Full text: St. Ingberter Anzeiger

bestehende Avantgarde der 2. Infanteriedivision nach Gemünden, 
das Gros derselben nach Karlstadt verlegt. Der oben angege⸗ 
Fene verabredete Plan kam jedoch nicht zur Ausführung; am 23. 
Juli trafen die ersten Nachrichten ein, daß die preußische Main⸗ 
Armee durch den Odenwald folge, Wertheim preisgegeben sei und 
as 8. Corps sich aufwärts an die Tauber ziehe. Die Nachricht 
„om Anrücken des Feindes in dieser Gegend bedingte eine Front⸗ 
inderung der bayerischen Armee nach nahezu südlicher Richtung 
die Armee hatte zur Ausführung der vorbesprochenen Offensivbe⸗ 
vdegung Front nach Westen) und im Laufe des 24. und 25. Juli 
bewegien sich die bayerischen Divifionen zu diesem Zwecke. Am 
24. Juli wurde das 8. Bundesarmeecorps an der Tauber von 
den Preußen angegriffen. Während die württembergische Division 
Bischofsheim energisch vertheidigte, gelang es dem Feinde der 
‚adischen Division gegenüber sich und in Besitz des Uebergangs 
hei Werbach zu setzen und groß war das Erstaunen, als am 
Abend des 24. diese Division schon 892 Stunden hinter der 
Tauber bivouakirend gefunden wurde. Die zwei für die Stellung 
ver bayerischen Armee wichtigsten Punkte der Tauberlinie Wert⸗ 
jeim und Werbach waren sonach ohne jeden ernsten Kampf auf ⸗ 
gegeben worden. Uebrigens war nun endlich die langerstrebte 
hereinigung mit dem 8. Bundesarmeecorps zur Thatsache geworden 
ind es konnte der zweite Theil der ursprünglich gestellten Auf⸗ 
zabe — Uebergehen in die Offensive — ins Werk gesetzt werden. 
Das nüchste Ziel war das Zurückdrängen der Preußen von der 
Tauber. Die bayerischen Divifionen erhielten daher für den 25. 
»en Befehl, gegen die Tauber (über Altertheim gegen Werbach) 
»orzugehen. Am 25. Juli kam es nun zu den Gefechten von 
Hhelmstadt und Uettingen. Am 26. Juni sollte verabredetermaßen 
zie nunmehr vereinigte westdeutsche Bundesarmee die Offensive 
ergreifen und sich keilförmig in die feindliche Stellung einschieben, 
zie Verbindung zwischen der Division Göben und dem Gros— 
Theile des Manteuffel'schen Heeres (Generallieutenant von Man— 
euffel hatte am 19. Juli an Stelle des zu anderweitiger Ver⸗ 
vendung nach Böhmen herufenen Generals Vogel von Falkenstein 
das Obercommando übernommen und seine Division dem General 
p. Flies überttagen) zu unterbrechen und, wenn dies gelang, die 
Preußen exentrisch gegen Tauberbischofsheim und Wertheim zurütk-⸗ 
drängen. Mit Tagesanbrach des 26. sollte der Vormarsch be— 
zinnen, als vom Commandanten des 8. Corps die Meldung ein— 
raf, die Truppen seien zu sehr erschöpft, das Feld könne nicht 
nehr länger behauptet werden, und müsse der Rückmarsch auf 
Würzburg angetreten werden, der auch in der Nacht vom 25. auf 
»en 26. angetreten und am 26. unaufhaltsam fortgesetzt wurde, 
o daß die bayerische Armee nunmehr wieder auf sich allein an— 
zewiesen und am 26. Juli um ihre Existenz zu kämpfen gezwun⸗ 
zen war. Von einer Offensive konnte natürlich nun keine Rede 
mehr sein; allein der Feldmarschall war deshalb nicht gesonnen, 
»hne Kampf über den Main zi gehen, sondern wollte jetzt we⸗ 
nigstens das Plateau von Waldbüttelbrunn festhalten. Es kam 
uun den Gefechten von Uettingen, Roßbrum und Hettstadt und 
onnten diese natürlich nur zu Ungunsten der Bayern ausfallen. 
luf dem Plateau von Würzburg zwischen Waldbüttelbrunn und 
»en Hettstadter Höfen nahm die bayerische Armee eine letzte Po— 
ition mit sämmtlichen Truppen, den größeren Theil der Artille⸗ 
tie qleichsam in eine aroße Batterie vor der Front vereinigt. 
