhalb einer schlichten Umzalmung zwischen Baumgruppen 
nd Gesteauchen,)einfache — oder schuuucklose Siein⸗ 
latten bezeichnen sie. „Gefallen im Kampfe für“ die Freiheit“ 
autet die einfache Inschrift. Es sind meist Rbeite aber auch 
in wangigjahriges Madchen, ein unbekannter Mann, weichd dier 
jegraben liegen. Wenn wir, Preußenhaß im Herzen, hierhet ge⸗ 
oimen waͤren, auf den Gräbern der im Kampfe für die 
Freiheit gefallenen preußischen Brüdern wäre er erloschen; 
as Voll bin Berlin gefällt uns überhaupt; es scheint 
leißig und solid, bescheiden und häuslich zu sein. Der Mann 
immt die Frau und womöglich auch die Kinder mit sich auf den 
S„paziergang, in den Wirthschaftsgarten. Die Frau strickt, der 
Mann tunterhält sich mit ihr ruhig und freundlich, ich habe noch 
einen Betrunkenen gesehen und kein wüstes Geschrei gehört Der 
dothstand der arbeiteten Classe ist leider in manchem blassen Ge⸗ 
ichte zu lesen. Das Voll ist auch politisch gut gesinnt, der 
chwere Steuerdruck hat es schnell von dem Machtschwindel geheilt 
zuͤr sehlen ihm die Führer, die bisherigen nationalen Fortschrittler 
aben den Einfluß sehr verloren, aber ihre Stelle ist noch nicht ersetzt, 
ind das Vollk der Arbeiter leider noch gewöhnt, geführt und häufig 
ingeführt zu werden.“ 
Bexsin 14. Nai. Die Mehrheit der nationalliberalen 
Fraction stimmte in der gestrigen Fractiondversammlung einem 
intrag Twestens bei, wornach die Tabakssteuer auf 6 Thlr. für 
»en Morgen festzusetzen, die Zollerhöhung von 4 auf 6 Thlt. 
ur den Centner eingeführten Tabok aber abzulehnen währe. 
Aus Luxremburg, 10. Mai wird der Tr. Volks⸗Zig.“ 
geschrieben: Nachdem wir ein Organ der franzoͤsischen Annexions 
ariej in unserem Lande besitzen, wird dieses voͤn Agenten durch⸗ 
ogen die den Bauern allerlei Herrlichkeiten versprechen, wenn es 
raͤnzosisch würde. Neulich wurde auf einem Gebäude eine fran⸗ 
osische Fahne aufgezogen, eine Handlung,' die sich jetzt als Be— 
lechnung exweist, denn man beginnt bereits dasselbe Spiel, das in 
Savoyen und Nizza mit Erfolg durchgeführt worden ist. Auch 
vier wird die franzoͤsische Politik Erfolg haben wenn der Kauf 
des Landes durch den Kaiser Napoleon nicht rückgüngig gemacht 
worden ist. Es gibt aber Stimmen, die beh inpten, das Geschäft 
sei abgeschlossen und bleibe es, und die Londoner Conferenz habe 
keinen anderen Zweck gehabt, als das Großherzogthum durch einen 
uropäischen Vertrag von Deutschland abzutrennen, so daß es jetzt 
ewissermaßen in der Luft hängt. Holländisch ist es micht und 
uch nicht deutsch, sowenig wie die Schweiz zu Deutschland gehoört. 
AIn einen Krieg mit Frautreich zuni Schutz der Neutralitüt wird 
hwerlich eine jener Mächte denken, die das londoner Protocoll 
nlerzeichnet haben. Man wird wohl darau thun, sich die Lage 
lar zu machen. Stellt man sich die Möglichkeit vor, daß ein 
ruropäischer Congreß zujammentritt, so wird Luxemburg jedenfalls 
ine wichtige Stellung in der Verhandlung einnehmen? Wenn 
ur Zeit, da das Land noch zum deutschen Bunde gehoͤrte, die 
cranzöͤsische Sprache die amtliche war, wie will man sich wundern 
daß heute dieselbe Sprache ein wichtiges Förderungsmittel der 
ranzoͤsischen Nationalitätspolitik bildet. Kaiser Napoleon betrach⸗ 
et gerade diese Sprache als das Kenuzeichen der Nationalität, ein et⸗ 
jographischer Mißgriff, der aber in seinen Kram paßt, denn sonfi 
nnßten Elsässer und Lothringer ja Nomanen sein.— Selbstedas 
Werk der Schleifung wird mit so geringen Miiteln ausgeführt, 
aß auch hier die Absicht si h documentirt, den Kern der Festungs. 
verle zu erhalten, was pielfach den Gegenstand der Unierhal - 
ung bildet. 
guremburg, 12. Mai. Die Regierung versagt die Be⸗ 
zätigung der Uebereinkunft der Wilhelmsbahn mit der franzoͤfischen 
Ostbahn wegen der Bestimmung, welche den Bau anderer Bahnen 
hon der Genehmigung der Letzteren abhängig machen will. 
Wien, 135 Mai. Im Unterhaus brachte der Landesver⸗ 
heidigungsminister einen Gesetzentwurf über Bewilligung des Re⸗ 
rutencomingents pro 1868 auf der Höhe von 56,000 Mann 
in; das Herrenhaus genehmigte die Aufhebung des Wuchergesetzes 
Im Buadgelausschuß des Unterhauses waren gestern Abend fast 
ämmtliche Minister anwesend. Auf Antrag des Subcomites 
burde die Vermögenssteuer mit allen gegen zwei Stimmen abge⸗ 
ehnt. Bei der Berathung über die Convertirung der Staats⸗ 
chuld wurde zunächst die Frage erörtert, welche Summe den 
Ztaatsgläubigern im Ganzen abzuziehen sei, und unter mehren 
zierauf bezüglichen Anträgen der von Mayer gestellte angenommen. 
velcher außer der bestehenden 7 procentigen Einkommensteuer noch 
eineu 18procentigen Zinsenabzug vorschlägt. 
Wien 14 Mai. Im Unterhaus stand heute der deutsch ⸗ 
ʒsterreichische Handelsvertrag auf der Tagesordnung, Die Minister 
„Beujst und v Plener sprachen dafür, die Abgg. Tomann nud 
Zchindler dagegen. Die Debatte wird morgen forigefetzt. 
Prag 12. Mai. Bei Gelegenheit einer Militarmusikauf⸗ 
uhrung entstaud ein czechischer Pobelcrawall, weil die Capelle sich 
veigerie, czechische Nationallieder zu ipielen J