Full text: St. Ingberter Anzeiger

hzier angekommen, besuchte Altona und juhr Rachmittags nach 
dͤübeck, bon wo er heute hierher zurückgekehrt, um seine Reise nach 
der Weser foctzusehen 
Prag, 29. Ungust. Ver Redacteur der „Narodni Listy“ 
wurde des Verbrechens der böffentlichen Ruhestörung für schuldig 
hefunden und zu »*achtmonallichem, mit Fasten verschärftem 
schweren Kerler und zweitausend Gulden Kautionsverlust ver⸗ 
artheilt. 
Herrmannstadt, 29. Augusi. Der Metropolit Scha⸗ 
Junä beruft auf Grund des Geseßartikels vom Jahre 1868 den 
cumänischen nationalen Kirchencongreß auf den 28. September 
nach Herrmannstadt ein. 
HfÄrakau, 29. August. Nach einer telegraphischen Mel⸗ 
zung des Cas reist Statthalter Goluchowski in Folge einer 
Berufung heute nach Wien, der staiser wird am 22. September 
zier erwartet. 
Frankreich. 
In Paris zirkulirt wieder einmal das Gerücht, es habe 
ch eine Partei gebildet, welche den Kaiser bestimmen wolle, ab⸗ 
udanken, seinen Sohn zum Nachfolger und die Kaiserin zur 
stegentin zu ernennen. Den immer kränklichen Kaiser suche man 
für das Projekt durch den Hinweis gefügig zu machen, daß dies 
das Mittel wäre, noch unter seiner Direktion den Thronwechsel 
zlücklich vorübergehen zu lassen. 
Paris, 28. August. Ein belgisches Journal schickt den 
zroßen Emil von der „Liberte“ in höchst ergötzlicher Weise heim. 
Auf der bekannten Karte, mit welcher der unermüdliche Publicist 
neulich die erste Seite seines Blattes ausschmückte, prangt unter 
en die Sicherheit Frankreichs bedrohenden Festungen auch als ein 
Stern erster Größe das Fort von Huy- Darauf hin bemerkt nun 
die „Meuse“: Wenn Herr v. Girardin glaubt, daß von der Er⸗ 
oberung der Festung Huy das Wohl des Vaterlandes abhängt, so 
zedarf es dazu keiner 800,000 Mann, keines Anleihens von 500 
Millionen, keines europäischen Krieges und keiner gewalltigen Blut 
tröme. Herr b. Girardin braucht bloß morgen die Nordbahn 
zu nehmen und bis zu dder Stadt zu fahren, in welcher Peter der 
xFremit geboren ward. Ganz allein, nur mit der Feder und dem 
Pince⸗Nez bewaffnet, kanu er das Fort von Huy erobern, denn 
zs steht vollkommen leer, enthält keinen einzigen Soldaten mehr. 
NRach einer solchen Heldenthat kann der Chefredacteur der Liberte 
einen Namen neben den des Siegers von Sebastopol in die Ta⸗ 
eln der Geschichte eingraben lassen. Wenn aber Herr v. Girar⸗ 
zin nicht nach dieser Ehre geizt, so kann er heute nog, ohne nur 
den Fuß aus seinem Pariser Hotel zu setzen, sich dieser furchtba⸗ 
cen Citadelle bemächtigen. Dieselbe ist nämlich seit drei Jahren 
zu verkaufen oder zu vermiethen und bis jetzt hat die belgische 
Regierung noch keinen Liebhaber dafür gefunden. Das ist eine 
ausgezeichnete Gelegenheit für Herrn v. Girardin, für einige Tau⸗ 
ind Franken Frankreich zu retten. Er soll nur das Fort von 
huy kaufen und seiner Regierung zum Geschenk machen, wie Na⸗ 
»oleon III. dem König Victor Emanuel die Lombardei zum Ge 
schenk gemacht hat. Dieser Act der Großmuth wird ihm die Dank⸗ 
darkeit der nachkommenden Geschlechter einbringe. 
