Full text: St. Ingberter Anzeiger

Tonstitutionnel, welcher den Frieden scharf betont, bewirltenein Fallen 
der Curse .. . 
—Det ʒConstitutionnel“ sagt: Die Sprache der „ord 
eutschen Allgemeinen Zeituags gibt den Beweis, daß man sich 
jetzt jenseits des Rheines eine richtige Idee von der Haltung der 
hranzösischen Regiernng und den nationalen Neigungen zu bilden 
vermag. Es wäre wünschenswerth, wenn die deutsche Presse über 
haupt eine gleiche Unparteilichkeit zeigte. — Dasselbe Blatt sagt: 
Die kaiserliche Regierung habe keineswegs die Absicht, ihre Trup⸗ 
pen aus den päpsilichen Staaten zurückzuziehen, — der Zustand 
des Grafen v. d. Goltz hat sich verschlimmert. 
Paris, 8. Sept. Unter den gestern schon circulirenden 
Berüchten stand das von einer Art Tagesbefehl des Kaisers au 
die Lagertruppen von Chalons obenan, in welchem es hieße: 
daß mit Trüppen wdie Frankrecich fie hal. mit einer Ausrüstung 
und Artillerie, wie die Truppen sie haben, das zweite Kaiserreich 
welches bekanntlich der Friede ist,)'es mit jeder Macht aufneh⸗ 
men könne.“ Dazu erzuͤhlte man noch allerlei: von Artillerie— 
officieren, welche die Befestigungen“ an den Mittelmeerküsten in · 
spiciren/ von Kanonenbooten auf dem Rheine, von gepanzerten 
schwimmenden Festungen u. dgl. mi. Und endlich wollten die Bais— 
siers wissen, daß in Rom Ruhestörungen ausgebrochen seien, und 
daß man sich in Neapel schlage. Von alledem' ist wernig, viel—⸗ 
relcht nichts wahr, aber daß man Alles glaubt, wenn es nur 
schlimm ist, das beweist, daß weder die Kaiserrede von Troyes 
noch die Beschwichtigungsballe des Coust.“ der Nation das ge⸗ 
ringste Vertrauen einflößen. 
Gestern im auswärtigen oAmt eingekroffene Nachrichten bestüe 
tigen die Mittheilung von einem blutigen Zusammenstoß zwischen 
bulgarischen Banden und türkischen Truppen. Zahlreiche Verwun⸗ 
dete wurden nach Rustschuk gebracht. 
Paris? 9. Sept. Der Kampf um den Erfolg der Wah' 
im Vardepartement wird in der Presse mit großer Heftigkeit ge— 
führt. Das lieberale uud gemäßigte Rundschreiben des alten Hrn. 
Dusaure, dessen Candidatur von allen Seiten, selbst vom Klerus 
unterstützt wird, hat den besten Eindruck gemacht, und ihm gegen⸗ 
über wird der Regierungscandidat schwerlich durchdringen. Im Mo⸗ 
seldepartement isteu. A. auch ein Hr, Marcus Allart auf— 
getreten, der in seinem Wählaufruf auf eine von ihm' geschriebene 
Flugschrift Bezug! nimmt (ie führt den Titel: Nationalitéet 
Roligion), in der er den sofortigen Krieggegen Preußen 
unddie Rheingreuze verlangt Elt). 
Paris, 10. Sept. Die Köonigin Victoria ist heute Vor⸗ 
mittag angekommen und im englischen Gesandschaftshotel abgestie— 
gen. — Die Abreise Garibaldis von seiner Insel bestätigt 
sich nicht. — —9 
England⸗ 2 
London, 8.'Sept. Der Bericht“ des Parlaments-⸗Special⸗ 
comite's das zur Berathung der Bestimmungen über Auslieferung 
von Verbrechern niedergesetzt war, ist veröffentlicht worden. Der 
Bericht empfieylt eine größere Erleichterung für die gegenseitige 
Auslieferung entflohener Verbrecher und vollständige Verbrecher⸗ 
listen, wie in den Verträgen mit Frankreich, Amerika und Däne— 
mark stipulirt wurden. Politische Verbrecher, ausgenommen 
Meuchelmörder, sollen nicht ausgeliefert werden. 
