St. Ingberker AAnzeiger.
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Deutschland.
München, 18. Aug. Zu der vor einigen Tagen in
Nürnberg staitgefundenen Prüfung zum einjährigen Freiwilligen⸗
dienst hatten sich von 116 Angemeldeten 113 gestellt, von denen
etwa s die Prüfung nicht bestanden. Bei dem Examen in
Augsburg wurden von 46 Candidaten die Hälfte für unbefähigt
erklärt. In Würzburg haben von 40 Gemeldeten 29 die Er—
laubniß zum Eintritt in die Armee erhalten. Hier soll das Re—
sultat ein besseres sein, als bei der ersten Prüfuͤng; es hatten sich
diesmal 70 junge Leute angemeldet. (Zur Prüfung für den ein—
jährigen Freiwisligendienst in der Pfalz sind schon an 100 An—
neldungen eingelaufen.
München, 14. Aug. Die Mannheim⸗Heidelberger Ver⸗
jandlungen zwischen den Bevollmächtigten der Rheinuferstaaten be—
hufs Bereinbarung einer neuen Rheinschifffahrtsacte wurden gestern
wesultatslos abgebrochen, weil niederländischerseits in Giltigkeit der
Tonvention auf den Wasserweg bis Gorkum und Dortrecht be—
schränkt, die eigentlichen Rheinmündungen aber, die Merwe und
die neue Maas, ausgenommen werden sollten.
München, 14. August. Gegenüber dem in Umlauf be—
findlichen Gerücht, daß vom bayerischen Eisenbahnanlehen im
nächsten Monate eine größere Summe zur Subscription aufgelegt
werden solle, erklärt die „Hoffmann'sche Korrespondenz“, daß der
ür das laufende Jahr auf 15 Mill. festgesetzte Bedarf für den
Lisenbahnbau vollständig gedeckt sei. — Der König besuchte ge—
sttern den Kaiser von Oesterreich in Grathshausen.
München, 15. August. Der Kaiser von Oesterreich ist
heute Morgen hier eingetroffen und wurde vom Herzog Ludwig
und der österreichischen Gesandtschaft im Bahnhof empfangen, wo—
rauf er, in Begleitung des Herzogs die Fahrt nach Gerathshausen
ortsetzte.
Berlin, 11. Aug. Einen sonderbaren Vertrag zwischen
Preußen und Schwarzburg⸗Rudolstadt veröffentlicht der Staats—
Anz.“: Preußen übernimmt durch denselben die Veranlagung der
schwarzburgischen Grund- und Gebäudesteuer, die unter Leitung
des preußischen Finanzministeriums und preußischer Beamten durch
die schwarzburgischen Behörden erfolgt.
Berlin, 12. Aug. Der hiesige „Vollksfreund“ schreibt be—⸗
züglich der in Breslau schwebenden Frage über die vom Ministe⸗
rium inhibirte Anlegung einer confessionslosen Schule: „Zwischen
der nordamerikanischen Republik und dem Kaiserreich China, dem
Musterstaate für Zöpfe und Zopfbildung und für wohlgeprüfte,
mit richtigen Orden, Uniformen und Rangklassen versehene, gehor
jamste Staat sbeamte, (Mandarinen) ist ein Vertrag aögeschlossen,
welcher vollständige Gegenseitigkeit, Religionsfreiheit und Nicht—
einmischung feststellt. Darin ist den Nordamerikanern auch das
Recht verliehen, „freie Schulen mit vollkommener Religionsfrei⸗—
Jeit““ in China zu errichten. Bekanntlich steht in Breslau' ein
neues Gymnasialgebäude leer, weil unser Ministerium den Bres—
lauern bisher nicht gestattete, sich für ihr eigenes Geld confessions—
lose höhere Schulen zu halten. Man erzählte nun, die Breslauer
tädtischen Behörden wollten den Herrn Unterrichtsminister v.
Mühler ersuchen, baldmöglichst einen Ministerialrath nach China
zu senden, damit dieser sich überzeuge, wie sogar der so wackelige
chinesische Staat confessionslose Schulen vertragen könne. Diese
Nachricht bestätigt sich jedoch nicht. Die Breslauer meinen ver⸗
muthlich, die Reise sei in Anbetracht des in Aussicht stehenden
Desicits für 1869 zu kostspielig. Statt dessen sollen aber einige
Stadiverordnete von dem obersten chinesischen Unterrichtsmandarin
ein schriftliches sachverständiges Gutachten über die Breslauer Schul⸗
angelegenheit erbeten haben, in der festen Hoffnung, durch ein sol⸗
hes am leichtesten den preußischen Unterrichtsminister von der Ir⸗
rigkeit seiner Ansicht überzeugen zu können.