Vermischtec. 
f Ludwigshafen, 18. Juni. Im Monat Mai 1868 
zat die pfälz. Ludwigsbahn 246,691 fl. 48 kr. ertragen; gegen 
den gleichen Monat 1867 Mehreinnahme 37,204 fl. 10 kr. — 
Die pfälz. Maximiliansbahn ertrug im Mai 1868 69,223 fl. 
26 kr.; mehr gegen Mai 1867 5,688 fl. 43 kr. — Die Neu— 
ttadt-Dürkheimer Bahn ertrug im Mai 1868 5,530 fl. 20 tr; 
mehr gegen Mai 18607 60 fl. 40 kr. 
F Wie der Land. A. meldet, hat ein Handelsmann aus 
Sngland Hrn. Gastwirth Eisele in St. Martin beauftragt, in 
der Umgegend 1000 Centner Heidelbeeren aufzukaufen, um sie nach 
England zu schicken. J 
FMuünchen 15. Juni. Gestern Nachts halb 10 Uhr fand 
in großer Zusammenstoß des Salzburg-Münchener Curierzug 
und München-Salzburger Güterzugs unmittelbar vor der Groß⸗ 
jefseloher Brücke statt. Vier Personen wurden schwer, 10 leicht 
perwundet. Eine Frau, der die Füße abgefahren wurden, wird 
derben. Der Schaden ist groß. Die Bahn ist noch unfahrbar. 
4München 12. Juni. Heute Morgen ereignete sich im 
ziesfigen Staatsbahnhofe ein gräßlicher Selbstmord. Der Bahner ⸗ 
deditor Ludwig Auer warf sich in voller Dienstuniform vor dem 
aherbrausenden Curierzuge auf die Schienen und wurde augen⸗ 
zlicktich getoͤdtet. Der Unglückliche war ledigen Standes und 
vurde höchst wahrscheinlich durch ein langjähriges unheilllares 
deiden zu dem verzweifelten Schritte veranlaßt. — 
München, 14. Juni.“' Von allgemeinem Interesse ist 
ine Verfügung der Generaldirection der Verkehrsanftalten in Be⸗ 
reff der Taxbehandlung der Geldbriefe. Es hatten sich nämlich 
Zweifel erhoben; ob nicht die für die Versendung von Briefen 
nit declarirtem Werth bestehende ermäßigte Taxe auf Geldsendun⸗ 
gen bis zum Gewicht von 15 Loth überhaupt ohne Unterfchied 
ver Verpackungsart Anwendung zu finden habe. Es wird daher 
zen kgl. Postanstalten bekannt gegeben, daß für Geld⸗ und Werth⸗ 
zakete auch im Gewicht von 15 Loth und darunter das Gewicht⸗ 
vorto wie für gewöhnliche Pakete, und nur für Briefe mit decla⸗ 
irtem Werth, für deren Verpackung im 8 11 des Reglements 
u den Postvorträgen vom 23. Nov. 1867 besondere Vorschriften 
jegeben sind, bis zu dem Gewicht von 15 Loth einschchließlich 
has gemäß Art. 35 der Verträge ermäßigte Gewichtsporto außer 
der für beide Gattungen gleichmäßigen Assecuranzgebühr in An— 
vendung zu komwen hat. Zugleich werden die kgl. Postanstalten 
arauf aufmerksam gemacht, daß Vriefen mit declarirtem Werth 
iach F 18 der Instruction zu den angeführten Verträgen ein be— 
onderer Begleitbrief oder eine Begleitadresse nicht beigegeben wer⸗ 
zen darf, daß dagegen auch den Geld- und Werthsendungen im Ge⸗ 
vicht von 18 Loth und darunter, wenn sie nicht in der für 
griefe mit declarirtem Werth vorgeschriebenen Form ver— 
packt sind, ein Begleitbrief oder eine Begleitadresse beigegeben 
ein muß. 