Aus Manchester wird pom 7. Sept. telegraphirt: Gestern 
fand eine Erneuerung des vorgestrigen Straßenkampfes zwischen 
Drangisten und Irländern statt, wobei mehrfache Verhaftungen 
vorgekommen und neun Polizeibeamte schwer verwundet wurden. 
Der Londoner Agitator Bradlaugh, genannt Ikonoklast Gilder⸗ 
zerstörer), ist hier zur Haltung atheistischer Vorträge ange— 
iangt; der Versuch der Behörden, ihn daran-zu hindern, 
mißlang. 
Italien. 
Florenz, 3. Sept. Mazzini hat an Garibaldi einen Brie 
geschrieben, welcher u. A. folgende Stellen enthält. General! 
Die Jahre haben unsere Haare gebleicht, die patriotischen Gluthen 
verglimmen, der Geist verrducht, die Unternehmungskraft schwindet; 
wir werden Greise. In dieser moralischen und physischen Ver— 
kommenheit schaue ich mit Schrecken in die Zukunft. Ich frage 
mich, was denn aus dieser jungen und feurigen Generatisn wer— 
den mag, wenn wir nicht mehr sind, Sie- der Mann der That, 
ich, der Blasebalg der Revolution. Mein Gemüth erfüllt sich mit 
Bitterkeit bei dem Gedanken, daß dieselbe nach so vielen unermü— 
deten Anstrengungen, nach so vielen Kämpfen und Proben sich 
selbst überlassen jsein wird, ohne Führer und ohne Stütze, und 
duß wir steiben werden, ohne den Triumph der Guten über die 
Schlechten erlebt zu haben, des Trostes beraubt, den letzten Sieg 
Zeifällig zu begrüßen. Ja, ich verspüre zuweilen den Verfall; ich 
ühle mich niedergeschlagen, das Alter ist da und zeigt sich mit 
einem ganzen Gefolge von Täuschungen, bittern Ironien .. 
die Entzauberung am Ende der Laufbahn des Geächteten, Luft⸗ 
spiegelungen, wmährend man doch die eautat vexfolgte,; ein Mar— 
yrium, indem man sich zum Apostel der Humanität yufwarf. 
— 
so vieter Selostverleugnung.“ Nein, das ist unmöglich. Entschla— 
gen wir uns dieserzentmuthigenden Bilder, denken wir an unsre 
Wunden und trotzen wir, wie Marius in den Sümpfen von Min⸗ 
turno, unserem Schicksal, zeigen wir unsern Feinden, daß die Be⸗ 
iegten da sind, um die Sieger zittern zu machen. General, wa— 
hen wir ungablässig über die Wohlfart der edlen Nation,, für die 
bir seit zwanzig Jahren kämpfen, entreißen wir sie dem Maras 
mus, indem sie sich entnervt und entmannt; wecken wir“ sie aus 
hrer Betäubunz; entflam nen wir ihren Math, daß sie sichh wieder 
tähle in der lebenweckenden Quelle des Patriotismus. Es ist hohe 
Zeit. Das reactibnäre Element schleicht sich überall ein; wenn 
nan mcht auf der Hut ist und nicht ein Mitterdagegen aufbringt, 
wird sie sich allseitig behaupten. Italien schreitet an einem fürch— 
terlichen Ab rund; es wird schließlich hinunterstützen, wenn man 
es nicht zurückreißt. Achtung, Genexal! Europa ist eine Beute 
des providentiellen Cäsarenfiebers. Mißbehazen überall, Unruhe 
allerwegen; der Krieg lauert im Verborgenen. Preußen und Ruß- 
land haäben die Augen auf Frankreich gerichtet; Napoleon seiner⸗ 
eits beobachtet Deutschland, sondirt die Geister, hält die Chaucen 
etzt für günstig und dann wieder für fehlschlagend. Mit seizer 
Dynastie beschältigt, hat er den Plan gefaßt, seiner Kaiserlichen 
drone: noch den Schmuck der Rheinprovinzen einzusetzen. Achtung! 
