Full text: St. Ingberter Anzeiger

die Sturmglocke ertönte oder sonstige Sinnale gegeben wurden. 
Am südöstlichen Ende hiesiger Stadt zwischen der Simon'schen 
Plüschfabrik und der Gefangenanstalt liegt die von Christ. Knorr 
gegründete, jetzt den Herren Kuhn und Zorn gehörige Cichorien⸗ 
fabrik, in deren Rübendörre Feuer ausgebrochen war, welches die 
nnere Einrichtung und den Dach tuhl gänzlich zerstörte. Wasser 
sst in der Nähe nur wenig zu haben, hätie wohl auch bei der 
iußerordentlichen Trockenheit niche viel geholfen; die Zimmeraxt 
hat aber ihre Schuldigkeit und hierdurch wirde das Feuer auf 
seinen Herd gebannt. Wie ich höre ist die Fabrik versichert und 
helommt demnach ihren nicht ganz unbedeutenden Schaden ersetzt 
Vom Material soll nichts verbrannt sein. 
7 Der Michaelis oder Wurstmarkt in Dürkheim wird 
ibgehalten am 27. 28. und 29. September l. Is. ma3 
Die Maschinenfabrik Albert und Hamm in Frankenthal 
hat vorige Woche ihre hunderste Schnellpresse vollendet 
THeidelberg. 7. Aug. Am gestrigen Nachmiittage er⸗ 
chinen im hiesigen Mayer'schen Biergarten zwei sehr elegant ge⸗ 
leidete Herren, gesellten sich zu einem andern doct anwesenden 
Herrn und luden ihn nach kurzer Unterhaltung zu einem Karten⸗ 
spiele ein. Sie verloren, und da einer derselben nicht mit klei⸗— 
ner Münze versehen war, reichte er dem fremden Mitspieler einen 
Funfthalerschein zum Wechseln, wogegen er von ihm den Betrag 
in Silber erhielt. Sogleich nach Beendigung des Spiels über⸗ 
zeugte sich der Mitspieler, daß der Schein gesälscht war, rief augen⸗ 
blicklich die Hilfe der Polizei herbei und ließ die noch anwesenden 
eleganten beiden Herren verhaften, welche sodann unter großem 
Zuströmen der Bevölkerung durch die ganze Stadt nach dem Amt- 
jause gebracht wurden. Es sollen fremde Abenteurer sein, welch 
yhne Zweifel schon an anderen Orten ihr Handwerk auf ähnlich 
Weise getrieben haben. 
Die „Frkf. Ztg.“ läßt sich schreiben, Prof. Kinkel (jetzt in 
Zurich) habe „Schritte gethan, um in Preußen eine Anstellung 
iu erlangen,“ aber einen ablehnenden Bescheid erhalten. 
In Frankfurt ist im Dome die Kanzel eingestürzt 
wodurch wehrere Menschen schwere Verletzungen erlitten haben. 
fIn Frankfurt a. M. colportirt man gegenwärtig — 
ast wie eine Art bonne mine au mauvais jen — die Scherz⸗ 
rage: Was ist für ein Unterschied zwischen dem Ftankfurter 
ind Wiener Schützenfeste? Antwort: Nach Frankfurt kamen die 
Oestexreicher guter Hoffnung und nach Wien die Frankfurter in 
andern Umständen. 
Im Großherzogthum Hessen starben im vorigen Jahre 47 
Bersonen an der Wuihkrankheit. 
Der österreichische Gesammtstaat zählt nach den 
euesten Exmittelungen 34,983, 000 Einwohner, darunter 8,782,000 
deutsche. 
