Full text: St. Ingberter Anzeiger

actische Regierung anerkannt hat. Zugleich wird constatirt, daß 
die Erwerbung der bekanntlich zu Spanien gehörigen westindischen 
Insel Cuba wieder zur Sprache gebracht werde. (Der Pariser 
„Gaulois“ will sogar wissen, die Insel habe sich bereits unab— 
hdängig erklärt. 
Schweiz. 
Bern, 6. Okt. Die Kantone werden am 12. Okt. dahier 
eine Konferenz abhalten, um zur Linderung der durch die Fluß— 
Werschwemmungen in Graubünden, St. Gallen, Wallis und Tes— 
iin entstandenen Noth geeignete Maßregeln zu treffen. 
Spanien. 
Madrid, 6. Okt. Der Protest der Königin Isabella, 
welcher durch französische Journale hierher gelangt ist, findet bei 
zer Bevölkerung nur Gleichgiltigkeit und Verachtung. 
Wie in Barcellona hat die Junta in Cadix sofort aus der 
ßuerta Stunta Maria die Jesuiten vertrieben und das Haus der— 
elben geschlossen, ebenso das Diöcesan⸗Seminar, in dessen Räumen 
ane Gewerbeschule errichtet wird. 
Der „Patrie“ zufolge hätte sich in letzter Zeit die Zahl der 
Zandidaten zum spanischen Thron noch um einige Namen ver— 
nehrt. Außer den schon genannten: Den König von Portugal, 
»en Herzog von Montpensier und den Infanten Don Carlos, 
Fnkel des bekaunten Don Carlos, Bruders Ferdinands VII., 
wäre jetzt noch vom König von Portugal Vater, Don Fernando 
vom Prinzen Napoleon und vom Herzog von Aosta, Sohn König 
Piklor Emanuels, die Rede. — Der „Liberte“ wird aus Ma— 
drid am 2. Oktober geschrieben: „Man hat soeben im Escurial 
den General Zapatero festgenommen, welcher einen Theil der Ju⸗ 
velen der Königin bei sich führte, sowie den Grafen Toreno mit 
2000 Piastern. Beide sind in Freiheit gesetzt worden, nachdem 
e ihre Werthsachen bei der Bank deponirt haben. 
Die spanischen Republikaner haben folgendes Pro— 
Jramm aufgestellt: „Föderative Republik; Espartero, durch die 
Kortes zu ernennender, aber bis zu deren Zusammentritt provi 
orischer Ministerpräsident; allgemeines Stimmrecht; vollständige 
ind absolute Neutralität, falls ein Krieg zwischen Frankreich und 
Preußen oder zwischen irgend anderen Mächten ausbricht; sofortige 
ẽntlassung aller Soldaten; sofortige Wiederherstellung des Decen⸗ 
ralisationsgesetzes von 1823; Religionsfreiheit; Trennung der 
dirche vom Staate. 
Don Juan von Bourbon hat soeben auf seine Rechte auf 
die Krone Spaniens zu Gunsten seines Sohnes, des Infanten 
Don Carlos verzichtet. Diese Abdankung, welche von Paris un— 
erm 8. October 1868 datirt ist, ist in folgenden Worten ab— 
zefaßt: Indem mein Streben nur dem Glücke der Spanier, 
3. h. ihrem inneren Gedeihen und dem äußeren Ansehen meines 
ieben Vaterlandes gewidmet ist, glaube ich abdanken zu müssen 
und durch Gegenwärtiges verzichte ich auf alle meine Rechte auf 
die Krone von Spanien, zu Gunsten meines geliebten Sohnes Don 
TFarlos de Vourbon und d'Este. Gezeichnet: Juan de Bourbon und 
de Braganza. 
Der Madrider Corꝛespondent der „Liberte“ erwahnt eines 
in Madrid jetzt ziemlich verbreiteten Gerüchtes, demzufolge die Rede 
»avon wäre, dem Prinzen Alfred von England den spanischen 
Thron anzubieten, welcher alsdann eine Tochter des Herzogs von 
Montpensier heirathen würde. 
