Full text: St. Ingberter Anzeiger

Slt. Ingberler AAnzeiger. 
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Nro. 92. Dienstag, den A. Auguusfsftt 1868 
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Deutschland. 
München, 81. Juli. Der König ist gestern Nachmittags 
Uhr in München eingetroffen und am Bahnhofe von dem Prin— 
jen Otto begrüßt worden. Im Verlaufe des Nachmittags hat der 
onig die Herren Staatsminister Fürsten Hohenlohe, v. Giesser 
ind d. Lutz in Audienz empfangen und mit denselben Conferenzen 
jepflogen. — 
Prinz Olto wird den König auf der Reise nah Kisüngen 
ur Begrüßung der xussischen Kaisecfamilie bezleiten. 
Der König wird die Reise nach Kissingen morgen Abend 
intreten uUnd mittelst Extrazug von Staruberg nach Kissingen 
sahren. Im Gefolge des Koͤuigs befinden sich Generaladjutant 
Frhe. v. d. Tann und Flügeladjutant Major v. Sauer ; im Ge⸗ 
olge des Prinzen Otto Major v. Schleitheim. 
Der Kriegsminister Frhr. von Ptank hat sich in Urlaub 
egeben und übernimmt für die Dauer seiner Abwesenheit der 
Beneral Frhr. d. Ow die Leitung der Geschäfte des Kriegs⸗ 
ninisteriunss. 
München, 31. Juli. Es wäre unmöglich. auf die vielen 
ind verschiedenartigen Gerüchte, welche bezüglich der Bildung einer süd⸗ 
eutschen Militär⸗Commission, des bayerischen und württembergi— 
schen Vertrages wegen der Festung Ulm, der Auseinandersetzung 
»es Bundeseigenthums ꝛtc. durch die Zeitungen schwirren, näher einzu⸗ 
jehen. Doch glauben wir nicht unerwähnt lassen zu dürfen, daß 
zie desfallsigen Mittheilungen der „Weser⸗Ztg.“, nachdem dieselben 
ruch vvn dem „Nürnberger Correspondenten“ und der „Augsbur⸗ 
jer Allgemeinen Zeitung“ wiedergegeben worden sind, in ihrem 
esten Theile — wie uns aus zuverlässiger Quelle versichert wird 
— ungenau, in ihrem letzten Theile unrichtig sind. Ferner be— 
nerken wir in Bezug auf die das Gegentheil behauptenden Aeuße⸗ 
eungen in der Presse, daß der Staaatsminister Fürst Hohenlohe 
zuf seiner jüngsten Reise nach Stuttgart und Baden⸗VBaden aller⸗ 
zings auch mit dem badischen Min ister des Auswärtigen, Herrn 
o. Freydorf, conferirt hat. 
Munchen, 1. Aug. Nachdem zwischen dem deutschen Zoll- 
derein und der k. k. österreichischen Regierung unterm 9. März 
. Ji zu Berlin ein Handels⸗ und Zollvertrag abgeschlossen wor— 
zen ist, und derjelbe die Zustimmung des Bundesrathes, des Zoll⸗ 
zereins und die Genehmigung des Zollparlaments erhalten hat, 
o wird dieser Vertrag, nach erfolgter Auswechselung der Ratifi— 
ationen, in Gemäßheit der allerhöchsten Declaration vom 16. 
November 1867, die Zoll- und Handelsverhältnisse betr, und 
interBezugnahme auf Art. 8 8 6 des Vertrages zwischen Bayern, 
dem Norddeutschen Bund, Württemberg, Baden und Hessen, vom 
3. Juli 1867, die Fortdauer des Zoll- und Handelsvereins btr., 
in Folge besonderer allerhöchster Ermächtigung in dem heute er—⸗ 
chienenen Regierungsblatt Nr. 51 öffentlich bekanni 
zemacht. 
Das Staatsministerum der Justiz hat im Einverständniß 
nit den Staatsministerien des Innern und des Handels angeord— 
tet, daß die Directionen der Ostbahnen und der Pfälzischen Ei— 
enbahnen durch die Vertreter der Staatsanwaltschaft an den 
Stadt- und Lamgerichten viertkeljährlich von dem Ergebniß der 
Anzeigen, welche wegen Uebertretung des Art. 152 des Polizei⸗ 
trafgesetzbuches bezücglich der genannten Bahnen einkommen, iu 
Zenntniß gesetzt werden. 
Kissingen, 2. August. Die Königin von Württemberg 
st gestern Abend und der König von Bayern in Begleitung des 
Prinzen Otto heute früh zum Besuch des Kaisers von Rußland 
dier eingetroffen. 
