Sl. Ingberler Acnzeiger.
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Yro. bGöß
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Somstag, den 6. Juni ¶ 1868.
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Deutschland.
Münschen, 29. Mai. Die heabsichtigte Reorganisalion der
tendarmerie tritt am J1. Juli im Königreich ins Leben. Jedes
Bezirkssamt erhält eine Abtheilung Gensdarmerie, welcher ein
Oberbrigadier mit Feldwebels⸗Auszeichnung vorgesetzt ist. Dieser
jat seine Station am Sitz des Bezirksamts und führt die Aufsicht
üher die ganze iu demselben Bezirksamte stationirte Gendarmerie.
Den einzelnen Stationen sind Brigadiers vorgesetzt, welche Ser—
zeanten⸗ Auszeichnung tragen und sich zwei in Besoldungsklassen
theilen. Durch die Reorganisation wird das Gendarmeriecorps
etwa um 50 Mann verringert, acht oder zehn Ofsiciere werden
iberzählig, die wohl größtentheils in die Linie zurückversetzt
verden. —
München, 4. Juni. Die Correspondenz Hoffmann mel⸗
et, daß bayrischerfeits niemals eine vollständige Aufhebung der
Festungseigenschaft Landaus beabsichtigt ward und daher kein
Anlaß zu einem darauf bezüglichen Einspruch Preußens gegeben
worden se.—
München, 4. Juni. Gestern Abend 8 Uht ist der Prinz
Papoleon hier eingetroffen. Da „Höchstderselbe“ einen officieslen
Empfang abgelehnt hatte, so fand sich im Bahnhof nur der fran⸗
zösische Gesandte ein, um ihn in das Hotel „Vier Jahreszeiten“
zu begleiten. Er wird zwei Tage hier dleiben und machte bereits
geute den Anfang mit Befichtigung der Kunstsammlungen.
Während seiner Anwesenheit wird der Koͤnig nicht von Berg
zereinkommen.
Frankfurt. 5. Juni. Wie man von sonst gut unterich—
eter Seite erführt, beabsichtigt das Bankhaus M. Nav.— Roth⸗
schild u. Söhne den Hauptsit seines Geschäftes von hier weg nach
Berlin zu verlegen und hier nur eine Filiale zu belassen. Die
Gründe dieses Entschlusses sollen in der täglich steigenden Wich—
igkeit Berlius als Geschäfts- und Börsenmittelpukt Nord- und Mittel-
deutschlands liegen, dem auch durch die erhöhte politische Bedeu⸗
ung der norddeutschen Hauptstadt ein weiterer Impuls gegeben
ist. Für die hiesigen Platzverhältnisse würde diese Verlegung von
einer einschneidenden Bedeutung sein, da es in der Absicht läge,
der hier zu belassenden Filiale die weiteste Ausdehnnng zu geben.
Dem hiesigen Börsenverkehr, der bekanntlich am bedeutendsten in
amerikanischen Papieren sich bewegt, steht daͤs Weltbankhaus ziem⸗
liich neutral gegenüber, da dasselbe nicht „in Amerikanern macht.“
Nassau und Kurhessen, deren Staatsbaukier Rothschild war, sind
perschwunden; in Hessen-Darmstadt hat das Bankhaus Erlanger
neuerdings das Terrain occupirt, und so wird das Gerücht um
so glaublicher, daß der Chef des Rothschild'schen Hauses, der bekannt⸗ 7434*
lich auch Mitglied des preußischen Herrenhauses ist, die Position V0 Frankreich. 5, — 5 —
in Berlin der in Frankfurt vorzieht. Paris 1J. Juni, Im Lager von St. Maur, wie in jenem
Mainz, 2. Juni. Am 14. d. M. wird dahier eine größere von Ehalons, sind in Folge der starken Hitze geführliche Krank⸗
Versammlung stattfinden, um über die Bildung und Einrichtung jeiten unter den Soldeten ansgebrochen.
