Full text: St. Ingberter Anzeiger

Sl. Ingberler Anzeiger. 
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hro. 100.* 9 e e Samstag, den 22. August ”ν — e 1868 
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München, 17. Ang. Die Südd. Presse schreibt: Der 
Zräsident des obersten Gerichtshofes, Herr Siaats⸗ und Reichs— 
rath v. Heintz, ist leider vergangene Nacht plötzlich gestorben 
derselbe war vor einigen Tagen hierher gekommen, um sein Re— 
erat über das IV. Buch des Civilprocesses zu vollenden, zu wel 
hem Zweck er noch am Samstag im Ständehaus arbeitete. Ge— 
tern Vormittag konnte denn auch die Reinschrift des druckfertigen 
teferats Hrn. v. Heintz vorgelegt werden, und wollte sich der⸗ 
elbe noch im Laufe des Vormittags wieder zu seiner Famille an 
en Starnbergersee begeben; da trat plötzlich ein Schlaganfall und 
n Folge desselben Nachts 11 Uhr der Tod ein. Mit Herrn v 
Heintzz ist ein höchst verdienstvoller Mann von uns geschieden, dem 
dirt, um nut eines vorerst zu erwähnen, insbesondere unseren 
Strafproceß mit Deffentlichkeit, Mündlichkeit und Schwurgericht 
herdanken. Herr v. Heintz war 1848 Staatsminister der Justiz, 
ind als solcher der Schöpfer des nuen Strafprocesses — eine 
—„chöpfung; die ihm in Bayerns Geschichte einen ehrenvollen Platß 
anweisen wird. Auch im Privätleben allgemein und hochzeachtet, 
darf man sagen: daß mit Herrn v. Heinß ein höchst verdienstvol⸗ 
ler Mann, ein Ehrenmünn in des Wortes vollster Bedeutung, 
don uns geschieden iststt. 
München, 19. August. Seitens des Königs von Preu⸗ 
zen ist ein herzlich telegraphischer Glückwunsch zum gestrigen 
Zeburtstag des Kaisers von Oesterreich in Gerathshausen 
ingetroffe 
»München, 20. August. Der Kaiser von Oesterreich ist 
estern Abend nach 8 Uhr hier eingetroffen. Auf dem Bahnhofe 
otte er eine beinahe halbsündige Unterredung mit dem 
bue v. Hohenlohe und seztzte darauf seine Reise nach 
ien fort. — 
—Der Kaiser Alexander von Rußland beasichtigt bis zum 26. 
Kugust in Kissingen zu bleiben und dann zunächst in dem Schlosse 
»es Prinzen Alexander von Hessen auf dem Heiligenberg bei 
Ingenheim mit seiner Familie Aufenithalt zu nehmen. — 
5. Darmstadt, 20. Aug. Der Redacteur des „Hess. Vollsbl.“ 
wurde heute wegen Beleidigung des Königs von Preußen durch 
einen aus der Demokrat. Corr.“ entlehnten Artikel zu 4 Wochen 
Vefaͤngniß verurtheilht. 
Hanau, 16. Aug. Der Oberbürgermeister Cassian dahier 
zeigt heute an, daß der König von Preußen nächster Tage auch 
hierher kommen werde; Tag und Stunde werde noch bekannt ge— 
macht werden. Dabei werde vorausgefetzt, daß die Bewohner der 
hHiesigen Stadt bei dem Empfange sih betheiligten und ihre Häuser 
festlich beflaggen werden. 
Berlhin, 18. Aug‘ Nach der „Magdeb. Ztg.“ wird dem 
nächsten Reichsstag ein auf Grundlage der Decimalberechnung ents 
worfenes Münzgesetz vorgelegt. Nach diesem Entwurf, welcher die 
Silberwährung beibehält, soll die künftige Einheit den Werth von 
713. Silbgr, oder 6 gute Groschen haben; diese soll dann in 10 
Groschen, und der Groschen in 10 Pfennige getheilt sein. Die 
Mark hätte demnach 100 Pfennige und der Thaler, dessen Be— 
nennung beibehalten werden soll, 4 Mark. Die jetzigen 22- und 
5 Silbgr.-Stücke würden 35 resp. “28 Mark bilden; außerdem 
jollten noch halbe Mark im Werthe von 3*4 Silbgr. und Ein— 
zdroschenstücke geprägt werden. Von“ füddeutschen Kreuzern gingen 
dann 21. auf 80 Pfennige oder 6 alte Silbgr. Ein süddeutscher 
Gulden wäre dann gleich 22 Groschen 8 Pf., der österreichische 
würde den Werth von 26 Groschen 8 Pf. oder 2*43 Mark haben. 
Zugleich ist die Hoffnung ausgesprochen, daß Frankreich seinen 
Frane auf den Silberwerth von 7)e Silbgr. oder 1 Marl 
zurückführen werde. Die „Elberfeld. Ztg.“ weist diesen Entwuri 
als vollkomnen unpractisch zurück, nunentlich auch in Betreff der 
Beibehaltung der Silberwährung. 
