Full text: St. Ingberter Anzeiger

Frankreich. 
Das „Univers“ weist jetzt nach, daß es nicht die Köͤnigin 
Ysabella und Marfori wären, die an der Revolution in Spanien 
schuld sind, sondern die Doctrinen des preußischen Philo— 
s'ophen Krause, der „Krausismus,“ wie es ihn nennt, 
welcher seit einigen Jahren n den spanischen Universitäten sehr in 
lufnahme gekommen sein soll; dieser „Krausismus“ nämlich sei 
die Philosophie der Freimaurerei. Der katholischen Presse und 
zen Bischöfen wäre es nun, dem „Univers“ zufolge, freilich nach 
sangem Kampfe, gelungen, der um sich greifenden Verführung 
Schranken zu setzen, jedoch das Uebel wäre einmal geschehen. 
Jeht sehe man, daß die Maurerlogen sich am hellen Tage zeigen 
ind die Verfolgung der religiösen Körperschaften im Namen der 
Freiheit verordnen. Vielleicht werde man einwenden; daß der 
amen Krause höchst wahrscheinlich den Soldaten Serran o's 
vollständig unbekannt sei, dies aber beweise durchaus nichts. 
Die? Nachricht Pariser Blätter, Girardin begebe sich nach 
Spanien, um Prim practischen Unterricht zu geben, wie ein Staat 
inzurichten sei, ist eben so wenig wahr, wie das angebliche Duell 
wischen Rochefort und Marfori. Thatsächlich dagegen ist, daß 
„Don Carlos VII.“ oder wie er in Paris genannt wird, der 
Graf von Madrid,“ soeben bei Dentu eine Brochure unter dem 
itel „Die spanische Anarchie“ hat herausgeben lassen, die mit 
Recht als eine Art Manifest dieses Prätendenten angesehen wird, 
Zer dorgibt, in der Verbannung Vieles gelernt und Manches ver⸗ 
zessen zu haben. 
„Ie Bouffon“, ein satyrisches illustrirtes Journal, ist wegen 
einer Zeichnung, welche die Abreise der Königin Isabella aus 
Spanien dacftellt, und den Titel Wohnungswechsel führt, mit Be⸗ 
schlag belegt worden. Auf der Zeichnung figurirten Marfori, 
Pater Claret, Schwester Patrocinio. 
Paris, 22. Oct. Die „Patrie“ dementirt das Gerücht, 
zaß französische Agenten in Navarra und Catalonien für die An— 
nexion an Frankreich agitirten. 
Paris, 23. Ock. Der Telegraph meldet von einer Frie⸗ 
densrede, die Lord Stanley bei Gelegenheit eines zu Ehren des 
Gesandten Johnson in Liverpool statigefundenen Banketts gehalten 
dat, und in welcher zum ersten Mal aus dem Munde eines 
Slaalsmannes der Gedanke geht, daß der Einfluß der neutralen 
Slaalen ein wirksamer sein koͤnnte. Mit dieser Rede mag in Zu⸗ 
sammenhang stehen, was über die jüngsten Besprechungen wwischen 
Lord Clareudon und Napoleon verlautet. Dabei soll sich auch der 
Kaiser sehr friedfertig geäußert haben. Das Gerücht von Niels 
Fntlassung, wenngleich dasselbe unbegründet sein mag, bleibt im⸗ 
nerhin bezeichnend in der gleichen Richtung; ebenso die Nachricht. 
zaß die Kronprinzessin von Preußen mit ihrer Schwiegermutter 
n Compiegne als Gäste erwartet seien. Auch von der jchles⸗ 
wig'schen Frage wird keine Verwirklichung der Hoffnungen der 
stuegeparlei zu befürchten sein, und es wird in derselben bei dem 
Beplankel zwischen der „Frauce“ und der „Kreuzzeitung“ sein 
Bewenden haben. 