Madrid, 7. Oct. General Prim ist heute Nach— 
mittag hier eingetroffen und mit allgemeinem begeistertem Jubel 
empfangen worden. Der Zug durch die Stadt dauerte 
dier Stunden. Ungeheuere Menschenmassen; Deputationen; 
HPusikchöre. 
Madrid, 8. Oct. Heute Abend fand eine große Kund— 
zebung zu Gunsten der Freiheit und der Gleichheit aller Culte 
dalt. Es wurden Transparente herumgetragen mit der Inschrift: 
„Nieder mit dem Concordat! Nieder mit dem Tyrannen Roms! 
Es lebe ein freies Rom!“ — Hr. Olozaga hat den Eintritt in 
zie provisorische Regierung definitid abgelehnt. General Dulce ist 
krank hier angekhmmen. — Ein Telegramm aus Cuba meldet, 
daß der dortige Generalcapitain den Ausbruch der Revolution im 
Mutterlande bekannt gemacht und beigefügt habe: Damit sei nicht 
gesagt, daß Alle durch eine Revolutioniruug der Insel befriedigt 
sein würden; diese stehe unter besonderen Verhältnissen, aber er 
tenne seine Pflicht und werde dieselbe mit patriotischer Selbstver⸗ 
läugnung erfüllen. 
Amierika. 
New-York, 7. Oct. Der Dampfer „Perseverance“ ist auf 
inem der großen Seen verbrannt. 14 Personen kanen dabei 
ims Leben. 
New-York, 26. Sept. (Dampfernachricht. Die JIn— 
zianer sind nach heftigen Gefechten von den Unionstruppen aus 
Texas verdrängt worden. 
Wermischtes. 
Sarbrücken, 6. Oct. Die Konigliche Eisenbahn— 
Direction macht Folgendes bekannt: Vom 1. October d. J. ab 
st im Binnen-Verkehr der diesseitigen Bahnen der Special-Tarif 
ür Getreide und Hülsenfrüchte in vollen Wagenladungen von 
4. März 1868 aufgehoben worden, und treten die gewöhnlichen 
Tarifsätze für diese Artikel wieder in Kraft. 
F Darmstadt, 3. Oct. Gegenwärtig circulirt folgender 
Löwenwitz: Ein bekannter Bienenzüchter sprach im Wirthshaus 
zie Absicht aus, sich eine italienische Königin kommen zu lassen. 
Nehmen Sie doch die spanische, die ist gegenwärtig vacant,“ war 
der Rath eines Zuhörers. 
F. Wie dem „Fr. J.“ geschrieben wird, hat ein Kaufmann 
in Köln, welcher Waaren aus der heißen Zone bezog, mit den⸗ 
elben — Moskitos an den Rhein gebracht. 
Altenburg, 2. Oct. Noch am gestrigen Tag und wäh— 
send der letzvergangenen Nacht hat das Feuer ununterbrochen, zum 
Theil mit haushohen Flammen, in den abgebrannten Schloßge⸗ 
»äuden gewüthet, vorzüglich genährt durch eine bedeutende Quan— 
ität gespaltenen Holzes (70 bis 80 Klafter), die im Laufe des 
Tages noch in dem Remisengebäude in Brand geriethen. Die Zahl 
her verunglückten Feuerwehrmänner ist auf 11 constatirt, davon 
vird einer noch jetzt vermißt und ist sonach wahrscheinlich verbrannt, 
wei andere stürzten schon ganz verbrannt vom Dache, drei sind 
noch im Laufe der Nacht und des gestrigen Morgens gestorben, 
wei liegen noch schwer⸗ drei andere leicht verwundet darnieder. 