Wien, 17. Aug. Eine höchst erfreuliche Veröffentlichung ist 
heute durch die Wiener Zeitung erfolgt. Wir finden daselbst eine 
debersicht der Steuereinnahmen und der damit zusammenhängenden 
Ausgaben im abgelaufenen ersten Semester dieses Jahres. Die Steuer 
Linnahme beliefssich auf 117598,425 fl., was im Vergleiche zum 
Ergebnisse im ersten Semester des Jahres 1867 um 7,775,204 
J. mehr ist und selbst den Voranschlag noch um, 3,965,600 fl. 
übertrifft. Die Ausgaben betrugen 15,979,565 fl., was im Ver— 
zleiche mit dem Vorjahre eine Ersparnißeum 8383,425 fl. ist und 
sinter dem Voranschlage um nicht weniger als 2,984,244 fl. 
urückbleibt. — — 
Wien, 19. August. Die heutige „Presse“ meldet: Das 
Ministerium des Auswärtigen hat Angesichts der drohenden Lage 
im Orient im Einvernehmen mit den heiden Landesveriheidigungs- 
ministerien (cis⸗ und transleithanischen), die Aus. und Durchfuhr 
von Waffen und Munition nach Sexbien, Rumäünien und Boz— 
nien beschränkt. Bei großen Lieferungen von Munition und Waf—- 
fen nach diesen. Ländern ist der, Geleitschein erst nach erfolgter 
Zustimmung der betr. Regierung zu ertheilen. — Der“, Neuen 
reien Presse“ zugegangenen Nachrichten zufolge wird ein neuer 
Donauübergang und ein neuer Aufstandspersuch in Bulgarien 
organisirt.... J 9 
Prags, 18. August.Drei für den 16. d. M. angesagie 
Volksversammlungen wurden von der Behörde untersagt.Zu ei⸗ 
ner derselben hatten sich an 800 neugierige Landleule eingefun⸗ 
den, welche jedoch der Aufforderung des Adgeordneten Kratochwill 
auseinanderzugehen, Folge leisteten. Bei der zweiten Volksver— 
jammlung bei Hochstadt waren gegen 3000 Personen anwesend, 
welche den Beamten jede Folgeleistung verweigerten und diesel⸗ 
ben mit gefährlichen Insulten bedrohten, so daß sie sich zurück⸗ 
ziehen mußten. 
Zara, 17. Aug. Der Gehroaberath hat einstimmig den 
Minister Dr. Giskra zum Ehrendütder ernannt. 
Frankreich. 
Paris, 17. Aug.en Die „Epoque“ will wissen, daß der 
Zaiser von Rußland und der König von Preaßen noynals in 
Darmstadt und in Berlin zusammentreffen werden. — Der 
„Epoque“ zufolge ist es wahrscheinlich, daß Herr Rattazzi 
nächstes nah Paris kommen und sich hier z einige Zeit auf— 
halten wird. .5 D 
Paris, 18. Aujust. Im Lager von Chalons ist am Na⸗ 
poleonstage gerufen worden: Vive la guerre (es lebe der Krieg)! 
A bas la prusse (uiedes mit Preußen) i, zugleiche findet es 
die „Opinion“ angemessen, zur Abdwechselung“ wieder von Be 
fürchtungen zu sprechen, welche man in. Holland gegenüber den 
Preußen zugeschriebenen Annexionsgelüsten hege. Das Cabinet 
dom Haag habe der französischen Regiexung über diese seine Be— 
sorgnisse Mittheilung gemacht. . 
Die von Rom aus gemeldeken. Befürchtungen von einer na— 
hen Abberufung der französischen Truppen sind vorläufig noch 
nicht begründet; doh ist es allerdings nicht unwahrscheinlich, daß 
man hier Anstand nehmen — dürfte, die Truppen, während der 
Versammlung des ptumenischen Concils in Rom zu belassen. Bis 
»ahin könen Ereignisse eintreten — und, auf diese Mönlichkeit mag 
nan hier zählen —-. welche, Frankreich, geslatten, seine Truppen 
von Rom abzurufe. J 
Paris, 19. Aug. Der ‚Coußitutionnel“ sagt: Die Mani— 
iestationen der Opposition sichern den Frieden nicht mehr, als er 
dies schen Dank der Maäßigung der Regierung ist. Aber, da sie 
einen Impuls hervorrufen, der überflüssig ershheint, konnen sie in 
der Fremde nur Argwohn süen. „ 
Englaud. 
London, 9. Aug:? Generat Prim äst nach Abwesenheit 
von einer Woche von Vichy wieder zurückgehrt. Gestern brannte 
ein großer Theil von Northumberland-House nieder. Leider wur⸗ 
den durch das Feuer die kostbare Gemäldegalerie, ferner die be⸗ 
ühmten Sammlungen von Service-Porzellan, darunter die schöne 
VBase im Werth von 10,000 Pf. St., welche von Karl X. geschenkt 
vorden war, zerstört.