Full text: St. Ingberter Anzeiger

letzteren belegene Rupeler Moor entzündei worden. Gestern sind 
die Bewohner der umliegenden Ortschaften und anderer aufgebo— 
len worden, durch Abgrabungen dem verheerenden Element ein 
Ziel zu fetzen. 
7 (Gum Schützenfeste) Während der Dauer des Festes wur⸗ 
den auf die Schnellfeuerscheiben von 332 Schützen 8789 Schüsst 
mit 3382 Treffern und 7040 Punkten geschossen. 
f Der Hungertyphus in Ostpreußen hat nicht weniger als 
26 Aerzte hinweggeraffi, die ihrem Berufe, in der treuen Erfüllung 
hrer Pflicht, ein Opfer dieser Seuche wurden. Bei allen Apo— 
chekern und Aerzten in ganz Deutschland wird nunmehr eine 
Sammlung zum Besten der Hinterbliebenen dieser Unglücklichen 
vderanstaltei, um sie nicht dem Elende und der Noth breisgege— 
ben zu sehen. J 
F Aus Herrieden, 3. Aug., schreidt man der „Fr. 3:“ 
Obwohl mit Ausnahme des äußersten Südostens und Nordwestens 
der Polarstrom wieder quer von Nordost nach Südwest durch 
Furopa zieht, und sich im Westen unseres Erdtheiles aufs Neue 
ein Luftberg gebildet hat, so ist unser wieder eingetretenes schönes 
Wetter doch nicht vor Rückfällen gesichert, indem die Isobaren 
enkrecht von Norden nach Süden verlaufen, und die Luftdiferenzen 
für den Sommer immerhin bedeutend sind. 
FLondon, 3. Aug. Vor dem Polizeigerichte des Lon⸗ 
doner Themse-Bezirkes stand heute eine Rjährige Frau, Namens 
Margaret Johnson, unter der Anklage, sich in trunkenem Zust ande 
gegen die öffentliche Ordnung vergangen zu haben. Der Polizei— 
richter ermahnte sie, vom Trunke abzulassen. „Ja, ich will's thun,“ 
erwiderte sie, „ich war eben im-Begrifse, nach Kent zu gehen, 
um in der Hopfenerte zu arbeiten ;, das thue ich jedes Jahr.“ 
Den Richter däuchte das Hopfensammeln für eine Frau in sol 
hem Alter viel bemerkenswerther, als das Trinken, und er ließ 
ie in Freiheit setzununn. 
7 In vergangener Woche fanden in London 1,665. Todes- 
älle stati, welche, obwohl 220 weniger als in der vorhergehenden 
Woche, das veranschlagte Durchschnittsverhältniß um 82 überstie— 
zen. An der Cholera starben 88 Personen und an Diarrhoe 
384, worunter aber nur 42 Erwachsene. Sechs Todesfälle ereig⸗ 
neten sich durch Sonnenstich. Der heißeste Tag der vorigen Woch 
var Dienstag, der 28. Juli, an welchem Tage das Quechsilber 
»is auf 167 Grad Fahrenheit in der Sonne stieg. 
Bern, 3. Aug. Nach— einem ziemlich starken Gewitter 
in der Nacht vom Miilwoch auf den Donnerstag sah man Don— 
gerstag Morgens auf dem von einer starken Prise aufgeregten und 
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drächtige Wassersäule bilden, die sich senkrecht erhob, zwei bis 
zrei Minuten lang ruhig in dieser großartigen Stellung mit der 
Wolken verbunden blieb, dann in der Richtung nach Westen sich 
»ewegte und endlich mit einem anhaltenden dumpfen Getöse wieder 
usammenfiel. Es war eine Wasserhose, eine auf Landseen seltene 
Erscheinung. 
