Sl. Ingberler Anzeiger.
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Nro. 96. Donnerstag, den 18. August 1868.
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Deut schland.
Aus Speyher, 11. August, wird der „Pfälz. Zig.“ ge⸗
neldet: „In den jüngsten Tagen hatte die Pfalz die Ehre, meh⸗
zere Ministerial-Commissäre aus München in ihrer Mitte zu be—
sitzen. Vor elf Tagen kam Herr Finanzministerialrath Frhr. v.
dobkowitz in Speyer an, um mit dem Finanzkammercollegium den
Entwurf eines Targesetzes für die nichtstreitige Rechtspflege und
eines Stempelgesetzes für sämmtliche Landestheile Bayerns zu be⸗
rathen, zugleich um mit dem Generalstaatsprocurator, dann eini—
zen Rentmeistern und Notären, über den Entwurf sich zu bespre
Pprechen. Nach stattgefundenen zehn Sitzungen ist Frhr. v. Lob—
kowitz wieder abgereist. Heute verließ uns auch der seit zwölf
Tagen in der Pfalz die Forste inspicirende k. Ministerialrath
Dr. v. Mantel, nachdem er in Kaiserslautern die sämmtlichen
Forstmeister zu eingänglichen Verhandlungen, Directiv-Ertheilun⸗
gen u. s. w. um sich versammelt hatte. Ein weiterer Ministerial—
rommissär, in der Person des k. Justizministerialrathes Meißner,
velcher von seinem Ressortminister beauftragt ist, derschiedene An—
gelegenheiten und Rechtsinstitutionen der Pfalz, deren nähere
Wahrnehmung dem k. Minister wegen Kürze seines Aufenthaltes
im Kreise nicht mehr möglich war, eingehend kennen zu lernen —
perweilt noch unter uns.
München, 9. August. Die Commission zur Berathung
des Verfahrens zum Vollzug der Bestimmung des Art. 13. des
bayerisch⸗preußischen Friedensvertrages, die Düsseldorfer Gemälde—
zalerie betr. besteht aus folgenden Mitgliedern: Appellation sge—
richtspräsident v. Neumayer, den Oberappellationsdirectoren v.
Zink und v. Meß, den Ministerialräthen Schebler und v. Graf,
Professrr Dr. v. Pözl, Archivconcervator Jörg und Advocat
Dr. Henle.
Die zu dem dießjährigen Garnisonswechsel bestimmten Trup—
zenabtheilungen haben am 3. October in ihre neuen Garnisonen
abzumaschiren.
München, 10. August. Der König ist heute früh aus
Zissingen auf Schloß-⸗Berg eingetroffen. — Die auf heute bestimmt
zewesene Abreise des Fürsten Hohenlohe (nach Kissingen) ist auf
einige Tage verschoben worden.
München, 11. Aug. Vergangenen Sonnabend fand zwischen
den Monarchen von Bayern und Würitemberg gegenseitiger Besuch
datt. — Am Sonntag war bei dem König große Hoftafel, an
welcher der Kaiser von Rußland, der König und die Königin von
Württemberg, der Großherzog von Hessen, Prinz Alexander von
Hessen und Prinz Otto Antzeil genommen haben. Fast gleich—
eitig mit der k. Hoftafel hatte Se. Maj. der König in dem Con⸗
dersationssaale des Curhauses der Suite der russischen, württem⸗
zergischen und hessischen Herrschaften eine sehr splendide Marschalls⸗
afel anbieten lassen. Als der König vorgestem Abend 7 Uhr
dissigen verließ, war fast die ganze Stadt auf den Beinen, und
die Hochrufe, das Schwenken der Tücher und Hüte in den Stra⸗
zen, durch welche er fuhr, bewies die warme Verehrung der
Bewohner Kissingens für den scheidenden Monarchen. Der König
raf gestern Morgen 26 Uhr wieder in Schloß Berg ein. Ob—
gleich er im strengsten Incognito reiste, wurde er in Heidings-
seld, Würzburg, Schweinfurt und an allen Orten, welche der
Frtrazug noch vor später Nachtzeit berührte, von der versammelten
Bevölkerung mit Hochrufen begrüßt. — Der König hat bei der
Abreise von Kissingen den Armen der Stadt aus der Cabinets⸗
afse eine Unterstützung übersenden, ferner der protestantischen
Kirche daselbst eine namhafte Spende anweisen lafsen.
Dienstesnachrichten.
Der ehemalige Schullehrer Joh. Gerstle, z. Z. interimistischer
Berweser in Bindersbach, ist in provisorischer Eigenschaft zum
Verweser an der kath. Schule daselbst; der Lehrer Andr. Hendel
in der oberen kath. Mittelschule in Neustadt zum Lehrer an der
Aberen Knabenschule daselbst in definitiver Eigenschaft; der Lehrer
Jacob Massa an der unteren kath. Schule in Neustadt zum Lehrer
an der oberen Mittelschule doselbst in definitiver Eigenschaft; der
Lehrer Ant. Lieb in Heltersberg zum Verweser der unteren kath.