Fin Soldat, der fich auf dem brennenden Dache mit befand, und 
den gefährlichen Rutsch von demselben mitmachte, ist unversehrt 
zeblieben, indem er zunächst auf eine Gartenlaube fiel. Die ab— 
Jebrannten Gebäude waren mit 68,000 Thlr. versichert und sind 
abei die Gothaer und die Magdeburger Feuerversicherungs-Gesell- 
chaft betheiligt. Das Mobiliar des Palais war nicht dersichert, 
hoch ist von demselben noch viel gerettet worden. 
F In Wien wurden der Gräfin Dembinska 350 Stück 
S„üdbahnactien im Werthe von 60,000 fl. gestohlen. Der Dieb 
vurde in der Person ihres Bedienten Karl Turek ermittelt; 
10,300 fl. wurden bei demselben gefunden; die übrigen Papiere 
will ex verbrannt haben. 
fInnabruck, 6. Oct. In Folge sechsunddreißigstündi- 
gen Regengusses ist das ganze Etschthal überschwemmt. Die Vor—⸗ 
tädte und der Bahnhof in Trient stehen unter Wasser. Die Etsch 
tteht 17 Schuh über Null. Viele Straßenecken, Dämme und 
Brücken im Hauptthale und in den Nebenthälern, besonders im 
Nonsberge gegen Riva und Tione zu, sind zerstört. Das Wetter 
scheint sich zu bessen. 
FParis. Von dem vielgenannten Marfori, der jetzt auf 
Frankreichs Boden ein Ashyl gesucht hat, erzählt einer seiner Be— 
sannten, der hier lebt, Folgendes: Marfori ist ein lustiger Bruder 
nus der Schule seines Landmanns Gil Blas. Er hat alle Me— 
tiers durchgemacht, bevor er auf den Vertrauensposten erhoben 
purde, welchen er jetzt bekleidet. Er ist Soldat, Geschäftsmann, 
Chorist bei der italienischen Oper von Madrid und Marineminister 
zewesen. Es fehlt ihm nicht an vornehmer Verwandtschaft; denn 
er hat die Richte des Marschalls Narvaez geheirathet. Er isi nicht 
schön, und sein Gesicht sogar einigermaßen von Blatternarben 
entstellt; aber er hat bezaubernde Augen. 
t Der 25. Theil der Correspondenz Napolons J. ist erschie⸗ 
nen. Derselbe enthält fogenden sonderbaren Brief an die Kaiserin 
Marie Louise: 
Madama und liebe Freundin! 
Ich habe den Brief erhalten, worin Sie mir mittheilen, daß 
Sie den Erzkanzler im Bett empfangen haben; mein Wille ist, 
»aß Sie unter keinen Umständen und unter keinem Vorwand irgend 
Jemanden ewpfangen, wenn Sie im Bett sind. Das ist erlaubt, 
venn man die Dreißig überschritten hat. 
Napoleon. 
Florenz, 30. Sept. Aus Modica, der südlichsten Pro⸗ 
zinzstadt Siciliens, wird eine Nachricht mitgetheilt, welche an die 
lühendsten Zeiten der Inquisition erinnert. Ein gewisser Salba— 
ore Londra war der Entwendung von 4600 Francs aus 
)er ihm anvertrauten Kreiskasse verdächtig. Ohne Beweissamm— 
ung, ohne vorherige Untersuchung, ließ der Unterpräfect 
»en Verdächtigen verhaften, ihn aber nicht in das Gefängniß 
oder zu dem Untersuchungsrichter, sondern in das Haus 
des Militärcommandanten abführen, wo er auf Befehl des Unler— 
zräfecten auf die unglaublichste Weise mißhandelt und gefoltert 
vurde. Mit Stochstreichen wurde begonnen; dann wurden ihm 
pitzige Eisen unter die Nägel getrieben, und er endlich mit aus— 
espannten Füßen kopfabwärts an die Decke gezogen, bis das bom 
Zzchmerz überwältige Opfer das ihm zugemulhete Verbrechen ein⸗ 
—AV Gefüngniß ge⸗ 
—E Verspätung der