Von dem Balkon des Mailänder Doms stürzte sich 
im 27. Juli eine junge Frau (die Tags zuvor ihren Mann, einen 
daffewirth, verlassen und die Nacht in lustiger Gesellschaft zuge— 
dracht haite), eine Vertelstunde später ein 18jähriger Jüngling 
herab; erstere starb bald darauf an Gehirnerschütterung; letzterern 
»lieb mit zerschelten Schädel am Boden liegen. Beim Sturzt 
iel er auf den pens. Major Henkel aus Breslau, der eben aus 
»er Kirche trat, und der von der Wucht des Fallenden nieder 
jeschmettert wurde und mehrere Rippenbrüche erlitt. 
pNewyork. Ein junger amerikanischer Arzt, erzählt der 
Tourrier des Etats Unis,“ entführte eine seiner Patientinnen, 
in kaum 17jähriges Mädchen, und heirathete sie. Die Eltern 
»es Mädchens lUlagten ihn der Trigamie an, wogegen er sich fol— 
Jendermaßen vertheidigte: „Ich habe mich dreimal verehelicht 
Meine erste Verheirathung war rechtsgiltig, meine zweite aber 
ull und nichtig, da im Momente ihrer Vollziehung meine erste 
Frau noch lebte. Die dritte Verheirathung ist aber vollkommen 
egal, da die erste Frau gestorben ist und die zweite nicht in An 
chlag gebracht werden kann. Der Gerichtshof von Chicago hatte 
zegen dieses Plaidoyer nichts einzuwenden. 
— Jefferson Davis, weiland Präsident der südstaatlichen Con⸗ 
oͤrderation, ist mit Familie in Liverpool eingetroffen und wird 
instweilen seinen Aufenthalt in England nehmen. Es ist ihm in 
Amerika wahrscheinlich zu lang geworden, auf den Ausgang des 
jegen ihn eingeleiteten, aber immer wieder verschobenen Hochver— 
caths-Processes zu warten. 
FNew-York. Längst suchte man hier nach einem System 
vonach die Eisenbahn ohne Gefahr vor Unglücksfällen mitten durch 
zie Straßen der volkreichen Stadt gefühtt werden könne. Am 
3. Juli hat nun eine Probefahrt auf der in Greenwich Street er⸗ 
zauten sogenannten erhöhten Eisenbahn stättgefunden, welche ein 
ünstiges Resultat hatte. Zwanzig bis dreißig Fuß hoch über dem 
Kiveau der Straße führt dicht an den Häusern eine auf eisernen 
Pfeilern ruhende, einer unendlich langen Brücke ähnliche Skructur- 
nuf welcher die Schienen gelegt sind.“ Ueber diese hin braust der 
Zug, während unten ganz friedlich, unbelästigt und unbedroht die 
elegante und nicht elegante Welt ihren Geschäften nachgeht, geschützt 
dor Sonne und Regen, wie in den Arkaden Berns. 
FNew-Yort, 25. Juli. Eine Wasserhose hat in Bal⸗ 
imore großen Schaden augerichtet. Man schlägt den Schaden 
auf 8 Milliogen, Dollars an.“ Viele Personen find ümge⸗ 
kommen. J 
F Afghanistan scheint kein Eldorado für Zeitungsschreiber zih 
sein. Aus der dortigen Stadt Candahär wird berichtet, daß am 
12. Juni zwei Männer ergriffen wurden, welche im Verdacht 
standen, Zeitungsschreiber zu sein.“ Vor den Emir deführk.ver⸗ 
urtheilte dieser ohne Weiteres sie zum Tode und- ließ sie in seiner 
Begenwart enthaupten. Ihre Köpfe wurden auf Stangen gesteckt, 
und zur Warnung für Andere öffeutlich auf den Thoten der Stadt 
zur Schau ausgestelll. 
7 Fernambuco. Auf dem am 25. Juni hier einge- 
laufenen holländischen Schiffe „Fennichina“ hat sich Schreckliches 
zugetragen. Ein rasend gewordener Matrose erschlug zwei— See— 
eute und warf sie über Bord, den Kapitän uud zweiten Steuer— 
nann sperrte er drei Tage in der Kajüte ein und führte das 
Schiff'mit zwei anderen Matrosen, die er geztbungen hätte, ihm 
zu gehorchen. Als er nun in der dritten Nacht vom Schlafe 
übenwältigt wurde, nahm einer der beiden Matrosen ihm die 
Axt weg und spaltete ihm den Schädel. Daxauf setzte er die beis 
»en Gefangenen in Freiheit. 