— F Worm;s, 10. Juni. Gestern traf nun auch das Stand⸗ 
zild Luther's für das hier aufzustellende Denkmal ein und wurde 
nit fahnengeschmücktem Fuhrwerk sechsspännig nach dem Aufstel- 
ungsplatze gebracht. Unsere Stadt befindet sich nunmehr im Be⸗ 
itze des ganzen Kunstwerkes.h2 
7 Worms, 12. Juni. Vom betreffenden Ausschusse ist 
das Programm zur Feier der Enthüllung des Luther-Denkmals, 
ie am 24., 25. und 26. d. M. hier begangen werden soll, nun⸗ 
nehr veroffentlicht. Danach ist der 24. Juni (Mittwoch) der „Vor⸗ 
eier“ gewidmet, mit Empfang der Gaste, kirchliche Vorfeier am 
achmiütage und Abends gesellige Vereinigung in der Festhalle. 
der 25. Juni (Oonnerstag) ist der Hauptfesttag, u. A. mit Fest 
nuug um 1134 Uhr nach dem Denkmalsplatz, Enthüllungsfeier auf 
etzterem mit einleitendem Vortrage von Rietschel's Biographen 
derrn A. Oppermanu, Festrede von Decan Keim in Worms bei 
knthüllung des Monuments, Reden zur Uebergabe und Annahme 
es Denkmals durch den Prälaten Dr. Zimmermann aus Darm⸗ 
tadt und des Bürgermeisters von Worms, Hrn. Brück ꝛ⁊c., wo— 
auf Nachmittags Festessen in der Festhalle und Abends eleltrische 
Bele uchtung des Monuments. Am 26. Juni (Freitag) findet 
ur „Nachfe ier“ unter Anderem die Aufführung des Oratoriums 
Paulus? statt. 
Worms, 12. Juni. Der Ausschuß des Luther⸗Denkmal⸗ 
Bereins macht bekannt: 
In der Kräuter'schen. Rah ke'schen und Knapp'schen 
guchhandlung, sowie auch bei den H.h. Heinrich Rasor und 
Apotheker Herm. Münsch dahier sind Karten zu den Festlichkeiten 
der Enthüllungsfeier zu haben und daselbst gegen portofreie Ein⸗ 
endung des Betrans zu beziehen, nämlich:“ 
1) Karten, um der eigentlichen Enthüllungsfeier am 25. 
Juni, Vormittags 11 Uhr, auf einer der errichteten Tri— 
bünen beizuwohnen: Nummerirte Sitzplätze à 2 und Zfl. 
Reservirte Stehplätze à 1 fl. und fl. 
darten zu dem gemeinschaftlichen Festessen in der Fest⸗ 
jalle am 25. Juni, Nachmittags 8 Uhr, à 2fl. 42 kr. 
nit einem Schoppen Wein. 
darten zum Oratorium „Paulus“ am 26. Juni, Nach- 
nittags 4 Uhr: Nummerirte Sitzplätze à 2 fl. 30 kr. 
II. Platz 1fl. 45 kr. III. Platz 1fl. 
Karten zur Probe des Oratoriums am Vormittag des 
26. Juni à 30 kr. 
Abonnements⸗Karten zum Besuche der Festhalle während 
der drei Festtage à 1ufl. Karten zum einmaligen Besuche 
der Festhalle à 30 kr. (Alles sehr schön aber kostspielig.) 
Mainz, 12. Juni. Ein abscheuliches Attentat hat heute 
Vormittag, eine Küchenmagd im Biersaal gegen eine ihrer Col⸗ 
eginnen, ein anderes Dienstmädchen verübt. In Folge Strei— 
igkeiten ergriff Erstere ein Glas mit Vitriol und schüttete den 
zinhalt Letzterer derart ins Gesicht, daß noch zwei Unbetheiligte 
in Schneider und ein Unbekannter derart davon betroffen wurden, 
aß man für die Augen des Dienstmädchens und des Schneiders 
zroße Befürchtungen hegt. Beide wurden sofort in's Spital, die 
Ittentäterin aber in sicheren Gewahrsam gebrächt. 
Ein aus dem sächs. Erzgebirge gebürtiger, in Wiesbaden 
n Arbeit stehender Drechslergehilfe wurde — nach der Mitt. Z. 
— vor einigen Tagen durch eine amtliche Zustellung überrascht, 
vornach er in Gemeinschaft von 6 Mitterben zur Beerbung eines 
n Australien verstorbenen Onkels berufen ist, der nicht weniger 
ails 6 Millionen Pfund Sterling (60 Millionen Gulden) hinter⸗ 
assen habe. (Das läßt sich hören.)