Full text: St. Ingberter Anzeiger

Amerika. 
Wasshington, 8. Juni. (Kabel⸗Telegramm.) Die 
Staatsschuld betrug am 1. Juni dieses — 2,643,500, 000 
Dollars, hat sich demnach um 4 Mill. ollars vermehrt. Im 
Staatsschatze befanden sich 133,500, 000 Dollars und hat demnach 
derselbe um 5,500,000 Dollars abgenommen. 
Dem Wajhingtoner Correspondenten der, Times“ zufolge hat 
»as Ministerium des Auswärtigen den preußischen Gesandten er— 
uucht, seine Regierung um Abberufung des Baron Kusserom, der 
zie jüngste Duellaffäre mit General Lawrence hatte, sowie des 
trafen Loltum, der bei jener Gelegenheit als Secundant figu— 
irte, zu bitten, da deren Handeln im Widerspruche mit den ame⸗ 
cilanischen Staatsgeken sei. 
Berwmischtes. 
fFSt. Ingbert 8. Juni. Wie wir bereits in Nr. 55 
ꝛes Anzeigers mitgetheilt, findet das pfälzische Mufikfest nun de⸗ 
initiv vom 4. bis 6. Juli in Zweibrücken statt. Außer verschie⸗ 
denen pfälzischen Vereinen hat auch der Musitverein bon Saar— 
zrücken, sowie verschiedene auswärtige Künstler ihre Mitwirkung 
jugesagt, u. A. Hr. Ruff, Concertsänger aus Mainz. Fri. Lu 
ʒede, Hofopensängerin aus Carlsruhe, Hr. Mertte, Pianist aus 
hetersburg, und Herr Keller, ein geborner Zweibrücker, Hof— 
pernsanger in Hannover. Wie die „Pf. Ztg.“ schreibt, fleht zu 
erxwarten, daß die Direction der pfälzischen Bahnen wie bei ähn⸗ 
ichen anderen Gelegenheiten eine Ermäßigung des Fahrpreises 
verde eintreten⸗ lassen, was zur Vergroßerung det Fesibesuches je⸗ 
zenfalls nicht unwesentlich beitragen wirdh. 
7 In Wainz hat sich der Oberlieutenant, v. S. wegen einer 
vom General Herwarth v. Bittenfeld bei einer Inspection erhaltenen 
charfen Rüge erfchossen. 
F, Stuttgart, 5. Juni. Ein beklagenswerther Unfall 
ctug sich gestern auf der Feuerbacher Haide zu. CavalerieOfficiere 
ibten sich im Scheibenschießen mit der Pistole. Dem Lieutenan 
k. ging die Pistole, als er auf dem Pferde sitzend den Hahnen 
pannen wollte, unzeitig los und die Kugel traf den Cavaleristen, 
velcher dem Pferde den Kopf hielt, in die Stirne. Der Unglück 
iche verschied noch in der Nacht. Die Gewalt der Kugel war so 
roß, daß sie aus dem Hinterlopf herausfuhr uud einen aweiten 
Nann leicht am Armie contusionirte. 
tDie Direection der Kölu⸗Minder Eisenbahngesellschaft er⸗ 
lärt die jüngst von der Rh. und R. Ztg. (auch von uns) ge⸗ 
drachte Nachricht der versuchten Pfündung einer Locomotibe des— 
doln⸗Berliner Schnellzugs für eine müssige Erfindung. 
F. In Dresden wurde durch eine bei Umfüllen eines Petro⸗ 
eunifasses entstandene Explofion das Haus des Kaufmanns Sulz · 
ꝛerg in Brand gesetzt; der mit Umfüllen beschäftigte Sohn Sulz⸗ 
jergs ist verbrannt, Sulzberg selbst schwer verletzt. 
fBexhin, 5. Juni, An der deuischen Expedition zu 
deobachtung der Sonuenfinsterniß werden folgende Gelehrle theil⸗ 
iehmen: Dr. Tietjen aus Berlin, Professor Spoͤrer aus Anciam 
und Dr. Engelmann aus Leipzig. Diese drei Herren werden sich 
iach Bombay begeben. Wie ferner mitgetheilt wird, sollen sich 
ie HH. Dr. Zenker und Dr. Vogel mi photographischen Appa⸗ 
aten nach Aden begeben. 
