Full text: St. Ingberter Anzeiger

sich endlich mit dem Maͤdchen, das er binnen Kurjem auch wirk- 
ich heirathen wird · —W *. 
7 Aus Paris wird gemeldet: Dem Kaiser Napoleon liegt 
setzt eine Erfindung vor, die bei den vorläufigen angestellten Ver—⸗ 
uchen sich bewährt haben soll und bestimmi ist,“ die mörderische 
Wirkung der neuen Schußwaffen abzuschwächen. Es handelt sich 
amlich um ein Gewebe aus Filz, das aus spinnbaren, klebrigen 
Nasfen besteht, welche mit gewissen Substanzen durchdrungen sind, 
——— eines Italieners Namens Mu⸗ 
tori, sind. Der mittelst mächtiger Maschinen bereitete Filz wird 
wie fiüssiges Metall in eine Form gegossen, und wenn er fest ist, 
so bietet er der Kugel den nämlichen Widerstand, wie der beste 
Stahl. Bei den gemachten Versuchen hat sich herausgestellt, daß 
der Muratorische Filzpanzer die Brust gegen die Bajonneistiche, 
ie Sabelhiebe und die Revolverschüsse aus nächstex Nähe schützt. 
Die Kugeln der Chassepotflinte dringen nicht durch rinen“ solchen 
hanzer, sobald die Entfernung mehr als die halbe Tragweite 
heixaͤgt, in jedem Fall ist die Wirkung der Kugel bedeutend ge⸗ 
schwächt. Von noch groͤßerer Wichtigkeit aber stꝰ dle Erfindung 
jur die Marine. Wenn die Kriegsschiffe an Stelle der Stahl⸗ 
anzerung, durch die sie zu unlenlsamen Kolossen geworden, den 
reuen Fuͤzpanzer erhielten, würden sie nicht nur ihre jetzige 
Schwere verlieren, sondern auch insofern bedeutend gewinnen, als 
die durch den Filzpanzer dringenden Kugeln nicht wie im Stahl⸗ 
panzer ein Loch machen daß der zerifsene Filz sich sofort zu 
jaminenzieht, ähnlich wie Kautschuck. Außerdem hat die neue Erfin 
ung noch'den Vor zug, daß sie nur ein Bieriel des Stahles kostet. 
7Rochefort erzählt in dem neuesten Heft Nr. 200 jeiner 
Lalernet, es sei ihm mitgetheilt worden daß Marfori ihn for⸗ 
zecn und Isabellens Gemahl bei dem Duell albe Zeuge dienen 
derde. Rochefort will aber das Duell nur unter der Bedingung 
mnnehmen, daß sie sich mit Angelhaten schlagen. (Mar⸗ 
Hriss Hauptthätigkeit in den Mußestunden besteht namlch im Angeln.) 
Von der Nordwestküste von Helgoland si erschütternde 
Schilderuͤngen über die Erplofion einer Naphtaladung des ongl. 
Schiffes Tom Volkes eingegangen. Das Schiff war auf der Fahrt 
nach St. Petersburg begriffen und hatte 770 Fässer des so leicht 
ntzüdlichen Stoffes an Bord. Ungefähr 48 Meilen N. W. von 
Heigoland erfolgte die Explosion, welche zunächst der Schiffsmann⸗ 
schast das Bewußtsein raubie. Da an eine Löschung der in Brand 
Jerathenen inneren Räume nicht gedacht werden konnte, hieb man 
den Mast um und richtete in fliegender Eile eine Art Gerüst her, 
zas ins Wasser geworfen, mehreren von der Schiffsmannschaft als 
Hult während des Schwimmens zu dienen hatte. Andere hielten 
ich eine zeillang an schwimmenden Verdeckstrümmern über Wasser 
Iiz die Flammen wohl gegen 300 Fuß hoch in die Luft prassel⸗ 
en und die ganze flammende Ladung des Schiffes sich über die 
Wogen auszubreiten begann. Mancher arme Schwimmer,“ heißt 
zn dem Bericht, „wurde von dem schwimmenden Veuer ereilt 
ind doppeltem Tode überliefert.“ Abend und Racht⸗ hindurch 
efen die drei Ueberlebenden um Hilfe, bis endlich ein deutscher 
Schooner von Hamburg, Kapitän Schon in Sicht kam und Boote 
zur Rettiung aussetzte. In Drammen wurden die Unglücklichen 
Im 11. Scpt., 8 Tage nach der Katastrophe, gelandet und vom 
englischen Consul verpflegt. Augenlider, Braunen und Haare sind 
ihuͤen verbrannt und an den Händen und Gesicht tragen sie 
chwere Brandwunden. 
