Wie sehr die Jesuiien in Frankreich jehzt Wurzel gefaßt ha—
hen, geht daraus hervor, daß sie dieses Jahr 52 ihrer Schüler
in die Militärschule von St. Cyr und 27 in die politechnische
Schule brachten.
England.
London, 14. Ochk. Der“ „Morning Post“ wird aus Pa—⸗
rig folgendes gemeldet: „Allgemeine Ansicht ist, daß die entthtronte
stöningin von Spanien in katholischen Staaten nach wie dor
vurch den paäpstlichen Nuntius repräsentirt werden wird, selbst
wenn die neue Ordnung der Dinge in Madrid von den auswär—
figen Regierungen und Souveränen anerkannt sein würde. Unte
soichen Umständen wird es nur ein Akt der Courtoisi⸗ sein, wenn
zin Minisser der auswärtigen Angelegenheiten irgende welchen
Vorstellungen eines solchen Nuntius iun Betreff der Königin. Isa—
della zuhören würde. Es scheint ziemlich sicher, daß die Königin
Isabella dem Beispiele des früheren Konigs Franz von Neapel
solgen und in ihrem Exil fortfahren wird, eine Art Hof zu hal⸗
jen, sowie durch Agenten ihrer Partei mit, solchen europäischen
Regierungen in Verbindung zu bleiben, welche deuselben aus Sym⸗
dathie bei sich Zutritt gestatten würden. Isaballa wird wahr—
jcheinlich Pau verlassen, und sich nach Rom begeben, ihren klei⸗
gen Hof zu halten. Man hört übrigens bereits, daß der päpfst
liche Nuntius in Paris im Namen der Königin bei der frauzösi ⸗
schen Regierung Klage über die Beraubung der Kirche in Spanien
Jeführt habe. Aber wir sind ziemlich sicher, daß die kaiserliche
Rtegierung Frankreich nicht zu irgend einer Politil Spanien ge⸗
genüber verpflichten wird, welche den Anschein einer Einmischung
n die inneren Angelegenheiten jenes Landes haben könnte. —Aus
Cort wird vom gestrigen Datum telegraphirt, daß Patrick Reidy,
als fenischer Führer unter dem Namen Capitän O'Brian bekannt
gestern der Polizei entwischte, als man ihn eben wegen seinen
Waffenplünderung im Gerichtshause zu Mill-⸗Street in Verhör
nehmen wollte. — Das vereinigte Verwaltungs⸗Comite der Anglo
Amerikauischen und Atlantischen Telegraphen-Gesellschaft zu London
hat beschlossen, vom 1. September nächsten Jahres au het Kabel⸗
depeschen nicht mehr wie jetzt Worte und Vuchstaben, sondern nuß
alleinig Worte zu zählen. che“ daekWeet
Spanien.
Wenn man Briefen in der „Gazette de France“ Giauben
schenken dürfte, so hätte der Bürgerkrieg in Spanien bereits be—
sonnen. Dieselbe meldet nämlich, daß der Bischof von Tarragona
in Katalonien) ein Gegen-Pronunciamiento gemacht und an der
—A
Bischofssitzes besetzt habe. Der Bischof hat das Banner des so⸗
zenannten Karl VI. erhoben. Der Prälat wird als ein äußerst
anatischer, verwegener Mann geschildert, der die kriegslustigen
Prälaten des Mittelalters sich zum Muster genommen zu haben
scheint. In seinem Eifer habe derselbe jedoch zu früh losgeschla⸗
gen und gegen die Instruktionen gehandelt, welche ihm vom lar⸗
liftischn Londoner Centralcomite jugesandt worden
waren. J
Es bestätigt sich volllommen, daß die Königin Isabella in
den letzten Jahren die Summa von 900,000 Pfund Sterling in
der englischen Bank hinterlegt haaa..