Dienstesnachrichten 
Der zeitlich quiescirte Landrichter Valentin Köhl don Wald— 
ischbach wird für die Dauer von weiteren zwei Jahren und der 
eitlich quiescirte Revierförster Friedrich Itten von Jagdhaus, Forst- 
imts Haiserzlaäutern. für immer in Rubestand belassen. — Die 
Aufstellung des Rechtscandidaten Wilhelm Michel von Grunstadt 
als Amtsverweser des Notars Friedrich Ilgen zu Kaiserslautern 
ist für die Dauer des dem leßzteren bewilligten Urlaubs von sechz 
Wochen geneh:nigt worden. — Der Fuuctionär im k. Steuer⸗ 
»ureau, Ludwig Hartmuth, ist als Rechner des Vereins für Witt⸗ 
ven und Waisen der Steuer⸗, Gemeindes und Stiftungseinnehmer 
her Pfalz bestätigt worden. 
Berlhin, 31. Jili, Der „Staatsanzeiger“ bestätigt die 
Nittheilung der „Nordd. Allg. Zta.“, daß die Note welche Graf 
lsedom am 17. Jani 1864 an den General Larm ixmorag gerich⸗ 
et, von der Regiernug weder autorisitt noch genehmigt gewesen, 
nielmehr erst zehn Tage später in Berlin bekannt worden sei. Der 
„Staatsanzeiger“ fügt dieser Erklärung hinzu; Hieraus ergebe 
ich, daß der Text der Note keine sichere Unterlage für Schluß⸗ 
olgerungen über die politischen Intentianen der Regierung 
geben könne. ez 
Wien, 29. Juli. Bei. dem heutigen Bankeit in der 
cchützenfesthalle sprach Herr Golsen aus Zuveibrüchen: Er 
zringe die Grüße aus der Pfalz, der westlichen Grenzmarke 
Deutschlands. Dort kenne man die Gefahren, welche von Seiten 
ines ehrgeizigen Nachbars drohen; gegen diesen bedürse man die 
esammte Macht Deutschlands. „Sie sollen ihn nicht haben, den 
reien deutschen Rhein,“ das muß unser Wahlspruch sein. Man 
at gestern hier für die Gründung eines Südbundes gesprochen; 
ber ein solcher würde nur die Dreitheilung, anstatt' der jetzigen 
Zweitheilung Deutschlands herbeiführen, und deßhalb wolle die 
Nehrzahl der Pfälzer nichts davon wissen. In allen deutschen 
räudern werde sich die Freiheit Bahn hrechen, wenn mjt Ernst 
ind Beharrlichkeit darnach gestrebt wird. Schmerzlich sei es für 
ins alle, daß Oesterreich von Deutschland getrennt worden ist, 
iber es werde der Tag kommen, wo es sich wieder mit ihm ver⸗ 
»inigen könne, und diesem Tag sehen wir alle sehnlichst ent⸗ 
gegen. 
Wien, 80, Juli. Die folgende Nachricht des Internatis⸗ 
ial wäre, wenn sie sich bestätigt, interessant: Kardinal Sil vestri 
oll von der Curie nach Wien gesendet werden, um dem Papste 
jenauen Bericht über die öffentliche Stimmung in Oefstreich zu 
‚jeben. Silvestri gehört zu den liberaleren Kardinälen, und eben 
»eßhalb kommt uns die Nachricht verdächtig vor. 
Wien, 31. Juli. Bei dem heutigen Bankette sprach 
Dr. Vogel aus Frankfurt: DieDivese seiner Partei sei ohne 
Desterreich kein Deutschland.“ Er trinkt auf ein einiges, freies 
Zaterland. Eckardt (Wien) brachte ein Hoh auf die Schweiz aus 
pelche beweise, daß die Freiheit über der Neitionalität stehe. Gyr 
Schweiz) dankt im Namen der Sihweizer für den herz⸗ 
ichen Enpfang und trank auf „eine glorrreiche Zukunft 
Deutschlands.“ 
Wien, 31. Juli. Der Kaiserhat den Professor Dr. 
-7chäffle von Tübingen, wie die Amtszeitung“ meldet, zum Pro⸗ 
essor der Nationalökonomie an der Wiener Universität ernannt, 
ind ihm Titel und Chargkter eines Regierungsrathes verliehen. 
Wien, 2. August.“ Beim heutigen Schützenbankett bezeich— 
nete Seebaum aus Hannover' den von Preußen eingeschlagenen 
Weg als zur Einheit Deutschlands führend und sprach den Wunsch 
rus, Preußen möge so fortschreiten. Schließlich brachte er ein 
hoch auf das vereinigte deutsche Vaterland aus. In der heute 
tattgehabten Volksversammlung entwickelten Freese, Mayer und 
Trabert das Programm der deutschen Vollspartei. Nach hejtigen 
Debatten nahm die Volksversammiung folgende Resolutionen an: 
Die Versammlung verdammt die Losreißung Oesterreichs von 
Deutschland; sie protestirt gegen die Lösung der deutschen Frage 
im Wege von Annexionnen; sie drückt ihre Zustimmung zu den 
Bestrebungen der Volkspartei aus, welche die Lösung der deutschen 
Frage auf demokratischer Grundlage erzielen will. Schließlich 
vurde eine Comm'ssion zur Organisicun; der Volkzvartei in 
DOesterreich eingeseßt