GBereitung des flüfsig bleibenden Leims) 
Man erhälk bekanntlich einen flüfsig bleibenden Leim durch 
Zehandlung in der Warme geçangenen Leimes mit Salpetersäure 
Scheidwasser). Ein noch vorzüglicherer flüssiger Leim wird nach- 
tehend bereitet: Man nimmt wasserhelle Gelatine oder guten Köl⸗ 
ner Leim und löst denselben im Wasserbade mit einer gleichen 
Auantität starken Essig, einem Viertheil Alkohol und ein klein 
venig Alaun auf. Unter dem Einflusse des Essigs behält dieser 
Leim auch im kalten Zustande seine Flüssigkeit bei. Er ist sehr 
bequem beieiner Menge kleiner Arbeiten, die keinen sehr zähen Klebestoff 
erheischen, denn er ist stets für den Gebrauch beteit und hält sich ünbe— 
zrenzt lange. Bon Kunsttischlern, Bautischlern, Pappetimachern, Drechs⸗ 
lern, bei der Fabrikation falscher Perlen zum Festkitten der Perl- 
mutter, von Horn ⁊c. in Holz und Metall, auch im Laboratori— 
um bei Darstellung von Gasarten als Kitt, kann derselbe mit Vor⸗ 
heil gebraucht werden. 
Landwirthschaftliches. 
Ausfall der Ernte. Die Erdruschrefnultate, die jetzt 
äglich in den öffentlichen Blättern zur Mittheilung gelangen, 
timmen zwar im Allgemeinen darin überein, daß der Ausfall der 
diesjährigen Ernte die gehegten Erwartungen übertrifft; es zeigen 
sich jedoch hinsichtlich des geernteten Körnerquantums immerhin 
bedeutende Schwankungen. Im großen Ganzen lauten aus den 
Gebirgsgegenden die Nachrichten über den Roggen- und Waizen⸗ 
erdrusch günstiger, als aus den Niederungen; dagegen gewinnt es 
mehr und mehr den Anschein, als ob die Niederungen mit einer 
besseren Qualität beglückt waren, wiewohl die Qualität von Korn 
und Waizen der Gebirgsgegenden doch auch als gut bezeichnet 
vird. Aus den südlichen Gegenden Frankreichs wird mitgetheilt 
daß der diesjährige Ertrag des Roggens den Durchschnittsertrag 
der letzten 10 Jahre wesentlich überstelge und zwar so, daß es 
in die zweite Reihe gestellt werden müsse; ebenso sei auch der 
Waizeuerdrusch allgemein befriedigend. Auch aus dem Elsaß 
zehen gute Nachrichten ein. Sachkundige Händler und Müller 
wollen beobachtet haben, daß sich diese Gegend noch selten einer 
id hohen Fruchtqualität zu erfreuen gehabt habe, wie gegenwärtig. 
Die einzige Gegend Frankreichs, die sich nicht ganz befricdigt er— 
klärt, ist Lothringen und zwar sind es hier, im Widerspruche mit 
der Beobachtung im Allgemeinen die Gebirgslandschaften, die na⸗ 
nentlich über eine geringe Qualität Klage führen. — Belgien 
obt seine Ernteerträge als solche, welche in den letzten 5 Jahren 
nicht erreicht worden seien; der Waizen besonders lieferte Resul— 
tate, wie man sie nicht erwartet habe und zwar ebensowohl quan— 
titatipv, wie qualitati. Wenn auch aus England bisher über die 
Ernteaussichten im Ganzen recht günstig berichtet wurde, so zei— 
gen sich doch dort jetzt mehr wie anderwärts auffallende Schwan⸗ 
kungen. In den größeren Flußthälern hat zwar der Waizen ein 
reichliches Gebinde geliefert, auch sind die Aehren vollauf besetzt, 
allein der Kern ist doch leicht und die Qualität daher keineswegs 
ausgezeichnet. Ganz anders verhalten sich die Höhengegenden, in 
ihnen kommt zufolge zuverlässiger Berichte der Könerertrag einer 
Vollernte gleich, wie denn auch die Qualität als sehr gut bezeich— 
net wird. — Im südwestlichen Deutschland, namentlich in Baden, 
der bayerischen Pfalz, Rheinhessen und in den südlichen Gegenden