pLondon. Folgende harxk romantische/ in England 
jedoch gar nicht so ungewöͤhnliche Geschichte meldet man aus der 
Braffchaft Susser: Die Tocher eines Geistlichen auf einem in der 
Raͤhe von Lewes gelegenen Dorfe im Alter von 27 Jahren, fein 
zebildet und, wie es heißt, von sehr liebenswürdigem Charackter, 
dar dem Kutscher ihres Herrn Papa mehr zugethan, als letzterem 
lieb sein mochte. Begleiteie er die Tochter seines Herrn als Groom 
auf einem Spazierrilte, so sah man ihn an ihrer Seite traben 
und sich lustig mit ihr unterhalten. Auch der Pferdestall wurde 
in letzter Zeil von der jungen Dame weit häufiger denn früher 
besucht, biß der Herr Papa dem Rosselenker den Dienst aufkün⸗ 
digte, und dieser einige Meilen vom Hause seiner Donng eine 
neue Stelle annahm.“ So weit ging Alles gut. Die Tochter 
schien sich mit Ergebenheit in ihr Schicksal zu fügen, und det Va⸗ 
ler, ob feincs weisen Verfahrens in dieser Angelegenheit erfreut, 
erlaubte ihr für ihre Willfährigkeit, eine eintägige NMeise nach 
London zu machen, von welcher sie — richtig wieder nach Hause 
zurückehrte, aber erst, nachdem sie sich mit ihrein Johann“ hatte 
srauen lassen. Die Sache wird dadurch noch interessanter, daß die 
unge Dame die zukuͤnfiige Erbin von einigen 50.900 ostl., und 
ihr Herr Gemahl nichts weniger als ein Adonis ist. 
Ein Madrider Correspondent der „Gironde“ gibt für die 
anglaubliche und bis in die tiefsten Volksschichten dringende Po⸗ 
zularität Prim's folgende Gründe an. Er wverdankt sie zunächst 
degendenhaͤften seines Lebenz, und danun seinem Verstaändniß der 
Inscenesetzung, wobei er überdieß durch den außerordentlichen 
Zeichthum Jeiner Frau unterstützt wird. Vom ceinfachen Paisans 
Civilisten) ward er Bandenchef und gelangte rasch zu fabelhaften 
——— 
um Typus des Spaniers gemacht, dann war er dreimal zum 
Tode verurtheilt, exilirt, kurz, nichts hat ihm gefehlt, was zur 
Popularität führt. Dann weiß er“ dnch die Million“ Einkünfte, die 
eine Fraujaährlich aus ihren mexikanischen? Silberminen zieht, 
vortrefflich zu gebrauchen. Hunderte von Familien sind von ihnm 
in politischen Elende unterstützt worden, Hunderten von Unteroffi- 
hat er im Exil nach den letzten Aufständen das Leben ge- 
ristete. 
F Ueber den Fang des Haifisches, welcher in dem Trie⸗ 
ster Golf einen Badenden so gräßlich verstümmelt hat, entnimmt 
die Bohemia“ einem Privatschreiben Folgendes: Die Fischer des 
Züstenories Lucovo hatten große Netze im Meere ausgespannt. 
Am 16. Sept. kam nun der Hai auf seiner Wanderung in die 
Bucht von Lucovo und ging in's Netz. Alles was Hände und 
Füße hatte, betheiligte sich an der Zusammenziehung des schweren 
stehes, der Haifisch wurde darin complet eingewickelt und konnte 
zlücklichet Weise das Netz nicht zerreißen. Als man ihn mit 
Mühe an's Land zog, standen zwei Fischer mit Hacken bereit, die 
ogleich auf den Kopf wie Holzhauer loshieben. Er wurde unter 
hen stärksten Anstreugungen stückweise zerhackt und heraus gezogen. 
der Kopf war uͤber 8 Fuß lang in dem geöffneten Rachen hatte 
in Mensch vollkommen Platz. Das ganze Thier war drei Klof⸗ 
er lang, 18 Centner schwer, die Leber allein wog zwei Centner. 