Die leßten Nachrichten aus Spanien besagen, daß die Junta 
on Barcellona es verweigert habe, sich aufzuldsen, so lange die 
Republik nicht proclamirt oder Herzog von Montpensier nicht zum 
Zönig ausgerufen sei, Wie ich aus gut unterrichteter Quelle 
erfahre, mehren sich die Aussichten des Herzogs mit jedem Tage, 
obgleich die provisorische Regierung aus Rücksicht für Frankreich 
dieser Candidatur gegenüber sich bisher nicht gerade freundlich 
verhielt. 
Die Koönigin Jsabel soll seit zwei Tagen incognito in 
Paris sein. 
Paris, 283. Oct. Aus Bucharest wird gemeldet: Die 
Drganisation neuer Banden für den Einfall in Bulgarien 
wird wieder lebhafter betrieben in Folge der Ankunft Garibaldi⸗ 
cher Elemente. 
Englaud. 
London, 21. Oct. Von London ging eine mit etwa 
100 unterschriften von Adeligen, Parlamentsmitgliedern (die 
herzoge v. Arghll und Sutherland, Lord Elcho, Bright ꝛc.) 
bedeckte Adresse an Kaiseer Napoleon ab, in welcher 
am Unterstüßung des Projectes zur Tunnelirung des Kanals 
ind einer Eisendahnverbindung zwischen England und Frankreich 
gebeten wird. 
London, 22. Oct. Ein Privattelegramm aus San Jran⸗ 
zisco meldet, daß der Geschäftsverkehr durch das Erdbeben nicht 
anterbrochen worden sei. In der untern Stadt erblicke man einen 
Ruinenhaufen von zertrümmerten Häusern und Kirchen. Die Erd⸗ 
spalten daselbst zeiglen oft eine Breite von 8 Fuß. Der Schaden 
an Schiffen sei unbekannt, der Verlust an Menschenleben unbe⸗ 
rächtlich. Man schätzt den Schaden, welchen das Erdbeben an⸗ 
richlete, im Ganzen auf eine Million Dollars. — Aus Newyorlk 
onde berichtet, daß sich dort eine Gesellschaft zum Zwecke 
des Durghschnitis des Isthmus von Darien definitiv gebil— 
det habe. 
London, 23. Oct. In Liverpool nahm der Gesandte der 
rordamerikanischen Union, Hr. Raverdy Johnson, an einem Ban⸗ 
lelt der Handelskammer Theil. Derselbe ertlärte in einer Rede, 
wei der zwischen England und den Vereinigten Staaten schwe⸗ 
enden Sireilfragen seien bereits geschlichtet, auch die Erle digung 
er Alabamafrage stehe bevor. Hieraus ergiebt sich, daß die Na- 
uralisationsfrage als erledigt zu betrachten ist. Lord Stanleh 
Jelonle, daß das Ziel der äußeren Politit Englands die Erhal— 
ung des allgemeinen Friedens sei; er bedauere die überall be— 
riebenen Rüstungen, müfse jedoch dabei hervorheben, daß die Ge— 
ahren der Silualion Europa's neuerdings meist übertrieben wor⸗ 
den seien; die Staatsmänner sämmtlicher Cabinete Europa's ver⸗ 
bscheuen den Gedanken eines allgemeinen Krieges, und darin liege 
ine Bürgschaft für die Erhaltung des Friedens. 
Spanien. 
Das Haus Rothschild hat der Regierung 30 Mill. Franken 
ingeboten. — Spanien hat 10,994,274 Einwohner, welche mehr 
ilz 14 Jahre zählen. Da diesen die neue Steuer zur Last fallt, 
velche den Oktroi ersetzen soll, so dürfte jeder Einwohner durch— 
chnittlich 20 Realen zu leisten haben. — Die spanisch-portugie⸗ 
ischen Juden haben den Widerruf des Ediltes von 1492, durch 
velches sie verbannt wurden, beantragt; man glaubt hier, daß die⸗ 
em Antrag werde stattgegeben werden. 