Ungarische Rechtspflege. Zwei kuriose Justiz⸗ 
lle sinden wir in der Magyar. Ujs. registriri. Als erfter wird 
tzählt, daß am 6. d. M. ein hervorragender Bürger in Tasnod 
damens Emerich Szabo, von dem Stuhlrichter * und fünf 
ßanduren in seiner Wohnung überfallen und daß ihm aus seinen 
deller der sämmtliche Weinvorrath weggeschleppt wurde, weil besagten 
zürger seine eigene Fechsung in Vouleillen verkaufte, wozu er, 
iebenbei bemerkt, nach dem in der dortigen Gegend herrschenden 
Usus vollkommen berechtigt ist. Der zweite Fauͤ, welche sich in 
ẽreSzt.Kiraly zugetragen hat, ist nicht weniger traurig, wenn⸗ 
leich das heitere Element in demselben nicht fehlt. Dem dorti— 
zen reformirten Seelsorger Karl Kovacs wurden mehrere Scho⸗ 
der Heu angezündet, der Thäter wurde sofort verhaftet; der Herr 
Stuhlrichter, an dem es nun war, Gerechtigkeit zu üben, that 
ies in einer höchst eigenthümlichen Weise Er versetzte dem 
hrandleger höchst eigenhaͤndig ein Paar Ohrfeigen und — jagte 
hn von dannen. Uls der hochwürdige Herr Einsprache gegen 
iese Art der Rechtspflege erhob, erwiederle der Herr Stuhlrich⸗ 
er: „Ei, lassen wir ihn laufen, sonst machen wir ihn am Ende 
och mehr böse. 
FDas Verhältniß Napoleons III. zu seinem 
8etter. Lucian Herbert erzählt in der „N. Fr. Pr.“ folgende, 
nas Verhältniß Napoleon's des III. zu seinem Vetter, dem Prin⸗ 
en Napoleon, characterisirende Anekdote: Als Louis Napoleon 
yen Staatsstreich zu lange in Erwägung zog, machte ihm sein 
detter den Vorwurf, daß er nichts von dem' Blute des Kaisers 
n sich habe. „Aber seine Familie habe ich auf dem Halse!“ 
ertigie Louis Napoleon seinen Verivandten 1b. — Eines Tages 
ils sich das Kaiserreich in einer Krise befand, rieth der Prinz 
um Kriege mit Deutschland. „Ich fürchte den Rhein,“ sagte 
douis Napoleon, „wir koͤnnen lecht in cihm ertrinken!“ — „Bes—⸗ 
er wir ertrinken im Rhein, als in einer Gosse!“ meinte der 
drinz. — Der Kaiser soll es seinem Ve⸗ter lange nachgetragen 
aben, daß dieser, nachdem er seine Gemahlin Ciotilde bei Hoft 
zorgestellt, scherzhaft die Phrase hingeworfenn. Jebt haben vi 
)och wieder eine ordentliche Prinzessin in unserer Familie!“ Der 
Bolkswitz bemächtigte sich des gespannten Verhältnisses, das ab 
und zu zwischen den beiden Rapoleoniden obwaltete, und liefte 
dasselbe gleichfalls zu mancher Anekdote aus. Eine der picante · 
sten ist wohl folgende: Eines Tages fragte der kleine Napoleon 
seinen Vater, was für ein Unterschied zwischen accident (Unfall) 
und malheur (Unglück) sei. „Mein Kind, soll der Kaiser, der 
ben schlecht auf seinen Vetter zu sprechen war, geantwortet ha⸗ 
ben, „wenn Dein Onkel Napoleon ims Wasser fiele, so waͤre das 
ein aceident, wenn er aber wieder herausgeholt wurde, so war⸗ 
das ein malheur.“ 
Brüssel, 8. Aug. In der Henriettengrube bei Je⸗ 
mappes fand eine große Explosion statt, wobei 51Mann ge⸗ 
födtet wurden. 
fEine Schauergefschichte zur See. Zu Greenod 
in Schottland befindet sich gegenwärtig ein Schiffscapitän und 
sein Steuermann in Unterfuchungshaft wegen Verübung von Grau⸗ 
amkeiten, wie sie selbst in unserer an die Nachtseiten der mensch⸗ 
lichen Natur gewöhnten Zeit zu den Seltenheiten gehoͤren. Am 
7. April ds. Is. lief das Kohlenschiff, Arran“ von Greenock aus 
mit Cours nach Quebeck. Schon wenige Stunden nach der Ab⸗ 
fahrt entdectte die Schiffsmannschaft zwei Knaben, die sich an 
Bord verstedt gehabt, um die Reise in die Welt als blime Pas⸗ 
agiere mitzumachen — ein keineswegs seltenes Vorkommniß an 
Bord englischer Schiffe. Bei Begegnung eines Dampfers über 
gab der Capitän die beiden Abenteurer demselben zum Rücktranb⸗ 
port nach Greenock. Der „Arran“ setzte die Fahrt fort und er— 
reichte die offene See, Zur Nachtzeit hörte man ein Klopfen in 
verschiedenen mit Gerümpel gefüliten Ecden des Schiffes, und nach 
einigem Suchen zog man nicht weniger als sieben Knaben aus 
erschiedenen Verstecken hervor! Eine allerdings nicht angenehme 
Zugabe für den Proviantmeister. Aufangs indessen wurden die 
naben leidlich behandelt, auch zu verschiedenen Dienstleistungen 
herwendet. Da wurden sie alle seekrank, und von diesem Moment 
an begannen Mißhandlungen der verschiedensten Art Man seßte 
ie zunächst auf Hungerkur — nach der Rate bon einem halben 
Schiffszwieback per Kopf und Tag. Einst fast wahnsinnig vor 
dunger, erbrachen die Knaben ein Mehlfatz und versuchten sich 
nit dem Inhalte zu sättigen. Peitschenhiebe waren die Folge. 