In uem, Magen fand man drei Thunfische von je circa 80 
Bfund.“ 
75 ReweYorlk. In Broollyn ist ein Dodmagain abge⸗ 
hranni; der Schaden wird auf 120 Millionen Dollars geschaßt. 
*3. F' (Aus dem Kaukasus.) Spuren einer alten Stadt find 
eine Werst unterhalb des Einflusses der Aragwa in die Kura ge⸗ 
unden worden. Die Haufer liegen unter einer zwei Faden dicken 
ẽrcdschicht, was nach der bei ühnlichen Fällen üblichen Berech⸗ 
aung'aif ein Alter von 2000 Jahren schließen lassen würde. Es 
st daselbst auch ein unterirdischer Gang nach der Kura endedt 
dborden. Man sagt, daß die Arbeiter viele Münzen gefunden ha⸗ 
jen, die aber verzettelt worden sind. Thonurnen, theils mit 
Asche gefüllt, heils leer, werden in Menge gefunden. 
Nach den Mittheilungen der afrikanischen Post aus Natal 
isf noch ein zweites und reicheres Goldfeld entdeckt worden, dessen 
Lage östlich von dem zuerst aufgefundenen und in dem Gebiete 
—— 
Bold gegraben wurde. 
J Landwirthschaftliches.. 6 
Der Samenwechselals ersprieslich für den erlrag⸗ 
eichsten Pflanzenbau von den praktischen Landwirthen lüngst er⸗ 
annt und befolgt, hat bis in die neueste Zeit doch der Kennkniß 
zerjenigen Rücksichten entbehrt, welche dabei vorzugsweise zu neh— 
nen sind. Den Anbauversuchen Schüblers in Christiana und 
daberlands in Ungarisch⸗Altenburg verdanken wir einiges Licht 
n dieser Frage. Ersterer vermittelte u. A., daß in Christiana 
Jezogener Same von Hunderttägigem Sommerweizen in Breslau 
ingebaut einen um 200 leichteren Samen lieferte, während aus 
Hreslau bezogene Reiskerne in Christiana angebaut, um 8100 
chwerere Körner gaben. Aehnliches fand Haberland, der seine Ver⸗ 
uche auf Waizen, Roggen und Gerste, Hafer, Mais und Lein, 
nusdehnte; er berichtet, daß in verschieden hohem Grade der aus 
dem Süden bezogene Samen dieser Pflanze früher und vollkom⸗ 
nener reifende Pflanzen und bei diesen verhältnißmäßig mehr Kör⸗ 
ner Stroh lieferte, als der im Norden bezogene Same. Eine 
geue Besiätigung dessen brachte wie der chemische Ackersmann in 
Bezug auf Hafer, nach Anbauvbersuchen, welche in verschiedenen 
Theilen des Königsreichs Sachsen angestellt wurden. Aus schwe— 
ischem Samen gezogener Hafer wurde dort 17- 240 leichter als 
ie Originalsaai. Fehlt es auch heute noh an einer gründlichen 
ohysiologischen Erklärung dieser Beobachtungen, so läßt sich doch 
ür die Praxis bereits so viel entnehmen, daß es beim Getreide⸗ 
ban sich empfiehlt, den Samen aus südlicheren, nicht ans nörd— 
licheren Klimaten zu beziehen. Wie es sich mit den Hülsenfrüchten. 
nit Buchweizen und Karloffeln verhält, werden weitere Versuche 
erst lehren müssen. Beim Leinbau dagegen, insofern derselbe auf 
Flachs- und nicat auf Körnergewinn gerichtet ist, verdient der Sa— 
men nördlicher Gegenden den Vorzug.“ Unstreitig. werden diese 
um ans ersien unvollständigen Beobachtungen gezogenen Regeln 
ebensowohl Einschränkungen wie Erweiterungen erfahren müs— 
en. Jedenfalls lönnen sie nur Geltung haben für diejenigen 
Fulturvarietaͤten, welche überhaußt bei uns zur Reife kom— 
nen, also z. B. auf den Cangdischen, nicht aber auf den Vierde- 
ahnmais.