Full text: St. Ingberter Anzeiger

Sl. Ingberler Anzeiger. 
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der „St. Ingberter Anzeiger“ mit seinem Unterhaltungsblatte erscheint wöchentlich dreimab: Dienstag, Donnerstag 
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Nro. 71. 
6s. 
Deu tschland. 
München 12. Juni.“Der. Chef des württembergischen 
Generalstabs, Oberst v. Suckow, ist hier eingetroffen. Ee ist be— 
auftragt über Angelegenheiten von gemeinsamem militärischem In— 
reresse mit dem bayerischen Kriegsministerium zu verhandeln, und 
solles sich dabei namentlich um die Verhältnifse der Fest un g 
Ullem handeln. 
Dienstes-Nachrichten. , 
Der Professor des Religions- und Geschichtsunterrichts für 
die katholischen Schüler an der Studienanstalt Zweibrücken, Prie⸗ 
der Dr, Johann Ochs, ist zum wirklichen Gymnasialprofessor in 
orovisorischer Eigenschaft, ferner, der geprüfte Candidat des Lehr⸗ 
umts der Mathematik und derzeitige Realienlehrer an der Latein⸗ 
chule zu Grünstadt, Christian Dielmann, zum Studienlehrer an 
ver Studienanstalt Zweibrücken und der geprüfte Candidat des 
dehramts der Mathematik und Assistent an der Studienanstalt 
Zpeyer, Franz Falk, zum Studienlehrer daselbst ernannt worden. 
Darmstadt, 13. Juni. Nächsten Samstag tritt die 
weite Kammer zur Berathung des Militärbudgets 
zusammen. 
Stuttgart, 18. Juni. Der „Württemb. Staatsanz.“ 
meldet, daß der badische Kriegsminister General v. Beyer in 
Stuttgart gewesen ist und eine längere Unterredung mit dem Mi— 
aister des Auswärtigen gehabt hat. Der hiesige Telegraphendi⸗ 
rector Klein hat auf seiner Reise nach Wien in München mit 
dem baher. Handelsminister v. Schlör über die engere Verbindung 
der beiderseitigen Eisenbahnen conferirt. Die Aussichten für eine 
solche sind günstig. 
Wien, 9. Juni. Gestern fand die constituirende Versamm⸗ 
kung des religiösen Reformvbereins statt; Ronge hielt dabei einen 
Vortrag. Die beabsichtigte Besprechung der Wiederherstellung der 
(1848 von Ronge gegründeten) freichristlichen Gemeinde wurde 
bon der Polizei⸗Direction auf Grund eines Ministerialreskripts vom 
Jahre 1851 vereitelt. (Was niltzt dann das interconfessionelle 
Gefetzte) Der religiöse Reformberein wird jedoch sofort Schritte 
thun, um die Gründung einer freireligiösen Gemeinde hier zu er— 
möglichen. Der von dem Versammlungslokale bewerkstell gte Verk⸗ 
auf von Schmähschriften gegen Ronge hatte nur den Erfolg einer 
Steigerung der Begeisterung für die religiöse Reform. 
Wien 18. Juni. Herr v. Beust eröffnete gestern die in— 
ternationale Telegraphenconferenz mit einer Ansprache, welche die 
zroße Bedeutung des Telegraphenwesens in politischer, nationaler 
ind wirtbschaftlicher Beziehung hervorhob. Heute wird sich die 
Versammlung constituiren. — Generl v. Gablenz ist nach Bel⸗— 
zrod abgereisst. um an der Begräbnißfeierlichkeit Theil zu nehmen. 
Prinz Napoleon reiste heute Nachmittag nach Prag, nachdem er 
iurz vorher die Abschiedsbesuche des Kaisers sowie des Kanzlers 
). Beust empfangen hatte. V 
— Pesth, 12. Juni. Von dem Gecchichtsschreiberr Horvath. 
dem ehemaligen Cultusminister Kossuths, ist eine Brochüre gegen 
die von dem Erdictator empfohlene Politik erschienen, die reisen⸗ 
den Absatz findet. Mehreren Mitgliedern hiesiger Judengemeinden 
zgegenüber erklärte der Kultusminister Eötvös: der Congreß der 
ingarischen. Judengemeinden werde im December einberufen werden. 
— Prinz Napoleon wird auf den 16. Juni hier erwartel. We— 
jen der Belgrader Ereignisse soll derselbe die Reise nach dem 
Drient aufgegeben habenn... — 
Agram, dh. Juni. Ju der Nähe der Festung Gradika 
wurde die Post ausgeraubt. Der Postillon wurde kodt aufgefun— 
den. In der Draugegend treiben sich viele Rüuber umher, 
werden regelmäßig zwei Ministerrathsbersammlungen in der Woche 
zehalten. Man hat es hier gerne gesehen, daß die kaiserliche 
Regierung dem Antrag Rußlands wegen Beseitigung der Spreng⸗ 
Jeschosse beigetreten ist; denn in diesem Beitritt wie in dem Ita⸗ 
iens erblickt man ein Friedenssymptom, aus dem die Sangui⸗ 
uler sogar schon den Anfang zu einem Friedenscongresse heraus⸗ 
vachsen sehen. 