eines über ganzRheinhessen auszudehnenden Fortschritts v eer⸗ Ueber die Finanzlage Frankreichs hal F. E. Horn eine zweite
zins zu berathen. J Brochüre veröffentlicht, in welcher er nachweist, daß sich die Ge—
Köln 3. Juni. Der Köln. Ztg. wird aus Paris ge— ammtlasten des französischen Volks auf jährlich 3200 Mill. Fr
chrieben: Trotz Marschall Niels Bericht sei Frankreich keineswegs erechnen so daß, — wenn man annimmt, es gäbe in Frankrach
kriegsbereit. Die geübtesten Soldaten vermögen nicht mehr als 0 Mill. steuerzahlende Familien — jede derselben durchschnittlich
echs Schüsse in der Minute mit den Chasepots zu thun. Eine 300 Fr. in Gestalt der verschiedenen Ausgaben an den Staat
Amonatliche Einübung sei unumgänglich nothwendig. u bezahlen hat. Das sind die Früchte der übertriebenen Kriegs⸗
Wien 1. Juni.. Das zweite der Anticoncordatsgesetze, das auslagen Grieg und Marine, die 1200 Mill. in Anspruch neh⸗
über das Verhältniß der Schule zur Kirche, bestimmt im Wesent⸗ nen, berzehren das Einkommen von 1,200,000 Familien, à 1000
ihen Folgendes: d. Franken d. 9. von 8. Mill. Seelem) und der eban nngemessenen
Die oberste Leitung und' Aussicht über das gesammte Unters- Beschleunigung der öffentlichen Bauten, bei welcher die Provinz
richts⸗ und Erziehungswesen steht dem Staate zu. Unbeschadet und Paris einander den Rang abzulaufen bemühi sind. Und für
pdieses Aufsichtsrechtes bleibt die Besorgung, Leitung und unmittel— all das Geld sind weniger materielle Fort'chritte gemacht worden als
are Beaufsichtigung des Religionsunterrichtes in den Volks. und in anderen Ländern. In Bezug uuf Eisenbahnen komnt Frankreich
Mittelschulen der betreffenden Kirche oder Religionsgesellschaft über⸗ erst in fünfter Reihe, in Bezug auf Seemarine in dreizehnter
assen. Der Unterricht in den übrigen Lehrgegenständen ist unab · den Postverkehr betreffend in vierter und die Telegraphie in fünf⸗
jängig von dem Einflusse jeder Kirche. Die vom Staat, von ter. Das sind Thatsachen die dem Naiserreiche nicht zur Ehre
inem Lande oder von Gemeinden ganz oder theilweise gegründe⸗ gereichen. Ii *
en oder erhaltenen Schulen oder Erziehungsanstalten sind allen“ Varis 2. Juni. Von Seile der preußischen Regierunc
Staatsbürgern ohne Unterschied des Glaubensbekenntnisses zu⸗
zänglich. Es steht jeder Kirche ec. frei, aus ihren Mitteln Schulen fur
den Unterricht der Jugend von bestimmten Glaubensbekenntnissen
u errichten oder zu erhalten. Diesfelben sind jedoch den Gesetzen
ür das Unterrichtswesen unterworfen. Die Lehrbücher“ fuür ven
Bebrauch in den Volks⸗ und Mitielschulen sowie in den Lehrer⸗
»ildungsanstalten bedürfen nut der Genehmigung der durch die ses
hesetz zur Leitung und Beaufsichtigung des Unterrichtswesens be⸗
ufenen Organe. Religionslehrbücher können- jedoch erst dann diese
ßenehmigung erhalten, wenn sie von der bezüglichen confessionellen
Oberbehörde für zulässig erklärt worden sind .. — *
Der Staat übt die oberste Leitung und Aufsicht über das
jesammte Unterrichts⸗ und Erziehungswesen durch das Unterrichtst
ninisterium aus. Zur Leitung uͤnd Aufsicht über das Erziehungs⸗
vesen, dann über die Volksschulen und, Lehrerbildungsanstalten
verden in jedem Königreiche und Lande a. eina Landesschulraih
ils oberste Landesschulbehördez be ein— Bezirksschulrath für jeden
Zchulbezirk; c. ein Ortsschulrath für jede Schulgemeinde beftelltu
In den Landesschulrath sind unter dem Vorsitz des Statthalters
Landeschefs) Mitglieder der politischen Landesstelle, Abgeordnete
»es Landesausschufses, Geistliche aus den im Lande bestehenden
Tonfessionen und Fachmänner im Lehrwesen zu berufen
Wien 8. Juni. Die, Reue Freie Pr.“ bringt den definitiv
ereinbarten, demnächst dem cisleitanischen Reichsrathe und dem unga⸗
schen Reichstag vorzulegenden Wehrgesetzesentwurf, dessen Einzelbestim⸗
nungen zumeist bekannt sind. Die Kriegsstärke des Heeres wird unbe⸗
hadet der verfassungsmäßigen Rechte der Volksvertretung für die näch⸗
ten zehn Jahre auf 800,000, die Gesammtlandwehr auf 200,000
Nann feßtgesetzt. Die Landwehr steht unter dem administrativen
Landesvertheidigungungsministerium, das militärische Landwehrober
ommandao führt in Kriegszeiten der Feldherr. Der Reichskriegs⸗
ninister wird jederzeit über Stand, Ausrüstung und Dislocation
»er Landwehr Kenntniß erhalten.
Wiemn, 8. Jun.. Im Abgeordnetenhaus solt, morgen ein
Autrag auf Erhebung einer provisdrischen Couponsteuer von 20 pCt..
ür das laufende Jahr gestellt werden — dDer Club der Linken
zeschloß heute Abend, den Antrag der Minderheit des Au . ʒschusses
u dem seinigen zu machen. 5 v —
Wilen4. Juni. die „Deb atte“ meldet aus Bukarest, die
umãnische. Regierung werde alle guf die Judenangelegenheit be
üglichen Ackenstücke veröffentlichen lassen. Die „Oost. Corr.
meldet: Der österreichische Generalconful in Bukarest erhielt, die
hm zugesagte Genugthung in einer sehr verbindlichen Zuschrift der
umanischen Regierung. 5* ——