Full text: St. Ingberter Anzeiger

Slt. Ingberler Anzeiger. 
der „St. Ingberter Anzeiger“ mit seinem Unterhaltungsblatte erscheint wöchentlich dreimal: Dienstag, Donnerstog 
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Nro. 121... 9 Samstag, den 10. Octobe 1868. 
Deutschland. 
Muünchen, 7. Oct. Die zwischen Bayern und Preußen 
Iisher bestandene Gegenseitigkeit in Betreff der Verfolgung von 
zurch die Presse begangenen Beleidigungen des Staatsoberhaupts 
st nunmehr auch auf die Staatsregierung und deren untergebene 
hehörden ausgedehnt worden. 
München, 7. Oct. Das Kriegsministerium hat angeord⸗ 
tet, daß die Landwehrbezirkz-Commandanten und sämmtliche unter 
hrem Commando stehende zu den besoldeten Landwehrstämmen ge— 
sorige Officiere, Unterofficiere und Mannschaften in strafrechtlicher 
teziehung der Gerichtsbarkeit derjenigen Commandantschaft unter— 
delit werden, in deren Bezirk das betreffende Landwehrbezirkscom⸗ 
nando seinen Sizt hat. 
München, 7. Oct. Einer königlichen Verordnung zufolge 
jaben von nun an die Revierförster den Titel „Oberforster,“ die 
forstwarte den Titel „Foörster,“ und die Forstamtsactuare den 
kitel Forstamts-Assistent“ zu führen. 
Frankfurt a. M., 6. Oct. Für das bei dem Bank— 
ause Jakob S. H. Stern zur Zeichnung aufgelegte italienische 
kabaksanlehen zeigt sich hier eine starke Betheiligung. Die Zeich— 
nungen laufen sehr zahlreich ein und an heutiger Börse wurde 
schon 3 Francs Agio bewilligt. Auch von den anderen Emissions 
ttellen laufen sehr günstige Nachrichten ein. 
Berlin, 5. Okt. Offizidz verlautet, daß die preuß. Re— 
zierung gegen die „Dentschrift“ des Hurfürsten von Hessen nicht 
inschreiten will. Das ist unklar, die Denkschrift enthält einen 
Zruch des mit dem Kurfürsten abgeschlossenen Vertrages vom 17. 
Zept. 18606, auf Grund dessen ihm eine Hofdotation von 300,000 
Thir. bewilligt worden ist, welche Summe auch der preußische 
dandtag pro 1868 genehmigt hat. Großmuth mag geübt wer— 
Zen, Pflicht des Landtags aber wird es sein, bei Berathung die— 
ser Position im Etat pro 1869 diese Denkschrift nicht zu ignori— 
ren. Es sind nur 300,000 Thaler, aber was dem König Georg 
Recht, ist dem Kurfürst billig. 
Berlin, 7. Oct. Ueber Spanien fagt die Provinzialcorr.: 
die norddeutsche Bundesregierung werde die selbstständige Entschei— 
zung des spanischen Volkes über sein Schicksal ebenso achten, wie 
zas deutsche Volk dies für sich beansprucht, und die Bundes— 
regierung jetze bei den übrigen Cabineten eine gleiche Auffassung 
»oxaus. Es sei übrigens nicht zu besorgen, daß die spanischen 
Berwickelungen zu einer Störung der allgemeinen eurobäischen Ver— 
zältnisse führen werden. 
Berlin, 6. Oct. Die öfficiöse „Russische Corresp.“ traut 
dem Weltfrieden nicht und hält den früheren oder späteren Aus 
hruch eines französisch-deutschen Krieges für unvermeidlich, nimmt 
iber eventuell cfür Deutschland Parltei. Interessant ist folgende 
Stelle ihres betreffenden Artikels: „Preußens Rolle ist leicht und 
ganz bestimmt: es organisirt seine neuen Erobungen und erwartet 
Fie nenen Vortheile, welche die Zeit ihm bringen muß, mit einer 
Ruhe und Gelassenheit, die zuweilen ganz das Aussehen einer 
Herausforderung (1) haben. Frankreich, welches anfänglich in ge— 
vissen Beziehungen ganz unbeweglich geblieben ist, hat darauf seine 
fürchterlichen Rüstungen unternommen, die allerdings einen belei— 
digenden Character haben. Aber wird es eine Verwendung für 
iese Rüstungen haben und bei welcher Gelegenheit? Wenn die 
—Züdstaaten sich mit dem Norden durch freie Verträge mehr und 
nehr verbinden — unter welchem Grunde koönnte Frankreich da— 
jegen einschreiten ? Das Völkerrecht wendet sich hier gegen Frank⸗ 
ich, und die Gleichgewichtszründe öffnen die Thür zu so vielen 
Verwickelungen, daß die öffentliche Meinung, welche nicht weiß, 
vorin das neue Gleichgewicht bestehen soll, und welcher Grund 
zür einen Krieg angegeben wird, den gegenwärtigen Frieden nur 
als sehr unsicher ansieht.“ Ohne das Kriegsbedürfniß des Bona⸗ 
artisinus läugnen zu wollen, denke ich meinerseits aber doch, daß 
zie Befriedigung desselben am Rhein so lange wird ausstehen müs- 
en, als Frankreich in seiner gegenwärtigen Isolirung bleibf 
oder lediglich auf die Allianz mit — Hollamd ange— 
wiesen ist. 