Madrid, 15. Oct. Demnächst wird ein Decret erscheinen,
welches die Form der Corteswahlen in den Colonien feststellt. Die
Neger werden, so lange die Sklaverei besteht, nicht Wähler sein.
Die Kolonialdeputirten werden mit Vollmacht kommen, um einen
Modus zur Unterdrückung der Sclaverei vorzuschlagen. — Ein
Decret von Serrano ernennt einen Rath von 10 Mitgliedern zur
Verwaltung der Kron⸗ und Patrimonialgüter.
Madrid, 17. Ock. Der Präfident des Obertribunals
hat seixke Entlassung genommen. Der Justizminister hat ver—⸗
fügi, daß jede willkürliche Verhaftung und Verletzung des Domi⸗
cils gerichtlich verfolgt werden soll. Zugleich wurde eine Amnestie
für Preßvergehen erlassen. Es ist entschieden, daß eine Münz⸗
reform stattfinden soll, welche die spanische Münze der französischen
gleich machen würde. Die Blätter melden, daß eine Anleihe von
700 Millionen mit einem englischen Hause auf sehr billige Be—⸗
dingungen abgeschlossen werden wird. Die Colonieen sollen durch
pier Mitglieder in den Cortes vertreten sein.
Madrid, 18. Oct. Hr. Olozaga ist hier eingetroffen
und glänzend empfangen worden. Der General Prim begrüßte
ihn im Bahnhofe. Das Ministerium soll die Absicht, eine Volks⸗
abstimmung über die Regierungsform vornehmen zu lassen, auf⸗
gegeben haben. — Die Municipalwahlen werden am 20. d. M.
porgenommen. Die Junta wird sich wahrscheinlich sofort auflösen.
Maadrid, 19. Oct. In Guadalajara hat Olozaga eine
Rede für Einführung der constitutionellen Monarchie gehalten, füa
welche Serrano und Topeto persoͤnlich ebenfalls gestimmt sind
Zwei Democraten erklärten fich für die Monarchie, falld deren
Annahme das Resullat einer Volksabstimmung wäre. Serrano uund
Topeto waren ihrerseits für Annahme der Repubdlik, wenn solche
aus dem allgemeinen Stimmrecht hrrvorgehen sollet.
Amerika. J
Dem Monatsausweise' des Schatzsecretärs zufolge, beirug die
Staatsschuld der Vereinigten Staaten 2645 Millionen Dollars;
omit ist ein Zuwachs gegen vorigen Monat von 1,750,000 Dol⸗
ars; die Kassenbilanz 110 Millionen, somit ein Zuwachs von
2,500, 000 Dollars
9J— Wernes—
Kaiserslautern, 15. Oct. In der Sitzung det
Zuchtpolizeigerichtz am 13. d. wurde der Gerber Bans von Winn⸗
veiler, der Salzdefrautation angeklagt, zu einer Geldstrafe von
700 fi. und einer Gefängnißstrafe von einem Monat verurtheilt.
Die Staatsbehörde hatte eine viel höhere Geldstrafe und eine
Hefängnißstrafe von zwei Monaken beantragt. — Wie man hört,
oll in der unlängst dahier stattgehabten Sitzung der Vertreter der
ofülzischen Schützengesellschaften beschlossen worden sein, die Abhal-
ung des zweiten pfälzischen Bundesschießens vorläufig auf die
erste Hälfte des Monats Auguft nächsten Jahres festzusetzen uud
Zaiserslautern als Festort zu bestimumen.
7 Frankenthal, 9. Oct. Herr Anwalt Kirchweger von
hier beschäftigt sich seit vielen Jahren mit der Geigenmacherkunft
uind bemüht ich die Geheimnisse der alten berühmten italienischen
Meister Amaii, Straduarias, Ruanerius u. a. zu ergründen. Für
die Pariser Ausstellung construirte Hr. Kirchweger eine Viola nach
igenem Systeme, welchem die alte, sogenannte Viola d'amour zu
hrunde gelegt, aber vereinfacht und durch eine sinnreich ange⸗
rachte Mechanik praktikabel gemacht. Das Instrument hat einen
onoren, ausgiebigen, leicht anfprechenden, man möchte sagen zau⸗
zerhaften Ton, und eignet sich besonders für Adagio's und liedev⸗
naßige Piecen. Herr Kirchweger erhielt von der Ausstellungscom⸗
mission den für diese Branche ausesetzten höchsten Preis und
don London aus sind ihm bereits 1000 fl. auf das Instrument
eboten.