. Die Ernte⸗Aussichten in Ostpreußen sind leider auch für 
nieses Jahr sehr trübe. Ein Hr. Reitenbach schreibt von dort 
uterm 1. Juni: „Winker⸗ und Sommergetreide sieht trostlos 
nus. Regen koͤnnte noch Manches verbessern, nach allen Anzeichen 
sjaben wir aber keine Aussichten darauf. Alle Winterfelder sind 
aabei lange nicht besät, ein großer Theil umgepflügt, Sommersaa⸗ 
en dom ungünstiglten Wetter zurückgehalten, auf Dörfern slellen⸗ 
deise kaum die Halfte derselben bestellt in den Wiesen gar ltein 
hraswuchs, dazu füngt an manchen Orten der Milzbrand, wohl 
n Folge ungesunden Futters vom vorigen Winter her, an, fich 
ehr ünangenehm zu zeigen. ..“ 
f öothen, 80. Mai. Die von Seiten der Gemeinde 
dothen veranstaltete Einsammlung von Maikäfern, hat bis gestern 
ꝛo diese geschlossen worden, nahe an 32 Ceniner oder 1,600, 00 
stück betragen. In den herzoglichen Plantagen und an den 
Straßen sind 93 Centner 87 Pfund oder 4,692, 000 Mailäfer 
ingesammelt worden. 
Ein gütmüthiger Polizist) Einem auswärtigen Blatte wird 
on Berlin geschrieben: „Vor einigen Tagen kam ein Polizei⸗ 
eainter aus Leipzig hierher, um eine von dort aus requiririe 
vefangene abzuhoien. Das Frauenzimmer war zufällig erst kurz 
vorher in der Stadtvoigtei von einem muntern Knaben entbum 
ren worden, so daß der Transporteur auf der Rüdreise wohl oder 
wbel seine Fürforge auch auf den kleinen Weltbürger ausdehnen 
nutzte. Die Aufgabe war keineswegs leicht, da die Muner nich! 
Staude war, ihr Kind selbst zu nähren, und der Junge mit⸗ 
aier so heftig schrie, daß der Beamte sich in Jeiner Verzweiflung 
nter herbeilassen mußte, ihm in eigenee Üerson die Flasche zu rei 
hen. Trotz aller Unannehmlichkeiten gelangten die Drei glücklich 
nach Wittenberg. Kaum war ber Zug auf dem Bahnhof einge⸗ 
aufen, als der Kleine auch wieder mit wahrhaft moͤrderischem 
Beschrei nach seiner Saugflasche verlangte, in der fich unglücklicher⸗ 
weise kein Tropfen Milch mehr vorfand. Die Gefangene zeigte 
ich um ihr Kind besorgt und bat den Beamten schließlich, dasselbe 
instweilen in Obhut zu nehmen, während sie endas Milch herbei⸗ 
haffen wolle. Aehnlich dem bekannten „Stadtsoldaten, war der 
deipziger guthmüthig genug, darauf einzugehen. Er wiegte den 
Zäugling in seinen Armen und suchte ihn auf alle mögliche Weife 
u beruhigen, während die Mutter den Waggor verließ und dem 
Stationsgebäude zueilte. Nach einiger Zeit ertönte die Signal⸗ 
zlocke zur Weiterfahrt, das Frauenzimmer aber war noch nicht 
zurückgekehrt. Da begann dem Beamten ein Licht aufzugehen. 