Paris, 29. August. Der Appellhof hat das früher ge— 
rällte erstinstanzliche Erkenntniß, welches Rochefort auf Grund der 
ersten Confiscation der „Lanterne“ zu 1 Jahr Gefängniß und 
10,000 Francs Geldbuße verurtheilte, in seiner heutigen Sitzung 
zestätigt. Seine gestrige Verurtheilung zu 18 Mon. Gefängniß 
ind 10,000 Fr. Geldbuße erfolgte wegen Beleidigungen der Per⸗ 
son des Kaisers, Aufreizung zum Haß und zur Verachtung der 
Regierung, und Schmähung einer vom Staate anerkannten Reli— 
gion. Der Drucker erhielt 2 Mon. Gefängniß und 2000 Fr. 
Geldbuße. Die beantragte temporäre Entziehung der politischen 
Rechte wurde nicht ausgesprochen. Rochefort befindet sich übrigens 
in Belgien. — Wie der „Figaro“ meldet, sind zwei Gerüchte sehr ver⸗ 
hreitet: 1) Aufhebung des Staaisministeriums und Ernennung des Hrn. 
Rouher zum Finanzminister und Konseilpräsidenten. 2) Ernennung des 
Bräfecten der Seine Inferieurs, Hrn. Em. Leroy, zum Minister des In⸗ 
iern an Pinard's Sielle. — In der Côte d'Or wurden an die Leh— 
rer, welche sich am meisten um die Abend⸗ und Sonntagsschulen 
»erdient gemacht haben, 61 Medaillen vertheilt. Marschall Vail- 
aut ermaͤhnte dabei die Lehrer höchst schmeichelhaft „dankbar zu 
dem hinaufzuschauen, der, an der Spitze der mächtigsten Nation 
ind inmitten tausendfacher Pflichten und großer Interessen, nicht 
ninder bedacht ist, das bescheidene Verdienst derer, welche 
sich dem großen Werke der nationalen Erziehung widmen, zu 
delohnen.“ 
Pari's, 31. August. Bei einem Banketit in Marseille brachte 
zer Exrminister Behie den Toast auf den Kaiser aus, wobei er 
sagte: „Die Politik des Kaisers ist die Politik des Friedens. 
Unsere Nachbarn wissen, daß der Kaiser den Frieden will und 
hn ohne Ehrgeiz, aber auch ohne Schwäche, nach Maßgabe der 
Ehre oe8 Landes aufrecht erhalten wird. Wenn Frantte 
Militärstatus completirt hat, so weiß Jedermann, daß dies nur 
Jeschah, um die Aufrechthaltung des Friedens zu erleichtern, indem 
es das nicht durch seinen Fehler gestörte Gleichgewicht zwischen 
den Wehrkräften der Nationen durch Opfer, die es nicht herbei⸗ 
vünschte, wieder herstellte.“ — Die „Liberte“ citirt folgende 
Worte des Kriegsministers Niel im Generalrath zu Toulose: 
„Wir dürfen nicht ohne gerechten Stolz constatiren, daß Frank— 
reich allein es ist, welches in diesem Augenblid Frieden oder Krieg 
nachen kann.“ 
Erngland. J 
London, 31. Augusi. Die „Times“ polemisiren in ihrem 
jeutigen Leitartikel scharf gegen den Gedanken einer französisch- 
zelgisch⸗holländisch n Zolleinigung. den Frankreich zu verfolgen 
cheine, obgleich es directe Schritte vermeide. Die Großnmichte 
vürden entschieden dagegen opponiren, weil die Unabhängigkeit 
Belgiens dadurch bedroht würde. — In den englischen Wahl⸗ 
zezirken sind bis jetzt 1200 Frauen als Wähler einge⸗ 
ragen worden. 