Mädchenschule in Kaiserslautern ernannt.
Frankfurt, 11. Aug. Der Kaiser von Rußland traf
heute Nachmittag um 484 Uhr von Kissingen kommend mit Ge—
'olge hier ein, und wurde auf dem Bahnhofe von dem Polizei⸗
präsidenten pv. Madai und dem Stadtcommandanten Generalma—
jor v. Franckenberg-Ludwigsdorff empfangen. Der Kaiser begab
äch alsbald nach dem Taunusbahnhof, von wo die Weiterreise
über Wiesbaden nach Schlangenbad um 5 Uhr erfolgte.
Wiesbaden, 11. Aug. Der König wird am Donnew—
ag Abend hier eintreffen. Der Kaiser von Rußland wird in
den nächsten Tagen erwartet. Am Freitag findet die Grundstein⸗
legung beim Militärbadehause statt.
Wiesbaden, 11. Aug. In der heute stattgefundenen
Beneralversammlung der Taunuseisenbahngesellschaft wurden die
Anträge des Verwaltungsrathes auf 1) Anlage eines zweiten Ge⸗
leises von Frankfurt nach Höchst, M Anlage einer Zweigbahn nach
der chemischen Fabrik Griesheim einstimmig genehmigt, und der
Verwaltungsrath zugleich ermächtigt, eine Anleihe von 150,000 fl.
zur Ausführung des beantragten Doppelgeleises aufzunehmen.
Ems, 12. Aug. Die Zusammenkunft des Königs Wilhelm
und des Czaren Alexander findet am Mittwoch Nachmittag in
-„chwalbach statt.
Berlhin, 7. August. Derselbe Correspondent welcher. der
„Kreuzzeitung“ von Brüssel aus sehr beachtenswerthe Mittheilung
äüber die Stimmung in Holland gemacht hat, geht heute auf Bel—
jien über und führt aus, daß die Belgier seit dem Tode Leo—
pold J. die Möglichkeit der Aufrechthaltung jener Neutralität auf⸗
gegeben haben, welche einst als einziges Beschwichtigungsmittel ge⸗
gen das Weiterumsichgreifen der Pariser Julirevolution von der
europäischen Diplomatie zusammengeleimt wurde. In Belgien
ehe man ein, daß man sich bei einem ausbrechenden Kampfe
wischen Frankreich und Deutschland von vornherein eine Allianz
werde wählen müssen und daß man mit Frankreich gegen Deutsch-
land gehen werde. — Das Alles ist auch nicht neu, um so be—
achtenswerther, als gerade die „Kreuzzeitung“ an Stelle eines
Leitartikels in dieser Correspondenz einen sehr wunden Fleck be—
rührt, welcher namentlich der englischen Diplomäatie schon seit ge—
raumer Zeit viel Kopfzerbrechens macht. In militärischen Krei—
jen Deutschlands gibt man ebenso wenig auf die garantirte Neu—⸗
tralität Belgiens als in diplomatischen und meint, daß es eintre⸗
tendenfalls darauf ankommen werde, einem Feinde das pare venire
zu spielen. — Die Konferenz wegen Beschränkung des Gebrauchs
der Explosionsgeschosse tritt am 13. Det. in Petersburg zusam⸗
men. Unter den hiezu eingeladenen Staaten befinden sich auch
Bayern, Württemberg und Sachsen. Sachsen hat aber Betheili—
zung unter Hinweis, daß es durch den norddeutschen Bund ver⸗
reten sein werde, abgelehnt.
Aus Berlin, 8. August, wird geschrieben: Einige fud⸗
deutsche Blätter legen der vom Chef des Generalstabes der Armee
General v. Moltke, veranstalteten militärischen Uebungsreise mit
Generalstabsofficieren eine besondere Wichtigkeit bei. Namenilich
wird behauptet, diese Reise gelte nicht Uebungsaufgaben, sondern
kriegerischen Zwecken. Auch fügt man hinzu: in Preußen würden
überhaupt umfassende Kriegsvorbereitungen getroffen. Erst neu⸗
erdings seien für 800,000 Thlr. Pferde angekauft worden ꝛc.
Alle diese Mittheilungen beruhen auf Phantasiegebilden. In
Wirklichkeit finden bekanntlich in jedem, Jahr Uebungsreisen von
Officieren des Generalstabes stait; bei denselben handelt es sich
einfach um einen Cursurs in der Sirategie.
WVrorgestern Abend ist der französische Botschafter, Hr Bene—
detti, aus Carlsbad wieder hier eingetroffen, reist aber demnächsft
nit Urlaub nach Paris und kehrt erst gegen Ende September auf
einen hiesigen Posten zurück.
Schwerin, 10. August. Laut großherzoglicher Verord⸗
nung erfolgt mit dem 11. August der Eintrit Meklenburaa