Wien, 6. Oct. Der Marschall Serrano hat unmitielbar 
nach seiner Erneunung zum Obercommandanten den fremden Ge— 
andten in Madrid eröffnet, daß er bereit und im Stande sei, 
zrer Person den ausgiebigfsten Schutz zu gewähren. Mit dieser 
rröffnung hat er die bestimmte Erkläruug verbunden, daß die 
Aufrichtung einer Republik wenigstens nicht in dem Willen und 
der Absicht der Armee liege, als deren Organ zu sprechen er sich 
jerufen halte. 
Wisen, 6. Oct. Aus Paris wird der „N. Freien Presse“ 
elegraphirt, daß der Exkönigin Isabel officiell bedeutet wurde, 
ranzösisches Gebiet könne nicht als Herd für contrerevolutionärxe 
Anschläge dieren. 
Prag, 5. Okt. Dem Vernehmen nach wird bei etwaiger 
Wiederholung der czechischen Excesse dem Kaiser Ferdinand ange— 
rathen werden, seinen Aufenthalt in Prag gänzlich aufzugeben. — 
Frankreich. 
Paris, 6. Oct. Die „Anion““ theilt nicht die mehrfach 
dier verbreitete Ansicht, daß Preußen und Italien einen unmittel- 
zaren Einfluß auf das Zustandekommen der spanischen Revolution 
wusgeübt haben, allein sie weist nach, daß man in Preußen wie 
n Italien, mit großem Wohlgefallen die Bewegung jenseits der 
Zyrenäen verfolgt. Die italienischen Revolutionären freuen sich, 
inmal, weil der Sturz Isabella's der französischen Regierung un— 
ingenehm ist, und dann, weil sie hoffen, es werde sich in Spa— 
nien eine weitausgedehnte Demagogie unter dem Titel einer Re— 
ublik ausbilden. Sie wollen überall die Anarchie. Eine Revo— 
ution ist für sie ein glückliches Ereigniß, und bricht sie heute in 
Zpanien aus, so kann sie morgen auch wo anders ausbrechen ⁊c. 
In Preußen geht man allerdings nicht so weit, wie „Union““ 
jerne zugibt. Man liebt daselbst die Revolution nicht, al⸗ 
ein man behandelt sie mit Nücksichten, als eine Macht, 
welche jeden Augenblick in Frankreich Verlegenheiten bereiten kann. 
1859 hat Preußen das Kaiserreich gebeten anzuhalten, und es 
am daraufhin der Friede von Villafrance zu Stande. Heute 
teht Preußen mit der italienischen Revolution, die es vor neun 
Jahren wenig aufmuntertè, auf gutem Fuß. Die Spanier selbst 
weisen, wie die „Union“ versichert, mit Entrüstung den Gedanken 
urück, daß Preußen durch sein Gold und seinen Rath die Be— 
pvegung unterstützt habe. Preußen freut sich aber der spanischen 
stebolution, weil Alles, was der französischen Politik Arbeit 
nacht, für die preußische Regierung vortheilhaft ist. 
Die Italienerin Madrid haben dem Marschall Serrano' 
einen Eichenkranz, mit den spanischen und den italienischen Farben 
—V 
chiedenen Stadttheilen öffentliche Lehrstühle errichtet werden, um 
zurch populäre Vorträge das Volk über die ihm zu Theil gewor- 
henen bedeutenden politischen Rechte aufzuklären. — Viele Frauen 
fragen in den Haaren und am Hals Bänder von derselben rothen 
Farbe, wie die Armbinden der libecalen Armee sind. Sämmtliche 
kleinsdien der Kirche Unserer Lieben Frau Atocha sind in der Bank 
deponirt worden. — In den meisten Distrikten des-Landes wird 
die sogenannte Ruralgarde entwaffnet. 
Paris, 7. Oct. Der „Moniteur“ gibt ein Resume der 
änischen Thronrede, worin es heißt: „Ein besonderer Theil der 
stede ist den Verhandlungen wegen Nordschleswigs gewidmet und 
giebt kund, daß diese Frage sich noch in der Schwebe befindet. 
Der König spricht indeß das Vertrauen aus, daß die Fortsetzung 
dieser Verhandlungen in der Kürze den Abschluß eines Arragements 
ur Folge haben werde, welches ebenss der Waärde wie den In— 
eressen der Nation eutspr icht.“ 
Enaland. 
London, 7. Ockt. „Times“ bringen eine Labeldepesche 
us New-York, welcher zufolge die Regierung der Brereinigten 
3taaten von Nordamerika die allgemeine Junta in Madrid als