Finer wurde sogar gestäupt, indem man ihn auf das Verded 
chnallte und mit einem harten Besen so lange fegle, bis das 
Blut aus allen Poren drang. Nahrung wurde ihnen heimlich von 
inzelnen Matrosen zugesteckt, doch die Entdeckung führte nur zu 
strengeren Maßregeln gegen die Knaben. Endlich glaubte man 
Land in Sicht zu haben; man glaubte so, obgleich sich minmehr 
yeraus gestellt hat, daß felbst in diesem Falle die Entfernung noch 
zegen 15 Seemeilen betragen haben mochte. Hin und vieder 
steckte das Schiff im Eise fest. Da kam es dem Capitän in den 
Sinn, einen Racheact an den Hilflosen zu üben. Er setzte sechs 
von ihnen, jeden mit einem Scqhiffszwieback versehen, dünn beklei⸗ 
det und zum Theil ohne Schuhe und Strümpfe auf der nächsten 
Eisscholle aus, ihnen höhnisch zurufend: „Nun geht selber an's 
Land.“ Man sagt, er habe erfi spaͤter bemerli, daß jene Scholle 
mit anderen Eisflüchen nicht zusammenhing, sondern durch einen 
breiten Seestrudel von diesen getrennt war. „Er verlor die Kna⸗ 
hen bald aus dem Gesicht,“ heißt es in dem Bericht, und ‚man 
onnte ihr Weinen nicht mehr hören!“ Es heißt, daß zwei den 
Qualen des Frostes oder Hungers unterlagen oder ertranten. Nur 
dier wurden in kläglichemZustande an Bord eines nahe kommenden 
Schiffes aufgenommen. Monate vergingen, aber die Fama fliegt 
ber die See, und als der „Arran“ eben jetzt wieder einmal in 
GBreenock anlangte, hatte die Polizei große Mühe, Capitaän und 
Steuermann davor zu schützen, lebendig von dem Volke zeriffen 
zu werden. Dennoch zweifelt man an ihren Verurtheilung nach 
irgend einem englischen Gesetz. 
f In der letzten Woche kamen in der Romagna 70 Raubanfälle, 
diele mit Mord und Verwundung verbunden, vor, Allenthalbes 
herrscht Schreden und Entsetzen. 
F. In Newyork sind der großen Hitze in einer einzigen Woche 
üüber 400 Menschen erlegen, daͤrunter Morton, der Entdecker der 
ichmerzbetäubenden Wirkungen des Schwefeläthers. 
t In Indiana (Amerika) bemächtigte sich eine Räuber—⸗ 
bande einer Lokomotive nedst Waggon und dampfte davon. Ale 
ie jedoch spater den Waggon öffnen wollten, fanden sich mehrere 
Eisenbahnbeamte in demselben vor, welche auf die Räuber feuer⸗ 
ten und sie in die Flucht trieben. Drei von ihnen wurden je⸗ 
doch wieder eingefangen. Nachdem dies bekannt worden war, 
hielt ein großer Volkshaufe den Zug auf, nahm den Eisenbahn 
beamten die drei Rauber weg und hängte sie an einem Baume auf. 
F Tod durch Getreide-Ausdünftung— Die Er⸗ 
ahrung zeigt, daß Getreidekörner eine große Quantitat Kohlen⸗ 
saure entwickeln, weshalb es gefährlich ist, Maäumlichkeiten