In dem Congresse der britischen Gesellschaft hielt dieser Tage 
bvor der national⸗ökonomischen Abtheilung eine durch ihre Bestreb⸗ 
ungen zur Emancipation der Frauen bekannte Dame, Irl. Becker 
aus Manchester, einen Vortrag „über die vorgeblichen Unterschiede 
in den geistigen Fähigkeiten der beiden Geschlechter“; ein Thema, 
welches ihr Gelegenheit gab kühn für ihr Geschlecht einzustehen 
und den Männern jedwede geistige Ueberlegenheit abzusprechen. Im 
gflauzreiche gebe es keine Ueberordnung des Geschlechts, und im 
Thierreich sei der körperlich Ueberlegene jedesmal Herr und Mi⸗ 
nister. Diese Ueberlegenheit sei aber keineswegs immer auf Seiten 
des männlichen Geschlechts, wie dies die Ameisen und Bienen 
zeigten. Zum Schlusse erklärt sich die Rednerin für eine Wie— 
dervereinigung des Schulunterrichts für die beiden Geschlechter. 
An der sich aus diesem Vortrage entwickelten Discussion nah⸗ 
nen auch Damen iheil, und zum Schlusse wurde die Einsetzung 
eines Comite zur Erörterung des bestmöglichen Planes für wis— 
entschaftliche Ausbildung des weiblichen Geschlechts beschlossen. 
Spanien. 
Mardrid, 30. August. In Villena wurde ein Waffen⸗ 
depot entdeckt. In den Bergen der Umgebung von Toledo zeigen 
sich mehrere bewaffnete Banden. — 
Nuseland. 
Petersburg, 27. August. Die gesammie Feldartillerie, 
welche Rußland augenblicklich ausrücken lassen kann, besteht gegen⸗ 
pärtig aus 2153 Batterien mit 1704 Stück Geschützen, darun⸗ 
er 392 Stück Ypfündige gezogene Stahlkanonen, 460 Stück 
pfündige stählerne Hinterlader, 390 Stück Apfündige kanonen⸗ 
netallene Hinterlader, 308 Stück 4pfündige kanonenmetallene 
Vorderlader und 48 Stück Berggeschütze. Bis Ende 1868 
ollen sämmtliche kanonenmetiallene Geschütze, das heißt die 
8 Ftuc 4pfündige Vorderlader, in Hinterlader umgewan⸗ 
delt sein. — 
aν 
Bermischtes. 
Speyer, 31. Aug. Am 22. d. M. feierte der hoch⸗ 
vürdige Herr Bischof Dr. Weis dahier sein 80jähriges Priester⸗ 
ubiläum. Am Morgen dieses Tages begab sich der kgl. Regie— 
rungspräsident Herr v. Pfeufer in das bischöfliche Palais und 
überreichte dem Jubilar das Ehrenkreuz des Ludwigs-⸗Ordens nebst 
einem huldvollen allerhöchslen Handschreiben. 
Am Dienstag früh vor 5 Uhr fand auf der Bahnstrecke zwi⸗ 
schen Neunkirchen und der pfälzischen Grenze ein Eisenbahnunfall 
tatt. Ein Bahnwärter war nicht auf seinem Posten und beim 
Bassiren des ersten Personenzuges von Neunkirchen deshalb die 
Barriere nicht geschlossen, so daß ein gerade auf dem Bahnkörper 
efindlicher zweispäͤnniger Wagen von dem Zuge erfaßt wurde. 
Der Fuhrmann des Wagens erlittt zwei Beinbrüche und einen 
Armbruch, ist aber noch am Leben; von zwei Frauen, die sich 
auuf dem Wagen befanden, wurde der einen der Backenknochen zer⸗ 
hrochen, die andere erlitt nur unbedeutende Beschädigungen, wäh— 
rend ein Kind der Letzteren getödtet wurde. Auch eines der 
Pferde wurde in Stücke zerissen. Die Verunglückten sind aus der 
GBegend von Kusel. 
FKaiserslautern, 1. Sept. Der hiesige Stadtrath hat 
die Bürgererwerbsgebühr nunmehr für Inländer (Bayern) auf 
Oo fl., für Zollvereinsangehörige auf 150 fl. und für die übrigen 
Ausländer auf 200 fl. sestgesetzt. Desgleichen hat der Gemeinde⸗ 
rath von Dansenberg die Gebühren auf 100 fl.i, 200 fl. und 
1400 fl. erhöht, demnach seine Geneigtheit zur Einführung des 
Zrincips allgemeiner Freizügigkeit noch nicht kund gegeben, und 
»as Wohnen in einer nicht gerade paradiesischen Gegend und einer