Berlin, 13. Aug. Die Beklemmungen, welche uns das
Athmen mehr noch als die andauernde tropische Hitze erschweren,
nehmen ihren Ursprung keineswegs in den auswärtigen Verhält⸗
aissen, welche augenblicklich so befciedigend und so friedlich au8
möglich sind, sondern in den inneren Zuständen auf verschiedenen
Bebieten des öffentlichen Lebens. Wir müssen es mit ansehen,
vie in den neuen Provinzen die Stimmung sich verschlechtert, und
vir fühlen den Druck eines Systems, das zum Conflict führen
nuß — voraussichtlich in der naͤchsten Landtagssession, zu einem
bdiel schweren Conflict, als den im Jahre 1866 abgeschlossenen.
Das Ministerium wird einer sehr starken Opposition, welche dies—
mal über die Majorität verfügt, die Spitze bieten müfssen, und daß
dieser Kampf, falls nicht die Machtfrage in den Vordergrund ge—⸗
stellt wird, mit einer Niederlage der Herren v. Mühler, Graf
Zulenburg, Graf Itzenplitz und des Frhr. v. d. Heydt enden wird,
läßt sich schon heute mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit vorhersagen.
Werden diese Herren zurücktreten und freisinnigeren Maunnern den
Platz räumen Gewiß nicht, aus sehr bindenden Gründen nicht,
und was dann? Soll der Aufschwung im Jahre 1866 zusammen⸗
schrumpfen zu Erfolgen von Ministern in den neuerworbenen Pro⸗
pinzen ? Soll nichts weiter errungen sein, als eine räumliche
Machterweiterung? Und was kann unter solchen Verhältnissen
aus dem norddeutschen Bunde werden? — Mit der preu⸗—
bischen Kugelspritze sind in Konigsberg Versuche angestellt
vorden, welche ein sehr befriedigendes Resultat ergeben haben.
Die Spritze hat 37 Rohre, also 12 mehr als die französische
Infanteriekanone und es können mit ihr 222 —233 Schuß per
Minute abgegeben werden. Auf 800 Schritt durchlugen die Ku—
geln Faschinenkörbe, die Tragfähigkeit gehi bis 1500 Schritt.
Hirschberg, 13. Aug. Ueber die preußische Paßfreiheit
vird der „Berliner Montags-Zeitung“ aus unserem Städtchen
aachstehender Beitrag geliefert: „Ein Staatsbürger und Mitglied
des norddeutschen Bundes ist ohne Paß nach Berlin gereist, weil
nan ihm auf dem Landrathsamte bedeutet habe, daß der Paß—
wang aufgehoben sei und er daher solchen nicht mehr brauche.
Das vertrauensvolle Mitglied des norddeutschen Bundes aus
ainserem „Stadtdorfe“ Grunau wurde in Berlin, weil ohne Legi⸗
timation, aber eingesperrt. Das k. Polizeipräsidium daselbst
foll ihn zwar bald wieder entlassen, dabei aber ausgesprochen
haben, daß „auf Erfordern“ stets ein Paß vorgezeigt werden
nüsse. —
Die deutsche Kaiserkrouer) Anläßlich einer in
der „Frkf. Z.“ veröffentlichen, die Frankfurter Kaiserwahl im
J. 1849 betreffenden Erklärung der Profefforen Dr. Wultke und
Bresgen berichtigt Fr. Kolb in demselben Blatte die vom Grafen
Pocci gemachte Angabe, die deutsche Kaiserkrone sei nach Ableh⸗
nung des Königs von Preußen dem Könige Ludwig von Bayern
angeboten worden, dahin, dieses Anerbieten sei nicht dem Genaͤnn—
wen, sondern dem Könige Marimilian und zwar von zwei Ab—
zeordneten des Clubs deutschen Hauses und des Clubs der West—
endhalle, die Kolb am 18. oder 19. Sept. zur Einleitung der Sache
jelbst zu einem frühern Minister einführte, gemacht, drei Tage
darnach aber ablehnend beschieden worden.
Wien, 13. Aug. Mit großer Spannung erwarten wir jetzt,
wie sich der Conflict mit den Bischöfen von Linz und Bruͤnn—
welche die Herausgabe der Acten der Ehegerichte an die kaiser—
lichen Gerichte verweigern, lösen wird. Der Minister hat die
Bischöfe nochmals mit 14tägiger Frist zur Herausgabe der Acten
nuffordern lassen. Und wenn die Frist nutzlos verstreicht, was
»ann? Nun, dann kann die Regierung doch wohl nur die Acten
abholen lassen, und auf die Anwendung dieses Mittels haben es
die beiden Bischöfe jedenfalls abgesehen. Wir möchten aäber wohl
vissen, ob die anderen Bischoͤfe die Acten schon herausgegeben ha—
»en. — Mit Rücksicht auf die vorerwähnte Haltung der Bischöfe
»on Linz und Brünn ist die Nachricht des ulktramontanen Monde
von besonderem Interesse, daß die Antwort der römischen Curie
auf die Note des Frhr. v. Beust von Cardinal Antonelli mit der
jewohnten Schroffheit beantwortet werden wird. Antouelli wahrt
das Recht des Papstes, zu sprechen, wie er es gethan, und die Ver—
letzung eines zweiseitigen Vertrages zu verdammen, an dessen Stelle
man im vollen Widerspruch mit dem Kirchengesetze stehende Gesetze