Paxis 13. Juni. Der Moniteur sagt in seinem politi⸗ 
ichen Bulletin: Es sei aus telegraphischen Nachrichten von Kon⸗ 
tantinopel ersichtlich, daß die Pforie die Zusammensetzung der 
hrovisorischen Verwaltung in Serbien als eine solche betrachte, 
welche die wünschenswerthen Garantieen für die Aufrechthaltung 
er Ordnung und die rechtmäßige Wiederherstellung einer neuen 
segierungsgewalt biete. In der That isi, Dant den zu Belgrad 
rxgriffenen Maßregelu, die Ruhe bis jetzt nicht gestört worden, 
ind es ist aller Anlaß vorhanden zu hoffen, daß durch das be— 
lageuswerthe Attentat, welches Trauer über das gande Fürsten⸗ 
hum verhängt hat, die guten Errungenschaften, welche durch die 
Anstrengungen des Fürsten Michael erlangt/wurden, nicht wieder 
u Frage gestellt werden. 
Paris 13. Juni. Der junge Milan Obrenobic reiste hente 
n Begleitung der dervorragendsten hier lebenden Serben nach 
Belgrad abßb.— 
England. 
Am Ende der vergangenen Woche wurden in Liverpool 650 
Mormonen eingeschifft, um über New-VYork nach dem Salzsee be—⸗ 
ördert zu werden. Sie bilden nur die Vorhut der zahlreichen 
Armee von Bekehrten, welche in ganz Engkand auf ihre Beför— 
herung nach dem gelobten Lande harren. 
Italien. 
Von Ravenna wird gemeldet, daß der Mörder des Staats- 
nwalts Cappa entdeckt und verhaftet ist. Gleichzeitig kam man 
iber auch Dank den Aufzeichnungen, welche man nuter 
den Papieren des Ermordeien fand, einer in der ganzen 
sdomagna verbreiteten neuen Verbrechergesellschaft auf die Spur, 
pelche die Zengen, Geschworenen und Richter mit den furchtbarsten 
Drohungen einschüchtert und, im Falle diese nicht fruchten, sofort 
nit dem Dolche zu arbeiten beginnt. Als ein folches Opfer fiel 
Fappa, fielen vor einiger Zeit der Polizeidelegat von Ancond und 
der Unterpräfekt von Imola. Die Furcht und Feigheit der 
somagnolen vor dieser Blutbande geht über alle Begriffe, und 
instatt sich zu einigen und mit vereinten Kräften ihrem Treiben 
ein Ende zu machen, gewähren sie denselben durch ihre —XX 
Weigerung, gegen sie vor Gericht zu zeugen, Straflosigkeit und 
olle Freiheit, ihre ruchlosen Thaten fortzusetzen. 
Wie der „Figaro“ erführt, erhalten die französischen Küras⸗ 
iere neue und stärkere Panzer, da die bisher üblichen den Kugeln 
der neuen Gewehre keinen hinlänglichen Wiederstand leisten. Die 
ilten Panzer kosteten 100. Fr. und werden zu 25 Fr. verkauft, 
die neuen kommen auf 125 Fr. zu stehen. Wie es heißt, wird 
die brasilianische Regiernng die alten Panzer aukaufen. 
Donanfürstenthümer. 
Belgrad 12. Juni. Die provisorische Regierung, welche 
die Regentschaft übernommen hat, ist die für den Fall einer plöh⸗ 
ichen Thronerledigung gesetzlich vorgesehene und besteht als solche 
rus dem Senatspräsidenten (Marinovic), dem Justizminister CLe⸗ 
chanin) und dem Präsidenten des Casationshofes (Petrovic). Sie 
hat sofott eine Proclamation au das Volk erlassen, worin sie das— 
Abe ermahnt, die Ordnung aufrecht zu halten. Heute empfing 
ie im auswärtigen Amt das diplomatische Corps, welches unter 
Zortritt des englischen Generalconsuls gekommen war, ihr Bei— 
eid auszusprechen; Mari ooꝛic dankte für die Theilnahme. Die 
Vertreter der fremden Mächte conferiren häufig mit der proviso⸗ 
schen Regierung.“ Die Rationalversammlung, welche Aufangs 
Frankreich 
Paris 11, Juni. Ueber das Befinden des Kaisers eir— 
uliren nicht die besten Nachrichten. Es heißt, derselbe sei gestern, 
neine Ohnmacht gefallen, die längere Zeit gedauert hat wie 
Aenn überhaupt derlei Aufälle nicht selten sind.n In Fontainbleau