Mit dem Kinde auf dem Arm ftüezte er auf den Bahnhofs⸗In⸗ 
jspector zu und theilte demselben sein Mißgeschick mit. Der Zug 
mußte warten; der ganze Bahuhof, ja spälerhin die ganze Stad 
wurden durchsucht, aber nirgends fand man eine Spur don der 
Entflohenen. Mit schwerem Herzen mußte der Transporteur sich 
endlich auf den Weg machen, um wenigstens den Saãugling 
zlücklich in Leipzig abzuliefern, für welchen derselbe sbis dahin 
nelens volens Mutlerstelle uͤbernehmen mußte. Seine Arrestantin 
hat fich bis jetzt noch nicht wieder ermitteln lassen“ 
FGum Z. deutschen Schiltzenfest, In Wien findet eben 
jzetzt die Aufstellung der Festhalle zum 8. deutschen Bundesschießen 
tatt. Nach dem vom Schießcomite festgestellien Bedarf sind für 
zasselbe erforderlich: 21 Kassiere, 9 Kontroleure, 84 Sekretäre, 
10 Telegraphisten, 5 Oberwarner, 170 Warner, 6 Oberzeiger, 
177 Zeiger, 48 Diener, 6 Portiere. 20 Wächter. — Die vom 
Tentralcomite, für das nordamerilanische Bundesschießen in New 
zork gewidmete Ehrengabe (silbernes Trinkhorn mit reichem figura⸗ 
ischem Schmuch geht in den nächsten Tagen dahin ab. — Vom 
Wohnungscomite werden neben den nicht ausreichenden Privat- 
wohnungen auch Massenwohnungen in den verfügbaren offentlichen 
Gebauden, Schulhäufern ꝛc. beschafft. — Ein Aufruf des Cen— 
tralcomites ladet neben den deutschen Schützen und Stammesver⸗ 
vandten als Ehrengäste der Stadt Wien auch ein: „Alle, die 
imn Festorte Wien den Bürgern des in der bolitischen Freiheit 
viedererstandenen Oesterreichs die Hand zum Gruße reichen wol⸗ 
en. Willkommen und im Voraus als liebe Gaste begrußt sfind 
uins die Vertreter aller Gesellschaftsschichichen, die Männer der Ge⸗ 
etzgebung und der Rednerbuhne, der Kunst und Wissenschaft, der 
dandwirthschaft, der Industrie und des Handels. Diefer Willkomn— 
zruß soll weit über die deutschen Grenzmarken hinausdringen, über 
die Meere hinweg zu allen Nationen der civilisirten Welt; und 
wir werden in ihren Sendboten zum Feste die Bürgschaft finden, 
daß ein Band der Liebe und Eintracht alle Voͤller der Erde der 
vinden könne. Keine politische Schranke und nicht die verschiedene 
Sprache trennt uns von den Staͤmmverwandten uud Fremden, 
die bei dem 3. deutschen Bundesschießen erscheinen werden, und 
vir hoffen zuversichtlich, daß die innigste Verständigung mit Allen 
heim Feste zum beredten Ausdrucke gelangen wird“ 
FAllen Nachrichten zufolge ist der Stand der Felder in 
zanz Ungarn ein außergewöhnlich guter und die Wiesen ver⸗ 
prechen eine gute Heuernte. Auch für die Weingarten find die 
Aussichten günstig und die Obsibäume sind mit Fruchtansatzen reich 
ʒedeckt. Bleibt auch während der Ernte die Witterung günstig 
o dürfte das Jahr 1868 das verslofsene znoch an Ergiebigleit 
ͤbertreffen. 
. In den vornehmen Cirkeln in Pariz ist eine neue Mode 
aufgelommen. Wenn die Gesellschaft versamimneli ist, tritt ein 
Prediger in den Saal und halt eine religidse Ansprache an die 
Berlammelten. Der Liebling war bis jetzt Pater Bauer. Seine 
Zirche (Madeleine) ist auch sonntäglich mñ Andachtigen überfüllt. 
In Salerno wucde vom 2, bis 20. Mai der Rauber 
hef Gaetano Manzi und 10 seiner Genossen prozeffirt; 91 Zeu⸗ 
sen waren geladen. In der Anklage figurirten zahlreiche Mord⸗ 
haten, gewaltthatige Plünderungen und Erpreffungen in der Hoͤhe 
von 460, 000 Lire, brutale Mißhandlungen der Gefangenen, (Ab⸗ 
chneiden der Ohren und ähnliche Verstümmlungen) u. s. w. Manzi 
und zwei Genossen wurden zum Tode. 9 zu lebenslänglicher, 5 
zu 20—28jähriger Kettenstrafe, 2 zu 10 und 12jahrigem Gefäng⸗ 
niß verurtheilt. 
k Gielfache Verwendung des, Petrolenms.) Das Petroleum, 
nit dem man Jahrhunderte lang, als es noch unter dem Namen 
Steinol oder Naphta in den Handel kam, nichts rechtes anzufan⸗ 
zen wußte, gewinnt immer groöͤßere Wichtigkeit, und awar schätzt 
nan es nicht nur als Brennmaterial, sondern auch in der übrigen 
Hauswirthschaft, in der Landwirthschaft und selbsten der Heilkunde 
pielt es seine Rolle. Den umfassendsten Gebrauch macht man 
xehzt von seiner eminemen Wirksambkeit gegen alles kleine Ungezie⸗ 
ser, das directe Berührung mit dieser Fliuffigkeit immer sofort 
durch die bloße Ausdünstung theilweise ebenfalss gelnnna 
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