Der Herzog von Montpensier wird mit seiner Gemahlin 
Schwester der Königin Isabella) demnächst nach Sevilla zurüd— 
ommen. Ohne daß es von ihnen verlangt worden, haben sie 
hrer Heimkehr die Erklgrung vorangeschickt, daß sie die vollen— 
»eten Thatsachen und die Autorität der provisorischen Regierung 
znerkennen. 
Madrid, 24. Oct. Die Gesandtien Englands, Frankreichs 
ind Portugals wurden diesen Abend von dem Minister des Aeu⸗ 
zeren und hierauf vom Ministerpräsidenten empfangen. 
Amierika. 
New-Yorhk, 21. Oct. Die demoeratische Partei 
st demoralisirt. Die Wahl des Hrn. Grant scheint von jett 
in gesichert. 
Jermischtes. 
Am 185. Okt. ritt Major Frhr. v. Egloffstein und Herr 
et. Frhr. v. Berchem nach beendigter Herbstinspicirung in 892 
5tunden von Zweibrücken nach dem 26 Stunden entfernten 
zpeher. Zwei und eine halbe Stunde wurde zur Rast verwen⸗ 
et. Den 16. ds. früh 7 Uhr wohnten beide Herren der Be—⸗ 
ichtigung der dortigen Chevauxlegers bei und wurden bei den 
Frercitien mit eingetheilt. Nachmittags traten sie den Retourweg 
nach Landau an. Am 17. früh 8 Uhr wurde nach Bergzabern 
uind Dahn über Pirmasens heimgeritten. Abends halb 8 Uhr 
rafen die Reiter wohlbehalten und die Pferde in bester Condition 
nn Zweibrücken ein. 
Auf dem Schießstande (Thierhäuschen) in Kaisers⸗ 
audern fand dieser Tage unter lebhafter Betheiligung der 
—„chützen das Probiren eines aus Winterthur empfangenen, nach 
Nillbank'schem Systeme in einen Hinterlader umgeänderten Ge— 
vehres statt. Es können nach diesem Systeme ca. 50 Schuß in 
3 Minuten abgefeuert werden und fiel die Probe so günstig aus, 
zaß sich mehrere Schützen entschlossen haben, ihre Büchsen nach 
em erwähnien Systeme umändern zu lassen. 
Landau, 22. Oct. Gestern weilte ein berühmter 
Mann, der berühmte Socialist und Historiler Louis Blanc, 
n unferer Stadi. Im Laufe des Nachmittags besuchte er die 
Wirthichaft des Hrn. J. Hindenlang GBembes) und begab sich 
Abenos zum Besuche eines Verwandten nach Bad Gleisweiler. 
fHaßlosh, 20. Oct. Der neue Wein hat bereits ein 
Opfer gefordert. Mehrere Männer von hier fuhren von Neustadt 
sierher; einer der Mitfahrenden hatte sich bereits unter der Kraft 
es neuen Weines so gebeugt, daß er nicht mehr sitzen konnte; 
nan band ihn deßhalb an den Wagen und er wurde zu Haus 
ils Leiche abgeladen. 
— Ein euñtsetzliches Unglück ereignete sich am 24. Oct. Nach⸗ 
nittags in der Rähe von Herschberg. Bei einem abgehaltenen 
kreibjagen wurde das 11jährige Söhnchen des Försters Heffmann 
n Herschberg von dem Waldhuͤter Krischeck vom Schauerberger 
Forsihaufe erschossen. Das Kind führte den Hund seines Vaters 
ind lam in die Nähe des Plahes wo Krischeck stand. Letzterer 
zemerkte im Gebüsch den Schweif des Hundes und im Glauben, 
s sei ein Fuchs, schoß er sein Gewehr auf denselben ab und 
ödtete so den unglücklichen Knaben nebst dem Hunde. 
'In Weinheim an der Bergstraße bildete sich vor 
iniger Zeit ein Apfelweinclub und hat derselbe Serrano und Prim 
u Ehrenmitgliedern ernannt und denselben ein Faß des, spanischen