Die Despoten überwachen sich, der Tag der Befreiung bricht heran, 
und eine allgemeine Bewegung kann nur Ereignisse zum. Nutzen 
der Democratie herbeiführen und beschleunigen, daß sie sich endlich 
yon den Fesseln der Unterdrückung losmacht. Der Tagist viel— 
mehr nahe, an dem die Fackel der Civilisation, dor der die dumpft 
Leuchte des Despotismus erbleicht, neue Horizonte für großmuthige 
Bestrebungen eröffnen wird. —253 
Brüderlicher Gruß dem Bürger-General Garibaldi. 4 
oseph Mazzini .7 
Aus Neapelmeldet die Havas'sche Correspondenz, daß dort 
eine ganze Familie von Falschmünzern, welche den höheren Ge- 
sellschastskreisen angehört, Mwegen, Anfertigung falscher Banknoten 
verhaftet worden ist. .. 
Der Pariser „Patrie“ meldet eine Florentiner Depesche, 
dl Gariba'ldii Caprera“verlassen habe, um sich über· Malta 
nach Neapel zu begeben. * * 
Spanien 
Madrid, 8. Sept. Einige Offiziere der Garnison von 
Tarragona und einige Artillerieunteroffiziere der Garnison von 
Madrid wurden wegen Verdachts der Theilnahme an revolutionä⸗ 
ren Umtrieben entlassfse. 
Amerika. 
Aus Newyork wird per atlant. Kabel agemeldet, daß die 
Staatsschuld der Vereinigten Staaten von Nordamerika am 31. 
August 2643 Millionen Dollars betrug, und mithin gegen den 
Staätus vom 31. Juli eine Vermehrung von 9,666,000 Dollars 
tattgefunden hatte. J 
New-York, 29 Aug. Aus St. Louis vom 28. d. wird 
telegraphirt, daß die Indianer in Colorado neue Mordthaten ge⸗ 
jen die weißen Ansiedler verübt haben. Die (bereits gemeldete 
Kabelnachricht von der: Wegnahme eines Eisenbahnzuges und er—⸗ 
mordung der Conducteure nach heftigem Kampfe wird aus Posa 
del Norte unterm 12. Aug. bestätigt.) In Kansas hat zwischen 
den Truppen und den Indianern ein Gefecht stattgefunden, in 
welchem die Letzteren geschlagen wurden. — Aus Mexico wird 
jemeldet daß die dortige Regierung in den Blättern die Nachricht 
dementiren läßt, welcher zufolge der Präsident Juarez mexicani⸗ 
he Gebietstheile den Vereinigten Staaten zum Kaufe angeboten 
sjaben sollte. 
Vermischtes. 
— Nach dem im Kreisamtsblatte veröffentlichten Nachweis 
über den Vermögensstand der Schullehrer⸗-Pensionsanstalt der Pfalz 
betrug derselbe am 31. Dec. v. Is. 170,328 fl., um 6336 fl. 
neht, als am 31. December 18606. An 182 pensionirte Lehrer, 
Verweser und Gehilfen wurden im vorigen Jahre 62, 102 fi. 
20 kr. bezahlt. 
Speyer, 7. Sept. Am verflosseuen Samstag kam vör 
dem Zuchtpolizeigericht zu Frankenthal die Anklage gegen Mar— 
zaretha Heist von Weiher zur Verhandlung, welche am 18. Juli 
d. Is. in dem hiesigen Stadtwalde ihr Kind ausgesetzt hatte, das 
dann glücklicherweise von Soldaten des 5. Jagerbataillons aufge- 
funden wurde. Die Angeklagte wurde zu 18 Monaten Zuchthaus⸗ 
trafe verurtheilt. Das Kind lebt und ist munter. 
Wir machen die Landwirthe darauf aufmerksam, daß die 
Anmeldungen zur Thierausstellung am Octoberfeste in München 
bis längstens den 15. d. .Mts. bei dem General⸗Comite des