Nach einer Bekanntmachung des kgl. Präsidiums der
Pfalz findet die satzungsgemüße Kreisversammlung des landwirth—
shafllichen Vereins der Pfalz pro 1868 am Donnerstag den 5.
November in Dürkheim statt. Die Hauptversammlung be—
zinnt Morgens um 10 Uhr im städtischen Rathhaussaale, und
dverden bei derselben folgende Gegenstände zur Verhandlung kom⸗
men: 1) Rechenschaftsbericht des landwirthschaftlichen Vereins der
Pfalz pro 1868. 2) Ergebniß der Jahresrechnung pro 1867.
5) gebung der Obstbaumzucht mit Rücksicht auf die vom kgl.
Staatsministerium des Handels und der öffentlichen Arbeiten dem
andwirthschaftlichen Vereine gewährte Subvention von 4000 fl.
) Das landwirthschaftliche Fortbildungswesen mit besonderer
Herücksichtigung des Instituts der Wanderlehrer. Etwa beabsich⸗
igte weitere Themata sind längstens den 1. Nov. dem kgl. Prö⸗
idium kundzugeben.
Tübingen, 9. Oct. Gestern Nachmitiag sammelte
ein Mädhen von Lustnau im sogenannten Lustnauer Waldchen
am Oesterberg Eicheln; von einer nicht sehr alten Eiche fielen
einige Eicheln ins Gebüsch zwischen zwei aufrechtstehende Steine;
das Mädchen wollte sie holen, und als sie die Steine entfernt
hatte, fand sie zu ihrer großen Ueberraschung einen großen irde
nen Hafen mit zwei Henkeln, angefüllt mit über tausend alten
deutschen Silbermünzen aus dem Mittelalter, von der Größe einez
Zreuzers bis zu der eines Sechsbätzners mit undeutlichem Gepräge
uind theilweise mit Grünspan bedeckt.
4 Trier, 14. Ock. Es wird uns die merkwürdige That⸗
sache mitgetheilt, daß in einem Garten der Vorstadt St. Pauliu
eine rothe Sparlierrebe, welche Ende Juli, als schon die ersten
Trauben eßbar wurden, zum zweiten Male geblüht habe, jetzt eine
weite Ernte eßbarer Trauben liefere.
Aus Wien schreibt man dem „P. L.“: „Ein Wort,
das dem Minister Dr. Berger (Preßminister ohne Portefeuille]
in den Mund gelegt wird, zeichnet die Lage schürfer als spalten—
lange Artikel. Man soll nämlich Dr. Berger aufmerksam gemacht
haben, daß die Räthe der Krone doch ihres Spruches „Einer für
Alle und Alle für Einen“ gedenken möchten. Dr. Berger sol
hierauf mit der ihm eigenen Schlagfertigkeit geantwortet haben:
‚Wie sollen wir für einander einstehen, wenn wir einandet
nicht Ausstehen können? —
7 Die Wiener „Presse“ erzählt: Ein Bruder des englischen
Admiral Napier, der vor Kurzem in Prag verweilte, lernte daselbft
ein israelitijches Waisenpaar, Bruder und Schwester, die so eben
hren Vater dverloren hatten, durch Zufall kennen und ließ sich
zurch die Mutter der Kinder zum Vormunde derselben ernennen.
In dieser Stellung sorgte er vollstündig für die Familie, ermög—
ichte es dem Sohne, seine Studien fortzusetzen und — verlobte